[Teil 1]

Es dauerte nicht sehr lange, bis Arranges begann, sich ernsthaft zu wundern. Er hatte Hame nur einmal gesehen und das war auch nur aus der Entfernung. Aber damals meinte er sich erinnern zu können, stand er in einem recht schmahlen Tal, sehr viel weiter in südlicher Richtung. Zudem war das Tal nach Süden hin offen und man konnte von weiter oben in dem Einschnitt aus, eine Quelle des Panthers am Taleingang schimmern sehen. Verfluchte Scheisse, wir sind zu weit nördlich, auf der ganz falschen Seite... Dass Erynn seinen Gedankengang gerade jetzt mit ihren Worten unterbrach, machte die Situation nicht besser. Abrupt blieb er stehen und belegte die Dunmer mit einem Blick, der sie förmlich durchbohrte. 'Du kannst gern drumherum laufen... oder du hättest besser daran getan, noch ein bisschen weniger zu essen in den letzten Tagen, hättest du jetzt vermutlich sogar drüberfliegen können...' Er war stinksauer, allein schon deswegen, weil er, Arranges, sich verlaufen hatte...

Du oller, jähzorniger Bock... was hab ich dir jetzt schon wieder getan? Sie konnte nicht verhindern, daß sie ein kleinwenig zusammenzuckte, bevor sie die Schultern straffte und ihrerseits einen leicht giftigen Blick auf den Beschwörer abschoß. "Das laß mal meine Sorge sein. Ich werde schon nicht vor Entkräftung zusammenbrechen... Wie dem auch sei: Ich glaube nicht, daß es eine gute Idee ist einfach geradeaus zu rennen. Sieht von hier aus wirklich ziemlich steil aus... Kannst du überhaupt klettern?"

'Das lass mal meine Sorge sein...' Äffte er sie nach... 'Wie gesagt, du kannst gern drum herum laufen, ich hinder dich sicherlich nicht daran... Du hättest natürlich auch bei dem Argonier bleiben können, dann wären dir solcherlei Sorgen erspart geblieben...' Er wandte sich ab und reckte die Hände in flehender Geste zum Himmel, während er knurrte: 'Warum hab ich die Zweiglinge nicht einfach machen lassen...'

Erynn entgleisten sämtliche Gesichtszüge. Wie aus Reflex erhob sie die Rechte zum Schlag, ballte die Hand dann langsam zur Faust, bevor sie sie wieder sinken ließ. Manchmal machst du es einem wirklich schwer, nicht zuzuschlagen, Arranges... "Vielleicht", gab sie kalt zurück "weil du irgendwo doch noch einen Funken Anstand im Leib hast. Auch wenn dir diese Tatsache hin und wieder entfällt... und jetzt hör auf mich anzupampen. Ist schließlich nicht meine Schuld, daß du zur falschen Ruine gerannt bist."

Arranges wollte ihre Worte ignorierend, gerade schon weiterlaufen. Der letzte Satz jedoch ließ ihn herumfahren. Innerhalb von vielleicht 3 oder 4 Herzschlägen stand dem Magier die Wut mit dicken, roten Lettern ins Gesicht geschrieben. 'Du weisst ja noch nichteinmal, wie man Hame schreibt... vermutlich ist es deine Blödheit, die langsam aber sicher auf mich abfärbt... mein Unterbewusstsein hatte wohl doch recht gute Gründe dafür, dass es mich gleich zweimal dazu bewegt hat, dich irgendwo einfach abzusetzen...'

Wenn seine Worte dazu gedacht waren die Diskussion über Sinn und Unsinn des Weges abzuwürgen, so hatte es funktioniert, zumindest für eine Weile. Wenn es sie generell zum Schweigen hatte bringen sollen, so würde sie den Magier wohl enttäuschen müssen. Du bist und bleibst ein Ekel, Arranges. Na warte! "...und du weißt scheinbar nicht, wie man eine Karte liest, sonst wären wir ja wohl kaum hier gelandet", meinte Erynn lakonisch, während sie hinter ihm her den Hügel hinuntertrottete. "Hast du überhaupt eine dabei, oder bist du einfach aufs Geratewohl losgestürmt?"

Alles klar, jetzt reichts! Wieder blieb Arranges stehen. 'Ich brauche! ... Keine Karte!' Seine Rechte wurde von einem leicht grünlich schimmernden Nebel umgeben. 'Du wirst jetzt den Mund halten und mir entweder über den Kamm dort folgen oder eben drum herum laufen... Und wage es nicht nochmal, meine geographischen Kenntnisse in Frage zu stellen...'

Erynn starrte auf den Zauber, der die Hand des Magiers umspielte. Sie sollte wirklich still sein, und zwar sofort. Daß er es allerdings noch immer wagte ihr damit zu drohen, sobald sie nicht funktionierte wie er wollte, machte sie viel zu wütend, um sich um die Konsequenzen zu scheren. "Nein, natürlich nicht. Du brauchst keine Karte, keine Ratschläge und alles in allem überhaupt keinen verdammten Plan! Weil du ja so unglaublich unfehlbar bist! ...Arranges, verdammt noch mal, ich stelle gar nichts in Frage. Ich erlaube mir lediglich, eigene Beobachtungen zu machen. Du solltest dir wirklich abgewöhnen, von dir selbst auf mich zu schließen."

'Ich habe dir aber nicht erlaubt, eigene Beobachtungen zu machen...' Er funkelte sie für einige Augenblicke lediglich bösartig an. 'Und ja, ich im Gegensatz zu dir, brauche auch keinen Plan, wenigstens ist mir aufgefallen, dass das dort oben nicht Hame war, sondern nur ein haufen weißer Quader, die die Ayleiden irgendwann mal aus Langeweile aufeinandergestapelt haben...' Arranges steigerte sich immer mehr in die Sache hinein, aber dabei war er nichteinmal böse auf Erynn, sondern vielmehr verärgert über sich selbst, weil er nicht direkt richtig gelaufen ist. Nach einem weiteren Blick, der sie, wäre dies möglich gewesen, getötet hätte, verpuffte der Zauber. Arranges drehte sich auf dem Absatz um und ging einfach weiter...

"Bitte was?!" Erynn weigerte sich für einen Moment, das Gehörte für wahr zu halten. "Für den Fall, daß du es vergessen hast, du arroganter Hammel: Dieses Schüler - Mentor Dingens ist nur vorgeschoben, jedenfalls war das deine Aussage. Also sag mir gefälligst nicht, was ich zu denken habe!" Sie schloß mit zwei raschen Sprüngen zu Arranges auf. "Manchmal", knurrte sie finster, "bist du wirklich unausstehlich!"

'Verflucht nochmal, wenn du micht jetzt noch einmal zwingst anzuhalten, nur um dir in die Augen blicken zu können, wenn ich dir sage, dass du jetzt genauso gut in Skingrad oder bei Harchaxas sein könntest, hast du wirklich ein überaus hässliches Problem, Erynn... Zweimal,' er fuchtelte mit ausgestrecktem Zeige- und Mittelfinger vor Erynns Gesicht herum, 'habe ich dir die Möglichkeit gegeben, mich nicht länger ertragen zu müssen, wenn du mir dennoch weiterhin hinterherläufst, wie ein Schoßhündchen, das an mir dranhängt wie ein Matschklumpen am Stiefel, kann ich dir bei allen mir bekannten Göttern wirklich nicht helfen...' Er wirkte nicht mehr ganz so aggressiv, die Wut, war aber noch immer mehr als deutlich zu spüren. Mit seinen Augen hielt er die ihren gefangen und trieb sie in die Enge...