Arranges befand sich binnen weniger Sekunden mitten im Kampf mit den Goblins. Die beiden Krieger waren dabei nicht das Problem, viel übler war der Schamane im Hintergrund, der ihn mit Zaubern eindeckte und gleichzeitig seine Magie gebannt hielt... Und plötzlich sah der Nekromant, während er sich unter einem weiteren Zauber wegduckte, wie der Schamane zu Boden sank, von einem Pfeil getroffen. Ein harter Block, eine weite Drehung mit ausgestrecktem Schwertarm verschaffte ihm ein winziges Zeitfenster. Aber er konnte niemanden sehen... Umso erstaunter war er, als er sah, wie der Goblin, der seinem ausladenden Streich ausgewichen war, ebenfalls zusammensackte. Auch von einem Pfeil getötet. Der Streitkolben des letzten Goblins flog heran, Arranges steuerte sein Schwert dagegen, lenkte den Schlag ab, drehte sich in die direkte Torsofront ein und zwang unter knirschenden Geräuschen das Schwert in den Brustkorb seines Gegners... Er riss die Klinge aus dem toten Leib und fuhr herum, als er eine Stimme hinter sich hörte. Wäre auch zu schon gewesen... Der Tod des Schamanen hatte ihm seine Magie wiedergegeben und er hatte den Zauber schon auf den Lieppen, als er Erynn erkannte. 'Erynn!' Es klang überrascht und deutlich erfreut. Er ließ sein Schwert sinken, während sich seine überraschte Miene verfinsterte. 'Erynn...?!' Wiederholte er jetzt eindeutig verärgert. 'Was zum Teufel... machst du hier?!'

"Ich töte Goblins, das siehst du doch." Jetzt, da sich herausstellte, daß der Beschwörer nicht zerfetzt von irgendeinem unaussprechlichen Verfolger in seinem eigenen Blut lag, kehrte ihre Grantigkeit mit Macht zurück. "Außerdem schätze ich es nicht besonders, wenn man über meinen Kopf hinweg entscheidet, was gut für mich sei oder zum Schaden... ich habe daher beschlossen, nicht bei Harchaxas zu bleiben."

Mit einem argen Ruck versenkte Arranges sein Schwert in der Lederscheide und ging auf Erynn zu. 'Ich weiss nicht, wo dein von den Göttern verdammtes Problem liegt?' Herrschte er sie an, packte sie an den Schultern und schüttelte sie heftig, aber nicht grob. 'Warum? ... Warum konntest du nicht einfach bei dem Argonier bleiben... wieso stellst du dich so dermaßen quer, Erynn?!' Er ließ die Arme wieder sinken und funkelte sie an...

Eine steile Falte erschien auf der Stirn der Elfin. "Ich glaube mittlerweile, daß du es wirklich nicht verstehst, also werde ich es dir erklären. Ganz langsam, zum mitmeißeln. Erstens: Ich mag es nicht, wenn man mich in einen Hinterhalt lockt. Genau das hast du aber getan. Zweitens: Ich mag es ebensowenig, wenn Leute glauben, sie müßten mich vor den Gefahren der Welt beschützen. Ich bin Söldnerin, verdammt noch mal! Mir kann jeden Tag irgendwas über den Weg laufen, das mich umbringt. Drittens: Ich will diese Verräter ebenso zur Strecke bringen wie du. Du wirst mich nicht davon ausschließen, nur weil es gefährlich ist. Ich kann schon auf mich aufpassen."

Das Gesicht des Magiers wurde arg rot. 'Du kannst auch dich aufpassen?! ... Du weisst gerade mal, wie Magie funktioniert und sagst, du kannst in meiner Welt auf dich aufpassen?! ... Hör zu, Erynn! Hier sind es nicht meistens einfache Goblins, gegen die du dich behaupten musst... es war Torrah, der wir nachjagten und kein Bär... Es war reines Gemetzel und kein sauberes Töten, was du in Valenwald erlebt hast... Botschafter oder andere Bösartigkeiten lauern uns auf und keine schwachen Wegelagerer... und du besitzt tatsächlich die Dreistigkeit, dich hier, vor mich hinzustellen und zu behaupten, dass du als Prügelknabe der Kriegergilde, auf dich aufpassen kannst... Ein Stück Brot kann besser schimmeln als du deinen Kopf zu gebrauchen vermagst!' Seine Rechte wurde von einem grünlichen Schimmer eingehüllt. 'Du wirst zurück zu Harchaxas gehen... oder ich schleife dich dorthin!'

Erynn starrte wie gebannt auf den Zauber, dann wieder in das Gesicht des Magiers. "Das wagst du nicht..." Ein zorniges Blitzen trat in ihre Augen. "Hör endlich mit diesem Blödsinn auf! Du wirst mich nicht rumkommandieren... Arranges, ich weiß zu schätzen, daß du dir Sorgen um mich machst. Aber ich brauche kein Kindermädchen! Es ist schier unerträglich, wie du dich aufführst. Ich bin keine Puppe, die man in schöne Kleider stecken und sie dann in ein Regal setzen kann, damit sie nicht kaputtgeht... ich sag dir was: Wenn dieses letzte Tor geschlossen und die Steine sicher abgeliefert sind, kannst du mich meinetwegen zum Teufel jagen. Bis es so weit ist, habe ich Anteil an der ganzen Sache. Diese Verräter haben auch mir übel mitgespielt - ich habe das dreimal verfluchte Recht darauf, mich hier einzumischen!" Schwer atmend funkelte sie den Beschwörer an. Wag es nicht, mich zwingen zu wollen. Sonst prügel ich dir höchstpersönlich den Verstand in deinen Schädel zurück...

Das grüne Glimmen erlosch. 'Du verstehst das einfach nicht Erynn...' Sagte er leise, während sich seine Wut langsam wieder legte. 'Warum machst du mir die ganze Sache so verdammt schwer...?' Das grüne Leuchte kehrte zurück und ehe Erynn reagieren konnte, berührte er mit seiner Hand ihren Brustkorb und stieß sie leicht nach hinten. Bevor sie jedoch auf dem Boden aufschlug, trat er schnell nach, griff nach ihr und fing ihren Sturz ab, dann hob er sie hoch und legte sie am Feuer ab. Die Goblinleichen nährten nur wenige Minuten später ebenfalls die Flammen. 'Ich werde dir ein wenig Zeit geben, wieder abzukühlen.' Dann setzte er sich neben sie ans Feuer... Das komische Gefühl, dass irgendetwas... oder vielmehr Erynn, fehlte, war verschwunden... nach einer Weile löste er den Zauber und blickte Erynn auf eine Reaktion wartend an... er hätte nicht sagen können, was er erwartete, jedoch spannte er zur Vorsicht jeden Muskel im Leib...

Sie wehrte sich nicht gegen die Wirkung des Zaubers, wußte sie doch, daß sie ohnehin keine Möglichkeit hatte den Bann zu brechen. Ruhig blieb die Elfin liegen und sammelte ihre Kräfte. Irgendwann, es mußte eine recht lange Zeit vergangen sein, spürte sie, wie die Kontrolle über ihre Glieder zurückkehrte. In einer langsamen, fließenden Bewegung kam sie auf die Füße und schaute auf den Beschwörer herab. "Du bist es, der nicht versteht, Arranges", murmelte sie und war mit einem schnellen Schritt hinter ihm. Ansatzlos packte sie sie rechte Schulter und Handgelenk und verdrehte seinen Arm, so daß der Kaiserliche gezwungen war ihrer Bewegung zu folgen, bis er flach auf dem Bauch lag. Mit einem Knie übte sie langsam stärker werdenden Druck auf seine Niere aus, während sie das Handgelenk bis zum Halsansatz hochzerrte. "Du glaubst, daß du der einzige bist, der sich sorgt?" fragte sie mit einer Stimme so sanft und traurig wie warmer Regen, die im krassen Gegensatz zu dem brutalen, unnachgiebigen Griff stand. "Sieh dich jetzt an. Du magst dich vielleicht der meisten Zauber erwehren können, aber was ist, wenn du nicht schnell genug bist? Unsere Feinde wissen das, und sie stellen sich darauf ein. Hast du die Pila schon vergessen? Ich konnte nicht bei dem Druiden bleiben, denn ich fürchte nicht minder um dein Leben als du um meines... ob dir das nun gefällt oder nicht, es wird Zeit, daß du dich endlich an diese Tatsache gewöhnst."

Arranges hatte etwas in dieser Richtung erwartet. Er verzerrte das Gesicht vor Schmerzen, aber kein Laut kam über seine Lippen. Er wartete einige Augenblicke, bevor er unterdrückt keuchte. 'Erynn... es ist mir egal, was du fürchtest oder um wen oder was du dich sorgst... ich will einfach nicht, dass dir etwas geschieht... ich wollte dich nie irgendwie zwingen, aber nachdem mir Harchaxas sagte, dass die Abtrünnigen gezielt hinter mir her wären, blieb mir kaum eine Möglichkeit, als dich von mir zu trennen und jetzt, da du wieder bei mir bist, zerbreche ich mir bereits wieder den Kopf darüber, dich gegen jede noch so unerwartete Gefahr zu schützen...' Er stemmte sich in keinster Weise gegen ihren Griff, er wartete einfach weiterhin mit schmerzverzerrtem Gesicht, auf eine Regung oder Antwort ihrerseits.

Erynn machte keine Anstalten ihren Griff zu lockern, packte stattdessen mit der freien Hand den Schopf des Beschwörers und riß seinen Kopf in den Nacken. "Dann haben wir hier wohl eine Art Pattsituation", sagte sie sehr dicht an seinem Ohr. "Denn im Gegenzug interessiert es mich einen Scheißdreck, daß du alleine in dein Verderben rennen willst... Wenn die Verräter dich haben wollen, hab ich ja eigentlich nichts zu befürchten, oder?" Sie ließ zu, daß sein Handgelenk bis auf die Höhe der Schulterblätter herabrutschte. "Du weißt es noch nicht, aber Remogius sagte, daß sie dich zerstören könnten wenn sie uns voneinander trennten. Ich bin mir nicht ganz sicher was das bedeuten mochte, aber es genügt mir als Begründung, weshalb ich deinem Wunsch nicht entsprechen kann. Finde dich damit ab... Freund."

Arranges wehrte sich nicht im Geringsten gegen ihren Griff, er kniff nur angesichts seiner recht unbequemen Liegeposition die Augen zusammen um den Schmerz irgendwie zu unterdrücken oder was auch immer er sich aus diesem Reflex erhoffte. 'Ich weiss, was Remogius damit meinte... aber ich werde den Teufel tun, es dir zu erklären... und was unsere Verfolger angeht, ich behaupte, dass die sicher auf Schwachstellen, wie auch zuvor schon, von mir abzielen... und warum das möglich ist, wenn ich dich dabei habe, solltest du wissen, ich habe es dir bereits einmal gesagt...'

Sie seufzte, ließ ihren Begleiter los und wich ein Stück zurück. "Es ist schon seltsam... wer hätte gedacht, daß es so weit kommen könnte, seit wir diesen Goblinbau ausgeräuchert haben...", murmelte sie. "Laß uns diese verdammte Sache einfach zu Ende bringen. Sobald wir die Steine abgeliefert haben, liegt das Ganze wieder in der Hand der Großmeister..."

Arranges richtete sich auf. Bei ihren Worten war er fast ein wenig erstaunt über sich selbst. 'Ja... aber das Einzige, was ich seit dem bereue, ist die Tatsache, dass ich nicht sofort den Menschen...' schüchtern, beinahe entschuldigend, sah er ihr in die Augen, 'ich meinte den Mer, in dir sah, der mir jetzt so viel bedeutet...' Er räusperte sich. 'Nun, ich hoffe wirklich, dass wir diese ganze Sache mit dem Abliefern der Steine endlich hinter uns lassen können... Erynn? Ich glaube zu wissen, wie du mir so schnell folgen konntest...' Ein schwaches Grinsen huschte über sein Gesicht. Er tastete an seinem Gürtel und fand die Bestätigung, die er suchte. 'Könntest du... die Nachtwache übernehmen? Ich bin hundemüde... mehr noch nach diesem Kampf... und wenn du schon unbedingt mit mir durch die Sümpfe wandern willst, kannst du dich auch etwas nützlich machen... du dürftest ja kaum erschöpft sein...' Das Grinsen wurde etwas deutlicher, dann lehnte er sich an einen Baum und betrachtete die Sterne, bis er schließlich halb sitzend, halb liegend, einschlief...