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Fossil
Erynn lag wie erstarrt, während sie dem Reden ihrer Entführer zuhörte. Sie weigerte sich wahrzunehmen was gerade geschah, weigerte sich zu glauben, was sie über Arranges sagten. Sie mußte hier weg, oder aber kämpfen, wenn sie schon nicht fliehen konnte, notfalls mit Zähnen und Krallen. Ihre Muskeln jedoch gehorchten dem Befehl des Gehirns nicht, sich gegen die Fesseln zu stemmen, wie sie mit blankem Entsetzen feststellte.
Dann geschahen mehrere Dinge sehr schnell. Der Leib Geshraks zerbarst förmlich in einem Feuersturm. Heißes Blut und Gewebefetzen trafen sie, sprenkelten Gesicht und Rüstung der Dunmer. Arranges!
Der Beschwörer trat aus den Schatten des Waldes - er sah aus wie die personifizierte Rache der Neun. Remogius, völlig konsterniert von seinem plötzlichen Auftauchen, machte nicht einmal Anstalten, sich zu verteidigen. Nur wenige Herzschläge später war es vorbei.
Erynn starrte mit regungslosem Gesicht und leerem Blick vor sich auf den Waldboden, während ihr Begleiter die Stricke um ihre Gelenke zerschnitt. Noch hatte die Erkenntnis, daß sie gerade sehr knapp entkommen war, ihre bewußten Gedanken nicht erreicht.
Arranges steckte sein Messer weg und streifte die Stricke vollends von den Gliedmaßen der Dunmer. Sie war völlig überfordert mit der Situation und regte sich kein bisschen. Der Kaiserliche hatte nicht wirklich etwas davon mitbekommen, was die beiden Verräter Erynn erzählten, nur gerade noch, wie sie ihr wohl Angst einjagen wollten, indem sie ihn als ein Monster darstellten. Verfluchte Bastarde... ich hätte euch erst noch ein wenig quälen sollen... Er legte Erynn vorsichtig eine Hand auf die Schulter. Er wollte sie keinsefalls erschrecken, aber er musste wissen, ob sie noch bei sich war... oder ob sie überhaupt ansprechbar war. 'Erynn? Bist du irgendwie verletzt...?' Fragte er etwas unbeholfen, aber ehrlich besorgt.
Die Reaktionen der Elfin setzten mit einem Schlag wieder ein, als sie eine Berührung spürte. Sie zuckte zurück, die Zähne gefletscht und in den aufgerissenen Augen schiere Mordlust. "Faß mich nicht an!" fauchte sie mit einer Stimme, die sie nicht als ihre eigene erkannte. Eine ganze Weile starrte sie den Beschwörer nur ohne zu blinzeln an, bis sich langsam zunächst Verwirrung und dann Erkennen in ihren Blick mischten. Erynn entspannte sich ein wenig und senkte den Kopf. "Ich hatte nicht mehr geglaubt, daß du mich noch finden würdest..." murmelte sie schließlich.
Arranges zog seine Hand zurück, als Erynn wohl noch immer verwirrt, ihn am liebsten angesprungen und zerfleischt hätte. Er wartete einfach auf ihre nächste Reaktion. Er streckte die Hand nochmals aus, fasst ihr Kinn und hob ihren Kopf ein wenig an. 'Es tut mir leid Erynn, ich wollte nicht... ich meine... ich hätte deine Entführung verhindern müssen... irgendwie... wenn ich könnte, würde ich die Zeit zurückdrehen und würde meinen Fuchs, statt dir geben...'
Sie sah den Beschwörer müde an und schüttelte leicht den Kopf. "Nein, würdest du nicht. Könntest du nicht... und so, wie es sich bei der Ruine darstellte, hattest du ohnehin keine andere Wahl. Die Siegelsteine, verstehst du? Sie hätten sie auf keinen Fall bekommen dürfen." Die Elfin atmete einmal tief durch. "Es gab niemals Armbrustschützen, und auch keine Botschafter... das haben die beiden da gesagt. Wir sind sauber reingelegt worden." Nach einer Weile ergänzte sie: "Ich kann dir nicht sagen, was Dialga plant, darüber wurde nicht gesprochen. Aber ich bin nicht die erste, die sie entführt haben. Erinnerst du dich an das, was der Rothwardon über die beiden Schülerinnen aus Valenwald sagte?" Wieder schüttelte sie mit dem Kopf. "Keine Ahnung. Aber sag, wie hast du mich gefunden?"
'Hauptsächlich wurde wohl ich an der Nase herumgeführt...' Arranges setzte sich neben Erynn. 'Ich war bis in die Nacht hinein bewusstlos... Mein Pferd hat mich wachgerüttelt... Ich war erst arg verzweifelt, ich wusste nicht, was ich tun sollte... einerseits hatten die Siegelsteine höchste Priorität, aber dich in den Händen der Abtrünnigen zu wissen setzte mir ebenso zu... Ich... musste zuerst nach dir suchen... Aber meine einzige Möglichkeit war, irgendeinen Spurenleser aufzutreiben... du erinnerst dich noch an dieses Schwein Gumora? ... Ihn habe ich in der Kaiserstadt mitten in der Nacht aufgesucht und dafür angeheuert, mir zu helfen, dich wieder zu finden... Er hat tatsächlich Spuren gefunden... Spuren, die mich letztendlich in einen weiteren Hinterhalt führten... Die Abtrünnigen hatten genau gewusst, was ich tun würde... sie haben Gumora in diesem Wissen bestochen. Er hat mich genau in die Arme eines Botschafters geführt... den Botschafter habe ich getötet... Ja, ich weiss, dass ich dir gesagt habe, dass sie normalerweise nicht von jemandem wie mir besiegt werden können, aber ich habe ihn einfach vernichtet. Zerstört, aus der Wut heraus, dich verfehlt zu haben.' Er machte eine kurze Pause. Es wurde rasch dunkel, aber Arranges verzichtete auf ein Feuer, er redete nach ein paar Minuten weiter. 'Dieses ekelhafte, Schuppen tragende Stück Dreck, konnte ich leider nicht mehr erwischt, der feige Hund hat sich einfach unsichtbar gemacht... bei dem Botschafter fand ich schließlich eine Art Auftrag, der wohl im Groben alles beschrieb, wie die Abtrünnigen uns hinters Licht führen wollten. Dieser Brief hat mich schließlich hergeführt...'
"Gumora also...", flüsterte sie. Seltsam angenehme, beruhigende Eiseskälte spülte durch die Adern der Dunmer, bot ihr ein Ziel, an dem sie sich für die erlittene Furcht und Demütigung rächen konnte. "Den verdammten Molch pack ich mir. Früher oder später." Sie warf einen kurzen Blick auf das, was von den Abtrünnigen übrig war. "Ich will hier weg", sagte sie, stemmte sich hoch und bemühte sich, auf ihren tauben Füßen das Gleichgewicht zu halten. "Wo ist Falchion?"
Arranges erhob sich mit Erynn, zuckte aber leicht zusammen, als sie nach ihrem Wallach fragte. 'Nun... den habe ich in den Stallungen der Kaiserstadt gelassen...' Verlegen und sich ein wenig schuldig fühlend, sah er Erynn in die Augen. 'Du kannst auf meinem Fuchs reiten... wenn du willst...' Der Kaiserliche pfiff einmal kurz laut auf zwei Fingern. Nach einem kurzen Moment kam der Rotfuchs zwischen den Bäumen heraus und blieb bei ihnen stehen.
"Schon gut", sagte sie und lächelte leicht, als sie Arranges Reaktion bemerkte. "Er hätte dich auf dem Weg hierher ohnehin nur aufgehalten... Ja, ich nehme dein Angebot gerne an." Erynn kletterte auf den Rücken des Hengstes, dann verließen sie den Schauplatz des Massakers. Nach einer Weile, während der sie einfach nur froh war, relativ glimpflich davongekommen zu sein, schweiften ihre Gedanken ab, zurück zu dem, was Geshrak und Remogius gesagt hatten. Wie viel von dem mag wahr sein? Tatsächlich weiß ich ja kaum etwas über Arranges. Nachdenklich betrachtete sie den Nacken des Beschwörers, der den Fuchs am Zügel führte. Und was bedeutet 'nicht gehen lassen wollte'? Offensichtlich nicht, der Reaktion am Grab seiner Eltern nach zu urteilen, aber was ist das Verwerfliche daran? Oder meinten die Scheißkerle etwa...?
Sie mußte es wissen. Sobald sie das nächste Mal irgendwo anhielten, würde sie ihn danach fragen.
Der Kaiserliche führte das Pferd Richtung Osten. Sie hatten bald das Gelände im Herzland erreicht, wo die Hänge rings um den Rumaresee zu dessen Ufern hin abfielen. Auf einer kleinen Kuppel, die am oberen Rand dieser teils relativ steilen Hänge etwas herausstach, hielt Arranges an. Zwischen den Kronen der Bäume hindruch, die unter ihnen am Hang wuchsen, konnten sie im Osten die Kaiserstadt sehen. Arranges überlegte noch, ob sie noch bis zur Stadt gehen sollten, beschloss aber dann, dass es schlicht zu weit war. Er hatte seit drei Tagen praktisch kaum geschlafen und langsam aber sicher machte sich die Erschöfpung bemerkbar, was nicht zwangsläufig bedeutete, dass er auch wirklich schon müde war und den direkten Zwang zur Ruhe verspürte. 'Wir werden hier für heute rasten...' Während Erynn den Rotfuchs ablud, stapelte Arranges ein kleines Feuer auf und entzündete es. 'Wenn du dich waschen willst, ich habe deinen Wasserschlauch auch dabei...' Bemerkte er bei einem Blick in ihr rot getüpfeltes Gesicht.
Erynn nahm den Hautsack ein wenig zerstreut entgegen, legte den Kopf in den Nacken und ließ sich das Wasser einfach über das Gesicht rinnen. Sie hatte keine Ahnung, wie groß der Nutzen tatsächlich gewesen sein mochte, aber letztendlich interessierte es sie momentan auch nur am Rande. Nachdenklich blickte sie danach für eine Weile auf die glitzernde Fläche des Rumaresees, der sich jenseits der Ringstraße vor ihren Augen ausbreitete.
"Arranges? Hast du... hast du mitbekommen, was die Verräter geredet haben, bevor du sie angegriffen hast?" Die Elfin suchte nach Worten. Stockend und sehr leise fuhr sie fort: "Sie sagten... du hättest jemanden gefoltert, der dir lieb und teuer war. Stimmt das? Und daß du... deine Eltern nicht gehen lassen wolltest, nachdem sie gestorben waren. Was... was meinten sie damit?" Unsicher und auch ziemlich eingeschüchtert sah sie ihren Begleiter an.
Geändert von Glannaragh (03.04.2011 um 19:52 Uhr)
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