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Fossil
Westebene => Großer Forst => Ringstraße
Statt einer Antwort ließ sich Erynn fallen wo sie gerade stand. Nachdem ihr Zorn verraucht war, war sie tatsächlich nur noch unglaublich müde, schlief fest und traumlos bis zum frühen Nachmittag.
Dann sattelten sie auf und setzten die Reise in Richtung Kaiserstadt fort. Es wurde Abend, bis sie die ersten Ausläufer des großen Forstes erreichten, und unter seinem schattigen Blätterdach wandelte sich das Zwielicht rasch zur echten Dunkelheit. Keiner von beiden dachte ernsthaft darüber nach, in der Nacht noch einmal anzuhalten, auch wenn es so finster wurde, daß man die Hand kaum vor Augen sehen konnte. Die Zeit drängte – wenn man bedachte, daß der verheerende Angriff auf Parlovars Anwesen in Valenwald nur ein Beispiel unter vielen gewesen war, wurde es längst höchste Zeit, auch den letzten Siegelstein zu beschaffen. Also ritten sie schweigend weiter, jeder seinen eigenen Gedanken nachhängend.
Erynn fragte sich, wann die Abtrünnigen wohl ihre relative Heimlichleit endgültig aufgeben würden. Zuerst hatte man geglaubt, die Verräter würden keinen aktiven Konflikt mit der Gathering suchen wollen. Das hatte sich als falsch erwiesen. Wie lange mochte es dauern, bis sie dreist genug waren, auch in dichter besiedelten Gebieten zuzuschlagen und dort irgendwelche Personen verschwinden lassen? Selbst die Schläge gegen die abgelegenen, gut versteckten kleineren Häuser konnten nicht ewig unbemerkt bleiben. Erynn erinnerte sich an die Rauchsäulen, die sich bis weit über die Baumkronen des dicht bewaldeten Gebiets in den Himmel schraubten, an die zuckenden Reflektionen unzähliger Zauber am Nachthimmel. Irgend jemand mußte das einfach gesehen haben, hatte es vielleicht für Wetterleuchten und die Folgen eines Blitzeinschlages gehalten. Diesesmal. Aber was, wenn irgendwo Leute mißtrauisch wurden und zu der Stelle gingen, sei es in Valenwald oder sonstwo. Was, wenn sie in die geschwärzten Ruinen vordrangen und fanden, was auf ewig verborgen bleiben sollte? Was sollte geschehen, wenn jemand durch einen dummen Zufall die obskure Gathring ins Licht des Tages zerrte? Die Elfin fürchtete dabei nicht so sehr um den Nekromantenbund – er war und blieb etwas, das sie nicht gutheißen konnte, wenngleich sie sich daran gewöhnt hatte, seine Existenz zu akzeptieren. Doch was würde passieren, wenn den Leuten Tamriels aufgedeckt wurde wer sie waren, was sie taten, wenn sie sich in die Enge getrieben fühlten? Sie wagte kaum, darüber nachzudenken. Die Pläne der Abtrünnigen zudem kannte nur Boethia allein. Wer konnte sagen, welche Ziele sie letztendlich verfolgen mochten. Wir sitzen auf einem Pulverfaß, und die Lunte brennt längst...
Das erste, zögerliche Sonnenlicht traf die Ruine Ceyatatar, als sie daran vorbeiritten, brachte den uralten, kunstvoll behauenen Stein zum Strahlen wie ein magisches Leuchtfeuer, das den Weg in andere, halb vergessene Zeitalter wies. Erynn wandte den Blick ab. Das bittersüße Symbol von Ewigkeit und Vergänglichkeit gleichermaßen machte ihr ihre eigene Sterblichkeit überdeutlich bewußt.
Nach einer Weile, während der Wald um sie herum erwachte und unzählige Vögel und Insekten ihre Lieder anstimmten, erreichten sie die Ringstraße. In wenigen Stunden würden sie in der Kaiserstadt angekommen und noch vor der Abenddämmerung vielleicht einen Schritt weiter sein. Ein letzter Stein, danach würden die Großmeister hoffentlich in der Lage sein, dem Wüten der Verräter Einhalt zu gebieten...
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