"Eigentlich hatte ich sie auch eher für dich mitgebracht", bemerkte sie spitz. "Wenn du also nicht willst, daß ich die Dinger wieder zurückschleppe oder dir sonst etwas einfällt, mit dem du mich auf Trab halten kannst, dann laß mich jetzt ein paar Stunden schlafen. Ich kann nicht mehr." Erynn verzog sich vor den Kamin und ließ sich von den Flammen den Rücken wärmen. "Allein, in deinen Dickschädel zu prügeln, daß du dich nicht von diesem Tisch wegbewegen sollst, ist eigentlich eine Aufgabe für vier schwergerüstete Orkkrieger", maulte sie.

'Oh... nun...' Arranges fühlte sich fast ein wenig schuldig, obwohl er gar nicht wusste, warum genau. 'Es tut mir leid Erynn... aber versteh... oder versuch es zumindest... Ich kann es nicht ertragen hier mit der Gewissheit, dass die Gathering gerade zerstört wird, herumzuliegen... es geht mir auch gewaltig gegen den Strich, dass ich mich jetzt schon füttern lassen muss.' In seiner Stimme lag gleichsam Scham und Zorn.

"Ist schon gut. Es ist eben gerade nicht zu ändern." Die Elfin war einigermaßen versöhnt. Sie stemmte sich noch einmal hoch und ließ sich wieder auf den Stuhl fallen.
"Was ich einfach nicht begreife: Wie können drei Meister so dermaßen viel Ärger verursachen? Ich meine, gut, man kann sie nicht einfach ausschalten. Aber ihnen gegenüber steht eine Organisation, die sich über ganz Tamriel verteilt, mit uneingeschränktem Zugang zu jeder Menge Wissen und Ressourcen. Es kann doch nicht angehen, daß sie nicht in der Lage sind, ihre Leute zu schützen. Es sei denn... es gibt noch weitere Verräter, die ihre Absichten nicht öffentlich gemacht haben, sondern sich noch immer innerhalb der Gathering bewegen, und zwar in den höchsten Kreisen. Woher sonst sollten die Abtrünnigen wissen, welche Orte gerade ungeschützt sind und wo sie zuschlagen müssen? Warum gibt es keine Gegenschläge? Zumindest beim Gefolge könnte man ansetzen. Wenn die Schüler und Botschafter reduziert werden, schwächt das die Position der Angreifer, oder nicht? Irgendwer im Rat stellt sich quer und hält Informationen zurück, darauf wette ich einen Jahressold. Die Sache könnte weit größer sein, als wir beide bisher ahnen..."

'Ich muss ehrlich sagen, dass ich mir wie die Großmeister vermutlich auch, absolut keinen Reim darauf machen kann, wie drei Meister der Gathering so übel mitspielen können... Woher sie jedoch wissen, wie die Verteidigung im Moment ausschaut, ist wohl einfach zu erklären... ich bin kein Stratege, Aber diese Sache leuchtet sogar mir ein. Es haben wohl im Vorfeld einige Angriffe stattgefunden, die aber nur dazu dienten, die Bestie zu wecken und auf sich aufmerksam zu machen. Während dann also die Gathering sich organisierte und versuchte, die betroffenen Orte zu schützen, mussten logischerweise irgendwo anders Botschafter und so weiter, abgezogen werden. Die Abtrünnigen sind sich dessen bewusst und wissen deswegen auch, welche Anwesen ungeschützt sind, während sie die Kräfte an anderer Stelle binden... Die Abtrünnigen wären allerdings für sich genommen schon nicht in der Position einfach anzugreifen, da sie rein zahlenmäßig unterlegen sind. Jedem Meister stehen etwa 10 Botschafter zu, welche ja wohl die Speerspitze eines jeden Angriffs bilden. Die Zahl kann durchaus schwanken, da wie du selbst bemerkt haben dürftest, die Botschafter nur demjenigen gehorchen, dem sie zugeteilt wurden. Die Zuteilung erfolgt bei der Eingliederung eines neuen Botschafters durch die Gathering und im Weiteren durch die Meister deren Befehl sie von den Großmeistern unterstellt wurden... Die Botschafter sind also unter den Meistern frei verschiebbar... Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass einer der anderen Meister freiwillig Botschafter von sichan zu den Abtrünnigen abkommandiert... wäre das so, müssten jetzt sehr viele Meister ohne Botschafter dastehen, damit sich die Überlegenheit der Abtrünnigen wieder erklären ließe...' Arranges schaute in die Augen der Dunmer. Sie schien nur die Hälfte von dem was er sagte, zu verstehen. Er wechselte das Thema: 'Mir persönlich gibt eher zu denken, warum Marie plötzlich hier auftauchte. Entweder, sie wurde von der Gathering gezwungen sich zu beteiligen, was ich bezweifle, oder aber irgendetwas an der ganze Sache hat ihr arg zu denken gegeben, sodass sie sich doch von selbst dazu entschied, ihre Neutralität aufzugeben...'

"Diese ganzen Strukturen sind ziemlich verwirrend... wenn es so ist, wie du sagst, wird das Problem dadurch aber nicht geringer. Wenn die Abtrünnigen mit ihrer Zuschlagen-und-Verschwinden - Strategie weitermachen, und das werden sie, wenn sie halbwegs gescheit sind, verhindert es, daß die Gathering ihre Kräfte effizient bündeln kann. Es sei denn, sie gäben die kleineren Anwesen von sich aus auf und legen ihre Leute auf großen Stützpunkten zusammen... ich weiß nicht genug über die Struktur, ob das für ihre Mitglieder akzeptabel oder auch nur praktikabel ist - aber es ist ohnehin müßig, mir darüber Gedanken zu machen. Der Rat wird schon von selbst darauf gekommen sein."
Erynn zuckte die Achseln. "Ich weiß nicht, warum Meisterin Marie hierher gekommen ist. Sie hat kein Wort darüber verloren. Ebensowenig kann ich dir sagen, was die Botschafter aus den Verrätern herausgequetscht haben. Vielleicht könnte ich sie fragen, aber das heißt nicht, daß uns das weiterhelfen wird - wenn sie es mir überhaupt sagen dürfen. Tatsache ist, Marie kam mit ihrem Entsatz praktisch im allerletzten Moment hier an. Eine Stunde später, und hier wäre niemand mehr am Leben gewesen."

'Ich weiss, dass eigentlich alle Meister sehr übel darauf reagieren, wenn man in ihren Gemächern herumstöbert. Viele haben sogar die Angewohnheit, Schüler, die wenn auch nur per Zufall in ihre privaten Räume auf den Anwesen, stolpern, direkt nicht mehr als ihre Schüler anerkennen. Sind es fremde Schüler, werden sie irgendeinen Verantwortlichen finden, Ähnliches gilt für Mentoren und Botschafter... daher glaube ich nicht, dass sich irgendein Meister dazu überreden lassen wird, sein Anwesen aufzugeben. Diese Orte mit dem vielen angehäuften Wissen darin, sind den Meistern wichtiger als alles andere...' Arranges machte eine abwinkende Geste. 'Vermutlich brauchte die Meisterin nur wieder einen Grund, mich bei unserer nächsten Begegnung auf meine Schwäche aufmerksam machen zu können...Jetzt, da Torrah, tot ist, muss sie es eben vorwiegend selbst in die Hand nehmen, mich zu hassen...'

"Mag sein... Marie erschien mir als schwer durchschaubare Frau." Erynn fuhr sich mit der Hand durchs Haar. "Oh Mann, mit dem Labor hab ich wirklich Mist gebaut, oder? Wenn ich das nur vorher gewußt hätte..." sie verstummte und schüttelte sich.
"Nun, das kompliziert die Sache noch zusätzlich. Wenn die Großmeister letztendlich gezwungen sein sollten, diese Struktren aufzubrechen, könnte es auch bei den Meistern zu Unmut führen... und ich dachte, die Blackwood Company wäre ein Problem. Denkste! ...Wir sollten uns trotzdem schonmal überlegen, wie wir weiter vorgehen. Ich würde sagen, wir kehren nach Cyrodiil zurück und trennen uns dann an der Goldstraße. Ich bringe die Schüler nach Skingrad, das ist die nächstgelegene Stadt. Von dort aus kommen sie sicher weiter, wohin auch immer. Du reitest zur Kaiserstadt voraus und triffst dich mit dem Kundschafter. Ich werde zusehen, daß ich dich dort möglichst schnell einhole."

'Ja, wer sie nicht kennt, kann sie nicht durchschauen, so wirkt sie meistens eher wie eine für ihr Alter noch recht jung gebliebene und verträumte Frau... ihre bestialische Ader zeigt sich erst mit den Jahren...' Arranges sah Erynn wieder in die Augen. 'Das mit dem Labor werde ich regeln, mach dir da einfach keine weiteren Gedanken... Und was unser weiteres Vorgehen betrifft, so werde ich mitkommen nach Skingrad. Siegelstein hin oder her, aber wenn uns aufgetragen wurde, die Schüler in Sicherheit zu bringen, dann sollten wir das auch mit bestem Können tun... Vielleicht kann ich sie bei Falanu unterbringen... außerdem,' er lächelte, 'will ich eigentlich nicht riskieren, dich mit den Schülern allein umherwandern zu lassen...'

"Auch gut, dann machen wir es so." Sie gähnte."Ich werd es ihnen nachher mitteilen, aber jetzt muß ich erstmal ein paar Stunden schlafen, oder ich kippe einfach vom Stuhl..." Ohne weitere Umschweife streckte sie sich wieder vor dem Feuer aus. Bleibt nur zu hoffen, daß wir unterwegs nicht noch in einen Hinterhalt der Abtrünnigen geraten. Wir werden langsam sein, und mit den Schülern ist nichts anzufangen. Noch ein Massaker brauche ich in der nächsten Zeit eigentlich nicht...