Erynn lachte humorlos auf. „Nein, sowas kann ich nicht lesen.“ Verärgert über sich selbst verschränkte sie die Arme. „Aber ich kann vielleicht jemanden auftreiben, der die Schrift beherrscht. Irgendwas müssen die Schüler hier doch gelernt haben.“
Sie betrachtete den Seelenstein in Arranges’ Hand. „Du wirst wahrscheinlich genug zu tun haben in nächster Zeit. Ich werde mich darum kümmern, die Arbeiten zu koordinieren und herausfinden, ob es hier sowas wie Geheimgänge, Fluchtwege oder besonders geschützte Räume gibt, was an Vorräten und Waffen erhalten ist und ähnliches. Wenn du etwas brauchst, dann sag bescheid, ich werde dir die Leute freistellen... mehr kann ich leider nicht tun, aber meine Fähigkeiten dürften so am Besten eingesetzt sein.“ Sie seufzte. „Falls wir das hier überleben, will ich lernen wie man Daedra beschwört. Und es wäre schön, wenn du mir das Lesen richtig beibringen könntest. Was willst du mit den Seelensteinen?“

'Prügelknabe...' Nuschelte Arranges vor sich hin... 'Auch ein beschworenes Dremora wird dir nicht das geben können, was du dir davon erwünschst...' Er grinste breit. 'Aber das Lesen und Schreiben daedrischer Lettern kann ich dir beibringen, dann kannst du wenigstens ordentliche Liebesbriefe nach Oblivion schicken ohne dich gleich lächerlich zu machen... was ich mit den Seelensteinen will? Nun ganz einfach, ich werde mit ihnen dafür sorgen, dass ich dir das alles nicht im Reich des Vergessens beibringen muss...'

"Arranges!! Das ist weder der Ort noch die Zeit für anzügliche Witze!" Sie fuhr sich durch das wirre Haar, blieb mit dem Verband darin hängen und riß ihn ärgerlich herunter. "... hätte ich doch bloß nichts gesagt... oh, vergiß es! Ich versuche doch nur, mich nützlich zu machen und dir den Rücken freizuhalten. Wenn wir nicht wegkönnen, brauchen wir zumindest Barrikaden und so etwas wie einen rudimentären Plan... Also, was hast du mit den Steinen vor?" Sie senkte die Stimme. "Für den Fall, daß wir überrannt werden: Die Pferde stehen versteckt hinter diesem Haus, gesattelt und aufgezäumt..."

Wenn du versucht hättest dich nützlich zu machen, wärst du zurück nach Skingrad geritten! 'Nun gut,' setzte er an, das Grinsen jedoch blieb, 'eine magische Schriftrolle hast du sicher schon gesehen oder? Das Prinzip ist so einfach wie sicher. Man nimmt einen Gegenstand, in diesem Fall ein Stück Pergament, schreibt die Formel eines Zaubers darauf und prägt die Magie darauf... ähnlich, wie ein Künstler eine Szene mit einem Bild festhält... Was ich nun vorhabe ist mittels eines magischen Lesepultes, das Meister Parlovar sehr wahrscheinlich irgendwo im Keller stehen haben wird, einige dieser Schriftrollen anzufertigen... du weisst hoffentlich noch, was ich dir über Daedra gegen Untote gesagt habe? Die Abtrünnigen sind Fanatiker... sie werden sicher mit allerhand untotem Gesocks anrücken... wenn wir ihnen jedoch mit Daedra begegnen, haben wir den Hauch einer Chance... nur leider,' sein Grinsen verschwand und wandelte sich wieder in die hilflose Erkenntnis, dass ihnen nur ein Wunder - an die er nicht glaubte - helfen konnte, 'kann vermutlich kaum einer der Schüler eine Spruchrolle wirken...'

"Versuch es trotzdem. Ich werde gehen und mich unter den Schülern umhören, wer in der Lage ist, solche Spruchrollen zu lesen oder einigermaßen brauchbare Zauber zu werfen", sagte sie müde. "Daedra und Untote..." plötzlich kam ihr eine Idee. "Es heißt, Untote aller Art reagierten sehr anfällig auf Feuer. Stimmt das?" Der Kaiserliche sah sie mit einer Mischung aus Abfälligkeit und Verwirrung an. "Ja?" antwortete er schließlich. "Gut. Ich kann vielleicht keinen Zauber sicher werfen, dafür aber Brandsätze. Wir werden alles zusammentragen, was wir an Öl und leeren Flaschen finden können..."

Die Miene des Kaiserlichen hellte sich deutlich auf und er schlug sich mit der Hand gegen die Stirn. 'Ja natürlich... dann sieh gleich mal im Keller nach... Meister Parlovar hat einen gewissen Ruf weg,,, er trinkt, seit er Meister geworden ist, es sollten also recht viele leere als auch volle Flaschen vorhanden sein...' Arranges schenkte Erynn ein dankbares Lächeln für ihren recht genialen Einfall. 'Wenn du nach draussen gehst, fragt direkt, wer Daedralettern lesen und vor allem schreiben kann und schick mir die Schüler herein... und die Bretonin, Tujenne, die vorher die Seelensteine herbrachte, die brauch ich auch... Du... hast Kavalleriehindernisse schonmal gesehen oder weisst was das ist? Lass die Schüler draussen die gesammelten Palisadenstangen an einer Seite anspitzen und errichte an dem Erdwall, auf dem vorher die Palisade stand, so ein Annäherungshindernis...' Dann nahm der Nekromant den Sack mit den Steinen und verschwand im Keller.

"Du meinst diese Wegsperren aus angespitzten gekreuzten Pfählen... Ja, das kriegen wir hin." Erynn machte auf dem Absatz kehrt und ging nach draußen. Als ihr Blick auf die Schüler fiel, die sich mit den Palisadenbruchstücken abmühten, verdrehte sie die Augen. Magier! Verweichlichte, verwöhnte, schwächliche Magier. Die Elite unter den Pionieren... hurra! Sie steckte zwei Finger in den Mund und stieß einen schrillen Pfiff aus, um sich die Aufmerksamkeit der Leute zu sichern.
"Wer von euch kann daedrisch lesen und schreiben?" fragte sie. Vier Hände kamen zögernd in die Höhe. Eine davon gehörte Tujenne. "Mentor Arranges verlangt, daß ihr ihm zur Hand geht. Bewegt euch." Ihre forsche, sichere Stimme schien den verstörten Halbstarken etwas Halt zu geben, und sie entfernten sich schnell. Die beiden kleinen Khajiitmädchen schickte sie los, die Brandsätze vorzubereiten. Sie hatten ohnehin kaum die Kraft, die schweren Balken zu bewegen. "Und wer von euch anderen kann einigermaßen brauchbare Zauber weben oder mit Schwert oder Bogen umgehen?" Betretenes Schweigen. Die Kriegerin seufzte.
Mit den verbleibenden acht Leuten machte sich die Elfin daran, die Sperren vorzubereiten. Es war mühsam, aber nach und nach wuchs auf dem Palisadenwall ein Gestrüpp aus angespitzten Pfählen und Gattern. Die angehenden Nekromanten waren schwere Arbeit offensichtlich nicht gewöhnt, aber schiere Furcht ließ sie über sich hinauswachsen. Am Nachmittag war Erynn mit dem Ergebnis leidlich zufrieden. "Gut", sagte sie schließlich. "Jetzt nehmt so viel von dem Unrat aus dem Innenhof und werft ihn vor die Außenseite des Walls. Was auch immer das Vorankommen der Angreifer verlangsamen mag, soll mir recht sein." Die Sonne senkte sich langsam dem westlichen Horizont entgegen, als der Hof schließlich weitgehend frei von Bruchstücken war. Sie teilte den Schülern Wachposten zu und ging dann zurück ins Haus um nachzusehen, wie Arranges vorankam.