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Legende
Arranges schüttelte den Kopf, als er endlich wieder arg schwankend auf die Beine kam und durch die Grauschleier in seinem Blickfeld sah, wie Erynn durch die Luft flog. Der Oger kam langsam auf die am Boden liegende Elfe zu. So haben wir aber nicht gewettet! Arranges, sowieso schon wütend, weil der Oger sich auf Erynn statt auf ihn stürzte und ihn außerdem noch einfach so weggefegt hatte, war jetzt richtig zornig. Er wollte gerade zu einem Zauber ansetzen, als von Erynn ein magischer Impuls ausging und für einen Sekundenbruchteil die Luft selbst zu zerreissen schien. Aus Reflex riss Arranges die Arme vor sein Gesicht, aber die erwartete, heftige Explosion blieb aus. Es war schlicht nur unkonzentriert geballte Magie, nichts, was man irgendwie hätte als Zauber werten können. Der Oger zeigte sich ebenfalls recht unbeeindruckt davon und hatte den Prügel mit beiden Händen gepackt und hielt ihn jetzt bereit zum Schlag, über seinem kleinen Kopf.
Arranges setzte die ersten Worte leise an, wurde aber im Lauf der Formel immer lauter, bis er die letzten beiden Worte nur noch schrie und mit Schwung beide Arme nach vorn riss. Ein mächtiger, gleißender Feuerstrahl blitzte für die Dauer einer Sekunde auf. Das Monster bog den Rücken nach vorn durch und brüllte seinen Schmerz in die Nach hinaus. Arranges konnte gerade noch ausweichen, als der Oger herumfuhr und aus dem Schwung der Drehung heraus, ihm seine Waffe als absolut tödliches Geschoss entgegenschickte. Doch Arranges war dieses Mal schneller, als der Oger. Noch während die Bestie ihm Sabber entgegenbrüllte, war der Kaiserliche mit einem beschworenen Cleymore heran und zog die Klinge quer über den Unterleib des Monsters. Das Brüllen nahm von einer Sekunde auf die andere einen unnatürlich hohen Ton an, während aus der Wunde Darmschlingen und Blut unaufhaltsam herausdrängten. Der Nekromant tauchte unter einem letzten Prankenhieb hindurch und versenkte dann das Schwert im Hals des Monsters. Dumpf schlug der massige Leib auf dem Boden auf. Arranges stand noch einige Augenblicke schwer atmend über dem Koloss um sicherzugehen, dass er nicht nochmals aufstand.
'Erynn!' Keuchte er, als er sich schließlich neben der bewusstlosen Kriegerin auf die Knie sinken ließ. Ihr rechtes Fußgelenk war unnatürlich verdreht, genauso wie der gesamte linke Unterarm und die Hand. Verflucht, ich bin doch kein Heiler... und warum zum Henker habe ich in Anvil nicht einfach Tränke gekauft?! Der Kaiserliche besah sich die Verletzungen und kam zu dem Schluss, dass das Fußgelenk jedenfalls schlimmer aussah, als es war. Er hatte zwar ausgekugelte Gelenke eher selten gesehen, wusste aber schon allein wegen seiner Kenntnisse vom humanoiden Skelett, wie sie aussahen und im Normalfall funktionierten. Er zog Erynn jedoch ersteinmal zum Feuer hin, der widerliche Oger lag glücklicherweise einige Meter weiter. Vorsichtig nahm Arranges der Dunmer den Stiefel ab und war beinahe erleichtert, dass er nicht das Knirschen von gesplitterten Knochen vernahm. Er tastete um das Gelenk herum und musste erst nochmals überlegen, bevor er beherzt zupackte und die Gelenkskapsel mit einem saftigen Schnappen wieder in ihre angestammte Position beförderte. Bleibt nur zu hoffen, dass weder Sehnen, noch Bänder gerissen sind... Die Hand bereitete dem Kaiserlichen eindeutig mehr Sorgen. Als er den Arm vorsichtig anhob, war recht schnell klar, dass der Unterarm gebrochen war. Eine Schiene... Arranges überlegte kurz, zerrte sich dann seine eigene linke Armschiene herunter und war mit einem Mal sehr froh über deren starre Machart. Er bearbeitete sie noch ein wenig mit seinem Gebrauchsmesser und schob zur besseren Stabilisation einen halbwegs geraden und fingerdicken Ast ein, bevor er die Schnallen schloss. Jetzt kam der weitaus schwierigere Teil. Die Hand war weder auf den ersten, noch auf den zweiten Blick schön anzusehen. Im Grunde war zumindest die äußere Handpartie nur noch Brei. Die Haut war ein wenig aufgeplatzt. Arranges hatte keine Heiltränke und auch keine brauchbare Idee, wie er da etwas machen konnte. Er beschloss, die Hand lediglich sehr locker zu bandagieren und mit Wasser aus ihren Schleuchen ein wenig zu kühlen. Das nächste Mal kauf ich einfach Heiltränke!
Er bettete die Elfe sorgfältig auf die Decken, die sie dabei hatten und wartete, bis sie wieder zu sich kommen würde...
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Fossil
Erynn stöhnte gequält auf, als die gnädige Schwärze sie wieder entließ. Für einen Moment wußte sie nicht genau, wo sie sich befand, dann schlug die Erinnerung ein. Sie fuhr auf, krümmte sich und sah sich mit wildem Blick um. Sie lag nahe dem Feuer, es war noch immer tiefe Nacht. Arranges hockte neben ihr, mit einem undeutbaren Gesichtsausdruck. „Wo ist der Oger?“ lautete ihre erste Frage.
Der Kaiserliche hatte eher gehofft, dass Erynn noch eine Weile bewusstlos sein würde, bis ihm irgendetwas brauchbares eingefallen wäre, wie er ihre Hand versorgen könnte. Die aktuelle Lösung war mehr als dürftig. 'Der Oger ist tot, beruhig dich...' Sagte er leise, während er sie wieder mit sanfter Gewalt in eine liegende Position drückte. Bei allen Göttern... lasst sie wieder in Ohnmacht fallen... Dachte er bei sich.
Die Elfin rang sich ein mattes Lächeln ab. "Ich wußte, du kriegst das irgendwie hin", flüsterte sie erleichtert. Dann hob sie mit einiger Mühe den Arm vor ihr Gesicht und zupfte an den Bandagen. "Sieht das so beschissen aus, wie es sich anfühlt?" Tatsächlich hatte sie mit schweren Verletzungen praktisch keine Erfahrung, jedenfalls nicht, wenn sie selbst davon betroffen war. Ein paar Schnitte, die ein oder andere Prellung, darauf belief es sich. Jeder Pulsschlag schickte neue Wellen der Pein durch ihren Arm. "Wie lange war ich weg?" fragte sie durch zusammengebissene Zähne.
Ein Oger ist ja auch keine wirkliche Herausforderung... Arranges beeilte sich, zu verhindern, dass die Dunmer an dem Verband herumfummelte. 'Ja, es sieht aus wie... Brei.' Brachte er hervor und versuchte sich an einem Grinsen. 'Du warst vielleicht zwei Stunden ohnmächtig, länger nicht... und jetzt hör bitte auf, daran herumzuzupfen, dadurch wird es nicht besser.' Sagte bestimmt, aber nicht gereizt. 'Ich bin mir nicht sicher, aber da scheint einiges zu Bruch gegangen zu sein in deiner Hand... und ich bin kein Heiler, noch haben wir Tränke...'
"WAS?!" Erynn starrte den Beschwörer erschrocken an und zerrte noch einmal an den Binden, ließ es aber schnell bleiben und zog den Arm in Schonhaltung vor die Brust. "Mach die Verbände ab. Ich muß wissen, wie das aussieht!"
'Nein, musst du eigentlich nicht...' Murmelte Arranges und sah sie einen Moment nur schweigend an. Dann seufzte er. Es würde keinen Sinn machen, ihr das ausreden zu wollen. In dem Moment, in dem er kurz wegsehen würde, würde sie sich die Bandagen selbst herunterzerren und nachsehen. Und wer weiss, was sie dann in ihrer Dummheit machen würde. Nein, da war es Arranges lieber, direkt eingreifen zu können. Vorsichtig griff er nach dem Arm und machte den Verband weg. Es sah jetzt noch übler aus, als zu dem Zeitpunkt, als er die Hand verbunden hatte. Die Hand war rundherum geschwollen und bei jeder kleinen Bewegung war eindeutig zu sehen, dass in der Außenkante kein einziger Knochen mehr an einem Stück war. Ganz toll... Als Erynn schon nach ihrer Hand greifen wollte, packte er schnell ihren gesunden Arm und hielt ihn fest.
Erynn erbleichte, als der Kaiserliche sich an den Stoffbinden zu schaffen machte. So umsichtig er dabei auch zu Werke gehen mochte, jede Berührung war die Hölle. Als er ihr unversehrtes Handgelenk mit festem Griff faßte, hob sie den Kopf und und besah sich die Bescherung. Drei ihrer Finger waren gebrochen, der kleine stand im nahezu rechten Winkel ab und war ebenso Matsch wie die Außenkante der Mittelhand. Alles in allem war von den normalerweise schlanken Gliedmaßen nur noch ein unförmiger, rot und blau verfärbter blutiger Klumpen übrig. Von namenlosem Entsetzen gepackt sank sie zurück und schloß die Augen. "Nein..."
Der Kaiserliche sah noch, wie sich die Augen der Dunmer weiteten, dann sank sie zurück. Die Muskeln in ihrem Arm erschlafften und einen Moment später ließ Arranges ihn los. Beim Haus des Chaos... ist sie wieder bewusstlos? Hin und her gerissen zwischen Sorge und Erleichterung, vergewisserte sich der Nekromant nochmals, ob Erynn noch bei ihm war, wenngleich er insgeheim hoffte, dass sie wieder in gnädige Ohnmacht gefallen war. 'Erynn...?' Er tätschelte ihr leicht die Wange.
"Mhm?" flatternd öffneten sich ihre Lider. "Das ist doch alles nicht wahr." Sie schüttelte den Kopf, weigerte sich für eine Weile, das Gesehene zu akzeptieren. Doch das würde zu nichts führen. So, wie es jetzt war, konnte es unmöglich bleiben. Arranges sah im Großen und Ganzen ratlos aus - sie würde ihm sagen müssen, was zu tun war. Dennoch, sie hatte Angst. Schreckliche Angst. Laß mich einfach hier liegen, bis es von selbst wieder weggeht.
"Hol die Ahle her und mach ein paar Stiche, daß die Einblutungen abfließen können", brachte sie schließlich heraus. "Dann versuch, die Knochen wieder geradezurücken. Du weißt, wie das geht. Du hast mir zugesehen, als ich das bei Dreveni gemacht habe..." Erynn konnte ein Schaudern nicht unterdrücken, wünschte sich im Stillen, daß der Beschwörer sie einfach in den Arm nehmen und ihr sagen würde, daß alles nicht so schlimm sei. Eine vergebliche Hoffnung, das war ihr klar. Sowohl das Eine als auch das Andere.
Verdammt... die Vier Säulen sind einen Dreck wert, wenn man sie mal wirklich brauchen könnte... Der Kaiserliche hörte Erynn zu, aber sehr viel besser ging es ihm mit ihrer Unterstützung nicht. Während er die Ahle holte rügte er sich weiterhin in Gedanken, warum er in Anvil nicht einfach Tränke gekauft hatte, damit wäre die ganze Sache längts wieder behoben. Als er sich wieder neben Erynn kniete, die Nadel mit größter Vorsicht und absolut unangemessenem Respekt ein wenig von sich weghaltend, schaute er ihr fest in die Augen. 'Vergib mir...' Nuschelte er, während er mit der freien Hand nach ihrer gesunden griff. Für den kurzen Moment, während dem er ihre Hand hielt und sachte drückte, schimmerte sie kurz auf. Sein Zauber war bewusst stark gewählt, sie musste sich in diesem Moment fühlen, als hätten sich alle Muskeln in ihrem Leib in schweres Körperfett verwandelt. Dazu traf sie komplette Erschöpfung, als ob man mit einem Fingerschnippen von einem Moment auf den anderen ihr gesamtes Durchhaltevermögen einfach aufgelöst hätte. Ohne weiter auf ihre Mimik zu achten, Reden oder vielmehr Lallen war ihr noch immer möglich, machte sich Arranges an die Arbeit. Während er mit der Nadel noch größte Vorsicht - oder war es eher Furcht vor diesem Ding - walten ließ, packte er, nachdem er Tücher und Verbände unterlegt hatte und der größte Teil der Blutergüsse ausgelaufen war, etwas grober zu. Anders als mit schierer Gewalt war es kaum möglich die zwar kleinen, aber in der Hand mit einem Mal sehr sperrig wirkenden Knochen in ihre ursprüngliche Position zu bringen. Es knirschte und knackte einige Male arg, aber schlussendlich sah die Hand insgesamt wieder wie eine Hand aus. Bis auf den kleinen Finger und die Außenkante. Hier waren schlicht keine Knochen mehr, die man hätte zurechtrücken können. Der Finger baumelte recht frei an der Hand und die Außenkante fühlte sich tatsächlich an, als hätte man einen Hautsack mit grobem Schlamm gefüllt. Da gibts nichts mehr zu richten... bis wir einen Heiler erreichen können, ist das Ding abgefault... Dachte der Nekromant, als er sich die zusätzlich aufgeplatzte Haut ansah. Abschneiden wäre wohl die beste Lösung... Er sah in das Gesicht der Kriegerin. Sie sah schrecklich aus, als würde sie gerade irgendwo in der Hölle schmoren. Aber kann ich ihr das antun? Sie ist Schützin... braucht man den kleinen Finger der linken Hand um ein guter Bogenschütze zu sein?! 'Erynn ich äh... der kleine Finger... ich kann ihn nicht richten, die Knochen bestehen nur noch aus sehr vielen Splittern...' Was er dachte und eigentlich auch sagen wollte, ließ er vorsichtshalber ersteinmal weg...
Verdammt! Das kann alles nur ein schrecklicher Alptraum sein! Kalter Schweiß lief ihr über das Gesicht, während sie auf die Rückkehr des Nekromanten wartete. Sie fragte sich, wie sie das Folgende aushalten sollte, waren die Schmerzen doch jetzt schon nahezu unerträglich. Am liebsten hätte sie sich jetzt einfach irgendwo verkrochen, um zu sterben. Als Arranges sich wieder neben sie hockte, unterband er diese Möglichkeit auf seine Art.
So plötzlich zur Bewegungslosigkeit verdammt, überkam die Elfin blanke Panik, die selbst die unnatürliche Müdigkeit durchdrang, welche sie mit einem Mal befiel. Ihre Augen zuckten wild, während sie sich mit aller Macht und zitternden Muskeln gegen den Zauber stemmte. "Laß mich los", fauchte sie und zog dann scharf die Luft ein, als er die Ledernadel in das geschwollene Fleisch stieß. Sie spürte, wie warmes Blut quälend langsam über ihre Finger rann, und nach einer Weile wurde der Druck auf die geschundenen Knochen etwas erträglicher. Erynn entspannte sich ein wenig - genau bis zu dem Moment, in dem Arranges nach ihren Fingern griff. Instinktiv wollte sie fortkriechen, nach dem Beschwörer schlagen oder nach der Quelle der neuerlichen Qualen beißen. Nutzlos schlugen ihre Kiefer mit lautem Klacken aufeinander. Allein zu schreien blieb ihr, und genau das tat sie, bis sie heiser war, flehte dazwischen selbst für ihre Ohren unverständlich immer wieder, daß er aufhören möge. Als Arranges endlich von ihr abließ, war sie am Ende.
Seine Worte drangen nur undeutlich zu ihr durch, und es dauere einige Herzschläge lang, bis sich ihr tränenverschleierter Blick auf sein Gesicht fokussierte. Nein, natürlich konnte er den Finger nicht richten. Schon beim ersten Blick darauf hatte Erynn gewußt, daß das Glied nicht mehr zu retten war, hatte es aber nicht wahrhaben wollen. In den Augen ihres Begleiters spiegelten sich ihre eigenen Gedanken wieder. Das war zuviel. Hier und jetzt war die Grenze dessen überschritten, was sie glaubte ertragen zu können. "Bitte... nicht", flüsterte sie verzweifelt. "Bitte, bitte nicht..."
Der Ausdruck auf dem Gesicht des Kaiserlichen versteinerte. Seine Augen wurden kalt. Wenn ich jetzt nachgebe und das so lasse, könnte es in ein oder zwei Tagen sehr viel schlimmer sein... Er wusste nicht, was ihm in diesem Moment mehr zu schaffen machte. Die Tatsache, dass er Erynn einfach keine Schmerzen zufügen wollte, ihn die Umstände aber schlicht und einfach dazu zwangen oder aber der bohrende Gedanke daran, dass wenn er es nicht tat, um ihre Leiden für den Moment großteils zu beenden, sich die ganze Verletzung arg verschlimmern könnte. Arranges dachte einige Herzschläge lang angestrengt nach... nein, eigentlich horchte er eher in sich hinein, seinen Verstand für sich genommen ignorierend und fasste dann einen Entschluss. Er wollte kein längerfristiges Risiko für die Elfe verantworten. Der Gedanke daran, dass sie ohne den Finger nicht mehr ihrer Kriegerberufung nachgehen konnte, verlieh dem ganzen Gedanken einen positiven Aspekt. Dann kann sie das nächste Mal wenigstens nicht nochmals den Fehler begehen und irgendeinem Trottel folgen, den sie weder kennt, noch sonderlich mag... Arranges schlug die Tücher locker über der Hand zusammen. Dann schnitt er einen langen, aber sehr schmahlen Streifen aus seinem Umhang heraus. 'Das wird dir nicht gefallen, aber...' Er verstummte und schüttelte nur den Kopf. Er führte den Stoffstreifen unter der Armbeuge des linken Ellenbogens hindurch. Ein Arm- oder Halsband wäre so viel praktischer... genau wie TRÄNKE verdammt nochmal! Er band den Arm ab und suchte dann mit ausdruckslosem Gesicht nach einer Regung in dem der Dunmer. 'Ich werde den Finger abnehmen...' Er griff vor sich in die Luft und hielt einen beschworenen Dolch in der Hand. Aber bevor er ansetzte, wartete er noch, ob Erynn irgendeine Reaktion zeigte.
"NEIN! Ich will nicht verstümmelt sein!" Trotz des Zaubers, der sie an Ort und Stelle fesselte, zitterte sie. Nach einigen krampfhaften Atemzügen fuhr sie mit rauher Stimme fort: "Du mußt die Haut halbkreisförmig einschneiden..." sie schluckte. "Dann ziehst du sie zurück und legst das Gelenk frei. Danach... danach treibst du das Messer hinein, schlägst den Hautlappen über den Stumpf und legst darüber ein Stück Leinen." Was rede ich hier? Laß gefälligst deine Finger davon! "Den Stoff brennst du auf der Wunde fest... und bitte, beeil dich. Mach einfach nur schnell..." Erynn versuchte längst nicht mehr, ihr Schluchzen zu unterdrücken. Sie wünschte sich einfach nur noch weit fort von hier.
Arranges zog es die Eingeweide zusammen, als er nochmals in das Gesicht der Dunmer sah. Wie war das damals? Achja richtig... Bei den Ausführungen der Dunmer kam ihm wieder in den Sinn, was er vor unzähligen Jahren stundenlang in irgendeinem Kellerwinkel abgelegener Stützpunkte tat. Das Zerlegen und die Lehre von menschlichen Leichen. Im Grunde hätte er den Finger so abnehmen können, wie Erynn es ihm beschrieben hatte, aber dann währe immer noch der Rest des Ansatzes in der Hand... Arranges entschied alles abzunehmen und nach einem weitere Augenblick des Überlegens hatte er sogar eine Idee, wie es recht gut funktionieren könnte. Er zog den Dolch durch eine fast intensiv blau lodernde Flamme in seiner Hand und begann. Er schnitt wie Erynn ihm gesagt hatte, einen Halbkreis um den Fingeransatz, dann aber schnitt er weiter ungefähr drei Fingerbreit an der Handkante entlang. Die Schlinge, welche den Blutfluss behinderte reichte, wie er feststellte, aus, um das meiste des Lebenssafts zurückzuhalten. Wie sich herausstellte, musste er nicht sehr viel schneiden. Hauptsächlich war er damit beschäftigt, lose Gewebefetzen und Knochensplitter zu entfernen, der Finger ließ sich, nachdem er ein paar recht robuste Sehnen zerschnitten hatte, ganz einfach herausziehen. Er kontrollierte nochmals und stellte anhand der leichten Zuckungen der restlichen Hand zufrieden fest, dass er wohl nichts anderes beschädigt hatte. Er klappte die Haut an der Kante zusammen und jetzt wirkte es so, als hätte Erynn schon immer nur vier Finger an der linken Hand gehabt. Arranges hatte den gesamten Finger mit dem zertrümmerten Wurzelansatz sauber herausgetrennt. Er legte eine Schicht sauberen Verband darüber und fasste dann Erynns Hand in die seine. Seine Feuermagie wirkte präzise und einige Augenblicke später war der grobe Stoff leicht in die Haut eingebacken und hielt sie so zusammen. Durch die Hitzeeinwirkung konnte Arranges jetzt auch recht guten Gewissens davon ausgehen, dass es zu keiner Infektion kommen würde. Den Rest der blutigen Masse, die er zusammen mit dem Finger aus der Hand herausgeholt hatte, nahm er mit den Tüchern, auf denen sie lag, zusammen und tat alles beiseite. Dann verband er die ganze Hand sorgsam mit weiteren Verbänden. Er legte die Hand in Schonhaltung auf Erynns Brust und löste dann den Stoffstreifen in der Armbeuge. Dann löste er den Zauber auf und wartete auf eine Reaktion der Elfe.
Um die letzten Fetzen von Erynns Würde war es geschehen, sobald Arranges den Daedrastahl auf ihre Haut setzte. Ihre haltlosen Schreie klangen weit schriller als zuvor, und sie verfluchte den Beschwörer, den Oger und alle Götter mit Ausdrücken, die einer Hafen•••• die Schamesröte ins Gesicht getrieben hätten. Als Arranges die Klinge in ihre Handkante senkte, Knochensplitter heraushebelte und Sehnen durchtrennte, winselte sie nur noch um Gnade. Das Grauen darüber, bei vollem Bewußtsein einen Teil von sich zu verlieren, war jenseits aller Beschreibung, die Tatsache, sich nicht rühren und gegen die Pein wehren zu können, versetzte sie in einen Schockzustand. Sie spürte, wie der Kaiserliche seine Hand um den zerschmetterten Finger schloß und registrierte voller Entsetzen, wie das Glied sich tatsächlich von seinem angestammten Platz löste. Noch einmal schrie sie, langanhaltend und durchdringend, bis sie keine Luft mehr in den Lungen hatte. Daß er die Wunde mit einem Feuerzauber verödete, veranlaßte sie nur noch zu einem gequälten Wimmern.
Völlig erschöpft hörte sie auf, sich gegen den Lastzauber zu wehren. Die Empfindung, wie Arranges die Verletzung verband, genoß sie nach der unvorstellbaren Tortur beinahe. Langsam beruhigte sich ihr wild pumpendes Herz. Alles war besser als durchstehen zu müssen, wie jemand ihre Hand zerriß. Als der Nekromant den Bann über ihre Muskeln aufhob, bäumte sich Erynns Körper noch einmal unwillkürlich auf, dann stürzte sie zurück. Am ganzen Leib unkontrolliert zitternd, drehte sie langsam den Kopf in die Richtung ihres Begleiters. Sie versuchte irgend etwas zu sagen, brachte aber zwischen würgenden Atemzügen und abgehackten Schluchzern kein Wort heraus. Die Erkenntnis, daß sie es zumindest fürs erste überstanden hatte, erreichte nur langsam ihr Bewußtsein.
Der Kaiserliche wartete, bis Erynn wieder lag und sich wenigstens ein bisschen beruhigt hatte. 'Es ist vorbei Erynn...' Er wusste nicht, was er genau sagen sollte, er hatte sie gerade eben einfach eines Fingers beraubt. Es ging ihm sichtlich nahe und jetzt, da er fertig war, verschwand auch der abweisende Ausdruck auf seinem Gesicht und das kalte Funkeln in seinen Augen. Er breitete die Decke wieder ordentlich über den Körper der Mer. Er war wirklich ratlos und wusste nicht, wie er ihr noch weiter hätte helfen können, den Schmerz von ihr zu nehmen lag nicht in seiner Macht. Seinen Sitz in eine etwas bequemere Position bringend, saß er nur schweigend neben Erynn. Vorsichtig strich er ihr die vom Schweiß nassen, ihr strähnig ins Gesicht fallenden Haare aus der Stirn und tupfte mit einem sauberen Verbandsfetzen den Schweiß ab.
Nach und nach beruhigte sich ihr Atem, und die Elfin hielt unter den ungewohnt sanften Berührungen des Beschwörers still. Mit noch etwas unstetem Blick betrachtete sie die Sterne am Himmelszelt. Der Schmerz war noch immer da und würde wohl auch noch eine Weile bleiben, tobte aber nicht mehr so erbarmungslos durch ihren Arm wie noch zuvor, als die gesplitterten Knochen jeden Pulsschlag zu einer Qual hatten werden lassen. "Ich bin froh, daß du bei mir bist", flüsterte sie schließlich, "und dankbar, daß du es bis zum Ende durchgezogen hast." Sie zwang sich zu einem schiefen Grinsen: "...und nein, ich halte dich nicht wirklich für einen syphilitischen ••••nbock..."
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Legende
Der Kaiserliche erwiderte nichts mehr. Er saß schlicht nur neben Erynn und versuchte wenigstens ihr mit seiner Anwesenheit ein wenig Sicherheit zu geben. Nach einer Weile war die Dunmer eingeschlafen. Ihr Atem ging ruhig, wie Arranges sehr erleichtert feststellte. Dann vergrub er sein Gesicht in den Händen. Und das nächste Mal bin ich für ihren Tod verantwortlich oder was... Nach einigen Minuten, während denen er sich gegen seine total verdrehte Ansicht stemmen musste, der Dunmer gegen seinen Willen Schmerzen zugefügt zu haben, nur um bleibende Schäden irgendwie zu verhindern, erhob er sich völlig erschöpft. Er packte das blutige Bündel und beförderte es mit einem Anflug von Wut ins Feuer. Dann schichtete er das Feuer nochmal ordentlich auf, bis er eine Lichtinsel hatte, die im Durchmesser gut und gerne 8 Schritte maß. Er setzte sich wieder neben Erynn und hielt den Rest der Nacht Wache.
Mit den ersten Strahlen der Sonne regte sich die Kriegerin bereits wieder. Sie sah etwas desorientiert aus, schien aber soweit klar im Kopf. 'Guten Morgen... wie fühlst du dich?' Er versuchte aufmunternd zu lächeln.
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Fossil
„Uh... beschissen.“ Sie schlug die Decke zurück und besah sich ihren Knöchel. In einen Stiefel würde sie das verdammte Ding in näherer Zukunft nicht zwängen können. Erynn stemmte sich mit der rechten Hand in eine aufrechte Position und rückte näher ans Feuer. Ihr Blick fiel auf den dicken Verband, und sie war dankbar dafür, das Ergebnis des Gemetzels von vergangener Nacht noch nicht sehen zu müssen. „Wo ist... wo sind die... Reste?“ Arranges deutete mit dem Kinn auf das Feuer. Die Dunmer nickte nur und schenkte ihm ein tapferes Lächeln. Tatsächlich sah der Beschwörer ungefähr so fertig aus, wie sie sich fühlte. Hat ihn das so sehr mitgenommen? Hätte ich nicht gedacht... sollte er als Totenbeschwörer da nicht sehr viel abgebrühter sein? Was geschieht hier?
Die Elfin kratzte sich vorsichtig an einer Stelle unter der steifen Armschiene - das Ding scheuerte. Ihre Hand pochte scheußlich, und sie war ruhelos. Darüber hinaus begann der Oger langsam aber sicher übel zu stinken – noch mehr als wenn er lebendig wäre, hieß das. Erynn wuchtete sich auf die Füße, nahm einen brennenden Scheit und humpelte zu dem Kadaver hinüber. Zufrieden beobachtete sie, wie der Fleischberg Feuer fing.
„Schon gut“, antwortete sie, als sie sich wieder an das Lagerfeuer setzte und Arranges gegen ihren kleinen Ausflug Protest anmelden wollte. „Laß mir diese kleine Rache.“ Mit einiger Mühe zog sie den anderen Stiefel ebenfalls aus. „Ich werde bestimmt nicht weit weglaufen. Gib mir noch diesen einen Tag, dann sehen wir zu, daß wir Skingrad erreichen.“
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Legende
Arranges war nicht begeistert davon, dass Erynn schon wieder herumlief und Ogerkadaver anzündete. Aber er wollte sie auch nicht davon abhalten, schließlich konnte er es selbst nicht gebrauchen, wenn man ihn nach einer schwerwiegenden Verletzung ans Bett zwang. Er zeigte ihr jedoch deutlich, dass er besorgt um sie war. Der Tag zog sich dahin und im Grunde taten sie nicht sehr viel, außer am Feuer zu sitzen, zu essen und sich die meiste Zeit anzuschweigen. Arranges fragte in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen, wie Erynn sich fühlte und hatte bei jeder ihrer Antworten, die beinahe immer die selbe war, ein schlechtes Gewissen. Er beschäftigte sich dann eine Weile mit seinem Fuchs, las oder schrieb in einem seiner Bücher oder blickte in den Himmel.
Es war später Nachmittag, als der Nekromant das Buch in seinem Schoß zuklappte und sich erhob um nochmals Feuerholz nachzulegen. Als er sich wieder gesetzt hatte, ließ er den Blick über das niedrige Gras um sich herum schweifen. Seine Augen blieben an einer einzelnen, kleinen Blume hängen. Die Blüte war goldgelb und knapp unterhalb spreizten sich zwei beinahe perfekt symetrische Blätter in einer leichten Neigung nach oben vom schlanken Stängel ab. Arranges beobachtete, wie sich das kleine Gewächs in der sanften Briese des Abends wog. Etwas, das er schon sehr lange nicht mehr getan hatte. Auf den Inseln das letzte Mal...
Er griff nach der Blume und knickte sie unnötig sorgsam ab. Vor seine Augen haltend, drehte er sie leicht zwischen Daumen und Zeigefinger. Er war kein Gelehrter, was Pflanzen anging, er hatte nur etwas für die äußerliche Form übrig. Es war eine ähnliche Vernarrtheit, mit der er in den Sonnenuntergang schaute, dem Vogelgezwitscher lauschte oder auch das leicht wippende Haar zwischen den Ohren seines Rotfuchses beobachtete... Nach einer Weile hörte er auf, die Blume anscheinend sinnlos zwischen den Fingern zu drehen. Mit der freien Hand griff er jetzt nach einem der beiden Blätter. In seinem Gesicht spigelte sich ein komischer, nicht zu deutender Ausdruck... und dann zupfte er das Blatt einfach weg. Mit fragendem Blick schaute er auf das grüne, mandelförmige Fetzchen in seiner Hand, dann wieder auf die Blume, die durch diesen Verlust jedoch nichts von ihrer Faszination verloren hatte... Arranges zuckte unwillkürlich zusammen. Er runzelte die Stirn, aber das Glänzen in seinen Augen blieb. Plötzlich wandte er sich Erynn zu und bemerkte, dass sie ihn wohl beobachtet hatte. Er schaute wieder auf die Blume und mit einem Mal, als wäre es nur eine lästige Fliege, die er gerade erwischt hatte und nur noch loswerden wollte, da sie für ihn keinerlei Sinn oder Zweck erfüllte, warf er das kleine Gewächs über die Schulter und blickte wieder ins Feuer, wie viele Stunden zuvor auch schon...
Sie aßen in der Dämmerung nochmals eine Kleinigkeit. Arranges erklärte, dass er die Nachtwache übernehmen würde, obwohl er erschöpft war, aber das war im Grunde ja nichts Neues... Er setzte sich mit dem Rücken an einen Baum und neigte den Kopf zum Himmel. Schon nach wenigen Minuten war nur noch ein Schnarchen von ihm zu hören...
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Fossil
Westebene => Skingrad
Erynn konnte sich ein Lächeln und leichtes Kopfschütteln nicht verkneifen, als leises Schnarchen zu ihr herüberdrang. Also würde sie heute Nacht wohl aufpassen, daß sich ihnen nichts und niemand unbemerkt näherte. Die Schmerzen ließen sie ohnehin noch keine Ruhe finden. Dafür war sie nicht müde genug und außerdem immer noch zu geschockt. Sie betrachtete den Verband und widerstand der Versuchung, die Binden abzuwickeln. Trotzdem hätte sie gerne gewußt, wie es jetzt wohl aussah. Ob sie wirklich so widerwärtig entstellt war, wie sie sich vorstellte. Was solls, Erynn. Du warst auch vorher schon nicht hübsch. Zumindest kannst du eine tolle Geschichte erzählen, wenn dich jemand danach fragt...
Mit Unbehagen dachte sie daran, daß sie noch einmal einen Heiler würde aufsuchen müssen, sobald sie in Skingrad war. In der Magiergilde würde sie gar nicht erst nachfragen – blieb also nur die Kapelle. Erynn ließ sich dort sonst niemals blicken. Die Missionierungsversuche der Cheydinhaler Priesterschaft hatten da ihre Spuren hinterlassen, wie bei den meisten Dunkelelfen der Stadt. Vielleicht doch besser die Gilde... nein, auf keinen Fall. Hinterher ende ich nur als Anschauungsobjekt für irgendwelche pickeligen, milchgesichtigen Novizen: ‚Seht her, Verkrüppelungen wie diese sind üblich für die Haudraufs von nebenan. Wären diese Typen nicht so minderbemittelt, könnten sie sich mit einem Zauber selbst helfen und müßten nicht unsere Zeit mit so einem Quatsch verschwenden – Du da, halte ihren Arm hoch und paß auf, daß du dir deine Robe nicht einsaust.’ Na, vielen Dank! Sie schnaubte ungehalten.
Die Elfin weckte den Beschwörer etwa eine Stunde nach Mitternacht. Wenn sie ihren Weg am nächsten Tag tatsächlich fortsetzen wollten, sollte sie zumindest versuchen, etwas Schlaf zu bekommen.
Der nächste Morgen begann nicht gut für Erynn. Es ärgerte sie maßlos, daß sie weder dabei helfen konnte das Lager abzubrechen, noch dazu in der Lage war, ihr Pferd selbst zu satteln. Sie wartete, bis der Beschwörer so weit war und fühlte sich nutzlos. Arranges fertigte aus den restlichen Verbänden eine Schlinge für ihren Arm und hievte sie dann auf Falchions Rücken. Sie richtete sich einigermaßen bequem im Sattel ein, schlug die Steigbügelriemen vor dem Vorderzwiesel übereinander und ließ ihre bloßen Füße frei an der Flanke des Wallachs herunterbaumeln. Blieb nur zu hoffen, daß sie auf dem Rest des Weges von weiterem Ärger verschont blieben. Momentan war sie wirklich zu nichts zu gebrauchen.
Sie folgten der Goldstraße weiter nach Osten und blieben weitgehend unbehelligt, abgesehen von einigen Kavalleriesoldaten auf Patrouille und einem Händlerkarren beladen mit Wein auf dem Weg nach Anvil begegnete ihnen niemand.
Es wurde Abend, bis sie die Stadt endlich erreichten. Die Kriegerin zügelte ihr Pferd auf der Straße vor den Ställen, schwang ein Bein über den Hals ihres Braunen und ließ sich vorsichtig zu Boden gleiten, übergab ihr Tier dann einem Stallburschen. Sie wandte sich ihrem Begleiter zu: „Ich werde jetzt nach Hause gehen und gleich morgen früh einen Heiler aufsuchen. Du kannst mich in der Gilde finden.“ Sie warf ihm einen frechen Blick zu. „Es sei denn, du willst lieber einen anderen Treffpunkt vorschlagen.“
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Legende
Skingrad
'Nun, wie wäre es mit dem Friedhof vor der Stadt?' Erwiderte Arranges und grinste.
Bevor sie sich innerhalb der Stadtmauern trennten, beschied Arranges der Dunmer, dass er sie am nächsten Tag in der Gilde aufsuchen würde. Dann verschwand er. Seine Schritte führten ihn zunächst zur Schmiedin Skingrads. Aber er hatte vergebends gehofft, zu dieser späten Stunde hatte sie ihr Geschäft bereits geschlossen. Er ging zurück zur Taverne Zur Westebene und nahm sich ein Zimmer für die Nacht.
Arranges erwachte erst am späten Vormittag. Er hatte zur Abwechslung hervorragend geschlafen. Er gönnte sich ein üppiges Frühstück und verließ dann die Herberge. Er begab sich wieder zur Schmiedin. Es dauerte eine ganze Weile und bis er schließlich mit neuen Armschienen das Gebäude verließ, hatte die Sonne ihren Zenit längst überschritten. Die Armschienen waren ihren Vorgängern nachempfunden. Eine leichte Lederplatte lag auf dem Handrücken, genau an dessen Form angepasst und dort gehalten von einem leichten Stoffband, welches die Handfläche umschlang. Die flexibel angefügte Lederplatte, welche seinen Arm schützte, schmiegte sich beinahe perfekt an den Unterarm an und machte jede Bewegung problemlos mit. Die längs eingearbeiteten, leichten Stahlstreben verstärkten die Platten noch zusätzlich, sodass Arranges, wie er es in seinem Fechtstil öfter tat, taktische Hiebe blocken und die schweren ablenken konnte. Zufrieden ging er zu Falanus Haus und betrat den Verkaufsraum.
Die Dunmer sah routiniert langweilig von einem Pergament auf dem Ladentisch auf. Als ihr Blick auf den Nekromant fiel, begannen ihre Augen jedoch zu glänzen. 'Arranges!' Der Kaiserliche rang sich ein Lächeln ab, mehr aber auch nicht. Mit einer kurzen Geste gab er ihr zu verstehen, dass er in Eile war, wenngleich das nicht stimmte, aber auf ihre Anhänglichkeit hatte er im Moment nur wenig Lust. Falanu zeigte ihren Unmut darüber, indem sie die Lippen provokant schürzte, dazu aber ein ernst trauriges Gesicht aufsetzte. Arranges ignorierte dies vollkommen. Er gab nur auf, was er an Tränken brauchte und entschied, während er orderte, dass er wohl besser gleich ein paar mehr kaufen sollte.Trotz der Kränkung, die sie durch seine im Moment besonders abweisende Art erfuhr, senkte sie die Preise der Tränke so, dass man es schon fast als geschenkt hätte betrachten können. Mit mehreren starken Heiltränken, einigen arkanen Tränken und einem Trank gegen Krankheiten im Gepäck trat Arranges aus dem Alchemieladen.
Der Magier war sich erst nicht sicher, ob er Erynn noch aufsuchen sollte. Es war bereits später Nachmittag und er wusste nicht, ob es gut wäre mit der arg mitgenommenen Dunmer durch die Nacht zu reiten. Er beschloss dann doch noch zur Gilde zu gehen. Als er das Gildenhaus betrat, war der Erste, den er sah, wieder der Bretone in der makellosen Stahlrüstung. 'Seid gegrüßt... ich möchte zu Erynn Releth...' Der Protektor schaute ihn etwas komisch an, so, als würde er ihn von irgendwoher kennen, war sich aber nicht sicher. 'Darf ich fragen, wer nach ihr verlangt? Sie ist heute Nacht mit einem dick verbundenen Arm hier angekommen und hat heute morgen erst einen Heiler aufgesucht, ich bezweifle, dass sie momentan Aufträge annehmen kann.'
'Arranges ist mein Name,' er deutete eine Verbeugung an 'Ich würde sie trotzdem gern sprechen...' Antwortete Arranges ruhig. Der Bretone seufzte, verschwand aber dann nach oben...
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Fossil
Skingrad
Hinkend schleppte sich die Dunmer zum Gildenhaus. Sie freute sich, wieder dorthin zu kommen, was sie der Einfachheit halber als Zuhause bezeichnete, und sei es nur für einen kurzen Zwischenstop. Angenehm vertraute Gerüche und Geräusche umfingen sie, als sie durch das Eingangsportal trat. Sie traf Bok Gro-Khuran im Speisesaal an, scheinbar war der Ork in der Skingrader Niederlassung hängengeblieben, ebenso wie sie. Er begrüßte die Elfin freudig, sah allerdings angesichts ihrer Erscheinung von einem kräftigen Schlag auf ihren Rücken ab. Stattdessen stellte er sich auf den unteren Treppenabsatz und brüllte nach Parwen, daß die Wände wackelten. Erynn lächelte in sich hinein. Ja, sie war wieder daheim...
Nach einigen Augenblicken kam die Waldelfe die Treppe heruntergeflitzt. Ihr freudiges Grinsen erstarrte, als ihr Blick den ihrer Freundin traf. Die Begrüßung fiel daraufhin eher pragmatisch aus: „Wie siehst du denn aus?!“ fragte die Bosmer konsterniert, zog einen Stuhl heran und ließ sich darauf fallen. Erynn winkte ab. „Eins nach dem anderen. Erstmal bin ich froh, wieder hier zu sein – auch, wenn ich wohl nur kurz bleiben werde.“
„Wieso? Hat dich die Wanderlust gepackt? Was hast du in den vergangenen Wochen eigentlich getrieben?“
„Jagen hauptsächlich. Bären und Wegelagerer.“ Nun, so ungefähr jedenfalls.
Parwen sah sie ungläubig an. „Wegelagerer. Du. Erynn ‚normalerweise-gibt-es-für-fast-jedes-Problem-eine-friedliche-Lösung’ Releth. Bist du betrunken?“
Sie grinste schief. „Nein. Aber ich wäre es gerne.“ Sie senkte die Stimme und warf sowohl der Bosmer als auch dem Ork einen Blick zu. „Hört zu, ich hab das Rumhängen nicht mehr ausgehalten. Also hab ich mir gedacht, daß ich auf eigene Faust losziehe... Sagt Ah-Malz nichts davon, daß ich mich hier langweile. Er grübelt auch so schon genug, und wahrscheinlich ist es ihm ohnehin klar...“ Zustimmendes Nicken. Der Ork verstand den Wink mit dem Zaunpfahl und besorgte Met, während Erynn ihre Freundin danach fragte, was in letzter Zeit in der Stadt geschehen war. Das Übliche: Die Weinlese war fürs erste durch, die Außenwände der Kapelle wurden gerade renoviert, vor der Stadt war ein Mord geschehen, für den man demnächst wahrscheinlich die Bäckerstochter aufknüpfen würde. Die Stadtwachen faselten in dem Zusammenhang irgendwas von ‚Eifersucht’. Vom Grafen hatte man nichts gehört oder gesehen. Skingrad blieb Skingrad.
„Und was ist jetzt mit deinem Arm passiert? Und... deinem Fuß?“ löcherte die Waldelfin sie nun, als Bok zurückkehrte und ihnen allen einschenkte.
Erynn zögerte. „Ein Oger. Zum Glück war ich nicht allein unterwegs, sonst würde ich hier nicht sitzen...“
„Wer hat dich denn begleitet?“
„Ein Abenteurer, dem genauso langweilig war wie mir...“
„Der Kerl, der vor ein paar Wochen hier war?“ schaltete der Ork sich ein.
„Mhm.“
„Was für ein Kerl?“ Parwen machte große Augen.
„Wie gesagt, ein Abenteurer...“
„Ach?“
Erynn hob abwehrend die rechte Hand. „Wenn du anfängst Gerüchte zu streuen, verhau ich dich!“
„Ja, sicher.“ Die Bosmer grinste.
Damit war das Thema erledigt. Die Dunmer erzählte ein wenig von der Gilde in Anvil und darüber, daß es dort im Zweifelsfalle genug zu tun gäbe, hörte sich im Gegenzug einige Geschichten des Orks an, der wohl in Skingrad bleiben würde, um Grünschnäbel im Nahkampf zu trainieren. Irgendwann, es war schon recht spät, erhob sich Erynn. Sie war längst nicht mehr ganz sicher auf ihren anderthalb Füßen, aber der Abend hatte nicht unerheblich dazu beizutragen, sie aus diesem seltsamen, fast traumwandlerischen Zustand zu holen, der sie befallen hatte als sie den Finger verlor und seitdem wie eine kalte Hand um ihr Herz lag. Parwen bestand darauf sie zu stützen, während sie auf ihr Zimmer ging. Bok sah sich das Schauspiel gefühlte fünf Herzschläge lang mit an, warf sich die Dunmer dann kurzerhand über eine massige Schulter und setzte sie vor ihrer Kammer wieder ab. Söldner waren einfach weniger kompliziert als Magier. Viel weniger. Wie praktisch.
Am nächsten Morgen machte Erynn sehr früh auf den Weg zur Kapelle. Sie wollte diese verdammte Sache hinter sich bringen, so lange sie noch im Halbschlaf war. Zögernd trat sie durch das reichverzierte Portal in das hohe Mittelschiff der Andachtshalle. Ihre Schritte hallten von den Steinfliesen wieder, und sie sah sich ein wenig ratlos um. Man verwies sie schließlich an eine junge Heilerin, welche die Elfin in eine kleine, aber angenehm warme und helle Kammer führte. Als die Frau die Bandagen um ihre Hand löste, hielt die Bogenschützin den Atem an.
Es sah... seltsam aus. Schmal wie die Hand eines Schreiberlings, trotz der Schwellungen, die noch um die Wunde herum waren. Wo der Feuerzauber das rohe Fleisch direkt berührt hatte, hatte es sich weiß verfärbt und mittlerweile eine rissige Kruste gebildet, die an mehreren Stellen näßte – natürliche Resistenz hin oder her. Erynn war einigermaßen entsetzt. Das ist ein Anblick, an den ich mich erst noch werde... gewöhnen... müssen. Sie schüttelte sich unwillkürlich. Die Heilerin versorgte die Verletzung, indem sie ihre Hände darumlegte und eine Art magischen Impuls aussandte. Die Dunmer spürte, wie sich das geschundene Gewebe regenerierte und wieder fest verknüpfte. Es war nicht unangenehm, auch wenn es einen Moment lang scheußlich juckte.
Ihr Unterarm wies zwei deutliche Knicke auf und begann höllisch zu schmerzen, sobald die improvisierte Schiene entfernt war. Erynn stellte sich gerade mental auf eine weitere Tortur ein, als die Klerikerin ihre Hände federleicht auch auf diese Stellen legte und ein hochkonzentrierter, abwesender Ausdruck in ihr Gesicht trat. Sie bewegte einzelne Finger ein wenig, und die Elfin spürte Knochenenden übereinanderschaben, nur für den Bruchteil eines Herzschlags, dann war es vorbei. Die Heilerin wies sie an, die Schiene noch eine Weile zu tragen, verfuhr mit dem Fußgelenk auf ähnliche Weise und entließ sie dann. Die Kriegerin forschte kurz im Gesicht der Frau. Ihr vorhin noch so frisches Antlitz wirkte jetzt erschöpft, als hätte sie bereits einen langen Tag hinter sich. Alles in allem war Erynn jedoch kaum eine halbe Stunde bei ihr gewesen. Magie, wunderte sie sich einmal mehr und schüttelte den Kopf. Mittlerweile wußte sie selbst, wie kräftezehrend der Umgang damit sein konnte, selbst wenn man dafür kaum einen Muskel bewegen mußte.
Zurück im Gildenhaus badete sie ausgiebig, vervollständigte ihr Ausrüstung und aß etwas. Dann legte sie sich schlafen, wenngleich der Mittag gerade erst vorüber war. Sie hatte es sich verdient, befand sie.
Erynn hob den Kopf, als ein dezentes Klopfen an ihrer Zimmertür sie weckte. „Wasn? ...Komm rein.“ Armand streckte den Kopf zur Tür herein. „Da ist ein Kaiserlicher, der Euch sprechen möchte. Er sagt, sein Name sei Arranges.“ Erynn ließ sich wieder auf die Matratze fallen und fuhr sich mit den Händen durchs Haar. Auch das fühlte sich seltsam an. „Sag ihm, ich bin unterwegs“, nuschelte sie undeutlich, erhob sich schließlich und quälte sich in ihre Rüstung. Die Handschuhe klemmte sie hinter ihren Gürtel. Den einen würde sie noch umändern müssen. Mit einiger Mühe und mehr Gefluche wickelte sie ihre Linke wieder in ein paar Leinenstreifen ein. Sie hatte sich den Rest des Tages redlich bemüht, den fehlenden Finger zu ignorieren, aber noch ertrug sie es nicht wirklich, ständig auf die Verstümmelung sehen zu müssen. Nachdem das erledigt war, klemmte sie ihr Gepäck unter den Arm und trabte die Treppe zur Eingangshalle herunter. Sie lächelte, als sie den Beschwörer erblickte, auch, wenn noch immer die Müdigkeit aus ihren Augen sprach. „Guten Abend“, begrüßte sie ihn. „Ich hätte dich heute gar nicht mehr erwartet.“ Dann winkte sie ihm, ihr aus dem Gildenhaus hinaus zu folgen. Was nun gesprochen werden würde, war nicht für die Ohren ihrer Söldnerkollegen bestimmt.
Geändert von Glannaragh (24.03.2011 um 19:20 Uhr)
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Legende
Skingrad -> Goldstraße
Der Himmel glühte bereits im Abendrot, als sie auf die Straße vor der Gilde traten. 'Nun, ich war mir selbst nicht sicher, ob ich dich heute noch aufsuchen sollte... du scheinst dich noch nicht wieder ganz erholt zu haben... Wir können auch gern noch eine Nacht in Skingrad bleiben...' Meinte Arranges besorgt. Die Dunmer lehnte ab. Sie beschlossen ohne großes Drumherum und trotz der hereinbrechenden Nacht loszureiten. Stumm waren sich beide einig, dass es wohl das Beste wäre, wenn sie die ganze Sache so schnell wie irgend möglich hinter sich bringen würden. Schließlich fehlte nur noch ein Siegelstein und mit der Hilfe des Argoniers hätten sie schon bald den nächsten Standort eines Tors.
Bis sie ihre Pferde geholt und Skingrad schließlich ganz hinter sich gelassen hatten, war die Sonne untergegangen und überließ den Himmel Masser und Sekunda. Der Kaiserliche fühlte sich nicht ganz wohl bei dem Gedanken, Erynn in ihrem jetzigen Zustand einfach weiterzuschleifen, aber er sagte nichts mehr dazu, es hätte ohnehin kaum Sinn gemacht, mit ihr darüber zu streiten. Skingrad war längst hinterm Horizont verschwunden, als Arranges kurzerhand entschied, dass sie für den Rest der Nacht rasten würden. Ein wenig abseits, südlich der Straße, schlugen sie ihr Lager auf. Als das Feuer endlich hell brannte und sie sich in den warmen Lichtkreis setzten, hörte Arranges plötzlich ein Rascheln im Gebüsch. Sein Kopf fuhr herum und blitzschnell war er auf den Beinen und hatte eine Hand am Schwertgriff. Im nächsten Moment brach ein Bosmer aus dem Unterholz hervor. Der arg auffällig sehnige Mer, gegen den Erynns Erscheinung eher wie die einer schlaffe Schnur wirkte, blieb wie angewurzelt vor Arranges stehen, stützte leicht vornüber gebeugt, die Hände auf die Oberschenkel und war schwer am Atmen, als hätte er gerade die Strecke zwischen Bruma und Leyawiin im Dauersprint zurückgelegt.
Der Fremde war gekleidet wie ein mehr oder weniger normaler Bürger. Eine recht eng anliegende Reiterhose in braun, dazu Läuferschuhe aus Wildleder, eine Gesteppte Weste und ein Gürtel in saftigem Grün, an welchem auf der einen Seite eine kleine Tasche und auf der anderen ein kurzer Dolch hing. Und als Arranges den Gürtel erblickte, entspannte er sich merklich. Ein Staffelläufer?! Einen von den Jungs habe ich das letzte Mal vor 4 Jahren gesehen... Nach einigen Minuten, in denen der Waldelf nur damit beschäftigt war, den wie es schien, enormen Sauerstoffbedarf seines Körpers zu decken, sah er endlich auf. 'Mentor Arranges...?' Der Nekromant nickte. 'Ich komme vom Anwesen Meister Parlovars...' Er sog noch zweimal gierig die Luft ein, bevor er weiterredete: 'Ich soll euch mitteilen, dass eure Hilfe dringend benötigt wird dort... Die Abtrünnigen... sie greifen Anwesen und Stützpunkte auf ganz Tamriel an... brennen nieder oder besetzen... töten alle, die sich ihnen in den Weg stellen...' Ein Ausdruck purer Verwirrung und Unverständnis zeichnete sich auf dem Gesicht des Kaiserlichen ab. 'Die... Abtrünnigen Meister greifen mit ihrem Gefolge Anwesen unserer Meister an?'
'Ja... meistens in der Nacht... und meistens in der Überzahl... Aus Himmelsrand und Hochfels kam schon seit mindestens zwei Wochen keine Nachricht mehr... die Gathering geht davon aus, dass hier bereits die Abtrünnigen gewütet haben, zudem auch bis jetzt noch kein Überlebender von den Anwesen und Stützpunkten von dort aufgetaucht ist...'
'Aber wie kann das sein?! Solcherlei offene Kampfhandlungen müssten doch die Legion auf den Plan rufen?' Der Magier konnte noch nicht recht glauben, was er hörte. 'Davon gingen auch die Großmeister zunächst aus, bis sich logischerweise von selbst schlussfolgerte, dass viele der Stützpunkte und Anwesen so sehr abgeschieden liegen, dass die Kämpfe kaum bis in wirklich zivilisierte Gegenden vordringen könnten...'
'Und warum verteidigt Meister Parlovar sein Anwesen nicht selbst? Er könnte es locker mit Botschaftern aufnehmen...'
'Er ist gar nicht dort... die Abtrünnigen greifen wie es aussieht, nicht wahllos an... sie haben die Kräfte der Gathering, nachdem diese zwar unendlich träge, aber endlich reagierte, bei den größeren und wichtigeren Anwesen gebunden, sodass jetzt an einigen kleineren Orten Schüler gegen Botschafter und Mentoren stehen... Das Anwesen des Meisters wurde vorletzte Nacht das erste Mal angegriffen... Meisterin Marie wurde als die Nächste informiert, aber von ihr kam bis heute keine Antwort... momentan sind wir, die Staffelläufer, auch die einzige Kommunikation zwischen den Stützpunkten, da die Botschafter in viele der Kampfhandlungen verstrickt sind...' Arranges schwieg einige Augenblicke, er konnte nicht fassen, was ihm soeben erzählt wurde. 'Wie alt sind diese Nachrichten?'
'Der Läufer kam gestern Mittag bei dem Anwesen an, seit dem bin ich unterwegs, nachdem es hieß, dass ihr hier zugegen sein müsstet und momentan der Einzige, der tatsächlich etwas ausrichten könnte... Mir wurde also der Umweg zu euch aufgetragen, bevor ich mich weiter nach Hammerfell bewege...' Der Beschwörer kam nicht umhin, den Bosmer bewundernd anzublicken. So eine Strecke in knapp 12 Stunden war mehr als beeindruckend. 'Wie sieht es dort im Moment aus?'
'Auf dem Anwesen? Vielleicht 10 oder 15 Schüler gegen 3 Botschafter, einen Mentoren und unzählige Novizen...' Arranges blieb nicht mehr als entsetzt zu keuchen. 'Es war reines Glück so wurde mir gesagt, dass sie den ersten Angriff abwehren konnten... allerdings glaube ich eher, dass es ein Anstechen war um zu sehen, wer das Anwesen verteidigt... ähnlich lief es anscheinend bei vielen der kleineren und aufgrund der vermuteten Strategie der Abtrünnigen, die ich schon zuvor nannte, eher schwach besetzten Stützpunkte ab...' Arranges sah mit leerem Blick zu Boden. 'Braucht ihr sonst noch Informationen, Mentor?'
'Nein... und danke, dass ich über die aktuelle Situation unterrichtet wurde...' Sagte Arranges abwesend. Der Läufer verlor keine Zeit und nach einem kurzen Wink war er auch schon wieder in der Nacht verschwunden.
Arranges ließ sich wo er saß auf den Boden plumpsen und sah immer noch geistesabwesend zu Boden. Wie kann das sein... was für einen Grund haben die Abtrünnigen, die Gathering vernichten zu wollen... und vor allem, woher nehmen sie plötzlich die Übermacht... es sind drei Meister und selbst wenn ihr Gefolge deutlich größer gewesen wäre, so kämen die Meister für sich genommen schon nicht gegen die Gathering an... Und wie kann es sein, dass sie noch Botschafter übrig haben, um sie trotzdem noch gegen Schüler zu schicken, wo sie doch einige mehr benötigen, um die gesamten Kräfte der Gathering andernorts zu binden...?!
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Fossil
Erynn protestierte nicht, als Arranges schon nach relativ kurzer Zeit entschied, daß sie ihren Weg in deser Nacht nicht weiter fortsetzen würden. So ganz wiederhergestellt war sie noch lange nicht, wenngeich die Schmerzen verschwunden und durch einen leichten, konstanten Druck auf den verwundeten Stellen ersetzt worden waren. Die Heilmagie, welche ihren Körper gezwungen hatte, sich weit schneller als es natürlich war zu regenerieren, ließ sie ziemlich erschöpft zurück.
Sie fuhr hoch, als sie ein Geräusch aus den Büschen neben ihr vernahm. Ein Waldelf kam schlitternd vor dem Kaiserlichen zum Stehen, etwa einen Kopf kleiner als sie selbst und durchtrainiert wie ein Rennpferd. Schweiß schimmerte auf Schläfen und Hals, die nachtschwarzen Augen glänzten fiebrig. Er war längst jenseits von Erschöpfung und Schmerzempfinden.
Fassungslos hörte sie mit an, was der Mer zu berichten hatte. Für sie selbst war alles ziemlich verwirrend, so gut kannte sie die Strukturen innerhalb der Gathering noch nicht. Sie verstand jedoch genug um zu begreifen, daß sich die Befürchtungen, welche sie schon die ganze Zeit über die Abtrünnigen hegte, jetzt zu bewahrheiten schienen. Arranges indes erfaßte das Ausmaß dessen, was vor sich ging, scheinbar ziemlich genau. Ein Blick in sein Gesicht offenbarte ein Entsetzen, wie sie es bei ihm noch nie gesehen hatte. Der Bosmer verschwand, nachdem er seine Nachricht überbracht hatte, und sie waren wieder allein. Der Beschwörer sackte in sich zusammen.
Erynn beobachtete ihren Begleiter genau und behielt für eine Weile vorsichtiges Schweigen. Sie konnte nicht im Geringsten einschätzen, wie seine nächste Reaktion wohl aussehen mochte und befürchtete, mit einem falschen Wort den Kessel zum Platzen zu bringen. Dennoch, sie brauchte Antworten. Irgendwo dampfte die Kacke gewaltig, und sie steckte mittendrin. Schon wieder.
„Wer... wer ist Parlovar?“ fragte sie schließlich zögernd. „Wo ist dieses Anwesen? Und... wie gehen wir jetzt vor? Reiten wir hin, oder verfolgen wir weiter die Suche nach den Siegelsteinen?“
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Legende
Dem Kaiserlichen schossen allerhand Gedanken durch den Kopf. Er versuchte die Lage irgendwie einzuschätzen, versuchte sich ein Bild davon su machen, was sinnvoll wäre, ob es sich lohnt, zum Anwesen zu reiten oder ob er besser daran täte, endlich den dritten Siegelstein zu holen... Wer war noch betroffen, vielleicht waren auch schon viele tot, die er kannte... was wenn Meister Juranos Anwesen ebenfalls angegriffen worden war... Und plötzlich wurden seine Gedanken von Erynns Worten einfach zerfetzt. Er schaute leicht verwirrt auf. 'Wir?!' Er schüttelte entschieden den Kopf. 'Wenn überhaupt ich... und ausschließlich ich... du wirst nach Skingrad zurückreiten...!'
Vor wenigen Wochen noch hätte Erynn zustimmend genickt, wäre auf ihr Pferd gestiegen und hätte sich im Gildenhaus verkrochen. Doch es war zu viel geschehen, um Arranges jetzt den Rücken zu kehren. Sie schüttelte ihrerseits nachdrücklich den Kopf. "Vergiß es. Ich lasse dich nicht allein gehen." Sie seufzte. "Ich stecke schon längst viel zu tief in der ganzen Sache drin, Beschwörer. Ich kann mich nicht einfach verpissen."
'Verdammt nochmal Erynn, die ganze Sache ist auch so schon schwer genug... mach es nicht noch schlimmer... du gehst zurück, weil ich über dich... verfüge... ja, verfüge... also bitte... sei brav, setz dich auf dein Pferd und mach dass du wegkommst!' An der Stimme allein war schon zu erkennen, dass es Arranges bitter Ernst damit war.
Sie schlug die Augen nieder und fühlte sich für einen Augenblick lang tatsächlich wie ein störrisches, ungezogenes Kind. Dann straffte sie ihre Gestalt und blikcte ihr Gegenüber ruhig an. "Du verfügst über mich, Arranges? Bist du dir so sicher, was das betrifft? Vielleicht mag die Gathering das glauben, und die Abtrünnigen auch... Verflucht, du sturköpfiger Hammel, ich will einfach nicht, daß du dich allein in eine Sache stürzt, die überhaupt nicht einschätzbar ist!" fauchte Erynn mit plötzlicher Heftigkeit. "Woher weißt du, daß dieser Bote echt war? Woher weißt du, daß es keine Falle ist? Die Abtrünnigen haben schon einmal versucht, dich in ihre Finger zu bekommen. Was sagt dir, daß sie ihre Methoden nicht ändern, um Erfolg damit zu haben?"
Der Kaiserliche zuckte zusammen und sah sie einen Moment nur fragend an. 'Ein weiterer Grund dafür, dass du nicht dabei sein wirst... ich will nicht verantworten, dich in diese missliche Situation noch weiter hinein zuziehen! Was du willst oder nicht willst, ist mir egal... das nächste Mal muss ich dir noch ein Bein abnehmen, aber davor würde ich mich eher in die nächstbeste Klinge stürzen... also bitte, verschwinde einfach...' Die letzten Worte sprach er nur noch leise.
"Arranges... wir wissen nicht, was vor sich geht. Nach allem, was uns bekannt ist, sind die Angriffe gezielt, effizient und vor allem schnell. Die Verräter kennen die Schwachstellen und wissen sie zu nutzen. Sie suchen sich Ziele aus, die nur wenig verteidigt sind, schlagen zu und verschwinden, bevor Verstärkung eintrifft."
Sie beugte sich vor, faßte das Kinn des Kaiserlichen mit festem Griff und zwang ihn dazu, sie anzusehen. "Ich weiß, du willst mich nicht in Gefahr bringen. Ich weiß das auch zu schätzen. Aber wenn du mich jetzt alleine fortschickst... wie lange, glaubst du, könnte ich mich gegen die Abtrünnigen wehren, wenn sie beschließen mich zu fangen und als Druckmittel gegen dich einzusetzen?" fragte sie mit gequälter Stimme. "Deine größte Schwachstelle im Moment... bin ich."
NEIN! Ich bin Mentor Arranges, ich habe nichts, was die Bezeichnung Schwachstelle verdient hätte! Der Nekromant machte sich grob vom Griff der Dunmer los und wich zurück. Man sah ihm deutlich an, dass er hin und her gerissen war. Einerseits sagte etwas in ihm mit Nachdruck, Erynn zu zwingen, nach Skingrad zurückzukehren, aber auf der anderen Seite haderte er mit sich selbst, da er irgendwo im Hinterkopf genau wusste, dass sie Recht hatte... 'Aber die Abtrünnigen... sie wissen nichts... was sollten sie mit dir als Druckmittel, ich meine... es... sie dürfen nicht... Es würde keinen Sinn ergeben, dich als Druckmittel zu verwenden...' Hatte er zuvor noch ganz genau gewusst, was er tun würde und wollte, so war er jetzt völlig ratlos und wünschte sich nichts sehnlicher, als dass Erynn einfach aufsitzen würde und davonreiten würde...
Erynn starrte den Kaiserlichen weiter an, ohne einmal zu blinzeln. Er begann schon wieder, sich die Realität passend zu biegen, wie so oft, wenn die Dinge aus dem Ruder liefen. "Was dürfen sie nicht? Welche Grenzen halten diese Leute noch? Es sind Verräter, oder nicht? Und was genau wissen sie nicht? Wo sie uns finden?" die Elfin schnaubte abfällig, fixierte dann wieder den Beschwörer. "Bin ich ein geeignetes Druckmittel, Arranges? Beantworte die Frage ehrlich. Mir und auch dir selbst gegenüber."
Er blickte durch Erynn hindurch, schien sie gar nicht zu sehen und schaute stattdessen auf das bröckelnde, rissige Konstrukt, das einmal die funktionierende Gathering gewesen war, ohne großes Wenn und Aber... die Gemeinschaft, die ihn aufgenommen hatte, ohne ihn wegen seiner Vergangenheit irgendwie zu verurteilen... Die Gathering war im Begriff zu zerfallen... aber das durfte einfach nicht sein... aber noch sehr viel weniger wollte Arranges riskieren, dass Erynn nochmals etwas zustößt, die Sache mit ihrem Finger hing immer noch lose in seinem Verstand herum und schwelte vor sich hin... Er konnte der Dunmer nicht länger in die Augen blicken und schaute auf den Boden. Als er den Kopf nach einigen Herzschlägen wieder hob, beantwortete er ihre Frage mit tonloser, leicht zitternder Stimme: 'Ja...'
Die Elfin schloß langsam die Augen, brach den unnachgiebigen Blick, mit dem sie ihren Begleiter festgehalten hatte. Verdammt... "Wo ist dieses Anwesen, Arranges?" fragte sie ruhig.
Arranges war nicht ganz sicher, was er von der Reaktion der Elfe halten sollte, aber jetzt, da er schoneinmal nachgegeben hatte, konnte er ihr auch das sagen. 'Das Anwesen liegt nordwestlich der Stadt Dune an der Grenze zwischen Elsweyr und Valenwald. Ich selbst habe das Anwesen nur einmal sehr kurz gesehen... es steht auf einer niedrigen Anhöhe in mitten des lichten Waldlandes, das sich wie ein Gürtel um den dichten Urwald im Herzen der Heimat der Bosmer legt. Das Anwesen selbst sieht einfach gesagt, einer schlichten Turmburg aus massiven Holzstämmen gleich. Ein gut 10 Meter hoher Turm, an welchen sich ein unregelmäßiges Wohngebäude anlehnt. Umgeben ist das Anwesen von einer mannshohen Palisade. Ich weiss nicht, wie es jetzt dort aussieht, geschweige denn, ob es dort Möglichkeiten zur Unterbringung der Verletzten gibt, ich habe das Gebäude zwar von innen gesehen, aber es wirkt eher wie ein etwas größeres Haus des Adels... Meister Parlovar ist ein mächtiger Magier und ein noch mächtigerer Nekromant. Er legt viel Wert darauf, möglichst unauffällig zu agieren und zu leben... seltsamerweise erregt er auch mit seinem Anwesen nicht wirklich Aufsehen, was sicherlich zu einem Großteil daran liegt, dass es eben recht abgeschieden ist...'
Erynn hörte genau zu, was Arranges über das Haus des Meisters zu sagen hatte. Die befestigung des Ortes schien nicht über das übliche Maß hinauszugehen, was aber, bedachte man die Macht der Gatheringmitglieder, unter normalen Umständen auch nicht nötig sein dürfte. Allein, es waren keine normalen Umstände.
"Bewaldete Umgebung, sagst du? Sind die Bäume hoch und dicht genug, daß sich ein Schütze darin verstecken könnte und einigermaßen Sicht auf irgendwelche Belagerer hätte?" Sie schaute versonnen vor sich ins Leere, ging die dürftigen Informationen wieder und wieder durch, um nur nicht über dieses eine, leise 'ja' nachdenken zu müssen, das ihr einen so tiefen Einblick in das Innere ihres Begleiters gegeben hatte. Es tat ihr in der Seele weh, dem Beschwörer eine solche Last zu sein, und zugleich war sie froh, daß sie es ihm hatte ausreden können sie wegzuschicken. Allein der Gedanke daran, er könnte sich aus übertriebener Sorge um sie ohne Rückendeckung auf so einen Irrsinn einlassen, machte sie rasend.
"Mach dir keine Gedanken um mich", setzte sie schließlich hinzu und blickte wieder in sein angespanntes Gesicht. "Ich werd meinen Kopf schon unten halten."
Die letzten Worte der Elfe trugen nicht wirklich dazu bei, dass Arranges sich entspannte, im Gegenteil. Jetzt, da er ernsthaft über die wahrscheinliche Lage dort nachdachte, verspürte er mehr noch als vor ein paar Minuten, den Wunsch, Erynn einfach wegzuschicken oder direkt in den Sattel zu springen und einfach loszureiten. 'Ja... die Bäume sind recht hoch, aber die Kronen insgesamt eher schmahl... ein Waldelf könnte sich in den Wipfeln vielleicht gut verstecken...' Murmelte er vor sich hin. Er überlegte noch einen Moment, wie er sagen konnte, was er gerade tatsächlich dachte, dann stand er auf. 'Ich werde direkt losreiten... Vermutlich werde ich nur ein niedergebranntes Anwesen vorfinden, aber dafür könnte ich mir dann ein besseres Bild von der Gesamtsituation machen... Du kannst nach Skingrad zurückgehen, wenn du willst, ich erwarte nicht von dir, dass du mitkommst...' Während er zu seinem Rotfuchs ging um die Verschnürung der Satteltaschen zu kontrollieren und allgemein Anstalten machte, das Lager abzubrechen, fügte er noch flüsternd hinzu: 'Verschwinde doch einfach und mach es mir nicht ganz so schwer...' Die grundlegende Sorge hatte schließlich über die Vermutung, dass die Abtrünnigen sie entführen und als Druckmittel gegen ihn verwenden könnten, gesiegt.
"Fang nicht schon wieder damit an." Erynn ging dem Beschwörer hinüber und packte ihn fest bei den Schultern. "Glaubst du etwa, ich will dich bei diesem Haus sehen? Denkst du wirklich, ich könnte mich seelenruhig in der Gilde schlafen legen und wie ein zahmes Weibchen darauf warten, daß du irgendwann zurückkehrst - oder auch nicht? Wir haben zu viel gemeinsam durchgestanden. Ich lasse dich nicht alleine gehen. Ende der Diskussion." Mit diesen Worten wandte sie ab, schwang sich auf den Rücken ihres Wallachs und wartete darauf, daß Arranges ebenfalls aufsaß.
Arranges seufzte. Es würde nichts bringen weiter darüber zu reden, Erynn würde nicht locker lassen. Er trat das Feuer aus und saß dann ebenfalls auf. Er wandte sich nochmals zu der Dunmer um, als wollte er etwas sagen, machte aber dann nur eine wegwerfende Geste und preschte ungeachtet des stark bewachsenen und unebenen Geländes los.
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Fossil
Grafschaft Skingrad => Valenwald
Erynn drückte ihrem Braunen die Fersen in die Flanken und jagte hinter Arranges her. Tief über die Hälse ihrer Pferde gebeugt, ritten sie in halsbrecherischem Tempo strack nach Süden, weiter in das Hinterland der Grafschaft Skingrad herein. Die Elfin holte das Letzte aus ihrem Reittier heraus, um den Anschluß nicht zu verlieren – Falchion war ein Gebrauchspferd, kein hochbeiniger Blüter wie der Fuchshengst. Nach einer Weile jedoch fand der Wallach seinen Rhythmus, streckte Hals und Rücken und griff mehr Raum. Außer dumpfem Hufschlag und dem Schnauben der Tiere war lange Zeit nichts zu hören.
Die Monde standen voll am Himmel, warfen ihr Licht auf die hügelige, grasbewachsene Landschaft. Dennoch blieb ihr Manöver tückisch. Mehr als einmal gelang es ihnen nur knapp, halb überwachsenen Steinen auszuweichen, die ihren Pferden leicht hätten die Beine brechen können. Mitternacht war vorüber, als sie an der Quelle des Strid vorüberflogen. Als sie die Stelle erreichten, an der Cyrodiil an die Grenzen von Elsweyr und Valenwald stieß, dämmerte bereits der Morgen. Die Landschaft veränderte sich zuehends, das Grasland wich mehr und mehr einem schattigen Laubwald. Arranges zügelte den Rotfuchs und orientierte sich kurz, korrigierte die Richtung nach Südwesten und stetzte den Weg im flotten Trab fort. Das Blätterdach von Valenwald schloß sich über ihnen, während sie sich jetzt rasch ihrem Ziel näherten. Auf ihrem ganzen Weg waren sie noch keiner Menschenseele begegnet. Sie erreichten einen schmalen, überwachsenen Weg, der sich in leichten Windungen ausfwärts schlängelte. Erynn entdeckte hier und da plattgetretene Pflanzen und abgeknickte Zweige.
Plötzlich parierte der Beschwörer sein Pferd zum Halt und hob warnend eine Hand. Erynn hielt ihr Tier ebenfalls an und lauschte. Es war still – zu still für einen mit Leben gefüllten Wald. Sie glaubte, von irgendwoher Rauch riechen zu können.
Langsam setzten sie sich wieder in Bewegung und folgten dem Pfad ein Stück weiter. Die Bäume lichteten sich, der Brandgeruch wurde stärker. Dann konnten sie bleiche Qualmsäulen sehen, die sich träge in den Himmel schraubten und im Wind zerfaserten.
Nach einigen weiteren Minuten erreichten sie den Ort des Geschehens und blickten fassungslos auf die Szenerie. Verbrannte Erde, die Bäume im näheren Umkreis von Feuer geschwärzt, die Holzpalisade um das Anwesen herum fehlte zum großen Teil. Nur wenige der Pfosten, so hoch wie zwei Mann, reckten sich noch wie stumme Mahnwachen in die Höhe. Der obere Teil des hölzernen Frieds in der Mitte der Befestigung war weggerissen worden, die Trümmer lagen versteut und noch immer qualmend im Innenhof verstreut, hatten sich wie Schrapnelle in den Boden und umliegende Gebäude gebohrt. Die Reste des turms ächzten bedenklich und schienen jeden Moment einstürzen zu wollen.
Die Elfin glaubte, in dem Chaos eine Bewegung ausmachen zu können. Nur einen Herzschlag später fegte ein Schockzauber heran, verfehlte die beiden Reiter nur knapp und schlug in ein schon ziemlich mitgenommenes Gebüsch ein, das sofort Feuer fing. Arranges fluchte kreativ, brüllte etwas von holzköpfigen Idioten und gab sich als Mentor zu erkennen.
Stille. Für eine Weile regte sich nichts, dann kamen mehrere, arg abgerissen wirkende Gestalten aus der Deckung hervor. Zehn, vielleicht fünfzehn, alle jung und völlig erschöpft. In ihren müden Augen lag Mißtrauen, aber auch so etwas wie vorsichtige Hoffnung. Sie lenkten ihre Pferde zu dem zerschmetterten Tor, als sich ein Rothwardon aus der Gruppe löste und auf sie zukam, ihnen die Handflächen in einer beschwichtigenden Geste entgegenstreckend. Er war noch kaum ein Mann, in dem schmalen, faltenlosen Gesicht zeigte sich gerade der erste, spärliche Bartflaum.
„Seid gegrüßt, Mentor Arranges“, sagte er „und vergebt uns die unfreundliche Begrüßung. Wir hatten nicht mehr damit gerechnet, daß noch Hilfe eintreffen würde. Wie ihr seht, haben die Verräter nicht viel übrig gelassen. Sie kamen vor zwei Nächten, ohne Vorwarnung, und griffen sofort an. Ich weiß nicht, wie viele es waren, aber es war mindestens ein Botschafter darunter. Uns blieb nicht einmal die Zeit, die Palisaden zu bemannen. Sie fegten durch die Anlage wie Mehrunes Dagons Zorn, brandschatzten und brachten alle um, die sich nicht schnell genug verstecken konnten...“ seine Stimme brach. „Zwölf von uns sind tot, zwei Schülerinnen haben sie weggeschleppt. Ich weiß nicht, was sie mit ihnen vorhaben. Dann... verschwanden sie so plötzlich, wie sie gekommen waren.“
Arranges’ Gesicht versteinerte, während der Junge sprach. „Was ist mit Meister Parlovar?“ verlangte er zu wissen. „Ich... ich weiß es nicht. Der Meister war nicht hier, als der Angriff stattfand, und wir haben noch nichts von ihm gehört. Wir harren hier aus und warten darauf, daß irgendwas geschieht. Wenn der Meister nicht bald wiederkommt, werden die Verräter noch einmal angreifen, befürchte ich. Aber dann werden wir sie nicht abwehren können...“ Der Rothwardon schluckte hart und kämpfte gegen die Tränen. „So wie es aussieht, konntet ihr das auch schon beim ersten Mal nicht“, gab der Kaiserliche kühl zurück. „was würde Meister Parlovar wohl dazu sagen wenn er erfährt, was für Jammerlappen er sich hier herangezüchtet hat?“ Er schwang sich aus dem Sattel. „Ich will mit den anderen Überlebenden sprechen.“
Erynn ließ sich ebenfalls vom Rücken ihres Pferdes gleiten und schlüpfte wieder in die Rolle der Schülerin. Sie verneigte sich knapp vor dem Beschwörer, griff nach den Zügeln des Fuchses und führte die beiden schweißnassen Reittiere trocken, während Arranges dem Jungen in die zerstörte Festung folgte.
Bei allen Göttern, dachte sie und ließ ihren Blick über die Verwüstung schweifen. Welche Kräfte müssen hier gewirkt worden sein, um fast alles dem Erdboden gleichzumachen? Sie bemerkte, daß ein paar der jüngeren Schüler sie beobachteten. Die zwei Khajiitmädchen und ein Nord mochten vielleicht fünfzehn Jahre alt sein, auch wenn sie sich bei den Katzenwesen nicht ganz sicher war. Erynn wandte den Blick ab und konzentrierte sich wieder auf die Pferde.
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