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Fossil
Die Dunkelelfin hörte den Ausführungen ihres Gegenübers genau zu. Je mehr sie erfuhr, umso mehr sträubte sich alles in ihr gegen diese ‚Wissenschaft’, oder als was man auch immer die Nekromantie bezeichnen mochte. Hätte ich bloß nicht gefragt. Das ist ja abscheulich!
Mehr aus Reflex stand sie auf, als Arranges im Kommandoton nach dem Heiltrank verlangte. Sie brauchte die Verletzung nicht zu sehen, um zu wissen, was vor sich ging. Die faulen Säfte auf dem Tuch und der bestialische Gestank, der aus der Wunde drang nachdem sie offengelegt war, sprachen ihre eigene Sprache. Als der Kaiserliche sich bemühte, den improvisierten Verband hastig wieder anzulegen, wurde ihr das Schauspiel zu dumm. „Arranges, bitte. Reinige die Verletzung wenigstens notdürftig, oder laß mich das machen, wenn du es nicht kannst. Sie stinkt ja schon nach Tod!“
Ich bin doch der leibhaftige Handlanger des Bestialischen, würde man dich nach mir befragen... Dem Kaiserlichen passte es nicht wirklich, dass Erynn schon wieder an seinem Umgang mit Verletzungen an sich, herumkritisierte. Bei aller Liebe, Zuneigung und Freundschaft, aber der Kaiserliche war nuneinmal ein erzogen anstrengender und undankbarer Patient. 'Ich bin Nekromant... natürlich rieche ich nach Tod... alles andere wäre eher seltsam... wagt es bloß nicht daran herumzufingern, Erynn!' Fügte er noch warnend hinzu, als er diesen... diesen unbeschreiblichen Ausdurck in ihrem Gesicht sah, der ankündigte, dass sie ihrer nicht vorhandenen Begeisterung über seine Worte gleich Luft verschaffen würde. Er selbst setzte seine Tätigkeit an dem Gurt unbeirrt fort...
Erynn verdrehte die Augen. "Vor allem bist du der lebende Beweis dafür, daß Intelligenz nicht gleichzeitig auch Vernunft bedeutet... meine Güte, jedesmal dasselbe Theater!" Sie wandte sich ab, holte ihren letzten Wasserschlauch aus der Satteltasche und hielt ihn dem Beschwörer mit Nachdruck unter die Nase. "Du kennst dich doch aus mit totem Fleisch. Muß ich dir erzählen was passiert, wenn eine Entzündung zu weit um sich frißt? ...warte, mir fällt gerade ein gutes Beispiel ein, noch aus meiner Zeit in Cheydinhal. Es handelte sich dabei um einen Ork, den die vergiftete Klinge eines Schmugglers erwischt hatte. Er bestand darauf, daß es sich nur um einen unbedeutenden Kratzer handelte. Nun, die Arkaypriester waren in diesem Fall tatsächlich mal zu etwas nutze. Sie konnten sein Leben damit retten, daß sie den Arm schließlich am Schultergelenk abtrennten. Verdammt häßliche Sache, wirklich."
Nein verdammt, ich habe sie nicht gern in meiner Nähe... ich sollte sie in den Brechern des Abeceanischen Meers ertränken... am besten jetzt gleich... Ärger zeichnete sich auf der Miene des Magiers ab. Er dachte nichteinmal daran, nach dem Wasserschlauch zu greifen, stattdessen zog er das Hemd und die Tunika bis fast zum Brustbein hoch, sodass sein Bauch entblößt wurde. 'Es zeigt sich mal wieder, dass du trotz so viel mehr Lebensjahren kein bisschen Erfahrung hast... vermutlich auch genauso wenig erlebt...' Er deutete auf die drei dunklen Flecken, welche etwas seitlich über den Bauchnabel in einer vertikalen Linie zu sehen waren. 'Ein Skalon konnte mich nicht töten und die üblen Krankheiten, die an seinen Klauen hafteten ebenfalls nicht... Und ich versichere dir, dass das weit schlimmer war, als diese etwas eiternde Wunde... ich kenn mich aus mit sterbendem und verwesendem Fleisch, also mach keinen Aufstand und sieh lieber zu, dass du deine eigenen Wunden versorgst.' Er zog die Kleidungsstücke wieder herunter und machte sich dann erneut daran, den Gürtel über der Wunde festzuziehen.
Sie seufzte schwer, setzte das Fläschchen mit dem Heiltrank an ihre Lippen und nahm einen kleinen Schluck. "Zufrieden? Für den Rest brauche ich deine Hilfe, ich komme im Moment nämlich nicht an meinen Rücken dran... und zum Henker, laß den Gürtel wenigstens so lange ab, bis die Fäulnis ausgelaufen ist!" Sie konnte nur den Kopf schütteln über so viel Dummheit. "Ich werde dich nicht anfassen, wenn du nicht willst - vorausgesetzt, du hörst jetzt mit den Spielchen auf, nimmst diesen beschissenen Wasserschlauch und kümmerst dich selber darum! Glaubst du etwa, ich habe Spaß daran, dich alle paar Wochen halbtot mitten in der Wildnis neben einem Lagerfeuer liegen zu haben und zu Akatosh und Molag Bal gleichermaßen zu beten, daß du mir nicht unter den Händen wegstirbst? Machst du das mit Absicht?"
Der Blick des Kaiserlichen verfinsterte sich. Er hielt ihre Augen gefangen. Dann, nach ein paar Herzschlägen zog er das gelochte Ende des Gürtels ruckartig und demonstrativ fest und schloss die Gürtelschnalle. Er ging gar nicht erst auf ihr Geplapper ein, sondern nahm ihr den Trank aus den Händen und machte eine auffordernde Geste. 'Wenn ich dir helfen soll, musst du mir schon sagen, was ich tun müsste...'
Erynn fluchte innerlich. Schlimm genug, daß ich dich um Hilfe bitten muß. Darf ich dir jetzt auch noch jeden Scheiß erklären? Na, fabelhaft... "Ich weiß nur, daß die Haut über dem Bruch aufgeplatzt ist. Keine Ahnung, wie es aussehen mag. Wird auch nicht besser dadurch, daß ich ständig darauf liege. Nimm ein Stück von den Verbänden, den Rest vom Trank und wasch es aus... bitte." Sie ließ sich auf die Knie nieder, während sie darauf wartete, daß Arranges den Kram zusammensuchte. "Übrigens... was ist ein Skalon?"
Arranges hatte sich schon darauf vorbereitet, auszuweichen, sobald Erynn versucht hätte auszuholen... aber sie blieb zumindest äußerlich ruhig. Der Magier hätte jetzt einen Kommentar zu ihren Worten abgegeben, aber das Risiko, doch noch eine zu fangen, wollte er jetzt auch nichtmehr eingehen. Er holte die Verbände und kniete sich dann hinter Erynn. Erst blickte er einen Moment unschlüssig auf den Rücken der Dunmer, während er sich am Kopf kratzte. Dann aber langte er nach dem Hemd und schob es einfach ohne weitere Vorbehalte nach oben. Darunter kam eine zwar relativ kleine, aber dafür arg ausgefranste Wunde zum Vorschein. Na Klasse... Der Kaiserliche konnte wenn überhaupt nur grob operieren, wenn man denn eine vergleichbare Handlung seinerseits bei Verletzten so bezeichnen konnte. Während er einen Streifen des Verbands zusammenfaltete, blickte er auf die Wunde und überlegte, wie er das anstellen sollte. Hmm... an Leichen zu arbeiten hat mir doch auch nie Schwierigkeiten bereitet... dort wurde meine ruhige Hand sogar gelobt... aber ich kann mir doch hier nicht vorstellen, dass Erynn totes Gebein wäre... Skeptisch und fragend schaute er auf das Stück Stoff in seiner Hand. Dann tränkte er es mit etwas Wasser und beäugte nochmals einen kurzen Moment die Wunde. Naja... so lange sie das nicht weiss... Mit der ruhigen und sanften Berührung eines Bildhauers, eines Chirurgen oder Zeichners, säuberte er sorgfältig und präzise die Wunde. Während er noch an der Wunde hantierte, begann er zu sprechen: 'Sicherlich hast du das Portal in der Nibenbucht nicht vergessen... du weisst schon, die Insel, an der wir vorbeikamen, als wir übersetzten. Es ist eine Tür ins Reich Sheogoraths, dem Daedraprinzen des Wahnsinns... Und sicherlich hast du in Cheydinhal mitbekommen, dass ich schoneinmal in einer Oblivionebene war. Ich war vor gar nicht so langer Zeit dort, auf den Zitternden Inseln... und neben all der schieren Pracht und Verliebtheit des Fürsten in sein Reich, ist es mindestens so tödlich wie jenes von Mehrunes Dagon... nur ist die Kreaturenvielfalt um einiges höher... so gibt es dort auch die Skalons. Aggressive sumpfbewohnende Monster, wie du sie noch nicht gesehen habt. Ich glaube nichts, was es im Reich Mehruns Dagons gibt, ist übler, als diese Bestien. Sie sind größer als Oger, flinker als Trolle und stärker als beide zusammen, darüber hinaus greifen sie im Schutze eines Chamälionzaubers an. Die dreigliedrige Klauenpranke von einer dieser Kreaturen ging durch meinen Kettenpanzer wie durch Butter... daher die drei Narbenpunkte...' Er tupfte die Ränder der Wunde nochmals ab und tränkte den Verband dann mit dem Heiltrank und benetzte damit vorsichtig das zerschundene Fleisch. 'Wie äh... soll ich dir beim Verbinden helfen oder willst du die Wunde offen lassen?'
Sie biß die Zähne zusammen, während Arranges die Wunde säuberte. Auf keinen Fall würde sie sich die Blöße geben, jetzt auch nur einmal zu zucken. Gebannt hörte sie zu, während er über Sheogoraths Reich sprach. Ihr wurde bewußt, wie recht er mit den Bemerkungen über ihre geringe Erfahrung hatte. Tausend Fragen schossen ihr durch den Kopf, und so dauerte es einen Moment bis sie registrierte, daß er sie direkt angesprochen hatte.
"Hm...? Nein, laß sie offen. Mit etwas Glück muß ich in Zukunft nicht mehr auf dem Rücken schlafen... du hast Talent, weißt du das? Ruhige Hände." Erynn hockte sich wieder ans Feuer und nahm das Fleisch von den heißen Steinen, reichte eines der Stücke ihrem Begleiter. "Du warst also tatsächlich auf den Zitternden Inseln..." murmelte sie und konnte nicht verhindern, daß sich so etwas wie Bewunderung in ihre Stimme schlich. Es ärgerte sie. Hoffentlich hat er das nicht gemerkt. Sonst habe ich neuen Arroganzanfällen gerade Tür und Tor geöffnet...
"Wir essen jetzt, dann gehen wir weiter", fuhr sie mit fester Stimme fort. "Ich will Anvil so schnell wie möglich erreichen. Du brauchst einen Heiler - am besten schon gestern." Und so lange der dich durch die Mangel dreht, kann ich in Ruhe jagen gehen...
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