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Fossil
Nachdem Dreveni zur Tür gegangen war, stellte sich Erynn noch einmal vor den Spiegel und schaute in ihre eigenen, blutunterlaufenen Augen. Ja, warum lasse ich mir das eigentlich alles gefallen? fragte sie sich selbst zum wiederholten Male. Sie überlegte, was wohl geschehen würde, wenn sie jetzt einfach abhaute. Daß Arranges sie früher oder später finden würde, wenn er es darauf anlegte, darüber machte sie sich keine Illusionen. Aber will er das überhaupt? Wahrscheinlich wäre er eher froh, mich endlich los zu sein. Eine passende Erklärung für seinen Nekromantenverein wird ihm gewiß einfallen. Andererseits... nein. Wenn sie sich seiner Kontrolle durch Flucht entzog, würde er das nicht ertragen, so gut kannte sie ihn mittlerweile. Also bin ich doch eine Gefangene? Auf eine seltsame, verdrehte Art und Weise? Wenn es so war, dann war die ganze Situation wirklich verdreht. War es doch mitunter so, daß er ihr, wenngleich unwillig, die Führung überließ, wie gerade eben auch.
Sie schnaubte ärgerlich und bereute es gleich darauf. Autsch!
Was wollte sie überhaupt? Als sie einwilligte, den Kaiserlichen auf diese Reise zu begleiten, hatte sie doch gewußt, worauf sie sich einließ. Ihre eigenen Grübeleien wurden ihr jetzt wirklich zu dumm. Außerdem führten sie nur im Kreis.
Ich werde diesen Kerl schon noch auf Spur bringen. Und das hat er sich ganz allein selbst zuzuschreiben. Gefangene. Ich. Was für ein Blödsinn. Du kennst mich noch nicht, Arranges. Du glaubst, so überlegen und unbesiegbar zu sein – du bist nur maßlos, Sklave deiner eigenen Leidenschaften. Sie beherrschen dich, nicht umgekehrt. Demütige mich nur weiter, und ich sorge dafür, daß du dich ihnen stellen mußt, einer nach der anderen. Wir werden sehen, wer von uns beiden sich am Ende als stärker erweist.
Erynn legte beide Hände an ihre Nasenflügel und drückte leicht. Scheiße! So wird das nichts... Sie tupfte das neuerliche Rinnsal aus Blut mit einem schon arg durchgesifften Leinentuch ab und warf ihrem Spiegelbild einen letzten, wütenden Blick zu, dann folgte sie Dreveni. Sie entsann sich dunkel daran, daß diese unten eine Flasche Weinbrand auf den Tisch gestellt hatte. Im Moment genau das Richtige.
Die Elfin betrat die Treppe und sah auf Arranges und Dreveni, die sich wortlos anstarrten wie zwei mißtrauische Katzen. Sie nahm sich einen Augenblick Zeit, Arranges genauer zu mustern. Es war tatsächlich das erste Mal, daß sie ihn ohne Tunika sah. Eine seltsame Belustigung breitete sich in ihr aus. Aber ich bin knochig, ja? Du bist doch selbst nur ein halbes Hemd...
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Drachentöter
Von Erynn kam keine Antwort mehr, Dreveni würde vermutlich nie die ganze Wahrheit erfahren. Also ging sie die Treppe hinunter zum Wohnzimmer.
"Oh, bei...", aber so sehr Dreveni auch nachdachte, ihr fiel kein passender Daedrafürst für den Anblick ein, der sich ihr bot. So starrte sie Arranges nur entgeistert an, und bereute gerade das Angebot mit dem Gästezimmer. "Anziehen, sofort.", sagte sie schließlich nur kühl und ging zum Tisch. Ihr Plan war gewesen, sich auf den nächsten Stuhl zu setzen und sich dem Weinbrand zu widmen, leider stieß sie dabei mit ihrem Arm an den Tisch. Sie spürte die Enden des gebrochenen Knochen kurz knirschend übereinander reiben, widerstand gerade noch, mit der anderen Hand an ihren Arm zu langen, da blieb ihr auch schon vor Schmerz die Luft weg. Sie saß kurz schwer atmend mit geschlossenen Augen am Tisch, während sie hoffte, gnädigerweise einfach vom Stuhl zu kippen, und als der Schmerz doch langsam nachließ, fluchte sie leise auf Dunmeri. Daran, dass Erynn sie eventuell verstehen konnte, dachte sie gerade nicht. Wäre Mordan jetzt hier, wäre alles kein Problem. Er war zwar kein Heiler, aber Knochen richten bekam er schon hin. Ihr Blick blieb auf Erynn hängen. So ging es nicht weiter, sie würde noch öfter irgendwo anstoßen, bis sie bei einem Heiler war. Und geschient sollte das wesentlich weniger schmerzhaft werden. Vor dem Weg dahin graute ihr zwar, und fast noch mehr davor, die Dunmer um Hilfe zu bitten, aber sie tat es trotzdem: "Erynn... könntet ihr.. bitte?" Arranges ignorierte sie dabei so gut sie konnte.
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Fossil
Erynn blickte überrascht auf. Dreveni traute ihr wirklich so sehr, um sie an ihre Verletzung zu lassen? Verdammt, Leute, ich bin doch kein Heiler... warum immer ich? „Ich... weiß nicht. Theoretisch weiß ich, wie das geht, aber ich habe so etwas noch nie selbst gemacht. Seid Ihr sicher?“
Ob sie sich sicher war? Nein. Aber viel schlimmer konnte es nicht mehr werden, oder? Arranges würde es vermutlich tierisch freuen, sie vor Schmerzen schreien zu hören, aber so rumjammern wollte sie nicht wie er, dachte sie mit einem kurzen Blick zu dem Magier. Beherrschte er eigentlich keine Heilmagie? Nachdem er seine Wunden nicht damit geschlossen hatte, vermutlich nicht.
"Ja, bin ich.", antwortete sie Erynn schließlich.
Sie nickte. "Also gut. Ich brauche ein paar Tücher und Stoffbinden von Euch." Ein bißchen mulmig war ihr schon zumute. "Arranges, bitte seid so gut, geht nach draußen und schneidet mir sechs fingerstarke Äste." Ich würde ja selber gehen, aber wenn ich die beiden jetzt alleine in einem Raum lasse, haben sie sich gegenseitig umgebracht, wenn ich zurückkomme...
Ja das glaub ich euch sofort, dass ihr noch keinen halbwegs kräftigen Magier ohne Robe gesehen habt... vermutlich habt ihr alle, die ihr je angetroffen habt, im Schlaf abgestochen, bevor ihr ihnen überhaupt einmal in die geöffneten Augen blicktet... Arranges starrte Dreveni noch einen Moment finster an, dann begann er damit, sich seine Kleidung und die Rüstung wieder anzulegen.
'Ich habe diese feige Meuchlerin nicht aus dem Obliviontor gezogen um sie jetzt auch noch aufzupäppeln...' Meinte er nur kühl auf die Bitte Erynns hin. Er war genau genommen schon wieder genesen, der Heiltrank würde die jetzt nur noch unbedeutende Wunde über Nacht schließen und bis in spätestens 2 Tagen würde man nur noch zwei kleine Punkte sehen können.
"Ach, jetzt kann der Herr wieder große Töne spucken. Aber weder Mann genug, sich einen Pfeil ohne dieses ganze gejammere aus dem Arm ziehen zu lassen, noch ehrlich genug, mich einfach von dem Xivilai erschlagen zu lassen oder jetzt wenigstens dazu zu stehen und konsequent zu bleiben.", sagte sie gefährlich leise zu Arranges. Langsam war sie mit ihren Nerven am Ende, und noch einen blöden Spruch von diesem selbstgerechten Kaiserlichen konnte sie jetzt wirklich nicht ertragen. "Tücher sind oben, Äste werde ich gerade noch selber finden.", sagte sie zu Erynn, wobei sie anstalten machte, aufzustehen.
Erynn schloß kurz die Augen und atmete tief durch. Es half nicht, um sie zu beruhigen. Das ist doch alles nicht wahr! Ein einziger Alptraum, diese zwei... "Schluß mit dem Theater, alle Beide!" fauchte sie. "Es reicht, Arranges. Endgültig. Raus mit Euch, oder ich trete Euren Arsch persönlich durch diese Tür!" Damit hast du den Bogen überspannt. Los, tu mir den Gefallen und zick noch ein bißchen weiter rum, du undankbares Stück. "Dreveni, holt mir einfach nur diese Tücher."
Arranges verschränkte provozierend die Arme vor der Brust und starrte abwechselnd Dreveni und Erynn an. Er zeigte sich deutlich unbeeindruckt von den Worten beider. Nach schier endlosen Sekunden schnaufte er verächtlich. 'Vielleicht habe ich die Gedanken des Xivilai missverstanden und er wollte mich von euch befreien...' Knurrte er, während er zur Tür stapfte und nach draussen verschwand.
Nach ein paar Minuten erschien Arranges wieder. In einer Hand 6 Äste, armlang, sauber geschnitten und so dick wie sein Daumen.
Gerade als Dreveni abgeschätzt hatte, wie schnell sie das Messer, dass noch auf dem Tisch lag, nehmen und auf Arranges werfen konnte, und zu dem Schluß kam, das sie wohl treffen würde bevor er reagiert hätte, stand er doch noch auf und ging nach draussen. Nicht ohne einem weiteren Spruch, für den ihm Dreveni nur noch Verachtung entgegenbringen konnte. Wenn du schon Gelegenheiten verstreichen lässt, lass es nachher nicht an anderen aus. Sie stand jetzt entgültig auf, ging nach oben und holte ein paar Leinentücher aus dem Schrank im Gästezimmer. Eines davon würde Erynn in Streifen reißen können, ihr fiel es schwer mit nur einer Hand. Als sie wieder nach unten kam, hatte Arranges schon die Äste von draußen gebracht. Etwas seltsam war ihr schon zumute, aber jetzt konnte sie wirklich keinen Rückzieher mehr machen.
Na bitte, es geht doch... Erynn rief sich kurz das Verfahren ins Gedächtnis zurück. Hoffentlich funktioniert das alles. Sie zog ihr Gebrauchsmesser und begann, eines der Tücher in schmale Streifen zu schneiden, dann drehte sie sich zu Dreveni und Arranges um.
"Es läuft folgendermaßen", sagte sie sicherer, als sie sich fühlte. "Dreveni, Ihr legt Euch auf den Rücken. Arranges, Ihr faßt ihren Arm am Ellenbogen und am Handgelenk und zieht ihn gerade nach oben. Ich selbst schiebe den Knochen wieder an seinen Platz. Wenn das geschehen ist, dürft Ihr nicht loslassen, bis die Verletzung geschient ist."
Wie?! Ich darf ihr tatsächlich ganz legitim Schmerzen zufügen, ohne, dass sie sich wehren kann... das gleicht die Stunden im Reich des Vergessens ja um Längen aus! Ein breites, aber fieses Grinsen huschte über Arranges Gesicht. Er blickte zu Dreveni und machte eine auffordernde Geste.
Übertreibe es ja nicht, Arranges, sonst wird meine erste Tat nachher sein, dir dahin zu treten, wo es richtig weh tut... Der Ärger über Arranges half ihr zumindest ein bisschen über die Panik hinweg, die sie langsam doch bekam. Sie hoffte, dass man ihr die Angst nicht ansehen konnte, und ging ein stück weg vom Tisch, wo sie sich auf den Boden setzte. Als sich Arranges neben sie kniete, legte sie sich auf den Rücken, was nicht ging, ohne wieder ihren Arm zu bewegen. Das kann ja lustig werden..., dachte sie sich nur noch verzweifelt.
Dreveni war bei der Erklärung ein wenig bleich um die Nase geworden, doch Erynn bewunderte sie ehrlich dafür, daß sie so ruhig blieb. Also, dann los. In zwei Minuten haben wir das Schlimmste schon hinter uns...
Sie hockte sich ebenfalls hin und fixierte mit einem Knie den Oberkörper der anderen Elfin, indem sie es auf deren Brust drückte. "Los jetzt, Beschwörer."
Wie einfach es doch mit einem Zauber wäre, sie ruhig zu stellen... Der Kaiserliche hatte nochmal nach der Magie gegriffen, aber sie war nur noch so dünn vorhanden, dass sie fast konsistenzlos, wie Rauch, durch seine Finger glitt und sich nicht formen ließ. Er kniete sich neben die Dunmer. Der leicht hinterhältige Ausdruck verschwand aus dem Gesicht des Nekromanten und machte Platz für eine jetzt hochkonzentrierte Miene. Er umfasste behutsam ihr Handgelenk und die Armbeuge, dann erst festigte er seinen Griff. Seine Hände waren wie Schraubstöcke, jedoch ohne dabei Blutgefäße oder Sehnen zu quetschen. Starr blickte er auf ihren Arm, während er ihn ein klein wenig aus der Schulter zog und ebenso gleichmäßig und vorsichtig anhob. Gerade, ohne zu zittern oder eine andere Bewegung, hielt er ihren Arm still, während sich Erynn daran machte, die Schiene anzulegen.
Dreveni hatte sich wirklich vorgenommen, sich zusammen zureißen, und sich zumindest nicht noch zu bewegen, aber das gelang ihr nicht mehr, sobald Arranges an ihrem Arm zog. Sofort schoss ein glühender Schmerz durch ihrem Arm, und sie wollte seiner Bewegung unbewusst folgen und sich aufsetzen, wurde aber von Erynns Knie daran gehindert. Sie hatte gedacht, schlimmer als da, wo der Arm gebrochen wurde, könnte es nicht kommen, aber sie hatte sich gründlich getäuscht. Als sie den gebrochenen Knochen wieder gerade schoben, schrie sie kurz auf, dann blieb ihr aber - zum Glück für Erynns Ohren - die Luft weg. In diesem Moment wünschte sie sich wirklich, einfach zu sterben. Dass Arranges dabei noch relativ behutsam zu Werke ging, bekam sie nicht einmal mit. Sie hoffte nur, dass Erynn sich beeilen würde.
Erynn kümmerte sich nicht um Drevenis Schreie, auch wenn sie im Stillen mit ihr litt. Es gab ein saftiges Knirschen, als sie entschlossen zugriff und den Knochen wieder an seinen Platz rückte. Ich hoffe, das wars jetzt. Sieht zumindest wieder gerade aus... Die Andere war mittlerweile ruhig geworden, schien genug damit zu tun zu haben, Luft zu holen.
Die Kriegerin tränkte eines der Tücher mit einem Heiltrank, wickelte es um Drevenis Arm und band es fest. Es folgte ein zweites Tuch, dann wies sie den Kaiserlichen an, den Ellenbogen loszulassen und befestigte mit seiner Hilfe die Äste als Stütze um den Arm herum. Es schien ihr ewig zu dauern, bis sie die letzte Bandage endlich verknotet hatte.
"Das sollte es gewesen sein. Legt jetzt langsam ihren Arm ab, Arranges."
Der Kaiserliche war völlig ausgefüllt von seiner Aufgabe. Als studiere er einen Zauber, konzentrierte er sich darauf, den Arm so wenig wie möglich zu bewegen, trotzdem aber schnell und effektiv mit Erynn die Schiene anzulegen.
Als würde Arranges die Meisterarbeit eines Schmiedegesellen in Form eines Schwerts vor sich auf den flachen Händen tragen, legte er Drevenis Arm auf dem Boden ab. Unverständlich nuschelte er irgendetwas in seine Bartstoppeln, dann half er der liegenden Dunmer erst in eine sitzende Position und stellte sie schließlich ganz auf. Sich in einen der Stühle am Tisch fallen lassend, griff Arranges nach der Weinbrandflasche, rückte sich ein Glas zurecht und funkelte feindselig den Korken im Flaschenhals an. Mit einem Auge schielte er nach den zwei Dunmer, dabei fiel sein Blick auf Erynns immernoch gebrochene Nase. Nochmals sah er den Korken mit einem vernichtenden Blick an, stellte die Flasche dann genervt ausatmend, etwas unsanft ab. 'Wenn wir schon dabei sind... dürfte ich mich bei euch revangieren, Erynn und euch die Nase wieder geradebiegen? ... So kann ich mich mit euch nicht sehen lassen.' Staubtrocken und ohne irgendeine Geste kamen die Worte über seine Lippen, während er die Flasche nochmals von der anfunkelte.
Als die beiden endlich fertig waren, hatte Dreveni auch entgültig genug. Jedes Vieh hätte man schon längst von seinem Leid erlöst. Dann meinte Arranges auch noch, ihr aufhelfen zu müssen. NIMM DEINE WIDERWÄRTIGEN GRIFFEL VON MIR!!, dachte sie sich, zum sprechen war sie zu fertig. Als er sie ganz aufgestellt hatte, wurde ihr auch noch schwarz vor Augen, zum Glück stand ein Stuhl in der Nähe, auf den sie sich fallen lies. Dort blieb sie sitzen, den Kopf in die rechte Hand gestützt, und ohne dass sie etwas tun konnte, liefen ihr Tränen über das Gesicht. Langsam lichtete sich die Schwärze wenigstens wieder, und so bekam sie noch mit, dass Arranges offenbar vorhatte, Erynns Nase noch zu richten. Bei seinem Kommentar wurde sie noch etwas klarer im Kopf. Du kannst es echt nicht lassen. Erynn, ein Wort und ich schaffe dir das Problem vom Hals. Die Schmerzen ließen langsam wegen des Heiltrankes auch nach. Sie schielte noch nach der Flasche in Arranges Hand, allerdings zitterte ihre Hand noch so sehr, dass sie nicht danach greifen wollte. Sie hatte sich schon genug erniedrigt für heute, dass mussten die beiden nicht auch noch sehen. Stattdessen wischte sie sich unauffällig die Tränen aus dem Gesicht.
Mit unendlicher Erleichterung beobachtete Erynn, wie Dreveni wieder auf die Füße kam. Sie fühlte sich so fertig, als sei sie gerade von der Kaiserstadt nach Chorrol gerannt, und zwar mit vollem Marschgepäck. Auf Arranges furztrockenen Kommentar hin konnte sie allerdings nicht anders, als laut aufzulachen - und gleich darauf zusammenzuzucken. "Au, verdammt! ...Charmant wie immer, Beschwörer, aber meinetwegen. Dann habe ich es wenigstens hinter mir."
Sie ließ sich ebenfalls auf einen Stuhl plumpsen. "Wenn das hinterher schlimmer aussieht als vorher, verpasse ich Euch eine!"
'Es wird garantiert besser aussehen als jetzt...' Der Kaiserliche erhob sich und ging zu Erynn hinüber. 'Hmm...' In der Tat hatte Arranges nie wirklich großartig jemand anderes außer sich selbst verarztet, er wusste, wie man das Nasenbein zurechtrücken musste, hatte es auch schon ein paarmal gemacht, aber das war wiederum schon eine ganze Weile her. Arranges hob ihren Kopf an, damit er senkrecht auf die Nase blicken konnte. Vorsichtig legte er seine Hände auf ihre Wangen und umfasste den Kopf so, dass er ihn fixieren konnte, während er die Daumen frei behielt und jetzt leicht links und rechts an die Nase anlegte. Erynn zuckte und zitterte unter seinen Bewegungen, die er so vorsichtig wie irgend möglich ausführte. 'Nicht erschrecken...!' Ein leises Knirschen war zu hören, als Arranges das gebrochene Nasenbein mit den Daumen wieder in eine gerade Position drückte. Er nahm seine Hände zurück und betrachtete die Dunmer, wie ein Künstler sein eben vollendetes Werk... 'Euer Antlitz gleicht nun mehr noch als zuvor, der aufgehenden Sonne...' Meinte er ungerührt und setzte sich wieder auf seinen Stuhl. Ohne zu warten griff er nach der Flasche. Korken sollten verboten werden... Schnell hatte Arranges sein Messer gezogen, keilte es zwischen dem Verschluss und dem Flaschenhals ein. Einen Augenblick später zog er zufrieden den gelockerten Korken und schenkte sich ein. 'Äh...' Mit der offenen Flasche in der Hand blickte er fragend zu Dreveni und Erynn...
Leicht schockiert hatte Dreveni Erynns reaktion beobachtet. Sie hatte ja schon eine Menge seltsamer Leute gesehen, aber die beiden übertrafen alles. Als Arranges Erynns Nase richtete, wäre es Dreveni fast schlecht geworden, weniger weil sie den Anblick nicht vertragen hätte, sondern weil sie sich immer noch reichlich schwach fühlte und dieses Geräusch nur zu gut kannte. Als sie fertig waren, setzte sich Arranges an den Tisch, öffnete die Flasche und schenkte sich selbst ganz ungeniert zuerst ein. Mach nur so weiter, du fliegst noch hochkannt raus. Auf seinen Blick hin schob sie ihm ein Glas zu. Sie wusste zwar nicht, was passierte, wenn sie jetzt noch Alkohol trank, aber es war ihr auch ziemlich egal. An Erynn gewandt brachte sie sogar ein leises "Danke" heraus. Auch wenn sie langsam zu der Überzeugung gelangte, dass diese ebenfalls einen leichten Schlag haben musste, wenn sie freiwillig bei diesem irren Magier blieb. Wie zum Henker konnte sie diesem Menschen verpflichtet sein?
Ich werde nicht schreien. Ich werde auf keinen Fall... Als der Knochen in seine angestammte Position rutschte, wehrte sie sich heftig gegen den Griff um ihren Kopf und fauchte wie ein Flederschatten.
"Ihr seid und bleibt ein Ekel, Arranges. Trotzdem danke. Und ja, ich nehme einen Schluck", sagte sie auf seinen dummen Spruch hin. Erynn blinzelte ein paar Tränen aus den Augen und wartete darauf, daß das scheußliche Pochen in ihrem Gesicht nachließ. Wenigstens ist das ganze Gehampel mit der Wundversorgung jetzt durch. Man könnte meinen, ich hätte meinen Beruf verfehlt...
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Legende
Zu dritt war die eher kleinere Flasche recht schnell leer. Im Grunde hing jeder seinen eigenen Gedanken nach, sie redeten nicht wirklich, was aber nicht etwa daran lag, dass ihnen erst nicht zum Reden war oder sie nicht wussten über was sie miteinander sprechen sollten, sondern vielmehr daran, dass Erynn sichtlich erschöpft war, Dreveni versuchte den immernoch unangenehm pochenden Schmerz im Arm zu verdrängen und Arranges die Stille einfach genoß. Dreveni erhob sich, als sie den letzten Schluck aus ihrem Glas genommen hatte und ließ die Kriegerin und den Magier wissen, dass sie sich hinlegen und versuchen würde, Schlaf zu finden. Kurz darauf Ging auch Erynn, Arranges hatte ihr das Gästezimmer überlassen, er selbst würde im Wohnzimmer bleiben und dort schlafen.
Was zur Hölle?! Arranges schreckte aus seinem Schlaf hoch und das so heftig, dass er fast mit dem Stuhl, in dem er geschlafen hatte, nach hinten gekippt wäre. Sich in die Tischkante krallend hielt er sich fest und zog sich wieder nach vorn. Aufmerksam horchte er, irgendetwas hatte ihn geweckt. Ein lautes Geräusch, da? Da war es wieder. Das panische Wiehren eines Pferds. Was ist denn da los?! Der Kaiserliche rieb sich den Schlaf vertreibend einmal mit dem Arm über die Augen und versuchte sich ein wenig zu orientieren. Er blickte durch das Fenster, welches Einsicht auf den Hof vor dem Haus gewährte. Der Himmel war noch dunkel, aber die Demmerung hatte bereits begonnen. Der Nekromant erkannte eine Gestalt im Hof. Seltsam... Bei näherer Betrachtung konnte er die teilweise sehr bund durcheinander gewürfelte Rüstung erkennen, die aus Leder oder leichter Kette bestand. Ein breit gebauter, Hüne, wahrscheinlich Ork oder Nord, das konnte Arranges bei dem spärlichen Licht kaum sagen. Eine Axt konnte er noch erkennen. Drevenis Freund? Der Mann stand vor der offenen Stalltür und hantierte mit den Händen im Verborgenen. Was tut er da... Der Dieb ging jetzt rückwärts, aber nicht, wie man normal rückwärts läuft. Es sah eher aus, als würde er etwas ziehen, das sehr schwer war. Arranges schlaftrunkenes Gehirn wollte ihm hierfür zunächst keine ordentliche Erkenntnis liefern. Erst, als wieder das Wiehren ertönte, das ihn zuvor geweckt hatte, verstand er. Diebe! Sie nutzen das Chaos aus, das heute Nacht unweigerlich ausgebrochen sein musste, als die Wachen erkannten, dass das Tor weg war und die Flüchtlinge plündernd die Gassen der Stadt fluteten... Der Recke riss noch zweimal kräftig an dem Strick, den er in den Fäusten hielt und lehnte sich noch dagegen. Ein ersticktes Wiehern war wieder zu hören. Arranges sah das dunkle, rotbraune Fell eines Fuchses und erstarrte. Wie gebannt blickte er auf die Szene, in der der Räuber sein Pferd grob aus der Schäune zerrte. Wie vom Schlag getroffen, war der Kaiserliche plötzlich hellwach. Er fletschte die Zähne wie ein Raubtier. Hektisch wühlte er in seinen Sachen, zog seinen Gürtel unter dem Umhang hervor und riss ein kleines, verkorktes Reagensgläschen aus einem der Beutelchen. Eine silber schimmernde Flüssigkeit befand sich darin. Meinen Rotfuchs überhaupt mit dem Gedanken daran, ihn klauen zu wollen, auch nur anzusehen, wirst du bitter bereuhen! Mit dem Gläschen in der Faust, bekleidet nur mit Arm- und Beinschienen, Kniehose und Hemd, trat er wütend aber entschlossen vor das Haus. Während er noch nach draussen ging, hörte er es im oberen Stockwerk rumoren, Erynn und Dreveni mussten ebenfalls von dem Lärm erwacht sein.
'Loslassen, SOFORT!' Der Wegelagerer zuckte zusammen, als Arranges, kaum, dass er den Hof betreten hatte, wütend seine Stimme erhob. Doch der Räuber war wohl schon einiges von seinen Opfern gewohnt und so schwie er ihn für einen Moment nur an. Dann grinste der Gesetzlose nur und fragte eher gelassen: 'Sonst was?'
'Sonst zertrete ich dich wie eine fette Made unter meinem Stiefel!' Erwiderte Arranges jetzt ebenfalls ruhig, aber drohend. Daraufhin brache der fremde in lautes Gelächter aus. Mal sehen wie lange du noch lachst... Blitzschnell hatte Arranges das Fläschchen geöffnet und kippte sich die zwei Schlücke in den Rachen. Reine Magie schien statt Blut durch seine Adern zu schießen, die Härchen im Nacken des Kaiserlichen richteten sich auf und seine Hände zitterten leicht. Der Trank war von Falanu hergestellt worden und erhöte für kurze Dauer die magischen Kapazitäten des Anwenders - einziger Nachteil war, dass man hinterher komplett erschöpft war.
'Du hattest die Wahl...' Sagte Arranges laut. Das Gelächter verstummte. Waffen wurden gezogen, aber ehe der Pferdedieb seine tatsächlich benutzen konnte, begann Rauch aus Mund und Nase zu quellen. Glühende Maserungen zeichneten sie plötzlich auf seinem Gesicht ab. Der Gauner riss den Mund auf zu einem stummen Schrei, dann ließ er seine Axt fallen und griff sich an die Kehle. Er verglühte bei lebendigem Leib und nur wenige Sekunden später war nur mehr ein Haufen verbrannten Fleisches und Knochen übrig. Arranges trat langsam auf den total verstörten Fuchs zu und streckte ihm langsam die Hand hin. Zögernd kam das Tier näher, sog den Geruch des Magiers in seine Nüstern ein. Freudig stellte es die Ohren auf und legte seinen Kopf an die Schulter des Magiers, während dieser ihn ebenfalls erleichteret und behutsam umfasst oder vielmehr irgendwie zu umarmen schien. 'Alles ist gut... nichts passiert...' Flüsterte er, während er einen Schritt zurücktrat und sein Pferd musterte.
Arranges wandte sich um und wollte wieder ins Haus gehen, da standen auch schon die beiden Dunmer im Türrahmen und blickten ihn fragend an. Abwinkend schob sich Arranges an ihnen vorbei. Wenig später saßen er und Erynn auf. Eine kurze Verabschiedung und die beiden machten sich wieder auf den Weg... Aber wohin? Zum nächsten Obliviontor... das heißt, wir müssen uns durchfragen... aber zuerst...
'Wir müssen ersteinmal zu einem Schmied... trotz der Unruhe versuchen wir es wohl am besten gleich hier in der Stadt...'
Geändert von weuze (24.02.2011 um 22:52 Uhr)
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Fossil
Drevenis Haus => Cheydinhal
Sie konnte zunächst nicht genau sagen, was sie geweckt hatte. Erynn schlug die Augen auf und horchte in die Dunkelheit. Dann wurde es ihr klar: Die Pferde! Sie wieherten und stampften unruhig draußen vor dem Haus. Die Elfin erhob sich leise und griff nach dem Schwertgurt. Ihre Rüstung hatte sie gestern nacht nicht mehr abgelegt, war, erschöpft wie sie war, einfach auf das Lager gefallen und sofort eingeschlafen. Leise schob sie die Tür auf, orientierte sich kurz und ging dann die Treppe herunter. Als sie vor dem Haus wütende Stimmen hörte, begann sie zu laufen. Dreveni war ebenfalls wach geworden und in voller Alarmbereitschaft. Fast gleichzeitig erreichten sie die Haustür.
Der Anblick, der sich ihnen darbot, war eindeutig. Arranges und ein grobschlächtiger Kerl standen sich mit gezogenen Waffen gegenüber, unweit davon, nervös tänzelnd und die Augen so sehr verdreht, daß man das Weiße darin sehen konnte, der Fuchs.
Eine schlechtere Wahl, als das Pferd des Beschwörers zu stehlen, hättest du kaum treffen können, Idiot. Sie langte nach ihrem Schwert, als der Kaiserliche mit der linken Hand eine seltsame Bewegung vollführte, als griffe er nach etwas und ließe es dann plötzlich wieder los.
Gebannt und gleichzeitig entsetzt beobachtete Erynn, wie der Bandit auf die Knie fiel, als er von innen heraus verbrannte. Es war unzweifelhaft eine grausige Szene, doch die Kriegerin konnte den Blick nicht abwenden. Auf eine ungesunde Art und Weise war sie fasziniert.
Als der verkohlte Leichnam zur Seite kippte, überwand sie ihre Starre.
Kurze Zeit später brachen sie auf. Erynn reichte Dreveni zum Abschied die Hand. „Ihr solltet auf jeden Fall noch einen Magier aufsuchen, sonst beschert Euch die Verletzung eine Zwangspause von mindestens sieben Wochen. Gebt auf Euch acht, Dreveni“, sagte sie noch, bevor sie aufsaß.
Sie erreichten Cheydinhal, als sich die Sonne gerade zur Gänze über den Horizont geschoben hatte. Die Stadttore waren nach wie vor verschlossen, aber nach einigem Hin und Her ließ man sie ein. Es herrschte hektische Betriebsamkeit. Leute entfernten Bretter und Kisten, mit denen sie ihre Häuser verrammelt hatten, andere schoben Barrikaden in den Straßen zur Seite. In der Nähe stritten sich zwei Stadtbewohner darum, wem ein bestimmtes Möbelstück gehörte, das als Hindernis für die befürchteten Eindringlinge auf den Gehweg geworfen worden war. Die Angehörigen der Stadtwache schienen überall gleichzeitig zu sein, um Plünderungen und Schlägereien zu verhindern, in denen sich die Anspannung der letzten Stunden zu entladen drohte.
Erynn schüttelte verständnislos den Kopf. War das wirklich Cheydinhal, ihre Heimat, in der sich die Leute jetzt fast gegenseitig an die Gurgel gingen, anstatt sich gemeinsam darüber zu freuen, daß die Bedrohung abgewendet worden war? Es heißt, die Gefahr bringt das Beste in Mensch und Mer zum Vorschein, und das Schlechteste. Ich wünschte nur, die Gewichtung wäre anders... Sie bemerkte, wie sich Verachtung für die Streithähne in ihr ausbreitete und wandte den Blick zu Arranges. „Das Ganze ist ja zum Kotzen! Laßt uns zusehen, daß wir schnell einen Schmied auftreiben, bevor wir noch in eine Keilerei oder ähnliches hineingezogen werden, und dann nichts wie weg hier.“
Drevenis Geschichte wird mit diesem Post im Rollenspielthread fortgesetzt.
Geändert von KingPaddy (06.07.2011 um 01:59 Uhr)
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Legende
Cheydinhal
Die Bevölkerung der Stadt war in heller Aufruhr. Überall herrschte Tumult, die Stadtwache war bemüht, die Situation nicht eskalieren zu lassen. Die werden sich auch die Situation vor der Schließung des Tors zurückwünschen, als ihre Autorität noch geachtet wurde und keiner sie anpöbelte und sich einen Dreck darum scherte, was die Wache darauf zu mahnen hatte... Auf Erynns Frage hin nickte er nur.
Mit den Ellenbogen bahnten sie sich ihren Weg vorwärts, bis sie vor sich endlich das Aushängeschild des Schmieds sehen konnten. Doch das Haus war noch komplett abgeschottet und weit und breit war keiner zu sehen, der sich irgendwie damit beschäftigte, die Bretter von Fenstern und Tür zu nehmen. Da sie beide nicht wussten, wer der Schmied war und sie ihn in der rangelnden Menge sehr wahrscheinlich sowieso nicht finden hätten können, fragten Erynn kurzerhand eine sehr alte Dunmer, die weniger feindselig dreinblickend vorüberging. Als die alte Frau aufblickte, erstarrte Arranges. Das... nein, das kann nicht sein...
'Entschuldigt, aber könnt ihr uns vielleicht sagen, wo wir den Schmied finden können?' Fragte Erynn.
'Der? Hmm... ich habe ihn zuvor am Osttor mit der Wache heftig streiten sehen... ich komme selbst gerade von da, es ist noch nicht lange her, er dürfte also noch dort sein...' Antwortete die Dunkelelfe. 'Vielen Dank.' Meinte Erynn. Arranges konnte nichts sagen, stattdessen fing er sich einen kurzen, aber seltsamen Blick der anderen Dunkelelfe ein. Ob sie mich wohl erkannt hat? Die Frage erübrigte sich, denn schon hatte sich die Dunmer abgewandt und ging weiter. Im Kopf des Kaiserlichen schwirrten unzählige Gedanken durcheinander... Sie hat mich nicht wiedererkannt... sie hat mich vergessen, einfach so... oder verdrängt... ja, ich denke eher Letzteres... unzweifelhaft war sie im Keller... Der Kaiserliche war total verstört und plötzlich auch verunsichert, alles geriet stark ins wanken...
Ein leichter Rempler von Erynns Ellenbogen erinnerte ihn wieder daran, was er hier eigentlich wollte. Sie gingen weiter, aber Arranges wirkte irgendwie abwesend, mit leeren Augen vor sich hinstarrend, tappte er neben seiner Begleiterin her. Ich muss mich zusammenreissen, ich habe nichts getan, wofür ich Selbstkritik üben müsste, alles war richtig! Sie waren auf halber Strecke zum zweiten Tor, als der Kaiserliche plötzlich einfach stehen blieb und den Blick zur Seite wandte. Die Fachwerkfassade eines Hauses im typischen Stil der Stadt, mit hohem Dach und ausladendem Erker auf einer Seite, ragte neben ihnen am Rand der Straße auf. Es steht noch... Das Haus war insgesamt in einem tadellosen Zustand und nicht etwas verfallen, wie Arranges fast erwartet hatte. Den nächsten Bürger, der an ihnen vorbeihetzte, packte er am Arm und riss ihn zu sich herum. 'He! Was soll das?!'
'Das Haus da, wer wohnt dort?' Fragte Arranges nur arg ungehalten. 'Weiss ich doch nicht... seid ihr verrückt Kaiserlicher, ihr brecht mir fast den Arm...'
'WER wohnt dort?' Wiederholte der Nekromant seine Frage harsch und laut.
'Ich sagte, ich weiss es nicht! Vor 10 Jahren wurde das Haus einer Nordfamilie zugeschrieben, nachdem es einige Zeit leergestanden hatte... verdammt, lasst endlich los oder ich rufe die Wachen!' Arranges ließ den Fremden los und drehte sich wieder zu dem Haus um. Es stand niemals leer...! Zorn stieg in ihm auf.
'Arranges, seid ihr völlig wahnsinnig?! Ihr könnt...'
'Haltet den Rand!' Herrschte er Erynn an. Dann drehte er sich auf dem Absatz um und hielt im Laufschritt auf die Kapelle der Stadt zu ohne weitere Rücksicht auf die Dunmer. Am Friedhof neben dem Gotteshaus angekommen, stoppte er. Hektisch sah er sich um, aber die einzelnen Grabsteine unterschieden sich kaum. Arranges lief durch die Reihen, ließ seinen Blick über jedes Grab gleiten. Sie wurden nicht hier bestattet... sie wurden nicht hier bestattet... sie wurden... Ruckartig blieb er vor einem Grabstein stehen, ohne den Blick davon abzuwenden, drehte er sich zu dem Grabmal und verharrte regungslos davor, wie zur Salzsäule erstarrt. 'Hier liegen Orondier und Andalra Moryn...' Nuschelte er leise vor sich hin.
Er konnte nicht mehr an sich halten, Erinnerungen an seine Eltern und seine Kindheit übermannten ihn und zerquetschten den Teil ihn ihm förmlich, welcher sie am liebsten über die Jahre hinweg vergessen hätte. Allein stand er auf dem von der allgemeinen Aufregung und der Bürgerflut verschonten Friedhof und blickte ausdruckslos auf das Grab zu seinen Füßen. Eine einzelne Träne lief ihm langsam über die Wange und ließ das sonst so harte und ernste Gesicht plötzlich hilflos und unendlich traurig wirken...
Geändert von weuze (25.02.2011 um 16:12 Uhr)
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Fossil
Sie machten sich gerade zu dem Osttor der Stadt auf, als Erynn bemerkte, daß mit dem Beschwörer etwas nicht stimmte. Sie erkannte die feinen Anzeichen mittlerweile sehr genau und beschleunigte ihre Schritte, bis sie schon fast die Hälfte der Strecke zum Tor zurückgelegt hatten. Als wäre er gegen eine Wand gerannt, blieb Arranges plötzlich stehen. Erynn wandte sich um und sah, wie er einen Bürger gepackt hielt und mit harter Stimme auf ihn einredete. Nachdem er erfahren hatte, was er wissen wollte, machte der Kaiserliche auf dem Absatz kehrt und stürmte davon. Verdammt, verdammt, verdammt! fluchte sie still vor sich hin. Es mußte sein Elternhaus gewesen sein, kam es ihr in den Sinn. Sie erinnerte sich dunkel an einen Vorfall, den es in der Straße gegeben hatte, irgendein Unfall... Ein Feuer war es. Das Ehepaar kam damals um, allein ihr Sohn überlebte – oh, scheiße! Sie begann zu laufen, schlängelte sich durch die Menschenmassen und schloß letztendlich zu Arranges auf. Ihre Schritte führten sie zum Friedhof, wo er schließlich vor einem noch nicht sehr alt aussehenden Grab stehen blieb. Er zitterte am ganzen Leib.
Erynn hielt sich im Hintergrund, beschränkte sich zunächst darauf, das Geschehen zu beobachten. Der Name ‚Moryn’ war auf dem Grabstein zu lesen. Mitglieder der Gathering hatten diesen Namen schon erwähnt, aber erst jetzt brachte sie ihn mit den Geschehnissen vor vielen Jahren zusammen. Sie hätte Arranges wohl auch nicht erkannt, wenn sie zuvor schon gewußt hätte, wer er war. Die harten Züge, welche bei ihm jetzt um Augen und Mundwinkel lagen, ließen das nicht zu. Vielleicht hatte es Ansätze davon schon früher gegeben, aber das wußte sie nicht mehr, denn sie hatte ihn zu der Zeit nicht gekannt. Nur, daß es ihn gab, diesen Waisenjungen, dem jeder mitleidige Blicke hinterherwarf...
Zögernd trat sie einen Schritt näher, hin und hergerissen zwischen dem Wunsch ihm beruhigend eine Hand auf die Schulter zu legen und dem Gefühl, daß sie diesen traurigen Moment besser nicht stören sollte.
Die Moryns waren in aller Stille bestattet worden, noch vor dem Morgengrauen und ohne großes Gewese. Wenige Tage nach dem Unglück war das Grab einfach da, und angesichts der Umstände erschien es niemandem seltsam, daß auf eine große Trauerfeier verzichtet wurde. Einige Jahre später aber hatte es hinter vorgehaltener Hand Gerede gegeben. Es hieß, das Grab sei geöffnet worden, mitten in der Nacht. Gerüchte von götterlästerlichen Dieben und Nekromanten schossen wild ins Kraut. Sie hatte nicht viel darauf gegeben, die Leute tratschten sowieso immer und ständig, und Erynn war zu der Zeit gerade in einer rebellischen Phase gewesen, in der sie den Klatsch der Waschweiber und alten Männer mit einer Herablassung quittierte, wie nur Halbstarke es vermochten. Außerdem sah es am folgenden Tag nicht zerwühlt aus, sondern war so gepflegt wie immer. Auch die ältere Dunmerin, die sich darum kümmerte, wies das Gerede weit von sich und behauptete steif und fest, daß bloß einige Dinge aufgetaucht wären, die als Beigabe ebenfalls hätten verscharrt werden müssen.
Aber was, wenn das überhaupt nicht stimmt? Warum hätte man das zu nachtschlafender Zeit tun sollen? Das ist doch Unfug. Ein heißer Stich fuhr ihr und die Brust und machte ihr das Herz schwer, als ihr Blick auf Arranges’ Gesicht fiel. So wie jetzt hatte sie ihn noch niemals gesehen, und es erschreckte sie mehr als seine gelegentlichen Tobsuchtsanfälle. Der Beschwörer wirkte, als würden jeden Augenblick die Knie unter ihm nachgeben oder er, was hier mitten in der Stadt weit schlimmer wäre, einfach ausrasten - so, wie er es immer tat, wenn jemand oder etwas diese unsichtbare Wunde berührte, die in seiner Seele schwärte. Erynn war sich sicher, sich gerade gefährlich dicht am Zentrum dieses Geheimnisses zu befinden. Sie mußte handeln, bevor die Situation unkontrollierbar wurde.
Stumm trat sie von hinten an den Kaiserlichen heran und legte ihre Arme fest um seinen Leib. Mit einem Mal war sie sehr dankbar für ihren sehnigen Körper, würde sie ihn mit dessen Kraft doch unter Kontrolle halten können, welche Reaktion von ihm auch immer als Nächstes folgen würde...
Geändert von Glannaragh (26.02.2011 um 04:52 Uhr)
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Legende
Arranges hatte nicht bemerkt, wie Erynn von hinten an ihn herantrat, er war völlig ausgefüllt von seinen Gedanken. Das helle Lachen seiner Mutter, die ruhige Erzählstimme seines Vaters... 13 Jahre voller Freude, voller Leben, ohne Sorgen, ohne Ängste... Und innerhalb einer Sekunde wurde alles zerstört. Missbildend wucherte daraus ein neues Leben für den Jungen. Die Wichtigkeit, perfekt zu sein, erstickte alles, was Freude, was Schönheit und was Lebenslust betraf, wurde im Keim erstickt und zurück blieb ein nach außen hin kalter Klotz, mit makellosen Kanten und ebenen Flächen...
Hände legten sich von hinten um ihn und behinderten ihn in seiner Bewegung. Sofort erstarben seine Gedanken. Das Machtgefühl kehrte zurück und beschied ihm, ihr nicht diesen Triumph, diesen Blick in seine Vergangenheit zu gewähren. Seine Muskeln spannten sich, aber Erynn hatte auch seine Arme in ihrem Klammergriff miteingeschlossen und so konnte er kaum etwas tun. Er wersuchte sich irgendwie frei zu winden, mit Wutlauten warf er sich von einer Seite auf die andere und versuchte sie abzuschütteln, doch es gelang ihm nicht und schon nach wenigen Augenblicken seines Ausbruchs zerbröselte die Fassade seines göttlichen Denkens, nachdem er auch nicht auf seine Magie zurückgreifen konnte...
Seine Muskeln erschlafften und die Knie wurden ihm weich, aber noch stand er, immernoch von der Dunmer umklammert. Wieder blickte er auf das Grab. Jetzt war der Halt entgültig weg. Tränen begannen ihm über die Wangen zu laufen. Sein Schluchzen noch immer krampfhaft unterdrückend, stand er einfach nur da, wehrte sich nicht mehr gegen Erynn und schaute auf den Grabstein...
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Fossil
Es geschah, was sie erwartet hatte. Erynn spannte die Muskeln an und hielt den Beschwörer unerbittlich fest. Körperlich mochten sie etwa gleich stark sein, doch sie war im Vorteil. Die Kriegerin verlagerte ihr Gewicht um einen Fuß in Arranges’ Kniekehle zu treiben und ihn damit niederzuringen, als er seinen Widerstand aufgab. Er wurde still, sehr still, doch sie spürte das krampfende Zucken in seiner Brust, während er um Fassung rang. Für einen Moment glaubte sie, er würde stürzen, und festigte ihren Griff noch einmal. Eine ganze Weile standen sie schweigend vor dem Grabstein, bis Erynn einigermaßen sicher war, daß er seinem Schmerz jetzt nicht mehr durch einen Wutausbruch Luft verschaffen würde.
„Ich lasse Euch jetzt los“, murmelte sie. „Nehmt Euch alle Zeit, die Ihr braucht.“ Langsam löste sie ihren Klammergriff und trat ein paar Schritte zurück, dann lehnte sie sich an einen Grabstein, der vielleicht drei Meter entfernt von Arranges stand. Sie wandte ihm dabei den Rücken zu, lauschte jedoch weiterhin aufmerksam auf jede seiner Bewegungen.
Was bei Vaerminas ungezählten Schrecken passiert hier? Du hast nichts von dem verarbeitet, was an jenem Tag geschah, nicht wahr? Hast deine verwundete Seele in den tiefsten Kerker geworfen den du finden konntest und eine Mauer aus Wut und Verachtung darum hochgezogen und dir vorgemacht, der kleine Junge von damals wäre mit seinen Eltern verbrannt. Ist er nicht, Arranges... und auch deine Seele ist noch da. Geschunden und vergraben vielleicht, aber nicht tot. Und du fürchtest dich vor dem, was du sehen wirst, wenn sie sich eines Tages wieder ans Licht kämpft...
Geändert von Glannaragh (26.02.2011 um 02:29 Uhr)
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Legende
Der Kaiserliche nahm nicht zur Kenntnis, was Erynn sagte. Er spürte lediglich, dass sie ihn losließ und war ihr stumm dafür dankbar. Lautlos ließ er die Tränen zu, bis sie nach einer ganzen Weile versiegt waren. Reiss dich zusammen! Du hast damals nichts Falsches getan...! Mit dem Handrücken wischte er sich über die geröteten Augen. Er straffte sich wieder und seine Miene wurde wieder kalt, hart und abweisend. Er verbarg seine noch immer zitternden Hände unter seinem Umhang, den er jetzt vor der Brust zusammenzog. Dann wandte sich der Nekromant ab. 'Wir brechen auf... der Schmied hier wird uns bei diesem Chaos sowieso nicht helfen können...' Sagte er monoton, während er an Erynn vorbeiging, ohne sie eines Blickes zu würdigen.
Bei den Stallungen angekommen, saßen sie auf und schlugen die Richtung zur Kaiserstadt ein. Die Sonne stand im Zenit am blauen Himmel, als sie die Ringstraße erreichten und ein wenig abseits der Straße rasteten. Wenn alles nach Plan verläuft, sind wir morgen schon in der Kaiserstadt und haben mit etwas Glück bald schon den nächsten Anlaufpunkt für das zweite Tor...
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Fossil
Cheydinhal => Ringstraße
Gut, dann brechen wir also auf, antwortete sie im Stillen und tappte hinter Arranges her auf das Westtor zu. War offensichtlich ohnehin eine Scheißidee, hierher zu kommen.
Der Beschwörer würde erstmal eine ganze Weile nichts mehr sagen, und sie würde nicht fragen. Noch nicht. Später irgendwann, wenn sie Cheydinhal weit hinter sich gelassen hätten. Die Kälte war in seine Augen zurückgekehrt, aber allein die Tatsache, daß er sie weder beleidigt noch bedroht hatte war ein hinreichender Beweis dafür, wie dreckig es ihm ging.
Einen Herzschlag lang wunderte sie sich über sich selbst, daß sie seine Macken mittlerweile mit einer solchen Seelenruhe ertrug. Tja, wir wachsen scheinbar alle an unseren Aufgaben...
Der Torwächter erkannte sie und reagierte etwas ungehalten, als Erynn ihn bat, die Pforte zu öffnen. Dies sei schließlich eine Stadt, in der gerade der Belagerungszustand aufgehoben worden war und man brauche keine Schaulustigen, die sich nicht nützlich machten. Wenn du wüßtest, du kleiner Platzanweiser, grollte Erynn in Gedanken. „Seid unbesorgt. Wir kommen nicht wieder“, antwortete sie stattdessen.
Bei den Ställen nahm sie sich ein wenig Zeit, Falchions Schopf zu kraulen, bevor sie den Sattel auf seinen Rücken wuchtete. Arranges finsterer Blick gab einen Hinweis auf seine Ungeduld, doch sie hatte das treue Tier in letzter Zeit viel zu sehr vernachlässigt, befand sie. Bald waren sie wieder unterwegs und ritten im flotten Trab auf der Blauen Straße in Richtung Westen. Erynn war froh, in Cheydinhal nicht ihren Eltern begegnet zu sein, denn sie hatte wirklich keine Lust gehabt, ihnen irgendeine wilde Geschichte vorflunkern zu müssen, weshalb es sie in die Stadt verschlagen hatte. In letzter Zeit hatte sie viele Prinzipien über den Haufen geworfen, unter anderem das, sich von Nekromanten fernzuhalten, aber es gab Grenzen.
Auf ihrem Weg kamen ihnen vereinzelt Leute entgegen, die in die Stadt zurückkehrten. Scheinbar hatte sich bereits in einigem Umkreis herumgesprochen, daß das Obliviontor verschwunden sei. Erynn hoffte, daß Dreveni den Mund halten und ihre Beteiligung daran verschweigen würde. Sie hatte kein Verlangen danach, sich irgendwann auch eine Erklärung für ihre Beweggründe zu dieser Tat ausdenken zu müssen. Irgendwann wird es schwierig, all die Lügen stimmig zu halten. Andererseits machte sie sich deswegen keine großen Sorgen. Sie schätzte die Meuchlerin schon ihres Berufs wegen nicht als jemanden ein, der tratschte.
Gegen Mittag erreichten sie die Ringstraße und rasteten bei der alten Feste Urasek. Noch immer schweigend teilten sie etwas von den Reiserationen, dann folgten sie der Ringstraße weiter nach Norden. Die Elfin hoffte darauf, daß sie für die Nacht nicht in einer der Tavernen am Wegesrand absteigen würden, erstens könnte sie Arranges dann fragen, ob er ihr nicht einen einfachen Zauber beibringen könnte und zweitens war sie noch immer viel zu pleite, um sich auch nur ein schäbiges Zimmer leisten zu können. Beim Gedanken daran, daß der Kaiserliche ihr die Septime dafür auslegen müßte, packte sie das kalte Grausen. Und ich muß dem Kerl endlich beibiegen, wie man richtig schleicht. Beim nächsten Tor werden wir wohl kaum in den Luxus eines dritten Schwertarmes gelangen, und bei seinem Getrampel könnte er auch gleich eine Fanfare blasen, sobald wir die Totenlande betreten haben... Ohne Dreveni wären wir längst Teil der Turmdekoration. Wir werden es uns kaum leisten können, den Vorteil der Heimlichkeit ein weiteres Mal einfach so zu verspielen.
Geändert von Glannaragh (26.02.2011 um 04:35 Uhr)
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Legende
Die Straße führte zunehmend in einem Bogen nach Westen. Der Weißgoldturm wandte sich zu ihrer Linken. Die Sonne senkte sich zum Horizont und als die beiden Reisenden die Weggabelung bei Sercen erreicht hatten, wo die Straße nach Norden abzweigte, wurde es bereits dunkel. Hmm... nein, wir machen hier Rast, ich habe wenig Lust, unter die Leute zu gehen... und schon gar nicht in einer Schenke wie in Bockbierquell... Sie ritten noch ein wenig weiter, so dass sie die Ruinen von Sercen noch zwischen den Bäumen hinter sich sehen konnten, dann beschied Arranges Erynn mit ein paar knappen Worten, dass sie heute wohl unterm Sternenzelt rasten würden. Er versuchte gar nicht daraus irgendwie eine unschuldige Aussage zu machen, es hörte sich ganz so an, wie das, was er dachte: Er hatte schlicht keine Lust auf andere Menschen um sich.
Sie gingen von der Straße runter und schlugen zwischen den Bäumen nördlich ihr Lager auf. Der Himmel war klar und Arranges entschied sich, keinen Wetterschutz zu errichten. Kurze Zeit später saßen sie im schnell abnehmenden Tageslicht am Feuer. Arranges verzichtete darauf etwas zu essen. Er starrte abwesend, mit dem Rücken an einen Baum gelehnt, in den Himmel und beobachtete, wie langsam und scheu die ersten Sterne an Firmament erschienen...
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