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Legende
Von wegen... zwickt nur ein bisschen... Mit tellergroßen Augen starrte er auf die Arbeit der Dunmer. Es tat tatsächlich nicht weh. Nachdem er sich wieder angekleidet hatte, sprach ihn die Dunmer auf den Bogen an, der zum Teil unter seinem Umhang hervorragte. Haha... ich und Bogenschießen... wo denkt ihr nur hin? Der Kaiserliche versuchte eine freundliche Miene aufzusetzen, während er Erynn einen Moment ansah. 'Nein, ihr müsst mir nicht zeigen, wie man mit dieser Waffe umgeht... ich würde es ja doch nicht richtig hinbekommen... Eigentlich,' Arranges tat sich bei dieser Situation ein wenig schwer. Er hegte zwar Symphatie für viele Bekanntschaften und Menschen, die ihm nahestanden, aber mehr als eine heitere Unterhaltung oder ein paar nette Worte oder Gesten hatte er meist nie für sie übrig, 'ich dachte mir, da ich euren Bogen einfach in der Höhle im Sumpf zurückgelassen habe... also... nun dieser Bogen hier,' behände zog er den elegant schlanken Bogen hervor, '... er ist für euch.' Zaghaft und irgendwie verspannt streckte er ihr die Waffe in der Hand haltend, ein wenig entgegen, während er fast schüchtern den Blick senkte.
Erynn war so baff, daß es einen Moment dauerte, bis sie reagierte. "Für... mich?" Zuerst wollte sie ablehnen, doch da Arranges mit der Waffe ohnehin nichts würde anfangen können, wäre das eine riesige Verschwendung gewesen. Sie griff so vorsichtig nach dem Bogen, als könnte er jeden Augenblick zu Staub zerfallen. Er war augenscheinlich von hoher Qualität, besser als jener, der n der Höhle zurückgeblieben war. Als sie ihn probehalber spannte, fiel ihr die Gravur am Griffstück auf. "Ich danke Euch", sagte sie warm. "Wie komme ich zu dieser Ehre?"
'Zunächst schien es mir nur selbstverständlich, dass ich euch den Bogen ersetze... Aber hauptsächlich wollte ich euch damit danken, dass ihr mir geholfen habt, den Folianten zu finden.' Arranges sah Erynn wieder in die Augen. 'Natürlich kann ich damit leider nicht vergessen machen, was ihr... erleben musstet...'
War Erynn schon vorher überwältigt gewesen, so blieb sie jetzt regelrecht sprachlos. "Nein", sagte sie schließlich leise, "das könnt Ihr nicht. Aber ich möchte auch nichts davon vergessen, so schmerzhaft manches auch gewesen sein mag. Ich habe in den letzten Wochen mehr über mich gelernt, als in meinem ganzen Leben zuvor, auch wenn es immer noch vieles gibt, was ich nicht begreife." Sie wandte den Blick ab, spielte mit der Sehne des Bogens. Als sie schließlich fortfuhr, flüsterte sie nur noch. "Ich habe geträumt... als Torrah in meinem Kopf war... Sie ließ mich Bilder sehen. Wie Ihr mich aufschlitzt und ausweidet. Ich weiß gar nicht mehr, ob ich wirklich Schmerz gespürt habe. Aber das Grauen war so allumfassend, daß ich glaubte, alles sei real." Sie schluckte hart und holte tief Luft. "Als ich dann wieder zu mir kam, fühlte ich mich so unendlich schwach. Allein zu wissen, daß ein Mensch in der Lage ist, mich dermaßen zu manipulieren und ich nichts dagegen tun kann, macht mich fertig."
Sie sah auf. "Verzeiht, es ist gewiß nicht gerecht, Euch diese Dinge zu erzählen. Aber ich mußte einfach darüber sprechen. Sonst finde ich niemals ganz in die Realität zurück. Trotz allem, ich will einfach verstehen, was in dieser Höhle passiert ist. Schon für den Fall, daß ich noch einmal in eine solche Situation komme, so unwahrscheinlich das auch sein mag."
Erynn warf Arranges einen fragenden Blick zu. "Könnt Ihr es mir erklären?"
Noch ein Grund, der für Torrahs Tot spricht... sie war Zeit ihres Lebens eine absolut grässliche Person... 'Es ist in Ordnung, dass ihr mir das sagtet... Ich kann versuchen euch zu erklären, was in der Höhle vor sich ging... Torrah war eine Meisterin der Illusionsmagie, dank dem Buch hatte sie Einblick in ganz neue Künste... sie hat die Illusion gesprochen, als wir den Fuß in die Grotte setzten, danach war es ein Leichtes für sie, in unsere Gedanken einzudringen und unsere Ängste herauszuholen, sie uns vorzuzeigen und uns damit zu quälen...' Arranges zuckte leicht mit den Schultern. 'Ich glaube, ich kann es euch nicht begreiflich machen, was dort genau passiert ist, ich weiss nur, dass wir Torrah wie ihr sagtet, in die Falle gelaufen sind...' Einen kurzen Moment blickte er Erynn fest an. 'Aber von Schwäche zu reden ist Unsinn. Ihr habt euch tapfer gegen die Illusion gewehrt. Ich habe Mer und Menschen gesehen, die den Trugbildern einfach nachgaben und der Illusion nur mit dem Tot entkommen sind...'
Erynn nickte. "Es ist wahrscheinlich so, als wollte ich jemandem beibringen ein Ziel auf zweihundert Schritt Entfernung zu treffen, der nicht einmal die Kraft hat, seinen Bogen richtig zu spannen. Trotzdem danke, daß Ihr es versucht habt." Sie legte den Kopf schief und sah Arranges an. "Aber wie ich Euch kenne, seid Ihr nicht nur gekommen, um mir zu danken, oder?"
In der Tat, ich bin nicht gekommen um euch nur zu danken... jetzt kommt der schwierige Teil... Arranges wandte den Blick von Erynn ab und schaute zur Wand. Dann sah er ihr wieder in die Augen. 'Nein, es ist tatsächlich so, dass ich nochmals eure Hilfe benötige... Dieses Mal mehr denn je... Ihr wolltet doch wissen, was es mit Torrahs Meisterin Marie auf sich hat nicht wahr? Jetzt muss ich es euch erklären, damit ihr den Sinn meiner Bitte versteht.' Arranges holte hörbar Luft. 'Ihr habt sicher schon von den Totenbeschwörern gehört, die sich um Manni Marco versammeln und derzeit der Magiergilde das Leben schwer machen? Nun, ich bin, wie ihr ja wisst, ebenfalls Nekromant... aber bevor ihr erschreckt, ich gehöre nicht zu diesen... unfähigen Trotteln... Ich gehöre einer anderen, sehr viel älteren und wenn ich das behaupten darf, mächtigeren Zusammenkunft von Nekromanten an. Die Gathering... dieser Name wird euch vermutlich wenig sagen, wir streben nicht nach Macht, wir streben nur danach, unsere Künste auszuüben, mit den Belangen der großen weiten Welt haben wir in der Regel wenig zu tun... Die Spitze bilden 13 Großmeister, nach ihnen folgen unzählige Meister, deren Anzahl nicht zwangsläufig beständig ist. Meisterin Marie ist einer davon und zuständig für das Land Cyrodiil. Danach folgen die Mentoren. Torrah bildete mit mir zusammen die beiden Mentoren in Cyrodiil... Dass ich sie getötet habe, spielt dabei keine Rolle, nur die Großmeister und die Meister selbst halten geschlossen zusammen und lassen den Macht- und Intrigenspielchen der Mentoren ihren Lauf... Aber das tut jetzt nichts zur Sache. Wichtig ist, dass den Mentoren die Hauptaufgabe zufällt, Anwärter in den jeweiligen Ländern erst in den Stand eines Novizen innerhalb der Gathering zu erheben und diese dann als Schüler unter sich auf die Lehren des jeweiligen Meisters vorzubereiten... Da Torrah nun tod ist und ein neuer Mentor für sie erst noch bestimmt wird, fällt es nun mir zu, die Novizen zu schulen... Allerdings sehe ich nicht ein, mich von einem dieser untalentierten Speichelleker behindern zu lassen... ich habe daher beschlossen, direkt einen ganz neuen Schüler zu nehmen... Die Wahl dabei... fiel auf euch... Erynn...' Er sah, wie eine seltsame Art von Entsetzen in ihr aufstieg und hob abwehrend und beruhigend die Hände. 'Aber bitte, hört erst weiter zu. Ihr werdet den Schüler für mich nur spielen, damit sie sehen, dass ich mich nicht gänzlich gegen die Gathering stelle... Ihr müsst nur so tun als ob, bitte... tut mir den Gefallen...' Er sah sie nicht flehend, aber bittend an.
"WAS!?" Erynn war so schockiert, daß sie zunächst nicht einmal bemerkte, daß sie geschrien hatte. Dann dämpfte sie ihre Stimme. "Arranges, seid Ihr wahnsinnig geworden? Nekromantie, von allen Dingen... Seht mich an. Seht in mein Gesicht. Ich bin eine Dunmer. Ich akzeptiere, daß Ihr Euch damit beschäftigt, aber für mich ist es ein Tabu. Selbst, wenn ich bei Eurer kleinen List mitspielen sollte, irgendwann wird jemand Resultate sehen wollen. Soll ich mich dann hinstellen und irgendeinen Toten aus seiner Ruhestatt zerren? Unmöglich." Sie schüttelte den Kopf. "Außerdem: Ihr wißt doch, daß ich mit Magie im Allgemeinen schon nichts anfangen kann. Bei den Göttern, meine Mutter hat mir irgendwann das Lesen beigebracht, und das wars dann. Wie soll ich mit dem ganzen komplizierten Kram klarkommen, den ihr Magier in eure Köpfe stopft? Das kann nicht funktionieren!"
Sie zitterte jetzt so heftig, daß es dem Kaiserlichen kaum entgehen dürfte. Trotzdem fragte sie, von einer Art morbider Neugier getrieben: "Aber darüber habt Ihr Euch sicherlich schon Gedanken gemacht, nicht wahr?" Verflucht, hätte ich doch bloß nicht gefragt... Aber ich muß ihm wenigstens bis zum Ende zuhören - immerhin schulde ich ihm mein Leben.
Arranges erschrak nichteinmal, er hatte sich so eine Reaktion schon ausgemalt. Nachdem sie geendet hatte und ihn nur völlig verstört und zitternd anstarrte, legte er ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter. 'Hört zu, natürlich will jemand irgendwann Resultate sehen, aber dieser jemand bin ich... und ich verlange von euch überhaupt nichts, außer, dass ihr für eine gewisse Zeit mit mir zusammen unterwegs seid... Ich werde euch nicht ewig bei mir behalten, nur für ein paar Wochen... ich werde euch als... unbegabt erklären... damit ist die Sache erledigt, ich kann vorweisen, dass ich einen Schüler hatte und ihr seid mich danach entgültig los...' Oder ich muss dich wieder zwingen...
Erynn ließ den Kopf hängen und atmete ein paarmal tief durch. "Verdammt. Das werde ich irgendwann noch bitter bereuen", murmelte sie. Sie schaute wieder zu Arranges auf, und in ihrem Blick lag eine gewisse Härte. "Seit ich Euch getroffen habe, komme ich mit meinem Leben ohnehin nicht mehr klar. Also, was solls. Unter einer Bedingung: Ihr bringt mir zumindest die Grundlagen der Magie bei. Ich will nie wieder einem Zauberweber vollkommen schutzlos ausgeliefert sein. Das ist mein Angebot, und es ist nicht verhandelbar."
Arranges war für einen Moment so erleichtert, dass er den heftigen Wunsch verspürte, Erynn in die Arme zu schließen, besann sich aber dann wieder auf das Wesentliche. 'Gut... ich verspreche euch, mein Möglichstes zu tun, euch ein paar Grundlagend beizubringen.' Dann kann ich nur noch hoffen, dass sie schnell lernt, sonst hab ich diese Frau ewig an mir kleben... Der Kaiserliche wandte sich bereits zum Gehen und langte schon nach der Türklinke, als er sich nochmal zu Erynn umdrehte und sie leicht angrinste: 'Achja... bevor ichs vergesse, die Schüler müssen sich mehr oder weniger selbst vorstellen... vor der Gathering... wir reiten morgen los...' Noch bevor sie etwas antworten konnte, verschwand der Kaiserliche und beeilte sich das Gildenhaus zu verlassen, damit Erynn sich ihrer Abmachung wegen dieser Bemerkung des Nekromanten nicht doch noch im Nachhinein entziehen konnte.
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