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Fossil
Skingrad
Es war weit nach Mitternacht, als Erynn Skingrad erreichte. Sie hatte Falchion gnadenlos vorangetrieben, und der Wallach war klatschnaß geschwitzt, als sie an den Stallungen ankamen. Sie führte ihn noch eine Weile im Paddock herum und rieb ihn dann mit Stroh ab. Erst danach ging sie zum Gildenhaus, obwohl sie so müde war, daß sie im Stehen hätte einschlafen können.
Sie betrat das stille und dunkle Haus und ging direkt in ihre Kammer, legte die Rüstung ab und ließ sich auf das Lager fallen. Die Sonne stand bereits hoch am Himmel, als sie wieder erwachte. Sie zog sich ihr braunes Kleid über und ging nach unten in den Aufenthaltsraum, wo sie Fadus und Parwen traf. Beide freuten sich sie wiederzusehen, und ihr selbst ging es nicht anders.
„Wie wars in Cheydinhal?“ fragte die Waldelfin. „Ich war gar nicht dort“, antwortete Erynn. „Ich hab mich entschieden, einfach nur durch die Gegend zu reiten. Irgendwie... brauchte ich einfach ein bißchen Ruhe.“ Sie hatte ein verdammt schlechtes Gewissen, ihrer Freundin so offen ins Gesicht zu lügen, aber was hätte sie schon sagen sollen? Nein, ich bin lieber mit einem Totenbeschwörer durch eine verfluchte Ruine gekrochen, dann haben wir gemeinsam ein verbotenes Buch gesucht und dabei alles umgebracht, was uns vor die Klinge kam... Wohl kaum.
„Ist noch was vom Frühstück übrig? Ich hab Hunger wie ein Bär.“ Tatsächlich ließ sich noch etwas Brot und Schinken auftreiben. „Sag mal“, fragte die Dunmer zwischen zwei Bissen „haben wir hier noch irgendwo einen brauchbaren Bogen herumliegen? Meiner ist kaputtgegangen, und ich bin viel zu pleite, um mir einen neuen zu kaufen.“
„Hm.“ Parwen spielte mit einer braunen Haarsträhne. „Nichts, was deinen Ansprüchen genügen würde. Ich habe noch ein paar von denen im Keller, die ich meinen Schülern zur Verfügung stelle. Schau sie dir ruhig an, aber erwarte nicht zu viel.“
Erynn bedankte sich bei ihr. Nachdem sie satt war, sah sie sich das Material an. Den ersten zerbrach sie fast, als sie probehalber einen Pfeil damit abfeuerte. Die übrigen waren auch nicht viel besser. Viel zu schwach, das ganze Zeug. Damit kann man nichtmal eine Ratte erlegen.
Mißmutig begab sie sich wieder auf ihr Zimmer, um die Rüstung in Ordnung zu bringen. Damit war sie den Rest des Tages gut beschäftigt. Fast alle Nähte mußten ausgebessert werden, die Kratzer behandelte sie mit Sattelseife und Lederfett. Irgendwann in näherer Zukunft muß ich das Ding ersetzen. Mist.
Ihre Gedanken schweiften ab, zurück zu den knapp drei Wochen, die hinter ihr lagen. Noch immer verstand sie längst nicht alles, was geschehen war, und es machte sie verrückt, mit niemandem darüber sprechen zu können. Sie hatte hinter die Schleier der normalen Welt geschaut, die schaurigsten Formen der Magie gesehen, eine Illusion durchgestanden, in der sie lebendig ausgeweidet worden war. Das alles überstieg ihr Begreifen. Sie wußte, daß sie einigermaßen intelligent war, daß sie aus den Dingen, die ihr begegneten, normalerweise die richtigen Schlüsse zog. Aber mit der fröhlichen Ignoranz, mit der sie die Magie abtat, hatte sie einen Fehler begangen. Sie hatte einen kurzen Blick auf die Wahrheit hinter der Wahrheit geworfen, als sie plötzlich gewußt hatte, wo sie das Amulett im Kloster hatte finden können. Doch sie konnte dieses Gefühl, dieses... was auch immer es war nicht reproduzieren. So sehr sie sich auch bemühte, es war, als sei eine Mauer in ihrem Verstand, die sie nicht durchbrechen konnte. Bisher hatte das nie eine Rolle gespielt – aber bisher hatte sie auch nicht gewußt, daß es Leute gab, die in ihren Kopf greifen konnten und die Gedanken darin formen konnten wie feuchten Ton.
Schließlich gab sie es auf, schnorrte von Fadus ein paar Septime und kaufte davon zwei Flaschen billigen Fusel. Als Ah-Malz sie später am Abend in ihrem Zimmer aufsuchte um zu fragen, wie es ihr in letzter Zeit ergangen war, war sie bereits so beschwipst, daß kein sinnvolles Gespräch mehr möglich war. Am nächsten Morgen erwachte sie mit der Mutter aller Kopfschmerzen und beschloß, einfach liegenzubleiben.
Den darauffolgenden Tag verbrachte sie damit, Parwen bei ihrem Unterricht zu helfen. Am Abend stand für sie fest, daß aus ihr niemals eine Lehrerin werden würde. Zwar hatte sie es vermeiden können unfreundlich zu werden, aber ihre Geduld war bis aufs Äußerste strapaziert worden.
Morgen gehe ich zu der Goblinhöhle und schaue nach, ob ich nicht noch ein paar minderwertige Waffen finden kann, für die ich bei der Schmiedin wenigstens eine Handvoll Septime bekomme. Oder übermorgen...
Geändert von KingPaddy (06.07.2011 um 01:54 Uhr)
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