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Fossil
Nachdem Dreveni zur Tür gegangen war, stellte sich Erynn noch einmal vor den Spiegel und schaute in ihre eigenen, blutunterlaufenen Augen. Ja, warum lasse ich mir das eigentlich alles gefallen? fragte sie sich selbst zum wiederholten Male. Sie überlegte, was wohl geschehen würde, wenn sie jetzt einfach abhaute. Daß Arranges sie früher oder später finden würde, wenn er es darauf anlegte, darüber machte sie sich keine Illusionen. Aber will er das überhaupt? Wahrscheinlich wäre er eher froh, mich endlich los zu sein. Eine passende Erklärung für seinen Nekromantenverein wird ihm gewiß einfallen. Andererseits... nein. Wenn sie sich seiner Kontrolle durch Flucht entzog, würde er das nicht ertragen, so gut kannte sie ihn mittlerweile. Also bin ich doch eine Gefangene? Auf eine seltsame, verdrehte Art und Weise? Wenn es so war, dann war die ganze Situation wirklich verdreht. War es doch mitunter so, daß er ihr, wenngleich unwillig, die Führung überließ, wie gerade eben auch.
Sie schnaubte ärgerlich und bereute es gleich darauf. Autsch!
Was wollte sie überhaupt? Als sie einwilligte, den Kaiserlichen auf diese Reise zu begleiten, hatte sie doch gewußt, worauf sie sich einließ. Ihre eigenen Grübeleien wurden ihr jetzt wirklich zu dumm. Außerdem führten sie nur im Kreis.
Ich werde diesen Kerl schon noch auf Spur bringen. Und das hat er sich ganz allein selbst zuzuschreiben. Gefangene. Ich. Was für ein Blödsinn. Du kennst mich noch nicht, Arranges. Du glaubst, so überlegen und unbesiegbar zu sein – du bist nur maßlos, Sklave deiner eigenen Leidenschaften. Sie beherrschen dich, nicht umgekehrt. Demütige mich nur weiter, und ich sorge dafür, daß du dich ihnen stellen mußt, einer nach der anderen. Wir werden sehen, wer von uns beiden sich am Ende als stärker erweist.
Erynn legte beide Hände an ihre Nasenflügel und drückte leicht. Scheiße! So wird das nichts... Sie tupfte das neuerliche Rinnsal aus Blut mit einem schon arg durchgesifften Leinentuch ab und warf ihrem Spiegelbild einen letzten, wütenden Blick zu, dann folgte sie Dreveni. Sie entsann sich dunkel daran, daß diese unten eine Flasche Weinbrand auf den Tisch gestellt hatte. Im Moment genau das Richtige.
Die Elfin betrat die Treppe und sah auf Arranges und Dreveni, die sich wortlos anstarrten wie zwei mißtrauische Katzen. Sie nahm sich einen Augenblick Zeit, Arranges genauer zu mustern. Es war tatsächlich das erste Mal, daß sie ihn ohne Tunika sah. Eine seltsame Belustigung breitete sich in ihr aus. Aber ich bin knochig, ja? Du bist doch selbst nur ein halbes Hemd...
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