Moin!
Zitat Zitat von Samuel Beitrag anzeigen
Da buddel ich doch einmal mehr die abgedroschene Phrase aus: 'man kann ja selbst eine Partei gründen'. Verdammt aufwendig, aber alternativlos.
Bäh! "Alternativlos" (). Ich habe das Gefühl, daß sich die politische Kultur in D langsam beginnt zu wandeln. Mit etwas Glück waren die Proteste der letzten Monate keine Eintagsfliege, sondern ein schüchterner Anfang zu einem erneuerten Demokratieverständnis, in dem die Bürger zunehmend fordern, daß ihnen wirklich Gehör geschenkt wird. Ich glaube auch, daß so manche der unpopulären Entscheidungen, die getroffen wurden, auf größere Akzeptanz treffen würden, wenn sich jemand die Mühe machte, die Gründe dafür den Leuten verständlich zu erklären.
Es wird nicht ewig so weitergehen wie bisher. Die Menschen haben immer weniger das Gefühl, in einer Demokratie zu leben, sondern eher in einer parlamentarischen Diktatur (um mal ein dramatisches Schlagwort zu verwenden ), die sich von außen betrachtet als verworrenes Netz von Beziehungen und Abhängigkeiten darstellt. Man könnte es auch Filz nennen.
Neue Parteien -vor allem kleine- werden daran wahrscheinlich eher wenig ändern, weil man da das herrschende Beziehungsgeflecht vermutlich noch gar nicht durchschaut. Ich persönlich wünsche mir eher eine Reformierung der größeren Parteien, die diese Strukturen auch für Otto Normal transparenter macht, die erklärt, in welcher Abhängigkeit die Tagespolitik zu äußeren Faktoren (z.B. Wirtschaftskonzernen, Europapolitik) steht und warum das welche Entscheidungen beeinflußt. Die Leute sind nicht blöd. Wenn man es ihnen vernünftig erklärt, erkennen sie Notwendigkeiten, auch wenn diese schmerzhaft sind.

Zitat Zitat
Was also tun, wenn man von allen vorhandenen Möglichkeiten enttäuscht ist und nicht selbst Politik machen will? Klar: nicht wählen. Eine denkbar schlechte, aber leider auch alternativlose Methode.
Dann schon eher Protest . Es gibt so vielen lustigen Kleinkram, die 'Violetten' zum Beispiel. Spirituelle Politik für Deutschland. Yeah! Ich hab bei der Europawahl so dermaßen abgefeiert, wußte gar nicht, daß Demokratie so witzig sein kann. Hab dann aber doch was anderes angekreuzt.

Zitat Zitat von Andromeda Beitrag anzeigen
Ich hänge ja immer noch etwas dem idealismus nach, dass der Mensch niemanden braucht, der über ihn bestimmt, auch wenn ich weiß, dass das in der Praxis ziemlich schnell in Chaos ausarten würde, meines Wissens gibts auch keine (und gab nie eine) funktionierende Anarchie auf diesem Planeten.
In Spanien, wenn ich mich recht erinnere, für eine sehr kurze Zeit. Bevor Franco dazwischenschlug. Ich glaube auch nicht, daß Anarchie oder echte Basisdemokratie in Verbünden funktioniert, die größer sind als Kibbuzim. Davon dürfte es meiner Meinung nach allerdings ruhig ein paar mehr geben.
Alle irgendwie autoritären Staatsformen abzuschaffen dürfte allerdings tatsächlich genausowenig funktionieren, wie Religionen abzuschaffen. Es würden sich unmittelbar neue bilden - der Mensch ist und bleibt ein Herdentier und braucht irgendwas, dem er nachlaufen kann.