Zitat Zitat von Mordechaj Beitrag anzeigen
In Gevatter Tod / Herr Gevatter gibt es kein Fatalitätsprinzip; der Ausgang ist zwar nicht sonderlich rosig, aber dieses Märchen hat kein derart missmutiges Ansinnen wie norkias. Es dürfte sich auch um ein Märchen aus dem 15ten/16ten Jahrhundert handeln, wage ich dreist und unbelegt zu vermuten, entstammt es wie gesagt auch einem anderen Zeichenkosmos.
Ich glaube, du musst mir hier mal deine Definition von "Fatalismus" offenlegen. Allgemein und übergeordnet bezeichnet Fatalismus nämlich nur eine Form des unausweichlichen Schicksals und dieses Prinzip ist durchaus bei Gevatter Tod gegeben.

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Ähnlich ist das mit dem Schneider im Himmel; der Zeichenkosmos ist doch ein völlig anderer, folglich ist auch die Textsorte nicht diegleiche. Sehe da eigentlich auch keinen von den angesprochenen Punkten drin, in diesem Schwank geht es doch offensichtlichst um christliche Moralvorstellungen.
Die Sieben Schwaben - Schwank aus dem 16ten Jahrhundert. Völlig anderer Zeichenkosmos.
Das Totenhemdchen - per definitionem ein anderer Zeichenkosmos. Keine Fatalität, unter anderem, weil weder Konflikt noch Handlung vorherrschen.
Simeliberg - da hast du zugegebenermaßen einen guten Punkt, allerdings fehlt hier überhaupt der Fluch.
Die stammen alle aus meiner Version von Grimms Märchen, die ich hier rumfliegen habe. Wenn das dann nicht zu den Volksmärchen gehört, definierst du dir gerade eine eigene Gattung zusammen. Volksmärchen sind ja per se schon keine besonders einheitliche Gattung, sondern haben verschiedene Vorläuferversionen, aus denen sie dann vor allem während der Romantik zusammengestellt wurden. Das "Volksmärchen" an sich gibt es nicht, von daher kann man auch keine grundlegende Definition treffen.

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Du hast da ebenfalls einen Punkt, aber auch hier fehlt der Fluch als Strafe.
Ein Fluch ist kein allgemeines Zeichen für Fatalismus und wurde von dir auch nicht eingefordert.

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Ist auch nicht so, dass in irgendeinem der Textbeispiele ein ganzes Motiv getötet werden müsste, es trifft keine Protagonisten der Geschichte. Die Geschichte selbst geschieht ebenfalls jeweils außerhalb von Fatalität (Ausnahme wäre hier eben der Simeliberg). Es wird wieder nur das Alte, Kranke, Geringe ausgelöscht, nicht die schöne, junge Prinzessin - und der Rest des Reiches.
Hier wüsste ich wie gesagt gerne deine Definition von Fatalismus, da wir anscheinend mit anderen hypothetischen Grundannahmen arbeiten.

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Zugegeben, ich hab mich zu weit aus dem Fenster gelehnt mit dem Pauschalismus vonwegen "Volksmärchen" und so. Rein bezogen hierauf sollte aber denke ich klar sein, von welcher Sorte Märchen und von welchem Zeichenkosmos ich rede, wenn es um norkias Text geht. Es geht um eine bestimmte Erzählform mit bestimmten Erzählelementen und vergleichbarem Inhalt. Und in dieser Sorte Märchen existiert keine Entgültigkeit und kein flaches "Doh, da fallense alle tot um."; - was ja auch der Grund ist, warum Disney auf diese Sorte Märchen so abfuhr. Bin mir sehr sicher, dass norkia nicht auf memento mori und christliche Zucht aus war, sondern schon auf diese Märchenform, von der man ausgeht, dass sie im 12ten/13ten Jahrhundert so ihre Blüte hatte, die halt noch die guten, alten Archetypen kennt. Schwanks und Meistersänge sind etwas anderes, so viel sollte uns dabei klar sein.
Dir Grimmschen Märchen, die wohl auch bei norkia die Grundlage bilden, stammen allesamt in ihrer Zusammenstellung aus dem 19. Jahrhundert. Inwiefern da schon bei der Zusammenstellung "geschönt" wurde, lässt sich dabei heute nur noch schwer feststellen, da die Märchen bis dahin mündlich tradiert wurden. Bedenke dabei, dass in dieser Zeit vor allem die Epochen der Romantik, des Biedermeier und des Vormärz ziemlich stark mit in die Zusammenstellung hereingespielt haben und überhaupt erst das so genannte "Volksmärchen" ermöglicht haben. Die Gattung gab es vorher nämlich nicht und das sollte dir als angehendem Germanisten eigentlich klar sein.