Es handelt sich ja auch nicht um ein Menschenbild und der Byronic Hero (oder jedes andere Antihelden-Modell) zielt ja auch nicht auf eine Lehre ab, wie ein guter Mensch auszusehen hat. Viel eher handelt es sich um eine sehr sehr gesunde Entgrenzung des Metiers - uns werden noch heute archetypische Heldenformen vorgesetzt, die absolut langweilig und nichtssagend sind, weil ihr einziger Konflikt mit der Welt der ist, dass sie unglaublich rechtschaffen sind und ihr Leben dem großen Ganzen, zu dem sie gehören, unterordnen. Das ist in etwa so sehenswert wie ein Staubsaugervertreter. Und seien wir mal ehrlich: Es ist auch nicht erstrebenswert.
Der Byronic Hero ist viel individualistischer und ergibt sich aus der Erkenntnis (übrigens für meine Begriffe eine der wichtigsten Erkenntnisse überhaupt), dass der Mensch gewissen Determinanten unterliegt und eben nicht dem größeren Ganzen, sondern von vornherein ersteinmal sich selbst zu dienene hat, seine eigenen Ziele verfolgen muss, die in der Regel eine gewisse Pathologie besitzen (aka dunkle Vergangenheit).
Aber es ist höchst spannend.Zitat
Moderne Konstituenten in den Kunstmedien bauen sehr stark auf Entgrenzung auf - das Ausleben von Wohlstandsverwahrlosung ist eine davon. Natürlich geht es meinem Helden gut, er ist wohlhabend, hat ein ansprechendes Leben, einen ansprechenden Charakter, Glück in der Liebe, etc.pp. - aber er begeht eben ein paar Morde, weil so ein Leben nicht erfüllen kann. Es ist die Sehnsucht nach etwas, das größer ist (deswegen erwächst der Byronic Hero auch schon in der Romantik, die ja die Sehnsucht als Urmotiv hat).
Und wir mögen auch so verschrobene Charaktere, vor allem die, die das Modell irgendwo in eine etwas weniger stereotype Richtung weiterdenken (denke da auch an Harry Haller und House, M.D.). Sie sind die neuen tragischen Helden, deren Tragik in ihrer Psyche liegt, nicht in der Umwelt, wie das in Antike und Frühmittelalter noch der Fall war.