Naja, vorwiegend die Geschichten erleben. Das Maß an Interaktion wechselt wie gesagt von Papierengel zu Papierengel. Im Aurore-Zyklus wird man sich meistens in einer begrenzten Umgebung wiederfinden, beispielsweise Rätsel à la Point&Click lösen, etc. In Hannahs Zyklus wird man schon gar keinen großen Unterschied mehr zum herkömmlichen RPG feststellen, herumlaufen, Welt entdecken, Unsinn anstellen.
Es wird so oder so das Storytelling überwiegen und das Gameplay demgegenüber sicher zurückstehen.
Mehr kann ich zum jetzigen Zeitpunkt, denke ich, auch noch nicht sagen, weil momentan noch vieles davon in der Mache ist und mit meinen Fähigkeiten einhergehen will.
Es handelt sich um keine 1:1-Übersetzung, sondern um einen in sich jeweils kohärenten (bzw. ist die Kohärenz das Ziel) Text in jeder Sprachversion. Was das "in fact" an der Stelle will, wird vielleicht auch nur anhand der gesamten Szene deutlich. Meine englische Hannah hält sehr viel von Markanz, von Zwischenton. Hätte sie gemeint "I always wished, this was reality", klänge das in ihren Ohren, als würde sie diesen relativ naiven Wunsch als positiv bewerten. Durch "in fact" fügt sie eine Ebene von "tatsächlich" im Sinne von "Ha, ich war tatsächlich so naiv..." hinzu.
Es verhält sich auch sehr ähnlich, aber eben nicht gleich. All drei Papierengel machen ihre Art und Weise von Suchen und vielleicht Finden durch, alle drei Papierengel haben ihre eigene Art und Weise von Umwelt-Problematik. Es sind parallele Geschichten, das heißt, sie sind alle drei nach einem bestimmten thematischen Muster aufgebaut, das aber je auf den einzelnen Charakter abgestimmt ist.Zitat
Nur als hypothetisches Beispiel: Hieße ein Kapitel "Verrat", würde Aurore vermutlich von jemand anderem verraten werden, Hannah würde Verrat an jemandem begehen und Jules würde über den Verrat sprechen. Oder als anderes Beispiel: Alle drei Papierengel besitzen Wortmotive von Freiheit, Unbeschwertheit, Überwindung, Sehnsucht. Für Hannah ist das von Fruchtbarkeit über Fremde bis Einsamkeit und Bohème alles, was sie aus dem tradierten Leben der Wüste befreit. Für Aurore ist es das Wasser, vor allem auch Flüsse und Meer. Bei Jules ist es der Gedanke, das Erleben. (nur so grob)
Es gibt in der Abstraktion bzw. auf der Sinnebene viele Überschneidungen, zwischen den Papierengeln. Das geht aber nur so weit, dass man vieles unter einen Thema packen kann und dieses dann aus dem jeweiligen Charakterblickwinkel betrachtet wird. Viele Fernseh-Serien machen das übrigens ähnlich, da wird im Anfang einer Folge ein Thema genannt, dann werden die einzelnen Plotlines der Charaktere gestartet, die im Rahmen des Themas unterschiedliche Verläufe nehmen, am Ende werden sie alle wieder von der Erzählstimme in einem Resümee unter einen Hut gebracht. Besonders gut hat man das beispielsweise in den ersten beiden Staffeln von Grey's Anatomy geschafft.
Es geht dabei viel mehr um eine Harmonie und eine thematische Zuordenbarkeit bzw. um eine umfassende, heißt mehrseitige Darstellung zu einem Thema.
Pretty much. Dass sie Dinge die riechen können und Dinge, die keinen Geruch haben, in einem Atemzug nennt, will ja gerade darauf hinweisen, wie illusorisch ihre Sinneseindrücke im Bezug auf die kindliche Phantasiewelt ist (sie spricht hier von einer Welt, die sie sich in ihrer Kindheit ausgedacht hat).Zitat
Ich denke, das Problem dabei ist vor allem, dass ich noch nicht wirklich mit Beispielen arbeiten kann. Es ist eigentlich ziemlich simpel: Das Spiel spricht so, als wäre es sich selbst genug. Es möchte auch keinen anderen Eindruck vermitteln. Dahinter steht aber vieles, was ich mir aufgrund der Darstellungsintention oder aber aufgrund der Schlüssigkeit von anderswo entliehen habe. Und zusammengeflickt wird das durch ziemlich substanzielle Techniken, die alle auf eine bestimmte Bedeutungsebene abzielen. Der Spieler wird, wenn er nicht gerade analytisch oder interpretatorisch herangeht (was auch nicht falsch ist), davon aber im Idealfall nur insofern etwas merken, als dass stimmige Motive vorhanden sind (es ist zumindest das Ziel, dass sie dadurch stimmig werden).Zitat
Vielleicht kann ich das mit einem Fremdbeispiel abstrahieren. Man bemerke bitte, dass ich das Projekt keineswegs in seiner Qualität mit dem Beispiel gleichsetzen will:
Prinzessin Mononoke ist ein Abenteuerfilm in einer schlüssigen Umwelt. Er ist unglaublich unterhaltsam und gut verständlich und das für eine breite Masse Menschen. Das ist er, ohne, dass man seine inhärente Bildsprache und die darin versenkte Bedeutungsebene aufschlüsseln oder sie erklären können muss. Diese Bildsprache und diese Bedeutungsebene sind aber da und sie lassen sich aufschlüsseln und erklären. Der Film besitzt einen sehr philosophischen (wenn man so will: anthroposophischen) Charakter und spielt mit einer Vielzahl von kulturell bedeutsamen Vorstellungen. Ohne diese Tiefe wäre der Film nicht halb so gut. Das bedeutet aber nicht, dass der Film darauf abzielt, dass ein idealer Zuschauer sich in die Tiefe hineinbegibt, viel mehr stellt er den Anspruch, dass der Film durch diese zusätzliche Tiefe an Qualität und Schlüssigkeit gewinnt.
Das Spiel stellt aber dennoch einen Denkanspruch, der sich über Zwischentöne regelt.Zitat
Es soll auch keinerlei interpretatorischer Anspruch an den Spieler gestellt werden. Er muss sich nur mit den Charakteren und ihren Worten auseinandersetzen. Dabei wird es nicht auf einzelne Formulierungen ankommen, sondern um einzelne Motive, die er nicht einmal als solche entlarven muss, damit er versteht, worum es geht.
Ich denke auch, das Problem hierbei ist, dass ich hier zu sehr auf den Entwicklungsprozess eingehe und weniger auf die letztendliche Spieldarstellung. Ich muss aber auch dazu sagen, dass ich an den wirklich spielerischen Elementen weitaus weniger Interesse habe als am Storytelling und das wird der geneigte Spieler auch zu spüren bekommen.Zitat
Ich gebe meinen Rezipienten in der Regel keinerlei Richtung vor, das möchte ich, wenn ich Rezipient bin, nämlich auch nicht. Es ist mir dabei auch ziemlich schnurre, bis zu welchem Grad der Spieler Zugang zu meiner eigenen Intention findet, es gibt diesen idealen Rezipienten, der alles richtig hinterfragt und interpretiert, nunmal nicht und das ist auch sehr gut so. Es ist deshalb völlig in Ordnung, wenn sie aus der Traumflucht eine Hommage an finnische Eisangler machen oder völlig davon absehen, irgendeine tiefere Bedeutung finden zu wollen. Ich versuche ein Angebot zu stellen, dass sich von mehreren Ebenen aus betrachten lässt, welches man aber eben nicht derartig vielschichten beäugen muss, um sich daraus etwas zu nehmen.Zitat
Dann war es sicherlich das Anliegen des Spiels, irgendein bestimmtes, vermutlich zielgruppenorientiertes Muster von Tiefgründigkeit zu entwickeln. Das ist hier nicht der Fall. Papierengel will sich auf einen etwas tiefergehenden Unterbau setzen, ohne ihn zum Spielerlebnis zu erheben.Zitat
So in etwa war aber eigentlich im Groben irgendwo der Plan. Ich denke, man muss hier wirklich entscheidend differenzieren, was sichtbar enthalten sein will und was unter der Oberfläche noch so rumfleucht. Ich bin der Ansicht (zumindest ist der Schaffungsprozess darauf ausgelegt), dass der herkömmliche "ich will nicht viel denken"-Spieler mühelos dazu in der Lage ist, das Spiel zu spielen und am Ende mit einem Eindruck von "Total langweilig" über "Ganz okay" bis "Super unterhaltsam!" herauszugehen. Das kommt dann auf seinen Anspruch an ein Spiel an, das Spiel will wie gesagt allem voran Geschichten erzählen, wem das zu öde ist, der wird sicherlich trotzdem wenig Spaß dran haben.Zitat
Währenddessen sollen aber auch andere Ansprüche erfüllt werden, das Spiel will schlüssig sein, auch auf einer Ebene der Bedeutung. Hätte es nun nicht diesen ganzen Motivkram intus, würde man es schnell als oberflächliches, wenig langlebiges Konstrukt entlarven. Siehe wieder das Beispiel Prinzessin Mononoke: Der Zuschauer muss die Bedeutungsebene nicht bewusst aufnehmen, um im Film Unterhaltung zu finden. Wer aber Bedeutung darin sucht, der findet sie auch, ohne dass das dem Gesamtwerk irgendeinen Abbruch tut.
Ich will einfach kein Held-rettet-Welt-Spiel machen, bei der es nur darum geht, Ruhm durch Weltrettung zu erlangen und ein bisschen taktisch gespielt zu haben. An sowas würde ich auch keinen Spaß finden. Man sehe es also so: Der ganze hochtrabende Kram steckt nur für mein eigenes Amüsement drin, die letztendliche Darstellung für den Spieler kann davon ganz abweichend und viel gemäßigter sein, zumindest ist das das Ziel des Projektes.
Abstrakt gesagt: Der Kleine Prinz ist ein für Kinder verständliches Kinderbuch. Wenn man es aber als philosophisches Werk liest, ist es ein sehr tiefgründiges, philosophisches Werk. (Dabei will ich natürlich Papierengel in keinster Weise mit der Qualität des Kleinen Prinzen gleichsetzen.)