In seine Bartstoppeln knurrend und brummelnd, bekam er gar nicht mit, was Erynn da vor sich hinredete. Er starrte grollend auf Wunde und wusste einfach nicht was er jetzt direkt tun konnte. Er hatte beide Tränke aufgebraucht und sonst nichts mehr bei sich, was eine Schließung gewährleistet hätte. Dan muss ich eben mit offenem Bein nach Chorrol reiten und... Die Worte der Dunkelelfe drangen an seine Ohren. Entsetzt schaute er auf und sein Ausdurck brachte der Dunmer nichts als Unverständnis und Ablehnung entgegen. 'Seid ihr verrückt? Ihr wisst wohl nicht, was das Wort Nekromantie bedeutet... jedenfalls bedeutet es nicht, dass der Ausübende Meister der Wiederherstellung ist... nur Stümper und Priester setzen sich mit dieser schwachsinnigen und total unnötigen Magieschule außeinander... Nein, ich kann die Wunde nicht durch Magie schließen...!' Der Ärger in seiner Stimme war deutlich zu hören, allerdings war auch deutlich zu spüren, dass der Ärger nicht wirklich gegen Erynn gerichtet war, sondern eher gegen die Wunde selbst.

Die Kriegerin sah ihn schief an. Sie verstand nicht die Hälfte von dem, was er von sich gab. "Nein, ich weiß in der Tat nicht genau, was das Wort bedeutet, und ich kenne mich auch mit den Magieschulen nicht aus. Bei den Neun, Arranges, ich bin froh, daß ich lesen kann." Mist. das hätte er nun wirklich nicht wissen müssen. "Wie dem auch sei: Ich will nicht, daß Ihr mit einer offenen Wunde durch die Gegend reitet. Das lockt nur wilde Tiere an, und darüber hinaus habt Ihr ohnehin schon viel zu viel Blut verloren."
Abschätzend betrachtete sie den jetzt nutzlosen Verband. "Es ist ein glatter Schnitt. Ich müßte es eigentlich vernähen können."

In jeder anderen Situation hätte Arranges jetzt eine Bemerkung fallen gelassen, die ausschließlich seine Belustigung gesteigert hätte und das ins Unermessliche... hätte Erynn ihren letzten Satz für sich behalten. Der Ausdruck in seinen Augen wandelte sich erst von leicht erschrocken zu echter Furcht. 'Ihr!? Ihr... wollt den Schnitt... nä-hen!?' So schnell wie Arranges trotz der Schmerzen aufgesprungen war und keuchend vor ihr stand, konnte Erynn gar nicht schauen. 'Da kann ich auch gleich zurück in die Ruine gehen und mich zerstückeln lassen...' Seine Haltung wirkte, als würde er jeden Moment flüchten, sobald die Dunmer auch nur eine falsche Bewegung in seine Richtung tun würde.

Mehr als nur leicht verdattert von seiner heftigen Reaktion, brachte Erynn schließlich heraus: "So schlimm wirds schon nicht werden. Ich kann Leder nähen, da sollte Haut kein Problem darstellen. Ich mache die Nadel vorher heiß, dann entzündet sich auch nichts." So hatte es jedenfalls der Feldscher gesagt, dem sie einmal assistiert... nunja, genau genommen, zugesehen hatte. Aber das mußte Arranges nicht wissen. Er schien auch so schon nicht wirklich von ihren Fähigkeiten überzeugt zu sein.

Arranges lachte bitter auf. 'Ihr habt wohl einen mächtigen Schaden aus der Ruine davongetragen...' Seine Stimme strauchelte allerdings und war nicht mehr so fest und überzeugt, wie zuvor. 'Chorrol wäre nicht sehr weit...' Man sah ihm förmlich an, wie es hinter seiner Stirn arbeitete und er nach Argumenten suchte, die die Dunmer von dieser, aus seiner Sicht, wahnwitzigen Idee abbringen konnten.

Was soll diese Anstellerei? wunderte sich Erynn. Das Ganze ist eine Sache von vielleicht fünf Minuten, und bis Chorrol... "Bis Chorrol ist es mehr als ein halber Tag, vorausgesetzt, wir reiten schnell. Und das würde ich Euch in Eurem Zustand nicht empfehlen." Sie forschte in dem nun überhaupt nicht mehr selbstsicheren Gesicht des Kaiserlichen, und der Septim fiel endlich. Hellerweise. Du hast doch nicht etwa Schiß?!
Erynn konnte sich ein kurzes Auflachen nicht verkneifen. "Arranges", sagte sie fest: "Wollt Ihr mir etwa erzählen, daß Ihr, ein abgebrühter Totenbeschwörer, wie Ihr selbst sagtet, der kein Problem damit hat, sich mit untoten Mönchen anzulegen oder unaussprechliche Monster auf wehrlose Goblinweiber zu hetzen, Euch vor einer Nadel fürchtet? Wollt Ihr mich verarschen?" ja, so mußte es sein - er vereimerte sie. Alles andere war einfach zu skurril, um wahr zu sein. "Hört endlich mit dem Theater auf und laßt mich die Wunde ansehen."

Verdammt nochmal, ich habe doch keine Angst... NEIN! ... Es ist nur so... ich... Eine eindeutig beleidigte Miene zeichnete sich bei dem Kaiserlichen ab, als die Dunmer die Situation zu verstehen schien und es lustig fand, ja tatsächlich, sie hatte gelacht. 'Ich habe keine Angst, es ist nur so... dass...' Er brach ab und schaute zu Boden. 'Ihr habt doch nicht mehr alles Gläser in der Vitrine...' Brummelte er vor sich hin. 'Ich habe euch gezwungen mit mir zu kommen und ihr steht hier als das, zu dem ich euch gemacht habe, so lange ihr bei mir seid: Ein Sklave... und da mutet ihr mir allen Ernstes Angst vor einer Nadel zu?!' Wäre es nicht um so eine für Arranges sehr prikäre Sache gegangen, hätten seine Worte einen absolut einschüchternden und drohenden Klang gehabt, aber jetzt wirkten sie einfach nur auf eine seltsame Art hilflos. 'Gnaden euch die Götter...' Knurrte er. Es hörte sich ein bisschen wie eine Zustimmung an, aber der Kaiserliche machte keinen Anstalten, sich zu entspannen, oder hinzusetzen.

Erynn zog eine Augenbraue hoch. Wenn er schon wieder stänkern konnte, dann konnte es ihm so schlecht gar nicht gehen. Soso, dein Sklave also. Sobald dir nichts mehr einfällt, wirst du gemein, Scheißkerl. Na warte!
"Der Sklave hat Euch in der letzten Nacht am Leben gehalten, falls Ihr das vergessen habt. Ich hätte Euch einfach ausbluten lassen können wie einen abgestochenen Hammel. Da Ihr hier steht und mir Drohungen an den Kopf werfen könnt, habe ich das offensichtlich nicht getan, also spart Euch das Gezeter", gab sie zurück.
"Setzt Euch." Keine Reaktion. "Setzt. Euch. Oder muß ich Euch allen Ernstes niederschlagen?"

'Ja, das ist ja auch die Aufgabe eines...' Er brach ab und schüttelte nur den Kopf. 'Aber erstmal nur schauen ja?!' Er hörte sich fast schon an wie ein kleiner Junge. Dann setzte sich Arranges umständlich nieder. Aber noch bevor die Dunmer sich bei ihm niederkniete um besser zu sehen, drückte er wieder mit beiden Händen auf die Wunde, allerdings eher aus dem jetzt lächerlichen Versuch heraus, sie doch noch irgendwie davon abhalten zu können, da herumzupfuschen und nicht etwa wegen der Blutung. Niederschlagen lassen wäre mir ja lieber, aber das müsste ich mir dann auch wieder ewig nachtragen lassen...

Erynn überhörte den Ansatz zu einer neuerlichen Beleidigung. Arranges fürchtete sich offenbar wirklich, und es erschien ihr herzlos, in dieser Situation noch einmal nachzutreten. "Nehmt die Hände weg", sagte sie sanft. Dann wickelte sie vorsichtig die durchgesifften Stoffstreifen ab. "Es ist an den Enden eingerissen", erklärte sie dem Kaiserlichen, "und der Schorf ist auch wieder aufgebrochen." Sie holte das Etui mit Ledernadel und Zwirn, dazu einen ihrer Wasserschläuche und wusch das getrocknete Blut so schonend ab, wie sie es vermochte. Mit seltsamer Befriedigung stellte sie fest, daß ihre Hände dabei ruhig waren, so sicher, als hielte sie einen Bogen.
Mit einem trockenen Ast schürte die Elfin das Lagerfeuer und ließ die gebogene Ahle mehrmals durch die Flammen gleiten, bis sie sich fast die Finger daran verbrannte. Sie fragte Arranges nicht, ob er bereit sei -es war unmöglich zu übersehen, daß er das nicht war- und setzte die Nadel an.

Arranges nahm leicht zitternd die Hände zurück und ließ sie einfach nur hängen, er war seltenst bei Bewusstsein gewesen, wenn bei ihm grobe Verletzungen so versorgt wurden. Meistens musste man ihn festhalten und meistens war das in Begleitung von Gatheringmitgliedern oder engen Freunden oder vielmehr Kollegen. Er versuchte sich zu entspannen, als sie ihm den Verband abnahm, krampfte aber dann doch aus Furcht, vor dem, was kommen würde. Ein krasser Stich, ein Schmerz, gegen den er nichts machen konnte und dies auch besser nicht versuchen sollte, ein Schmerz, der ihm zur Genesung half. Mit abgewandtem Kopf und zusammengekniffenen Augen wartete er darauf, sich im nächsten Moment das Schreien verkneifen zu müssen... Aber es kam nichts. ... ?!... Stattdessen fing die Dunmer an zu erklären. Was zum Teufel?! Das war neu für ihn. Er öffnete skeptisch ein Auge, blinzelte zu ihr herum und nickte nur verwundert mit dem Kopf. Dann folgte er ihr mit den Augen, wie sie die Sachen holte, die sie brauchte. Es geht los...! Kaum hatte sich Erynn wieder neben ihm niedergesetzt, drehte er auch schon wieder wie zuvor, den Kopf weg und presste die Kiefer aufeinander. Verdammt, verdammt, verdammt... Doch statt der Nadel spürte er die sanften Berührungen ihrer Hände. Aber sie tastete nicht etwa nach einer geeigneten Stelle für den ersten Stich, nein, sie säuberte die Wunde. Auch das kannte Arranges so nicht wirklich. Er fasste für den Moment ein bisschen Vertrauen in ihr Tun und entspannte sich ein kleinwenig. Als sie fertig war, sah er noch zu, wie sie die Nadel ausglühte. Seine Gedanken setzten aus, als sie sich wieder ihm zuwandte. Er hatte den Blick längst abgewandt und verrenkte sich arg, um möglichst in genau die entgegenegsetzte Richtung zu sehen, was völlig überflüssig war, hatte er die Augen sowieso zugekniffen. Er spürte noch, wie sie die Nadel auf die Haut setzte und hielt den Atem an. Ein widerlicher Schmerz, der alle anderen Probleme, die Arranges überhaupt hatte, komplett ausblendete und ihn bis ins Mark peinigte, raste durch seinen Körper. Der Kaiserliche, die Zähne aufeinandergepresst, konnte das leise, kaum hörbare Wimmern nicht zurückhalten. Wieder ein Stich, noch einer und noch einer, einer fühlte sich grässlicher an, als der vergangene. Aus einem Impuls heraus, den sich Arranges nicht erklären konnte, riss er plötzlich die Augen auf, fuhr mit dem Kopf herum und blickte auf das, was Erynn tat: Sie durchstach direkt wieder seine Haut in diesem Augenblick. Gepresst atmete Arranges aus, wurde schlagartig kreidebleich und kippte bewusstlos nach hinten.

Erynn machte die ersten Stiche und setzte kleine Knoten an der Außenseite von Arranges' Haut, wie sie es bei dem Feldscher gesehen hatte. Es ging erstaunlich leicht; das nachgiebige Fleisch machte es ihr einfach, präzise zu arbeiten. Sein leises Jammern weckte Mitgefühl in ihr, doch sie konnte ihm wohl am Besten helfen, wenn sie sich davon nicht ablenken ließ. Als sie die Naht etwa zur Hälfte fertig hatte, umfing den Kaiserlichen gnädige Ohnmacht.
Sie beendete ihre Arbeit und opferte ein weiteres Stück ihres Hemdes, um die Wunde erneut zu verbinden. So langsam saß es wirklich knapp, überlegte sie peinlich berührt, als sie auf ihren mittlerweile entblößten Bauch starrte. Aber es war vermutlich besser, wenn er nicht direkt auf die Naht schauen mußte. Ihr graute schon jetzt vor dem Moment, in dem sie die Fäden wieder lösen mußte - sie würden die ganze Diskussion dann wohl noch einmal durchgehen. Mit einem Zipfel seines Mantels wischte sie Arranges' schweißnasses Gesicht ab, dann rollte sie das Kleidungsstück zusammen und legte es unter seinen Kopf.
Ein paarmal strich sie fast zärtlich durch sein zerzaustes Haar, dann schürte sie das Feuer und wartete. In der Stille kehrten unwillkommene Gedanken zurück, und die Erinnerungen an ihre Erlebnisse aus der Ruine brachen ungehemmt über sie herein. Eine Zeitlang weinte sie leise, während sie versuchte, das Geschehene zu begreifen.

Langsam zog sich die Ohnmacht zurück. Arranges lag auf nacktem Fels. Das Brennen und der bohrende Schmerz im Oberschenkel hatte deutlich nachgelassen. Er Spürte die Naht, die Fäden in seinem Fleisch, ohne hinfassen zu müssen. Die Haut spannte ein wenig, aber das störte ihn nicht weiter. Nur das Stechen und der pochende Schmerz im Brustkorb war nach wie vor unangenehm, aber die paar Spritzer des Trankes haben wohl doch das Gröbste erledigt. Arranges ordnete seine Sinne und öffnete dann langsam die Augen. Es war noch immer der selbe trüber Tag. Er setzte sich langsam auf und sah ein paar Ellen neben sich Erynn am Feuer sitzen, total in sich zusammengesunken, die Beine angezogen und den Kopf mehr oder weniger in den aufgelegten Armen verborgen. Nanu... ist irgendetwas passiert? Arranges drehte den Kopf einmal rum, aber außer der Felslandschaft war nichts besonderes zu sehen. Es war auch weitestgehend still, nur das leise Rauschen des Windes war zu hören und noch etwas, das er nicht gleich zuordnen konnte. Ein leises, kaum zu hörendes Schluchzen drang von Erynn zu ihm herüber. Also mal ehrlich, wenn hier jemand einen Grund zum Weinen hat, dann bin wohl eher ich das... Dachte er bei sich, bis er einen Augenblick später den Grund mehr vermutete als wusste. Es muss grausam sein, als Krieger mit einem bis dato weitestgehend normalen Leben, plötzlich so ins kalte Wasser geworfen zu werden... Arranges vermochte sich nicht vorzustellen, wie abartig verstörend das Kloster und die Geschehnisse dort auf sie gewirkt haben mussten, schließlich hatte er fast schon sein ganzes Leben mit diesen abscheulichen und übernatürlichen Dingen zu tun gehabt. Aber was jetzt? Arranges konnte kaum Mitleid zeigen und war noch schlechter darin, jemanden zu trösten... er ließ seinen Blick noch einen Moment auf ihr ruhen. Sie hatte ohne zu zögern ihre Kleidung geopferd, um meine Wunden zu versorgen... Dachte er, als er auf den kleinen Ausschnitt ihres Rückens starrte, der nicht mehr vom Hemd bedeckt wurde. Hilfesuchend blickte er sich um und sah hinter sich seinen zusammengerollten Umhang liegen. Leise stand Arranges auf, nahm den Umhang und trat an Erynn heran. Er legte ihr sachte den Umhang um die Schultern und setzte sich dann neben sie. Er wusste nicht, was er sagen oder tun konnte. Aber sie tat ihm fast leid. Er hob den Arm und wollte ihn erst um sie legen, kam sich dann aber einen Moment wieder dämlich dabei vor und ließ die Hand wieder sinken... Nun tu doch was du Trottel... Er konnte sich nicht helfen und ihr in diesem Moment noch viel weniger, er war mit der Situation fast überfordert. Nach einem weiteren Augenblick, in dem er mit sich selbst haderte, rückte er doch an sie heran, legte ihr den Arm um den Rücken und ließ seine Feuermagie wirken. Angenehme Wärme ströhmte durch sein Fleisch... er wusste auch nicht recht, was das bringen sollte, aber aus einer Eingebung heraus, die aus dem Bild ihres völlig unbrauchbar gewordenen Hemdes resultierte, dachte er, dass das vielleicht helfen könnte, wenn er schon nicht die richtigen Worte fand.