Was auch immer jetzt geschah, ging zu schnell für Erynn. In einem Moment sprach Arranges mit dem Schatten, als würden sie sich kennen, im nächsten lag sie unter einem Ungetüm von Wolf, der direkt aus den Niederhöllen zu stammen schien. Geifer troff in ihr Gesicht, und alles, was sie tun konnte war, in die leeren Augenhöhlen der Kreatur zu starren. Sie fiel. Immer tiefer, endlos, in bodenlose Finsternis.
Ein Ruck, und der Fall stoppte. Träge, unendlich langsam, öffnete sie müde Augen. Sie sah auf eine johlende Masse herunter, aber die Perspektive war falsch. Irgendwie verschoben. Ich hänge... an einem Galgen... begriff sie. Ein Mann in dunkler Kutte trat vor sie. Er blickte zu ihr auf, und als die Kapuze zurückfiel erkannte sie, daß dahinter nur der Schatten war. Mit konturlosen Händen streckte er ihr etwas entgegen. Einen schwarzen Stein. Ein Lichtblitz, und sie war... in dem Stein. Sie war in dem Stein, und gleichzeitig stand sie auf einer toten, kalten Ebene. Soweit das Auge reichte, war nichts. Kein Baum, kein Strauch, nur leblose, trockene Erde. Am Horizont ging die Sonne auf. Aber sie war so groß, viel zu groß.
Erynn schaute an sich herunter und sah, daß ihr Fleisch in Flammen stand. Es wurde weiß, dann rot, schlug Blasen und verkohlte schließlich zu nichts als Asche. Sie schlug die Augen auf, gerade rechtzeitig um zu sehen, wie der schreckliche Wolf in einem Feuersturm verging. Desorientiert blieb sie liegen. Geräusche wie von einer Schlacht drangen ihr an die Ohren, aber sie wußte schon längst nicht mehr Realität von Wahnsinn zu unterscheiden.

Dann war der Kaiserliche bei ihr und zog sie auf die Füße. Aber was war das für eine Rüstung, die sie trug? Arranges schüttelte sie grob und brachte sie damit schließlich ins Hier und Jetzt zurück. „Wenn ich es sage, lauft Ihr zum Tor und macht, daß Ihr wegkommt!“ Erynn konnte nur nicken, wärend sie und ihr Begleiter in den Strudel einer Schlacht gezogen wurden, in der es keinerlei Strategie zu geben schien. Kuttenträger, Skelette und andere, skurrilere Kreaturen schlugen, hackten und stachen aufeinander ein; niemand schien Freund von Feind unterscheiden zu können.
Sie wirbelten durch diesen makaberen Totentanz, prügelten wild auf alles ein, was ihnen vor die Klinge kam, während das Kloster um sie herum zusammenbrach. Der Krach war ohrenbetäubend und lähmte jeden vernünftigen Gedanken. „...lauft...!“ drang ein Satzfetzen von Arranges an ihre Ohren. Wohin denn? fragte sie sich noch, als eine gewaltige Explosion das Schlachtfeld erschütterte. Sie konnte das Tor sehen. Der Weg war frei!

Ohne darüber nachzudenken sprintete sie los, wich verzerrten Gestalten und grapschenden Klauenhänden aus und erreichte das Tor. Hinter ihr wurde es plötzlich kalt, grabeskalt, aber sie sah sich nicht um, sondern lief weiter, durch das Portal und den Weg hinunter.
Erynn glaubte, hinter sich ein wütendes, enttäuschtes Heulen zu hören. Sie mußte die Pferde erreichen, konnte sich aber nicht genau erinnern, wo sie sie gelassen hatten. In der Dunkelheit sah alles in dieser Felslandschaft gleich aus.
Mehrfach stolperte sie, während sie den Weg heruntereilte. Endlich kam der große Findling in Sicht, hinter dem sie die Tiere versteckt hatten. Wie in Mahnmal reckte er sich stumm in die Nacht. Aus vollem Lauf sprang sie auf Falchions Rücken, riß ihn grob herum und schlug ihn mit der flachen Seite ihres Schwertes auf die Flanke, kümmerte sich nicht um den tückischen, steinigen Boden, während sie ihn in gestrecktem Galopp voranjagte. Fort, nur fort von dieser verfluchten Ruine! Bitte, du darfst jetzt nicht stolpern...

Erst Minuten später zügelte sie den Wallach und sah sich um. Sie mußte Arranges finden. Hatte er es überhaupt geschafft?