Arranges hatte schon damit gerechnet, jeden Augenblick abzustürtzen, als er in dem Loch hing, unter ihm eine nicht einschätzbare Monströsität und über ihm sprang die Dunmer einfach weg. Aber nur einen Moment später griff sie nach seinem Arm und zog ihn nach oben. Als er endlich wieder auf den Beinen war, hetzte er los, durch die Gänge des Klosters. Er war wie besessen von der Möglichkeit zur Flucht, dass er selbst das verzerrte Schauspiel in der kleinen Bibliothek nicht wirklich mitbekam, erst, als die kalte Nachtluft in seine Lungen strömte, gab der Überlebensinstinkt die Kontrolle über seine Sinne und Muskeln wieder frei. Über ihnen schwebte ein riesiger Schatten, er verdunkelte den Himmel und versperrte das Tor nach draussen.

Ich hoffe, dass das kein Schertz der Vier ist... Arranges wusste nicht, was er im ersten Moment davon halten sollte, aber jetzt, da er einen greifbaren Gegner vor sich hatte, klinkte sich wieder sein Verstand ein, der von den Lehren der Wut und der Zerstörung geprägt war. Hass begann in ihm zu brodeln, Hass darüber, dass er hier unnötig aufgehalten wurde, Hass darüber, dass es eine verdammte Seele wie es schien, ihn davon abhielt, dieses Tor zu durchschreiten. Hass darüber, dass er wieder davon abgehalten wurde, endlich sein Eigentum wieder zu bekommen. Er hörte nur noch das Blut in seinen Ohren rauschen, die Worte Erynns registrierte er gar nicht, in ihm regierte nur noch der Gedanke, der ihm vorgab, was man am besten tun konnte, um diesen Schatten los zu werden. Und Arranges Arsenal war durch seine Ausbildung zum Nekromanten schier unermesslich. Nur die blinde Tötungswut blieb aus... er musste taktisch klug handeln!

Der Schatten schwebte immer noch über ihnen und schien zunächst nicht wirklich Notiz von ihnen zu nehmen. Da erbebte die Ruine unter ihren Füßen wieder, erst ein leichter Stoß, dann zwei mächtige Rüttler, die Arranges und Erryn beinahe von den Füßen fegte. Ein Kreischen und Quieken war plötzlich zu hören. Die Geräusche schienen von weit unter ihnen zu kommen, waren aber so deutlich, als würde direkt neben ihnen eine Sau von einem Anfänger geschlachtet werden. Die klagenden Laute verebbten aber schon nach wenigen Augenblicken wieder. Arranges war währenddessen bemüht, Erynn irgendwie zu schirmen. Er hatte sich vor sie gestellt und drengte sie langsam zurück zu den Barracken, ohne dabei die Augen von der seltsamen Schwärze zu nehmen.

'Bleibt zurück!' Sagte er befehlend, dann trat er wieder einige Schritte vor. Just in diesem Moment senkte sich ein Teil des Schattens bis auf wenige Fuß zum Boden herab und... schien sich irgendwie zu erbrechen. Knackende Laute waren zu hören, gelegentlich begleitet von einem ekelerregenden Schmatzen. Etwas sank aus dem Schatten auf den Boden, ein großer Klumpen, triefend von jener Schwärze, aus welcher auch der Schatten selbst zu bestehen schien, nur war es hier so, als ob die Nacht Konsistenz angenommen hätte und flüssig geworden wäre. Langsam erhob sich der Klumpen und richtete sich auf. Schwarz wie die Nacht, aber man konnte die Konturen eines Kuttenträgers erkennen. 'Arranges? ... Ihr besitzt tatsächlich die Dreistigkeit, euch hier nochmals blicken zu lassen?!' Der Kaiserliche hatte schon die Hand auf dem Schwertgriff, erstarrte aber, als er die Stimme dröhnen hörte. Das kann nicht sein... unmöglich! Es war die Stimme des obersten Bruders des Klosters, den, den er einfach getötet, nein, vielmehr hingerichtet hatte damals, vom Zorn und den Anstachelungen Namsys getrieben. 'Ahh... ich sehe ihr erinnert euch... wisst ihr auch noch, wie ihr mir damals meinen Tod beschieden habt?' Arranges war unfähig etwas zu erwiedern, er starrte nur fassungslos auf dieses Ding vor ihm. 'Ich habe euch vieles beigebracht und das war der Dank dafür? ... Ich dachte eigentlich, dass ihr auch Anstand besäßet, aber ich habe mich wohl geteuscht und jetzt wollt ihr mich sogar beklauen... schon wieder? ... Jammerschade, dass wir euren Handlanger damals nicht erwischen konnten, aber wie es aussieht, war er sogar für euch zu gewitzt... Tut mir leid, aber ich sehe nicht ein, euch erst als einen sehr sehr fähigen und besonders talentierten Schüler gelehrt zu haben, mich dann beklauen, töten und anschließend nochmal beklauen zu lassen... aber seid nicht traurig Arranges, ich weiss ja, wie sehr ihr es liebt, eure... nunja sagen wir mal etwas sehr perfide Vorliebe auszuleben, was den Kampf allgemein angeht... eure Freundin dort,' Der Mönch zeigte kurz auf Erynn und ließ die Hand wieder sinken, 'Scheint mir dafür genau richtig zu sein... seht es als eine Art Henkersmahlzeit.' Ein lautes Bellen hallte von den Wänden der Festung wieder. Plötzlich erschien ein Wolf in vollem Sprint aus dem Nichts neben dem Mönch und hielt auf die Dunmer zu. Noch ehe Arranges oder die Elfin irgendwie darauf reagieren konnten, sprang die Kreatur die Kriegerin an und riess sie von den Beinen. Hilflos auf dem Rücken liegend, sah Erynn jetzt das geifernde Maul des Wolfs über sich, die Lefzen waren zurückgezogen, die Reisszähne blinkten ihr entgegen, aber das Grässlichste war wohl, dass dem Wolfskopf die Augen fehlten. Bluttriefende, dunkle Höhlen starrten der Dunmer entgegen. Doch die Kreatur biss nicht zu, sie verharrte stattdessen mit halb geöffnetem Maul über dem Gesicht Erynns und schien zu warten. Sie saß auf dem Brustkorb der Dunmer und verhinderte so jede größere Bewegungsmöglichkeit. 'Das wagt ihr nicht!' Rief Arranges, der zu dem Mönch herumfuhr und noch in der Bewegung flammten seine Hände auf und verschwanden in einer sattroten, magischen Flamme. 'Oh, ich würde das an eurer Stelle nicht tun...' Arranges kam nicht dazu, den Feuerzauber auf den Schattenmönch zu entladen, denn als er sich ganz herumgedreht hatte, spürte er, wie sich eine starke Hand um seinen Hals legte. Nur seltsam, dass der Mönch immer noch so weit wegstand, wie noch vor wenigen Sekunden. Arranges spürte, wie sich schmerzende Kälte in den Schlagadern seines Halses ausbreitete. 'Du erinnerst dich sicher an diese Art zu töten? Du hast sie schließlich höchstpersönlich erfunden. Aber nun sieh zu, wie eine Dunmerin dem Wahnsinn verfällt!'

Durch eine fremde Gewalt wurde Arranges, durch die Kälte, die mittlerweile seinen ganzen Körper durchfloss, gelähmt - die Magie in seinen Händen verflüchtigte sich wieder vollständig - zu der Dunmerin herumgedreht. Eine Explosion an Wahnvorstellungen und Bildern von aberwitzigen und kranken Dingen direkt aus dem Schlund Oblivions flutete plötzlich den Geist Erynns und blockierte ihre Gedanken, sie war nur noch im Stande, den Moment des Hier und Jetzt zu beurteilen und zu handeln, ähnlich wie ein arg vergesslicher Greis. Der Wolf über ihr riss sein Maul auf und wollte gerade vorstoßen, als er mitten in der Bewegung erstarrte. Ein neuerliches Beben erschütterte die Ruinen. Größere Kiesel bröckelten von den Wänden. Ein Brüllen war zu hören und plötzlich krachte die innere Mauer auf einer Seite zum Teil ein. In dem Loch tauchte eine große Silhouette auf. So groß wie ein Oger, wohl eher noch einen Tick größer, schälte sich eine Gestalt aus dem sich langsam legenden Staub. Rein von der Staur her hätte man die neuerliche Kreatur gut als Oger durchgehen lassen können, was an ihr nicht stimmte war, dass die Kreatur wohl irgendwie aus unzähligen Menschenleibern zusammengeflickt war. In einer Hand einen mächtigen, grob geschmiedeten Prügel, während die andere Hand statt Finger, drei fest aus dem Arm ragende Klauen aufwies. Der Kopf war proportional zum Körper recht klein und beherbergte zwei eng beieinander sitzende kleine Knopfaugen, die mattschwarz glänzten. Der ganze Schädel war durch in das Hautgewebe eingearbeitete Metallplatten und Überresten von Dreughpanzern geschützt. Das Gebiss ragte allerdings ein wenig hervor und erinnerte an Goblinschnauzen. Doppelt und dreifach standen die nagelartigen Zahnreihen im Kiefer der Kreatur.

Das Monstrum tat einige schwerfällige Schritte in den Innenhof hinein und wahr wohl verwirrd, weil es anscheinend mit einer komplett anderen Situation gerechnet hatte. Der Schattenmönch war wohl auch irgendwie Überrascht. Arranges spürte, wie die Kälteeinwirkung deutlich nachließ und schließlich der Druck um seinen Hals verschwand. Keuchend sank er zu Boden und ringte um Atem. Der Schattenmönch zerfloss derweil in eine schwarze, zähe Masse. Wieder ging eine Erschütterung durch die Festung, aber dieses Mal folgte mit Abstand Schlachtenlärm. Das Klirren von Metall auf Metall wurde immer lauter. Der Fleischgolem war noch damit beschäftigt, sich irgendwie zu orientieren, wo oder wer denn jetzt sein Angriffsziel war. Arranges hatte wieder zu seinen Kräften gefunden und schaute zu dem Schatten über ihnen auf, der jetzt unruihg in der Luft umherwaberte. Der Wolf saß noch immer auf Erynn und hätte ihr jeder Zeit die Kehle durchbeissen können. Und jetzt wurde er direkt von einem Feuerball des Kaiserlichen pulverisiert. Mit dem Tod dieser Kreatur endete auch endlich die Bewusstseinsblockade, welche in den Gedanken von Erynn gewütet hatte.

'Los, auf die Beine!' Arranges hatte sie erreicht und zog sie unsanft hoch. Von dort, wo er sie am Arm festhielt, rollte jetzt eine blassleuchtende Welle über ihren Körper und hüllte sie binnen weniger Lidschläge in einen daedrischen Panzer. 'Wenn ich es sage, lauft ihr zum Tor und macht, dass ihr wegkommt.'

Der Schlachtenlärm schwoll jetzt rasch an und schon fluteten unzählige Kampfpaare, Mönche, die alle gleich aussahen, aber mit Breitschwertern und Zweihänder aufeinander einhackten. Skelette wuchsen unwillkürlich aus dem Boden und mischten sich musterlos in die Kämpfe ein. Leichte Stöße rüttelten immer wieder an den Mauern der Festung. Arranges und Erynn kamen immer wieder zwischen die Kämpfenden, was momentan noch nicht weiter schlimm war, denn noch war alles recht überschaubar, während sich an dem Mauerdurchbruch die kämpfende Masse staute. Der Fleischgolem schien sich nicht mehr länger Gedanken darüber zu machen, warum er zuvor als Erster dagewesen war und warum hier anscheinend kein Kampf im Gange war. Jetzt drosch er seinen Pürgel mächtig schwingend, auf die sich massakrierenden Mönche um ihn herum ein. Schreie und Brüllen hallten im Innenhof wieder. Der Nebel über ihnen hatte sich in einen Strudel verwandelt, durch den immer wieder Blitze zuckten.

Arranges und Erynn bewegten sich stetig, gelegentliche Hiebe abwehrend, auf das Tor zu. Doch je näher sie kamen, desto langsamer kamen sie auch voran, bis sie sich schließlich in mitten eines tobenden Kampfes wiederfanden, in dem jeder für sich selbst kämpfte. Rücken an Rücken, wie vor der Goblinhöle, kämpften sie jetzt gegen rasende Mönche, von denen einer so viel Kraft und Geschick zu besitzen schien, wie sie beide zusammen. 'Erynn?! Ich werde gleich ein wenig Platz schaffen, wenn ihr dann gleich das Tor sehen könnt, dann lauft...' Versuchte Arranges mit der Stimme gegen den Lärm anzukommen. Er konnte nur hoffen, dass sie es gehört hatte. Während der Kaiserliche Unmengen an Energie in seiner Linken sammelte, suchte er mit schnellen Blicken über die Köpfe der Mönche hinweg nach dem Torbogen. Als er ihn nach einiegn Augenblicken endlich erspäht hatte. Drehte er sich in die Richtung und schleuderte einen Feuerball auf die Mönche vor sich. Eine große Explosion, deren Knall schmerzhaft im Innehof der Burg dröhnte, riss eine Presche in die Kämpfenden und gab den Blick auf das Tor frei.

Arranges kümmerte sich nicht darum, ob Erynn sich aus dem Staub machte, er setzte direkt zum nächsten Zauber an. Eine eisige Kälte breitete sich aus, Arranges musste schnell sein, ehe einige der Kämpfenden auf ihn aufmerksam wurden. Vor ihm tat sich augenscheinlich der Boden auf und aus einem tiefblauen Loch in der Erde stieg ein Lich herauf, majestätisch wie die Erscheinung Molag Bals und so tödlich wie der Zorn von Merunes. Arranges selbst steckte sein Silberschwert weg und fischte vor sich aus der Luift ein aus dem Nichts auftauchendes, daedrisches Cleymore. Der Lich wütete genau so effektiv, wie Arranges. Beide versuchten irgendwie zu gewähren, dass Erynn unbehelligt flüchten konnte, während sie selbst Schritt für Schritt rückwärts zum Tor zurückwichen.