'Naja, was habt ihr erwartet? Diese Mönche sind seit dem Tot ihres obersten Bruders total dem Wahnsinn verfallen und gar nicht mehr in der Lage sich weiterhin als Bruderschaft zu geben... da werden sie es auch nicht für nötig halten, das Tor zu schließen...' Arranges ging vor und spähte vorsichtig durch das große Tor. Es war seltsam und im ersten Moment fiel es ihm gar nicht auf, aber jetzt, da er sah, dass der innere Torbogen total zerstört war und seine Überreste auf dem Innenhof verteilt waren, kam es ihm, dass das Kloster doch eigentlich nur ein Fallgatter am Haupteingang besessen hatte und jetzt stand er zwischen den Flügeln eines gewaltigen Holztors... Er ließ seinen Blick noch einmal über den Innenhof schweifen, der völlig verlassen dalag. Der Wind heulte und lose hängende Fensterläden knarrten, aber sonst war nichts zu sehen. Arranges machte vorsichtig ein paar Schritte hinein, darauf achtend, über keinen der Bruchsteine zu stolpern, die einst den inneren Torbogen gebildet hatten. Als er einige Meter hineingelaufen war, stieg im sofort ein intensiver Verwesungsgeruch in die Nase. Arranges störte sich nicht daran, schaute sich aber trotzdem alarmiert um. Als er sich umdrehte, wurde er sogleich fündig. Die nach innen abknickende Mauer auf beiden Seiten des Tors waren die Quelle des Geruchs. Auf einer Seite waren in der Ecke, die er vom Tor aus gar nicht einsehen konnte, zwei Galgen aufgebaut. Windschiefe und nicht wirklich stabil aussehende Galgen aus einfachen Brettern. Einer war leer, aber in der Schlinge des anderen hing eine große Gestalt. Die Mönchskutte war zerfetzt und der Bretone sah aus, als käme er gerade von der Schlachtbank. Allerdings musste er dort schon recht lange dort hängen. Das Summen unzähliger Fliegen war zu hören. In der Ecke auf der anderen Seite des Tors sah Arranges nun, was aus dem Fallgatter geworden war. Das mächtige Eisenkonstrukt war mit den Spitzen der Vertigalstreben einige Meter über dem Boden in die Wand gerammt worden, aus welcher es nun schräg herausragte. In der Mitte hatte man damit wohl zwei der Mönche hingerichtet - und damit an die Wand genagelt - von denen allerdings nur mehr Knochen übrig waren, welche hauptsächlich noch von Sehnen und Hautfetzen zusammengehalten wurden. Bei den vier Säulen des Chaos... Arranges war fast sprachlos, hatte aber sogleich wieder seine Fassung erlangt.

Er sah zu Erynn. 'Wir sollten zusehen, dass wir das hier schnell hinter uns bringen... Das Amulett befindet sich laut meinen Informationen in den Gemächern des Obersten... folgt mir einfach, aber macht keinen Lärm und gebt mir bescheid, sobald ihr irgendetwas seltsam findet oder komische Schatten durch euer Blickfeld huschen...' Damit wandte sich der Kaiserliche um und ging geradewegs auf eine der Barracken zu, die sich an die Innenmauer des Festungrings lehnten.

Er wollte gerade die Tür öffnen, was gar nicht nötig war, denn kaum hatte er nach der Klinke gegriffen, kam ihm die komplette Tür schon entgegen. Er fing sie gekonnt, aber leicht erschrocken auf. Vorsichtig stellte er sie neben den Eingang an die Wand und spähte hinein. Drinnen war es dunkel, nur vereinzelt stachen schmahle Lichtstreifen durch die Schwärze. Großartig... wären das hier die Inseln, würde ich mich jetzt vermutlich schluchzend an Erynn klammern... Von diesem Gedanken peinlich berührt, tat er einen entschlossenen Schritt hinein, um diese Vorstellung zu verdrängen. Ich habe alles Mögliche dabei, nur keine Fackeln... Verärgert knurrte Arranges vor sich hin, während er weiter durch den Raum ging und tastend einen Tisch erreichte... mit beiden Händen fuhr er auf dem Holz entlang, bis er gefunden hatte, was er suchte: Ein kleines Öltischlämpchen. Prüfend hob Arranges die kleine Lichtquelle an und stellte durch das leise Glucksen fest, dass wohl noch etwas Öl darin sein musste. Gut, hätten wir schonmal das Problem gelöst... Er tastete mit der freien Hand nach dem Docht und einen Augenblick später erhellte ein kleines, aber helles Flämmchen den Raum. Nach einem schnellen und prüfenden Rundumblick war Arranges klar, dass er besser daran getan hätte, das Licht auszulassen. Auf den ersten, flüchtigen Blick sah der Raum aus, wie eine Lesestube eines übereifrigen Studenten. Überall Bücherregale, die zum Bersten mit Folianten und Schriftrollen vollgestopft waren. Spätestens beim zweiten Blick fielen allerdings einige, blutige Handabdrücke an den Wänden auf, in einer Ecke war ein großer Berg aus blanken Knochen aufgetürmt und von der Decke hingen seltsame Struckturen, die sowohl Spinnweben, als auch verstaubtes, graues Fleischgewebe hätten sein können. Arranges sah sich suchend in dem kleinen Raum um. Sein Blick blieb an zwei Kerzen und einer weiteren Öllampe hängen. Er nahm die Kerzen an sich und steckte sie in seinen Gürtel, die Lampe entzündete er und drückte sie dann Erynn in die Hand.

Auf der anderen Seite des Raumes war eine Tür, welche weiter ins Innere des Klosters führte. Arranges griff nach der Klinke und drückte sie vorsicht. Er wartete einen Moment. Nichts. Der Kaiserliche schob die Bogentür auf, welche nur langsam nachgab und protestierend knarrte. Arranges trat ein paar Schritte in den Gang dahinter. Der Gang lag quer zur Tür und der Kaiserliche sah ersteinmal in beide Richtunge. Überall herrschte eine Dunkelheit vor, die scheinbar durch kein Licht Nirns durchdrungen werden konnte. Das Glück der beiden war, dass Arranges wenigstens den Weg kannte und somit ganz selbsverständlich nach links abbog und den Gang entlanglief.

Vorsichtig stahlen sie sich durch die Gänge des alten Gemäuers. Hin und wieder wurde die Außenwand des Ganges durch eine Schißscharte unterbrochen, durch welche man nach draußen auf das Hochland blicken konnte. Je weiter sie gingen, desto modriger wurde die Luft. Ab und an heulte eine Windböe durch die Festung, aber sonst blieb alles ruhig. Sie blieben fast immer auf dem selben Niveau, mussten kaum Treppen steigen, höchstens mal ein paar Stufen auf oder ab. Arranges wurde langsam aber sicher unruhig, schaute in jeden Gang, wenn einer kreuzte, behielt aber immer eine ihm scheinbar wohl bekannte Richtung bei. Als endlich einige Stufen im Lichtkreis der Lampen vor ihm auftauchten, die nach oben führten, atmete er erleichtert auf. 'So, wir haben es bald geschafft...' Sagte er an Erynn gewandt. Dann begann er die Stufen hinauf zu steigen.

Sie hatten vielleicht ein Drittel der Treppe hinter sich, als nach einer gefühlten Ewigkeit wieder eine Schießscharte in der rechten Wand auftauchte und Arranges einen Blick nach draußen warf... und erschrocken zusammenzuckte. Es hatte begonnen zu dämmern und das Abendrot flutete gerade den Himmel. Verdammt... jetzt aber etwas mehr Beeilung! Arranges wandte sich von dem schmahlen Fenster ab und gab nichts mehr darauf, möglichst vorsichtig zu gehen, sondern hastete, so schnell es das spärliche Licht zuließ, die Treppe weiter nach oben, ohne zu sehr auf Erynn zu achten.

Nicht sehr viel später tat der Kaiserliche den ersten Schirtt oben auf den Treppenansatz und atmete erleichtert aus. Doch plötzlich hörten sie beide ein schnelles Trappeln und Scharren von unten die Treppe heraufkommen. Erst leise, doch die Geräusche wurden schnell lauter, je näher sie kamen. Verdammt! Arranges zog Erynn zu sich und stellte sich vor sie an die Treppe. Von der Akustik her musste das, was dort kommen mochte, Arranges jetzt erreicht haben, aber dem jetzt ausklingenden Geräusch folgte nur ein leichter Windhauch. In dem Moment, als die Briese das Gesicht des arg verdutzten Nekromanten streifte, krachte etwas hinter ihm. Der Gang oben an der Treppe war nur wenige Meter lang und am Ende der Lichtinsel, die die beiden Lampen bildeten, konnte man eine mächtige Tür erkennen, die jetzt unter dem Aufschlag von etwas sehr großem und massigem erzitterte. Staub rieselte von den Brettern herab. Dann war alles wieder ruhig. Arranges war zwar ein wenig verwirrd, fürchtete sich allerings nicht wirklich. Und um der Dunkelelfe zu zeigen, dass hier absolut nichts Schlimmes war, trat er an ihr vorbei und ging auf die Tür zu. Zwei Schritte vor der Tür jedoch merkte er etwas erschrocken, wie der Boden nachgab. Allerdings nur leicht, die Bretter sanken ein wenig ein und man hörte, wie die Bodenplatten bröckelten. 'Seid vorsichtig.' Sagte er zu Erynn gedreht und deutete auf den Boden. 'Wir sind da, jetzt müsst ihr darauf achten, ob euch irgendetwas in euren Gedanken, eurem Bewusstsein berührd, etwas auf sich aufmerksam macht... ich kann es nicht beschreiben, weil ich die Kraft des Amuletts nicht spüre...' Er bemühte sich um einen aufmunternden, freundlichen Ton, aber die Anspannung, die jetzt von ihm Besitz ergriff war deutlich zu hören. Er legte eine Hand auf die Klinke und öffnete die Tür. Dahinter kamen die Gemächer des obersten Bruders zum Vorschein. Die Einrichtung war größtenteils zerstört und obwohl es sich um zwei, mit einem Bogen verbundene, relativ große Räume handelte, waren beide überschaubar und durch den Einfall des letzten Tageslichts durch zwei recht großzügige Fenster, überschaubar. Arranges konnte keine Gefahr entdecken und trat ein.