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Legende
Westebne
Arranges war es gerade recht, dass die Elfin ersteinmal nur schwieg. Ein Hoch auf die Demut... Wann hatte ich zuletzt eine Begleitung, die einfach den Mund hielt... andererseits, wann hatte ich zuletzt eine Begleitung, die ich wirklich zwingen musste, mit mir zu reisen? Tatsächlich war dies das erste Mal, dass Arranges seinem Willen in dieser Hinsicht mit argen Drohungen Druck verleihen musste um eventuelle Wiedersprüche im Keim zu ersticken. Das Wetter blieb, wie es sich am Morgen angekündigt hatte: Grau, kalt und windig.
Sie waren noch nicht wirklich lange unterwegs, es konnte jedenfalls noch nicht Mittag sein, als Erynn scheinbar doch noch über ihren Ärger hinwegsah und das Wort an ihn richtete. 'Zunächst sind wir auf dem Weg zu einer Festung aus der Zeit der Akavir. Zweifellos dürftet ihr diese uralten Bauten kennen, sie stehen schließlich überall im Land... die einen mehr, die anderen weniger gut erhalten. Dieses Bollwerk steht an der Grenze zu Hammerfell im Hochland.' Er wies mit der Hand in die ungefähre Richtung. 'Das ist aber auch schon alles, was ich mit Sicherheit weiss. Jetzt kann ich euch nur noch sagen, was ich vermute. Garantiert werden wir auf Wegelagerer und Räubergesocks treffen, das am Fuße des Bergs, auf dem die Festung steht, herumschleicht. Aber die werden wohl kaum ein ausschlaggebendes Problem darstellen... diese lebensmüden Leute sind meistens schlecht gerüstet und tragen Waffen bei sich, mit denen man nichteinmal eine Fliege ernsthaft verletzen könnte... Was uns in der Festung, die vor etwa hundert Jahren hergerichtet wurde und bis vor Kurzem noch als Kloster für eine kleine Bruderschaft diente, erwartet, kann ich nur erraten. Aber ich rate euch, mir mit größter Vorsucht durch die Räumlichkeiten im Innern der Burg zu folgen... ich hoffe ihr habt einen stabilen Magen... Aber keine Sorge, ihr seid eigentlich viel zu wertvoll, als dass ich es wagen würde, euch einer Gefahr auszusetzen, die ich nicht kalkulieren kann... Wir werden mit Garantie auf irgendwelche untoten Ungetüme treffen, aber die sind ebenfalls wie die Bandieten, kaum ein Hindernis, also für mich... und solltet ihr diesen Kreaturen nicht absichtlich ins Messer laufen, was ich im Zweifelsfall verhindern werde, kann ich euch vor Skeletten und Zombies aller Art zuverlässig schützen.' Er machte eine Pause und überlegte kurz, dann sprach er weiter: 'Wenn wir allerdings auf irgendwelche Kuttenträger treffen, die auch nur entfernt an einen Mönch, Priester oder Heiler erinnern, dann sollten wir zusehen, dass wir sie auf Abstand halten... tödlicher als diese irren Bastarde können Nahkämpfer kaum sein.'
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Fossil
Westebene, mitten im Nirgendwo
Eine alte Festungsruine also... Relativ breite Gänge und viele Schatten, in denen man sich verstecken kann. Es könnte schlimmer sein. Was die Wegelagerer betrifft: Gut möglich, daß sie sich gar nicht trauen, uns anzugreifen. Wir sehen beide nicht gerade wehrlos aus. Es sei denn, sie legen einen Hinterhalt. Aber das Hochland ist zum größten Teil offenes Grasland, in dem es nicht viele Verstecke gibt. Wenn wir aufmerksam sind, dürfte es ihnen schwerfallen, uns zu überraschen. Nur eventuelle Bogenschützen würden ein größeres Problem darstellen. Sie warf Arranges einen Seitenblick zu. Oder auch nicht.
Sie mußte fast lachen. Vor nicht ganz zwei Wochen hatte sie noch mit Parwen darüber diskutiert, wie bequem es wäre, im Kampf einen Magier zur Seite zu haben. Jetzt hatte sie einen – und wünschte sich doch nichts sehnlicher, als daß es nicht so wäre.
Die Untoten bereiteten ihr allerdings Sorgen. Sie fürchtete sich vor diesen ruhelosen Geistern, wie wohl jeder normale Sterbliche. Zwar hatte sie schon viel von Ahnengeistern gehört, aber das war etwas anderes. Diese Seelen erschienen schließlich nur, wenn man sie darum bat, und sie tendierten auch nicht dazu, unkontrollierbar Amok zu laufen. Erynn fragte sich, ob sie wohl in der Lage wäre, einen Ahnen zu rufen, sollte sich die Notwendigkeit ergeben.
Arranges redete derweil weiter darüber, daß sie sich um die verfluchten Seelen keine Sorgen machen müsse. Natürlich nicht, dachte sie sarkastisch. Zumindest so lange nicht, bis es für Euch selber brenzlig wird. Ihr würdet mich doch ohne Zögern opfern, um Euren Arsch zu retten...
„Bis zur Grenze sind es fast drei Tage, wenn wir in diesem Tempo weiterreiten“, bemerkte sie. „Die Untoten überlasse ich Euch gerne. Was diese fanatischen Mönche betrifft: Versucht diesesmal bitte, nicht wieder so einen Radau zu veranstalten. Es kann nur von Vorteil sein, wenn es uns gelingt, so viele von ihnen wie möglich still zu erledigen, bevor sie auf uns aufmerksam werden. Mit dem Bogen bin ich effizienter als Ihr mit einem Feuerball oder einem beschworenen... was auch immer. Und noch was: Sprecht nicht von mir, als sei ich Euer Eigentum.“
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Legende
Westebne/Colovianisches Hochland -> Kloster
Sprecht nicht von mir, als wäre ich euer Eigentum... Effte Arranges sie in Gedanken nach. Aber diese Worte versetzten seiner Ansicht einen leichten Knacks... Er kannte es, Gefangene zu foltern, Wherlose abzuschlachten und aus purer Wut einfach zu töten, aber jemanden zum Einen zu zwingen, ihm zu helfen, aber auf der anderen Seite auf sie aufzupassen, damit sie nicht irgendwie verletzt oder gar getötet würde, verdrehte seine Ansichten und Ideale. Aber... wie... ?! ... Sie ist ja doch nur Mittel zum Zweck...? 'Glaubt mir, ich lege garantiert keinen Wert darauf, mich unnötig mit diesen Gestalten anzulegen... aber wegen Goblins überflüssig vorsichtig zu sein und das Unterfangen unnötig in die Länge ziehen? Ihr habt vor einigen Tagen wohl die Situation ein wenig verkannt...'
Sie zogen das Tempo an, so gut es das Gelände eben zuließ. Bis zum Abend hatten die beiden schon ein gutes Stück des Weges geschafft. Als es dunkel wurde, riss die Wolkendecke endlich auf und gab die Sicht auf Sekunda und Masser frei, welche majestätisch am Himmel entlangwanderten. Sie rasteten bis zum Morgengrauen und ritten dann weiter. Der Tag war schön, die Sonne strahlte vom Himmel und eine leichte Briese wehte ihnen entgegen. Arranges war die meiste Zeit damit beschäftigt, die Eindrücke der Natur um sie herum aufzunehmen. Erynn größtenteils ignorierend, heftete er den Blick an jede Blume, welche mit sonderbaren Farben aus dem alles bedeckenden, goldenen Schimmer der Korngräser, herausstach. Er lauschte aufmerksam dem Gezwitscher der Feldvögel oder starrte einfach nur gedankenverloren in den blauen Himmel. In der Nacht rasteten sie wieder. Am Abend hatten sie die Grenze zum Hochland erreicht. Das Gelände wurde steinig und die Vegetation wich mehr und mehr zurück. Der nächste Tag kündigte wieder Sonnenschein an, allerdings pfiff ihnen in diesen Höhenlagen ein ordentlicher Wind um die Ohren. Die Landschaft wurde zusehens grauer und felsiger, bis sie schließlich die Baumgrenze erreicht hatten und alles was sie noch an Pflanzen sahen, aus kleinen knorrigen Büschen und einzelnen Graswedeln auf den weitläufigen Geröllhalden, bestand.
Die Sonne versank gerade hinter dem Horizont, als Arranges sich im Sattel verrenkte und hinter sie nach Südosten blickte. Weit unter ihnen in der Ferne, konnten sie in einem grünen Meer aus Baumwipfeln die Dächer von Chorrol sehen. 'Es ist nicht mehr sehr weit, ich denke, wir können das Kloster noch heute nacht erreichen...' Sie ritten also weiter, als es dunkelte und verzichteten auf eine lange Rast.
Mitternacht war längst vorrüber, als vor ihnen eine massive Bergflanke wie eine Felsmauer aus dem Dunkel der Nacht auftauchte. Nur schwach konnten sie eine schmale Klamm erkennen, auf die jetzt von Osten her kommend, ein Schotterweg zuführte. Sie folgten dem Weg, durch die Schlucht, welche sich als kürzer erwies, wie es zunächst den Anschein hatte. Als sie auf der anderen Seite herauskamen, baute sich vor ihnen ein breiter, aber flacher Hang auf, welcher nach Nordwesten hinauf zu den Hochplateaus in Hammerfell führte. Etwas weiter oben, stach eine gewaltige Felsnase aus dem Hang heraus. Auf dieser war eine kantige, dunkle Struktur vor dem mattblauen Nachthimmel zu erkennen. Sie folgten dem Weg, der hinauf zum Kloster führte, bis sie die Ruine deutlich über sich erkennen konnten.
Sie waren vielleicht noch einen Ritt von einer knappen halben Stunde vom Kloster entfernt, als Arranges sie beide ausbremste. 'Wir sollten hier bis zum Anbruch des Tages rasten, ich bin nicht gewillt, des Nachts eine Fuß ins Innere dieser Mauern zu setzen, bei Tag ist das immer noch gefährlich genug.' Sie verließen den Weg und suchten nach einem geeigneten Lagerplatz, bis sie schließlich zwischen zwei großen Felsbrocken fündig wurden. Sie richteten sich in einer kleinen Mulde zwischen den Findlingen ein. 'Schlaft nur, ich werde für den Rest der Nacht die Wache übernehmen...' Das seltsame, machtvolle Gehabe, war nicht mehr zu finden in seiner Stimme, schon am gestrigen Tag, als sie ein paar wenige Worte gewechselt hatten, nicht mehr. Er hatte seine Einstellung überdacht und ihm missfiel es mehr und mehr, in ihr etwas wie einen Gebrauchsgegenstand zu sehen, aber noch weigerte er sich, sie als eine einfach Begleiterin, wie etwa Meryann oder Namsy zu sehen...
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Fossil
Colovianisches Hochland; Klosterruine
Erynn war mehr als froh darüber, daß Arranges sich entschieden hatte, nicht mehr in dieser Nacht in das Kloster vordringen zu wollen. Sie waren beide müde, und außerdem tat ihr nach dem langen Ritt gehörig der Hintern weh. Auch das Angebot des Kaierlichen, die Nachtwache zu übernehmen, nahm sie gerne an. Sie wickelte sich in ihre Decke und zweckentfremdete Falchions Sattel als -relativ unbequemes- Kopfkissen. Eine Weile sah sie noch zu der Ruine auf, welche sich drohend über ihrem Lagerplatz erhob, dann schlief sie ein.
Ein rauher Wind weckte sie am nächsten Morgen. Erynn stand auf und begann mit den Vorbereitungen für den Überfall auf das alte Gemäuer. „Wir sollten noch ein Stück weiter an die Ruine heranreiten“, schlug sie vor. „Für den Fall, daß wir schnell verschwinden müssen, hätte ich die Pferde gern in der Nähe. Aber nicht zu nah, damit sie nicht durch einen dummen Zufall entdeckt werden. Am besten wäre es, wenn wir einen Felsüberhang suchen, unter dem wir sie abstellen können. Damit wären sie vor Blicken von oben aus der Festung geschützt.“.
Arranges stimmte ihr zu, und aus irgendeinem absurden Grund freute sie sich darüber, daß er ihre taktischen Überlegungen anerkannte. Ihr war auch aufgefallen, daß sich der Kaiserliche, je näher sie ihrem Ziel kamen, immer weniger herrisch aufgeführt hatte. Eine angenehme Abwechslung, andererseits hatte sie ihm auch keinen Grund geboten, sie weiter zu reizen.
Einen Felsvorsprung fanden sie nicht, dafür aber einen hohen Geröllbrocken, der groß genug war, um ihre Reittiere dahinter zu verstecken. Die Elfin schnallte ihren Bogen vom Sattel und spannte ihn. Gemeinsam näherten sie sich der Ruine, wobei sie die spärliche Deckung ausnutzten, die das Gelände ihnen bot. Alles in allem mußten sie jedoch darauf hoffen, daß gerade keiner der seltsamen Bewohner auf die Idee kam, einen Blick von den Mauern hinunterzuwerfen.
Sie erreichten die Außenwand des Klosters. Bisher waren sie unbehelligt geblieben, doch es war unmöglich zu sagen, ob man sie einfach nicht entdeckt hatte oder bereits damit beschäftigt war, im Innern der Feste einen Hinterhalt für die ungebetenen Besucher zu legen.
„Was jetzt?“ flüsterte sie Arranges zu. Vor dem Haupteingang zum Innenhof befand sich ein windschiefes Tor, das allerdings nur zur Hälfte geschlossen war. Sie könnten leicht hindurchschlüpfen, wenn sie wollten. „Sieht ein bißchen zu einladend aus, findet Ihr nicht auch?“
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Legende
Kloster; Colovianisches Hochland
'Naja, was habt ihr erwartet? Diese Mönche sind seit dem Tot ihres obersten Bruders total dem Wahnsinn verfallen und gar nicht mehr in der Lage sich weiterhin als Bruderschaft zu geben... da werden sie es auch nicht für nötig halten, das Tor zu schließen...' Arranges ging vor und spähte vorsichtig durch das große Tor. Es war seltsam und im ersten Moment fiel es ihm gar nicht auf, aber jetzt, da er sah, dass der innere Torbogen total zerstört war und seine Überreste auf dem Innenhof verteilt waren, kam es ihm, dass das Kloster doch eigentlich nur ein Fallgatter am Haupteingang besessen hatte und jetzt stand er zwischen den Flügeln eines gewaltigen Holztors... Er ließ seinen Blick noch einmal über den Innenhof schweifen, der völlig verlassen dalag. Der Wind heulte und lose hängende Fensterläden knarrten, aber sonst war nichts zu sehen. Arranges machte vorsichtig ein paar Schritte hinein, darauf achtend, über keinen der Bruchsteine zu stolpern, die einst den inneren Torbogen gebildet hatten. Als er einige Meter hineingelaufen war, stieg im sofort ein intensiver Verwesungsgeruch in die Nase. Arranges störte sich nicht daran, schaute sich aber trotzdem alarmiert um. Als er sich umdrehte, wurde er sogleich fündig. Die nach innen abknickende Mauer auf beiden Seiten des Tors waren die Quelle des Geruchs. Auf einer Seite waren in der Ecke, die er vom Tor aus gar nicht einsehen konnte, zwei Galgen aufgebaut. Windschiefe und nicht wirklich stabil aussehende Galgen aus einfachen Brettern. Einer war leer, aber in der Schlinge des anderen hing eine große Gestalt. Die Mönchskutte war zerfetzt und der Bretone sah aus, als käme er gerade von der Schlachtbank. Allerdings musste er dort schon recht lange dort hängen. Das Summen unzähliger Fliegen war zu hören. In der Ecke auf der anderen Seite des Tors sah Arranges nun, was aus dem Fallgatter geworden war. Das mächtige Eisenkonstrukt war mit den Spitzen der Vertigalstreben einige Meter über dem Boden in die Wand gerammt worden, aus welcher es nun schräg herausragte. In der Mitte hatte man damit wohl zwei der Mönche hingerichtet - und damit an die Wand genagelt - von denen allerdings nur mehr Knochen übrig waren, welche hauptsächlich noch von Sehnen und Hautfetzen zusammengehalten wurden. Bei den vier Säulen des Chaos... Arranges war fast sprachlos, hatte aber sogleich wieder seine Fassung erlangt.
Er sah zu Erynn. 'Wir sollten zusehen, dass wir das hier schnell hinter uns bringen... Das Amulett befindet sich laut meinen Informationen in den Gemächern des Obersten... folgt mir einfach, aber macht keinen Lärm und gebt mir bescheid, sobald ihr irgendetwas seltsam findet oder komische Schatten durch euer Blickfeld huschen...' Damit wandte sich der Kaiserliche um und ging geradewegs auf eine der Barracken zu, die sich an die Innenmauer des Festungrings lehnten.
Er wollte gerade die Tür öffnen, was gar nicht nötig war, denn kaum hatte er nach der Klinke gegriffen, kam ihm die komplette Tür schon entgegen. Er fing sie gekonnt, aber leicht erschrocken auf. Vorsichtig stellte er sie neben den Eingang an die Wand und spähte hinein. Drinnen war es dunkel, nur vereinzelt stachen schmahle Lichtstreifen durch die Schwärze. Großartig... wären das hier die Inseln, würde ich mich jetzt vermutlich schluchzend an Erynn klammern... Von diesem Gedanken peinlich berührt, tat er einen entschlossenen Schritt hinein, um diese Vorstellung zu verdrängen. Ich habe alles Mögliche dabei, nur keine Fackeln... Verärgert knurrte Arranges vor sich hin, während er weiter durch den Raum ging und tastend einen Tisch erreichte... mit beiden Händen fuhr er auf dem Holz entlang, bis er gefunden hatte, was er suchte: Ein kleines Öltischlämpchen. Prüfend hob Arranges die kleine Lichtquelle an und stellte durch das leise Glucksen fest, dass wohl noch etwas Öl darin sein musste. Gut, hätten wir schonmal das Problem gelöst... Er tastete mit der freien Hand nach dem Docht und einen Augenblick später erhellte ein kleines, aber helles Flämmchen den Raum. Nach einem schnellen und prüfenden Rundumblick war Arranges klar, dass er besser daran getan hätte, das Licht auszulassen. Auf den ersten, flüchtigen Blick sah der Raum aus, wie eine Lesestube eines übereifrigen Studenten. Überall Bücherregale, die zum Bersten mit Folianten und Schriftrollen vollgestopft waren. Spätestens beim zweiten Blick fielen allerdings einige, blutige Handabdrücke an den Wänden auf, in einer Ecke war ein großer Berg aus blanken Knochen aufgetürmt und von der Decke hingen seltsame Struckturen, die sowohl Spinnweben, als auch verstaubtes, graues Fleischgewebe hätten sein können. Arranges sah sich suchend in dem kleinen Raum um. Sein Blick blieb an zwei Kerzen und einer weiteren Öllampe hängen. Er nahm die Kerzen an sich und steckte sie in seinen Gürtel, die Lampe entzündete er und drückte sie dann Erynn in die Hand.
Auf der anderen Seite des Raumes war eine Tür, welche weiter ins Innere des Klosters führte. Arranges griff nach der Klinke und drückte sie vorsicht. Er wartete einen Moment. Nichts. Der Kaiserliche schob die Bogentür auf, welche nur langsam nachgab und protestierend knarrte. Arranges trat ein paar Schritte in den Gang dahinter. Der Gang lag quer zur Tür und der Kaiserliche sah ersteinmal in beide Richtunge. Überall herrschte eine Dunkelheit vor, die scheinbar durch kein Licht Nirns durchdrungen werden konnte. Das Glück der beiden war, dass Arranges wenigstens den Weg kannte und somit ganz selbsverständlich nach links abbog und den Gang entlanglief.
Vorsichtig stahlen sie sich durch die Gänge des alten Gemäuers. Hin und wieder wurde die Außenwand des Ganges durch eine Schißscharte unterbrochen, durch welche man nach draußen auf das Hochland blicken konnte. Je weiter sie gingen, desto modriger wurde die Luft. Ab und an heulte eine Windböe durch die Festung, aber sonst blieb alles ruhig. Sie blieben fast immer auf dem selben Niveau, mussten kaum Treppen steigen, höchstens mal ein paar Stufen auf oder ab. Arranges wurde langsam aber sicher unruhig, schaute in jeden Gang, wenn einer kreuzte, behielt aber immer eine ihm scheinbar wohl bekannte Richtung bei. Als endlich einige Stufen im Lichtkreis der Lampen vor ihm auftauchten, die nach oben führten, atmete er erleichtert auf. 'So, wir haben es bald geschafft...' Sagte er an Erynn gewandt. Dann begann er die Stufen hinauf zu steigen.
Sie hatten vielleicht ein Drittel der Treppe hinter sich, als nach einer gefühlten Ewigkeit wieder eine Schießscharte in der rechten Wand auftauchte und Arranges einen Blick nach draußen warf... und erschrocken zusammenzuckte. Es hatte begonnen zu dämmern und das Abendrot flutete gerade den Himmel. Verdammt... jetzt aber etwas mehr Beeilung! Arranges wandte sich von dem schmahlen Fenster ab und gab nichts mehr darauf, möglichst vorsichtig zu gehen, sondern hastete, so schnell es das spärliche Licht zuließ, die Treppe weiter nach oben, ohne zu sehr auf Erynn zu achten.
Nicht sehr viel später tat der Kaiserliche den ersten Schirtt oben auf den Treppenansatz und atmete erleichtert aus. Doch plötzlich hörten sie beide ein schnelles Trappeln und Scharren von unten die Treppe heraufkommen. Erst leise, doch die Geräusche wurden schnell lauter, je näher sie kamen. Verdammt! Arranges zog Erynn zu sich und stellte sich vor sie an die Treppe. Von der Akustik her musste das, was dort kommen mochte, Arranges jetzt erreicht haben, aber dem jetzt ausklingenden Geräusch folgte nur ein leichter Windhauch. In dem Moment, als die Briese das Gesicht des arg verdutzten Nekromanten streifte, krachte etwas hinter ihm. Der Gang oben an der Treppe war nur wenige Meter lang und am Ende der Lichtinsel, die die beiden Lampen bildeten, konnte man eine mächtige Tür erkennen, die jetzt unter dem Aufschlag von etwas sehr großem und massigem erzitterte. Staub rieselte von den Brettern herab. Dann war alles wieder ruhig. Arranges war zwar ein wenig verwirrd, fürchtete sich allerings nicht wirklich. Und um der Dunkelelfe zu zeigen, dass hier absolut nichts Schlimmes war, trat er an ihr vorbei und ging auf die Tür zu. Zwei Schritte vor der Tür jedoch merkte er etwas erschrocken, wie der Boden nachgab. Allerdings nur leicht, die Bretter sanken ein wenig ein und man hörte, wie die Bodenplatten bröckelten. 'Seid vorsichtig.' Sagte er zu Erynn gedreht und deutete auf den Boden. 'Wir sind da, jetzt müsst ihr darauf achten, ob euch irgendetwas in euren Gedanken, eurem Bewusstsein berührd, etwas auf sich aufmerksam macht... ich kann es nicht beschreiben, weil ich die Kraft des Amuletts nicht spüre...' Er bemühte sich um einen aufmunternden, freundlichen Ton, aber die Anspannung, die jetzt von ihm Besitz ergriff war deutlich zu hören. Er legte eine Hand auf die Klinke und öffnete die Tür. Dahinter kamen die Gemächer des obersten Bruders zum Vorschein. Die Einrichtung war größtenteils zerstört und obwohl es sich um zwei, mit einem Bogen verbundene, relativ große Räume handelte, waren beide überschaubar und durch den Einfall des letzten Tageslichts durch zwei recht großzügige Fenster, überschaubar. Arranges konnte keine Gefahr entdecken und trat ein.
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Fossil
Klosterruine
Arranges schien sich nicht die gleichen Sorgen zu machen wie Erynn, was das Tor betraf – und er sollte recht behalten. Der Innenhof lag verlassen da, bot allerdings ein skurriles Panorama. Tote überall, und keiner davon war eines natürlichen Todes gestorben. Wenn sich Erynn bisher Gedanken gemacht hatte, ob sie es über sich brächte, irgendwelche Geistlichen aus dem Hinterhalt zu erschießen, so verflüchtigten sich diese sofort. Der Kaiserliche hatte davon gesprochen, daß die Mönche dem Wahnsinn verfallen seien, aber das hier hatte sie nicht erwartet: Bösartigkeit und Grausamkeit sprachen aus der ganzen Szenerie, schienen in der Luft zu hängen wie faule Miasmen – zusätzlich zu dem Verwesungsgestank, der den Beiden in die Nase drang. Die Dunmerin würgte unterdrückt.
Arranges hielt Wort. Während sie tiefer in das Gemäuer eindrangen, achtete er peinlich genau darauf, sie hinter sich zu halten und schirmte sie mit seinem Körper ab, so gut er konnte. Doch auch im Innern der Ruine blieb alles still. Es schien kein Leben mehr an diesem Ort zu sein. Die Gänge boten ein ähnliches Bild wie der Innenhof. Staub und Gebeine, blutverschmierte Wände. Und über allem das Gefühl des absolut Bösen, das an Erynns Nerven zerrte. Zuerst war sie erleichtert, als sie zwei kleine Öllampen fanden, mit denen sie die Finsternis in den verlassenen Gängen vertreiben konnten. Bald schon jedoch wünschte sie sich, die gruseligen Gänge wären weiter in gnädiges Dunkel getaucht geblieben.
Erynn verlor jedes Zeitgefühl. Es kam ihr vor, als würden sie schon ewig durch die stinkende Ruine schleichen, aber der Kaiserliche schien zu wissen, wohin er ging Wenigstens etwas, dachte die Kriegerin erleichtert. In unregelmäßigen Abständen kamen sie an schmalen Schießscharten vorbei, konnten an dem einfallenden Licht für lange Zeit allerdings nicht die Tageszeit ablesen. Irgendwann wandte sich der Beschwörer zu ihr um: „So, wir haben es bald geschafft...“, sprach er die erlösenden Worte. Erynn wollte gerade aufatmen, als sie an einer weiteren Lücke in der Außenmauer vorbeikamen. Das einfallende Licht verfärbte sich bereits rötlich, also mußte der Abend schon dämmern. Aus irgendeinem Grund schien Arranges diese Tatsache nervös zu machen, denn er ließ plötzlich jegliche Vorsicht fahren und hastete weiter. Die Quittung dafür bekamen sie nur wenige Herzschläge später. Erynn meinte, ein Trappeln zu hören, war sich jedoch nicht sicher. Sie erstarrte und lauschte. Doch. Ganz sicher... Schritte. Und sie kamen näher, wenngleich sie durch den Widerhall nicht ausmachen konnte, aus welcher Richtung. Erynn wollte gerade das Öllicht abstellen und einen Pfeil auf die Sehne legen, als Arranges sie an sich zog. Mit angehaltenem Atem verharrten sie beide, während sie noch herauszufinden versuchte, woher die Geräusche kamen. Etwas krachte ohrenbetäubend, dann war alles still. Totenstill. Die Dunkelelfin vermutete, daß eine Falle ausgelöst worden war und diejenigen, die sich ihnen genähert hatten, erwischt hatte.
Der Kaiserliche verlor keine Zeit. Er ging auf eine Tür zu, die gerade noch vom Schein ihrer Lampen erhellt wurde, als die Bodendielen unter seinen Füßen warnend knarrten. „Seid vorsichtig“, raunte er ihr überflüssigerweise zu. Erynn verdrehte die Augen. Sie würde dem Kerl unbedingt noch beibringen müssen, wie man richtig schlich. Wenn er so weitermachte, könnten sie sich auch genausogut mit einem Fanfarensignal ankündigen.
Sie umging die morsche Stelle leichtfüßig und folgte Arranges in den Raum, der hinter der Tür lag. Sie konnte zwei Räume erkennen, die vom schwindenden Licht des Tages erhellt wurden. Jetzt kam scheinbar ihr Einsatz. Sie sah sich um und konzentrierte sich auf irgendetwas... Ungewöhnliches. Arranges war außerstande, ihr eine genaue Beschreibung zu geben, aber sie verstand so viel, wie daß sie mit ihren Sinnen über die normale Wahrnehmung hinausgreifen müßte. Still stand sie in den verwüsteten Gemächern. Der allgegenwärtige Staub kitzelte in ihrer Nase, und sie hörte Arranges’ angespanntes Atmen hinter sich.
„Nein. Nichts...“ Sie ‚hörte’ genauer hin. „Wartet!“ Ihre Aufmerksamkeit wurde von einer reichlich demolierten Truhe angezogen, die am fernen Ende des ersten Raumes stand. Erynn ging wie ferngesteuert darauf zu und hob den Deckel, der sich mit einem leisen Knarren öffnete. Darin lag ein Amulett aus massivem Gold, in das ein geschliffener Amethyst eingelassen war, von so satter Farbe wie der beste Skingrader Rotwein. Sie griff danach, und das Kleinod schien in ihrer Hand zu pulsieren, als hätte es einen eigenen Herzschlag. Ein breites Lächeln überzog ihr Gesicht:
„Das ist es, ich bin ganz sicher.“ Sie wandte sich zu dem Kaiserlichen um, dann weiteten sich ihre Augen vor Entsetzen.
„Arranges! Hinter Euch!“
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Legende
Kloster; Colovianisches Hochland
Arranges Hände zitterten, während er die Dunmer mit hektisch zuckenden Augen verfolgte. Er war so aufgeregt, dass er das schwache Keuchen hinter sich nicht bemerkte. Mit ein paar Ellen Abstand ging er der Elfin nach und war so aufgeregt wie nie zuvor. Reiss dich mal zusammen... Er erkannte sich selbst nicht wieder und fand einfach keine Möglichkeit, seinen Herzschlag zu kontrollieren und die wild umherwirbelnden Gedanken in seinem Kopf zu ordnen. Einige Augenblicke stand Erynn nur da und... tat nichts... Und dann kam die ernüchternde Antwort. Eine Welle der Entteuschung schwappte durch den Verstand des Kaiserlichen und verwandelte sich in einen reissenden Strudel aus Wut. Arranges wollte sich gerade zur Seite drehen und in eine zerbrochene Kiste treten, als Erynn ihm wieder einen Hoffnungsfunke zuwarf. Sie schien etwas zu spüren. Jedenfalls schloss er darauf, da sie jetzt zielgerichtet auf eine arg mitgenommene Truhe zuging, diese öffnete und hineingriff. Erynn förderte etwas aus der Truhe hervor und rief ihm direkt zu, dass dies das Amulett sei, das sie gesucht hatten. Die Augen des Kaiserlichen begannen zu leuchten, sein Herz setzte einen Schlag aus und machte einen schmerzhaften Sprung in seiner Brust. Adrenalin schoss durch seine Adern. Langsam, fast taumelnd, kam er auf Erynn zu.
Als diese jedoch aufsah und zu ihm herüberblickte, trat ein Ausdruck von Angst auf ihr Gesicht und sie konnte nur noch eine Warnung ausstoßen. Arranges von dem Gefühl und dem Erfolg, dass sie das Amueltt gefunden hatten, völlig überwältigt, reagierte nur träge, aber noch schnell genug, um sich umzudrehen und das Schwert zu ziehen, ehe er sich einem gewaltigen Schatten gegenübersah. Die Schwärze vor ihm füllte den gesamten Türrahmen aus und war durch und durch böse. Man konnte im Grunde nur schwarz sehen, keine Konturen, nichts. Aber die Tatsache, dass dieses Schwarz sich irgendwie bewegte, durch die Luft waberte wie dichte Nebelschwaden, sagte Arranges, dass er hier einem Gegner und keinem von ihm geworfenen Schatten, gegenüberstand. Plötzlich schoss die geisterhafte Kreatur vor. Arranges blieb nichts anderes übrig, als sein Schwert hochzureissen und zu hoffen, dass das Silber den Rest erledigte. Das unwirkliche Monstrum stieß ein widernatürliches Kreischen aus, als es die silberne Waffe wohl irgendwie erblickte und löste sich in Luft auf, noch bevor es auf die Klinge traf. Arranges nun total verwirrd, schaute nur vor sich durch den jetzt wieder normaldunklen Türrahmen. Was zur Hölle Oblivions war das? Doch dann wurde er wieder wachgerüttelt. In dem Stock über ihnen tat es zwei dumpfe Schläge. Und nur den Bruchteil eines Lidschlags später rannte irgendetwas oder jemand, mit ordentlich Masse über die Dielen über ihren Köpfen. Staub rieselte unter den Erschütterungen auf sie herab, eine Tür wurde oben ins Schloss geworfen, dann war es wieder still. Arranges wollte sich gerade zu Erynn umdrehen und sie zur Eile drängen, als ein gewaltiges Beben die Ruinen erzittern ließen. Die beiden hatten in den wenigen Sekunden, die das Gerüttel am Grundstein der Mauern andauerte, Mühe, sich auf den Beinen zu halten. Als es endlich vorbei war, war alles wieder still wie zuvor. 'Los, lasst uns verschwinden, so lange wir noch laufen können...' Arranges lief los, die Öllampe hoch erhoben. Er hatte noch keine zwei Schritte getan, als im hinteren Raum etwas gegen die massive Bruchtseinmauer flog. Der Raum erzitterte. Zwei Sekunden später kracht nochmal etwas dagegen. Und wieder und wieder. Irgendetwas versuchte dort durchzubrechen. Arranges, der erst erstarrt war vor Schreck, fing sich jetzt wieder. Erynn hatte soetwas vermutlich noch gar nicht erlebt, sie tat sich schwer, wieder aus der Schreckensstarre zu kommen... 'LOS, folgt mir!' Er zerrte die Elfin ein paar Schritte vorwärts, ehe er wieder losließ und hoffte, dass sie ihm von allein folgen würde. Nocheinmal rammte irgenetwas riesengroßes gegen die Mauer hinter ihnen, aber der nächste Stoß blieb aus. Offensichtlich hatte, was auch immer dort durchkommen wollte, aufgegeben. Arranges durchschritt den Türramen und... verschwand plötzlich im Boden.
Die brüchige Stelle im Boden hatte durch die Erschütterung ordentliche Risse bekommen und klappte jetzt unter der neuerlichen Belastung durch den Kaiserlichen unter dessen Füßen weg. Gerade noch konnte Arranges sich mit einer Hand am Rand des Lochs festklammern und suchte mit der anderen vergeblich Halt. Der Boden schien hier jedoch bis zu den schmahlen Kanälen direkt unter der Festung durchgebrochen zu sein. Durch die Feuchtigkeit waren die Wände glitschig und Arranges konnte nur darauf hoffen, dass seine Muskeln nicht nachgaben, während er versuchte, sich irgendwie hochzuziehen. Er wagte einen kurzen Blick nach unten, um nach einem eventuellen Halt für die Füße zu suchen. Aber alles was er sah, waren zwei eng beieinandersitzende, große, runde, rote Kugeln weit unter ihm, von denen ein bedrohliches Knurren zu ihm heraufdrang. Er schaute wieder nach oben und hatte nur noch einen schwachen Lichtschimmer, den, den das Dämmerlicht aus dem Raum hinter ihm, gewährte.
'Erynn... Hilfe!' Schnaufte er verzweifelt.
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Fossil
Klosterruine
Erynn war völlig überfordert. Ein riesiger Schatten vor ihr. Die Bösartigkeit, die sie in dieser Ruine schon die ganze Zeit unterschwellig gespürt hatte hatte, schien mit einem Schlage greifbar zu werden. Das... Ding verschwand plötzlich, die Empfindung jedoch blieb in dem Raum hängen. Lärm über ihr. Lärm hinter ihr. Sie stand wie erstarrt, ihr Gehirn weigerte sich, die Situation zu akzeptieren. Etwas packte sie. Arranges. In all dem Tohuwabohu drang irgendwie das Wort ‚verschwinden’ zu ihr durch. Gute Idee. Während der Kaiserliche sie mit sich zerrte, konnte sie einen kurzen Blick aus einem der Fenster werfen: Fünf Meter, sechs vielleicht bis zum Boden. Keine Chance. Endlich begannen ihre Synapsen wieder zu feuern, der Überlebensinstinkt übernahm die Kontrolle, und sie jagte hinter Arranges her, der gerade durch die Türöffnung stürzte und... verschwand. Die morschen Dielen hatten ihren Dienst endgültig eingestellt und unter dem Gewicht des Kaiserlichen nachgegeben. Ohne nachzudenken, setzte sie über das Loch im Boden hinweg und wirbelte herum. Sie hörte, wie er schwach ihren Namen rief. Die Kriegerin ließ sich platt auf den Bauch fallen und robbte zum Rand der Öffnung. Arranges hing mit einer Hand an der Kante, und es war offensichtlich, daß er sich nicht mehr lange würde halten können. Sie setzte ihr Öllicht ab und griff ohne Umschweife mit der einen Hand den freien, fuchtelnden Arm ihres Begleiters, die andere krallte sie in den Rüchen seines Kettenhemdes. Dann schob sie sich mit den Zehenspitzen rückwärts, während Sehnen und Muskeln protestierend aufschrien. „Streng dich ein wenig an, du schwerer Klotz!“ schimpfte sie, als sie Arranges Handbreit um Handbreit nach oben zog. Sie bildete sich ein, aus den Gängen unter ihr ein leises Knurren zu hören, aber es konnte sich genauso gut um eine Sinnestäuschung handeln. „Wenn du jetzt abstürzt, schwöre ich dir, daß ich dir ins Oblivion nachsteige und dich für den Rest der Ewigkeit heimsuche!“
Vielleicht war diese Drohung für den Kaiserlichen schrecklich genug gewesen, um ihn in Wallung zu bringen, jedenfalls lag er kurze Zeit später keuchend neben ihr, und zwar am richtigen Ende des Lochs im Boden. „Hoch“, blaffte sie mit einer Bestimmtheit, von der sie bisher nicht wußte, daß sie sie besaß. „Ihr kennt den Weg hier heraus. Bewegt Euch, verdammt!“
Sie mußte sich nicht wiederholen. Arranges kam auf die Füße und hetzte den Gang entlang, Erynn hinterher, Schwert in der einen, die Lampe in der anderen Hand.
Sie wußte nicht, wie lange sie in wilder Flucht durch die Ruine liefen. Minuten dehnten sich zu Äonen. Die Präsenz des abgrundtief Bösen verließ sie nie ganz, mal war es näher, mal weiter entfernt, aber immer spürbar und gab ihren Füßen Flügel. Der Schatten war niemals zu sehen, aber sie konnten ihn hören – kriechend. Lauernd. Sie umkreisend. Er zeichnete Bilder von Unvorstellbarem in ihre Köpfe, auf eine entsetzliche, virtuose Weise, ein Meisterwerk direkt aus Vaerminas Reich. Einmal glaubte Erynn, ein widerwärtiges Schlürfen neben sich zu hören, gerade außerhalb des Gesichtsfeldes. Sie drehte den Kopf und schlug danach, doch die Klinge schnitt nur durch leere Luft. Die Elfin wirbelte herum und rannte weiter. Verderbtes Gelächter hallte durch ihren Kopf, wurde leiser, schien sich tänzelnd und auf leisen Pfoten zurückzuziehen, wie eine Katze, die mit einer Maus spielt. Sie schaute zu Arranges, der seinen Schritt noch einmal beschleunigte. Er hatte es also auch gehört!
Dann war es still. Die Präsenz hatte sich zurückgezogen, dennoch hielten sie in ihrem Lauf nicht inne. Sie bogen in den Korridor ein, der zur Bibliothek führte, rannten Schulter an Schulter und bemühten sich, die quälenden Stiche zu ignorieren, die ihnen in die Seite fuhren. Lange halten wir das nicht mehr durch, dachte Erynn verzweifelt.
Etwas schälte sich durch die Platten des Fußbodens. „Es ist unter uns“, hauchte Arranges. Das Grauen in seiner Stimme war nicht zu überhören.
Fast gleichzeitig erreichten sie die Bibliothek – und rannten förmlich in die Präsenz hinein. Sie war vor ihnen. Hinter ihnen. Überall. Füllte den ganzen Raum aus... und sie hatte gewonnen. Erynn spürte es mit jeder Faser ihres Körpers. Hoffnungslosigkeit kroch ihr in Mund und Nase und schien sie förmlich zu ersticken.
“Nein!!“ Nicht hier, nicht jetzt, nicht so kurz vor dem Ziel! Sie weigerte sich einfach, diesen Umstand als Tatsache anzuerkennen. Mit ungezähmter Wut, geboren aus schierer Verzweiflung, schleuderte sie ihr kleines Licht auf die Entität. Irgendwohin. Sie war schließlich nicht zu verfehlen.
Das Öllämpchen zerplatze an einem Regal. Das staubtrockene Holz und die alten Bücher fingen sofort Feuer. Das unsichtbare Böse zischte zornentbrannt, wich zurück, ballte sich zu einer Kugel zusammen – und gab den Weg frei.
Sie brauchten keine Worte, um sich zu verständigen. Wie ein Mann rannten sie los, stürmten aus der verfluchten Ruine heraus in den Innenhof und kamen schlitternd zum Stehen. Der Schatten schwebte reglos vor ihnen, über der Pforte, die aus dem Kloster herausführte. Er verdeckte das Licht der Sterne.
„Arranges“, wisperte Erynn mit zitternder Stimme „Wenn es jemals einen Zeitpunkt gab, etwas Großes, Häßliches mit vielen Zähnen zu beschwören, dann ist das jetzt. Und es wäre großartig, wenn dieses Etwas Feuer spucken könnte...“
Geändert von Glannaragh (28.01.2011 um 00:06 Uhr)
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Legende
Arranges hatte schon damit gerechnet, jeden Augenblick abzustürtzen, als er in dem Loch hing, unter ihm eine nicht einschätzbare Monströsität und über ihm sprang die Dunmer einfach weg. Aber nur einen Moment später griff sie nach seinem Arm und zog ihn nach oben. Als er endlich wieder auf den Beinen war, hetzte er los, durch die Gänge des Klosters. Er war wie besessen von der Möglichkeit zur Flucht, dass er selbst das verzerrte Schauspiel in der kleinen Bibliothek nicht wirklich mitbekam, erst, als die kalte Nachtluft in seine Lungen strömte, gab der Überlebensinstinkt die Kontrolle über seine Sinne und Muskeln wieder frei. Über ihnen schwebte ein riesiger Schatten, er verdunkelte den Himmel und versperrte das Tor nach draussen.
Ich hoffe, dass das kein Schertz der Vier ist... Arranges wusste nicht, was er im ersten Moment davon halten sollte, aber jetzt, da er einen greifbaren Gegner vor sich hatte, klinkte sich wieder sein Verstand ein, der von den Lehren der Wut und der Zerstörung geprägt war. Hass begann in ihm zu brodeln, Hass darüber, dass er hier unnötig aufgehalten wurde, Hass darüber, dass es eine verdammte Seele wie es schien, ihn davon abhielt, dieses Tor zu durchschreiten. Hass darüber, dass er wieder davon abgehalten wurde, endlich sein Eigentum wieder zu bekommen. Er hörte nur noch das Blut in seinen Ohren rauschen, die Worte Erynns registrierte er gar nicht, in ihm regierte nur noch der Gedanke, der ihm vorgab, was man am besten tun konnte, um diesen Schatten los zu werden. Und Arranges Arsenal war durch seine Ausbildung zum Nekromanten schier unermesslich. Nur die blinde Tötungswut blieb aus... er musste taktisch klug handeln!
Der Schatten schwebte immer noch über ihnen und schien zunächst nicht wirklich Notiz von ihnen zu nehmen. Da erbebte die Ruine unter ihren Füßen wieder, erst ein leichter Stoß, dann zwei mächtige Rüttler, die Arranges und Erryn beinahe von den Füßen fegte. Ein Kreischen und Quieken war plötzlich zu hören. Die Geräusche schienen von weit unter ihnen zu kommen, waren aber so deutlich, als würde direkt neben ihnen eine Sau von einem Anfänger geschlachtet werden. Die klagenden Laute verebbten aber schon nach wenigen Augenblicken wieder. Arranges war währenddessen bemüht, Erynn irgendwie zu schirmen. Er hatte sich vor sie gestellt und drengte sie langsam zurück zu den Barracken, ohne dabei die Augen von der seltsamen Schwärze zu nehmen.
'Bleibt zurück!' Sagte er befehlend, dann trat er wieder einige Schritte vor. Just in diesem Moment senkte sich ein Teil des Schattens bis auf wenige Fuß zum Boden herab und... schien sich irgendwie zu erbrechen. Knackende Laute waren zu hören, gelegentlich begleitet von einem ekelerregenden Schmatzen. Etwas sank aus dem Schatten auf den Boden, ein großer Klumpen, triefend von jener Schwärze, aus welcher auch der Schatten selbst zu bestehen schien, nur war es hier so, als ob die Nacht Konsistenz angenommen hätte und flüssig geworden wäre. Langsam erhob sich der Klumpen und richtete sich auf. Schwarz wie die Nacht, aber man konnte die Konturen eines Kuttenträgers erkennen. 'Arranges? ... Ihr besitzt tatsächlich die Dreistigkeit, euch hier nochmals blicken zu lassen?!' Der Kaiserliche hatte schon die Hand auf dem Schwertgriff, erstarrte aber, als er die Stimme dröhnen hörte. Das kann nicht sein... unmöglich! Es war die Stimme des obersten Bruders des Klosters, den, den er einfach getötet, nein, vielmehr hingerichtet hatte damals, vom Zorn und den Anstachelungen Namsys getrieben. 'Ahh... ich sehe ihr erinnert euch... wisst ihr auch noch, wie ihr mir damals meinen Tod beschieden habt?' Arranges war unfähig etwas zu erwiedern, er starrte nur fassungslos auf dieses Ding vor ihm. 'Ich habe euch vieles beigebracht und das war der Dank dafür? ... Ich dachte eigentlich, dass ihr auch Anstand besäßet, aber ich habe mich wohl geteuscht und jetzt wollt ihr mich sogar beklauen... schon wieder? ... Jammerschade, dass wir euren Handlanger damals nicht erwischen konnten, aber wie es aussieht, war er sogar für euch zu gewitzt... Tut mir leid, aber ich sehe nicht ein, euch erst als einen sehr sehr fähigen und besonders talentierten Schüler gelehrt zu haben, mich dann beklauen, töten und anschließend nochmal beklauen zu lassen... aber seid nicht traurig Arranges, ich weiss ja, wie sehr ihr es liebt, eure... nunja sagen wir mal etwas sehr perfide Vorliebe auszuleben, was den Kampf allgemein angeht... eure Freundin dort,' Der Mönch zeigte kurz auf Erynn und ließ die Hand wieder sinken, 'Scheint mir dafür genau richtig zu sein... seht es als eine Art Henkersmahlzeit.' Ein lautes Bellen hallte von den Wänden der Festung wieder. Plötzlich erschien ein Wolf in vollem Sprint aus dem Nichts neben dem Mönch und hielt auf die Dunmer zu. Noch ehe Arranges oder die Elfin irgendwie darauf reagieren konnten, sprang die Kreatur die Kriegerin an und riess sie von den Beinen. Hilflos auf dem Rücken liegend, sah Erynn jetzt das geifernde Maul des Wolfs über sich, die Lefzen waren zurückgezogen, die Reisszähne blinkten ihr entgegen, aber das Grässlichste war wohl, dass dem Wolfskopf die Augen fehlten. Bluttriefende, dunkle Höhlen starrten der Dunmer entgegen. Doch die Kreatur biss nicht zu, sie verharrte stattdessen mit halb geöffnetem Maul über dem Gesicht Erynns und schien zu warten. Sie saß auf dem Brustkorb der Dunmer und verhinderte so jede größere Bewegungsmöglichkeit. 'Das wagt ihr nicht!' Rief Arranges, der zu dem Mönch herumfuhr und noch in der Bewegung flammten seine Hände auf und verschwanden in einer sattroten, magischen Flamme. 'Oh, ich würde das an eurer Stelle nicht tun...' Arranges kam nicht dazu, den Feuerzauber auf den Schattenmönch zu entladen, denn als er sich ganz herumgedreht hatte, spürte er, wie sich eine starke Hand um seinen Hals legte. Nur seltsam, dass der Mönch immer noch so weit wegstand, wie noch vor wenigen Sekunden. Arranges spürte, wie sich schmerzende Kälte in den Schlagadern seines Halses ausbreitete. 'Du erinnerst dich sicher an diese Art zu töten? Du hast sie schließlich höchstpersönlich erfunden. Aber nun sieh zu, wie eine Dunmerin dem Wahnsinn verfällt!'
Durch eine fremde Gewalt wurde Arranges, durch die Kälte, die mittlerweile seinen ganzen Körper durchfloss, gelähmt - die Magie in seinen Händen verflüchtigte sich wieder vollständig - zu der Dunmerin herumgedreht. Eine Explosion an Wahnvorstellungen und Bildern von aberwitzigen und kranken Dingen direkt aus dem Schlund Oblivions flutete plötzlich den Geist Erynns und blockierte ihre Gedanken, sie war nur noch im Stande, den Moment des Hier und Jetzt zu beurteilen und zu handeln, ähnlich wie ein arg vergesslicher Greis. Der Wolf über ihr riss sein Maul auf und wollte gerade vorstoßen, als er mitten in der Bewegung erstarrte. Ein neuerliches Beben erschütterte die Ruinen. Größere Kiesel bröckelten von den Wänden. Ein Brüllen war zu hören und plötzlich krachte die innere Mauer auf einer Seite zum Teil ein. In dem Loch tauchte eine große Silhouette auf. So groß wie ein Oger, wohl eher noch einen Tick größer, schälte sich eine Gestalt aus dem sich langsam legenden Staub. Rein von der Staur her hätte man die neuerliche Kreatur gut als Oger durchgehen lassen können, was an ihr nicht stimmte war, dass die Kreatur wohl irgendwie aus unzähligen Menschenleibern zusammengeflickt war. In einer Hand einen mächtigen, grob geschmiedeten Prügel, während die andere Hand statt Finger, drei fest aus dem Arm ragende Klauen aufwies. Der Kopf war proportional zum Körper recht klein und beherbergte zwei eng beieinander sitzende kleine Knopfaugen, die mattschwarz glänzten. Der ganze Schädel war durch in das Hautgewebe eingearbeitete Metallplatten und Überresten von Dreughpanzern geschützt. Das Gebiss ragte allerdings ein wenig hervor und erinnerte an Goblinschnauzen. Doppelt und dreifach standen die nagelartigen Zahnreihen im Kiefer der Kreatur.
Das Monstrum tat einige schwerfällige Schritte in den Innenhof hinein und wahr wohl verwirrd, weil es anscheinend mit einer komplett anderen Situation gerechnet hatte. Der Schattenmönch war wohl auch irgendwie Überrascht. Arranges spürte, wie die Kälteeinwirkung deutlich nachließ und schließlich der Druck um seinen Hals verschwand. Keuchend sank er zu Boden und ringte um Atem. Der Schattenmönch zerfloss derweil in eine schwarze, zähe Masse. Wieder ging eine Erschütterung durch die Festung, aber dieses Mal folgte mit Abstand Schlachtenlärm. Das Klirren von Metall auf Metall wurde immer lauter. Der Fleischgolem war noch damit beschäftigt, sich irgendwie zu orientieren, wo oder wer denn jetzt sein Angriffsziel war. Arranges hatte wieder zu seinen Kräften gefunden und schaute zu dem Schatten über ihnen auf, der jetzt unruihg in der Luft umherwaberte. Der Wolf saß noch immer auf Erynn und hätte ihr jeder Zeit die Kehle durchbeissen können. Und jetzt wurde er direkt von einem Feuerball des Kaiserlichen pulverisiert. Mit dem Tod dieser Kreatur endete auch endlich die Bewusstseinsblockade, welche in den Gedanken von Erynn gewütet hatte.
'Los, auf die Beine!' Arranges hatte sie erreicht und zog sie unsanft hoch. Von dort, wo er sie am Arm festhielt, rollte jetzt eine blassleuchtende Welle über ihren Körper und hüllte sie binnen weniger Lidschläge in einen daedrischen Panzer. 'Wenn ich es sage, lauft ihr zum Tor und macht, dass ihr wegkommt.'
Der Schlachtenlärm schwoll jetzt rasch an und schon fluteten unzählige Kampfpaare, Mönche, die alle gleich aussahen, aber mit Breitschwertern und Zweihänder aufeinander einhackten. Skelette wuchsen unwillkürlich aus dem Boden und mischten sich musterlos in die Kämpfe ein. Leichte Stöße rüttelten immer wieder an den Mauern der Festung. Arranges und Erynn kamen immer wieder zwischen die Kämpfenden, was momentan noch nicht weiter schlimm war, denn noch war alles recht überschaubar, während sich an dem Mauerdurchbruch die kämpfende Masse staute. Der Fleischgolem schien sich nicht mehr länger Gedanken darüber zu machen, warum er zuvor als Erster dagewesen war und warum hier anscheinend kein Kampf im Gange war. Jetzt drosch er seinen Pürgel mächtig schwingend, auf die sich massakrierenden Mönche um ihn herum ein. Schreie und Brüllen hallten im Innenhof wieder. Der Nebel über ihnen hatte sich in einen Strudel verwandelt, durch den immer wieder Blitze zuckten.
Arranges und Erynn bewegten sich stetig, gelegentliche Hiebe abwehrend, auf das Tor zu. Doch je näher sie kamen, desto langsamer kamen sie auch voran, bis sie sich schließlich in mitten eines tobenden Kampfes wiederfanden, in dem jeder für sich selbst kämpfte. Rücken an Rücken, wie vor der Goblinhöle, kämpften sie jetzt gegen rasende Mönche, von denen einer so viel Kraft und Geschick zu besitzen schien, wie sie beide zusammen. 'Erynn?! Ich werde gleich ein wenig Platz schaffen, wenn ihr dann gleich das Tor sehen könnt, dann lauft...' Versuchte Arranges mit der Stimme gegen den Lärm anzukommen. Er konnte nur hoffen, dass sie es gehört hatte. Während der Kaiserliche Unmengen an Energie in seiner Linken sammelte, suchte er mit schnellen Blicken über die Köpfe der Mönche hinweg nach dem Torbogen. Als er ihn nach einiegn Augenblicken endlich erspäht hatte. Drehte er sich in die Richtung und schleuderte einen Feuerball auf die Mönche vor sich. Eine große Explosion, deren Knall schmerzhaft im Innehof der Burg dröhnte, riss eine Presche in die Kämpfenden und gab den Blick auf das Tor frei.
Arranges kümmerte sich nicht darum, ob Erynn sich aus dem Staub machte, er setzte direkt zum nächsten Zauber an. Eine eisige Kälte breitete sich aus, Arranges musste schnell sein, ehe einige der Kämpfenden auf ihn aufmerksam wurden. Vor ihm tat sich augenscheinlich der Boden auf und aus einem tiefblauen Loch in der Erde stieg ein Lich herauf, majestätisch wie die Erscheinung Molag Bals und so tödlich wie der Zorn von Merunes. Arranges selbst steckte sein Silberschwert weg und fischte vor sich aus der Luift ein aus dem Nichts auftauchendes, daedrisches Cleymore. Der Lich wütete genau so effektiv, wie Arranges. Beide versuchten irgendwie zu gewähren, dass Erynn unbehelligt flüchten konnte, während sie selbst Schritt für Schritt rückwärts zum Tor zurückwichen.
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Fossil
Klosterruine => Colovianisches Hochland
Was auch immer jetzt geschah, ging zu schnell für Erynn. In einem Moment sprach Arranges mit dem Schatten, als würden sie sich kennen, im nächsten lag sie unter einem Ungetüm von Wolf, der direkt aus den Niederhöllen zu stammen schien. Geifer troff in ihr Gesicht, und alles, was sie tun konnte war, in die leeren Augenhöhlen der Kreatur zu starren. Sie fiel. Immer tiefer, endlos, in bodenlose Finsternis.
Ein Ruck, und der Fall stoppte. Träge, unendlich langsam, öffnete sie müde Augen. Sie sah auf eine johlende Masse herunter, aber die Perspektive war falsch. Irgendwie verschoben. Ich hänge... an einem Galgen... begriff sie. Ein Mann in dunkler Kutte trat vor sie. Er blickte zu ihr auf, und als die Kapuze zurückfiel erkannte sie, daß dahinter nur der Schatten war. Mit konturlosen Händen streckte er ihr etwas entgegen. Einen schwarzen Stein. Ein Lichtblitz, und sie war... in dem Stein. Sie war in dem Stein, und gleichzeitig stand sie auf einer toten, kalten Ebene. Soweit das Auge reichte, war nichts. Kein Baum, kein Strauch, nur leblose, trockene Erde. Am Horizont ging die Sonne auf. Aber sie war so groß, viel zu groß.
Erynn schaute an sich herunter und sah, daß ihr Fleisch in Flammen stand. Es wurde weiß, dann rot, schlug Blasen und verkohlte schließlich zu nichts als Asche. Sie schlug die Augen auf, gerade rechtzeitig um zu sehen, wie der schreckliche Wolf in einem Feuersturm verging. Desorientiert blieb sie liegen. Geräusche wie von einer Schlacht drangen ihr an die Ohren, aber sie wußte schon längst nicht mehr Realität von Wahnsinn zu unterscheiden.
Dann war der Kaiserliche bei ihr und zog sie auf die Füße. Aber was war das für eine Rüstung, die sie trug? Arranges schüttelte sie grob und brachte sie damit schließlich ins Hier und Jetzt zurück. „Wenn ich es sage, lauft Ihr zum Tor und macht, daß Ihr wegkommt!“ Erynn konnte nur nicken, wärend sie und ihr Begleiter in den Strudel einer Schlacht gezogen wurden, in der es keinerlei Strategie zu geben schien. Kuttenträger, Skelette und andere, skurrilere Kreaturen schlugen, hackten und stachen aufeinander ein; niemand schien Freund von Feind unterscheiden zu können.
Sie wirbelten durch diesen makaberen Totentanz, prügelten wild auf alles ein, was ihnen vor die Klinge kam, während das Kloster um sie herum zusammenbrach. Der Krach war ohrenbetäubend und lähmte jeden vernünftigen Gedanken. „...lauft...!“ drang ein Satzfetzen von Arranges an ihre Ohren. Wohin denn? fragte sie sich noch, als eine gewaltige Explosion das Schlachtfeld erschütterte. Sie konnte das Tor sehen. Der Weg war frei!
Ohne darüber nachzudenken sprintete sie los, wich verzerrten Gestalten und grapschenden Klauenhänden aus und erreichte das Tor. Hinter ihr wurde es plötzlich kalt, grabeskalt, aber sie sah sich nicht um, sondern lief weiter, durch das Portal und den Weg hinunter.
Erynn glaubte, hinter sich ein wütendes, enttäuschtes Heulen zu hören. Sie mußte die Pferde erreichen, konnte sich aber nicht genau erinnern, wo sie sie gelassen hatten. In der Dunkelheit sah alles in dieser Felslandschaft gleich aus.
Mehrfach stolperte sie, während sie den Weg heruntereilte. Endlich kam der große Findling in Sicht, hinter dem sie die Tiere versteckt hatten. Wie in Mahnmal reckte er sich stumm in die Nacht. Aus vollem Lauf sprang sie auf Falchions Rücken, riß ihn grob herum und schlug ihn mit der flachen Seite ihres Schwertes auf die Flanke, kümmerte sich nicht um den tückischen, steinigen Boden, während sie ihn in gestrecktem Galopp voranjagte. Fort, nur fort von dieser verfluchten Ruine! Bitte, du darfst jetzt nicht stolpern...
Erst Minuten später zügelte sie den Wallach und sah sich um. Sie mußte Arranges finden. Hatte er es überhaupt geschafft?
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Legende
Kloster -> Colovianisches Hochland
Arranges hatte immer mehr Mühe damit, die Rüstung für Erynn aufrecht zu erhalten, je weiter sie sich entfernte, sie würde sich wohl auflösen, sobald die Elfin zu weit weg war. Den Lich hingegen kontrollierte der Nekromant nur noch in sofern, als dass er ihm im Notfall einfach die Bindung an Nirn entreissen konnte, aber Befehle erteilen konnte er dem König der Untoten nicht mehr. Die Konzentration des Kaiserlichen geriet ins Schwanken und er hatte mehr und mehr Schwierigkeiten damit, die Hiebe, die auf ihn niedergingen, zu parieren. Ein Donnergrollen war zu hören, gefolgt von einer Windböde, die heulend über das Schlachtfeld fegte. Die zerrütteten Mauern schienen sich darin zu wiegen. Arranges davon einen kurzen Moment irritiert, kassierte einen harten Treffer auf die Schulter. Das betäubende Geräusch drang schmerzend in seine Ohren, als eine Klinge über die linke Schulterplatte seines Panzers kreischte und dabei eine arge Delle hinterließ, die Arranges jetzt tief ins Fleisch drückte. Ein Stöhnen entrang sich seiner Kehle, der Angreifer ließ aber nicht locker und schon spürte Arranges einen grellen Schmerz, als die Spitze der Waffe über seine rechte Beinschiene fuhr, sie durchdrang und gut und gerne zwei Fingerbreit in seinen Oberschenkel einschnitt. Arranges, benommen von den Schmerzen, lenkte den nächsten Schlag ab, aber nur um den folgenden Stoß für einen Augenblick hinauszuzögern. Der Angreifer drehte sich geschickt und stieß dann mit der Waffe zu.
Arranges spürte, wie ihm die Beine ob des abartigen Schmerzes, der jetzt durch seine Gliedmaßen zuckte, zu zittern begannen. Er merkte noch, wie sein Kontrahent die Klinge aus seinem Brustkorb zog, den sie seitlich, an den Rippen entlangschrammend, durchschlagen hatte. Dann fiel Arranges von Krämpfen und Übelkeit geschüttelt, zur Seite und blieb liegen, nicht mehr in der Lage, seine Arme oder Beine richtig kontrollieren zu können. Aber die ersehnte Ohnmacht kam nicht, stattdessen sah er, wie der Kuttenträger, der ihn niedergestreckt hatte, seine Bewegung zum Gnadenstoß abbrach und nach oben zu dem Schatten starrte. Und plötzlich folgten alle anderen Kreaturen und Mönche seinem Beispiel. Die Szenerie hielt nur einen kurzen Augenblick, dann drehten sich alle Kämpfer um und hasteten zu den Barracken und dem großen Bruch in der Mauer und verschwanden in dem Gemäuer. Ein paar wenige der Mönche irrten nachdem die breite Masse schon verschwunden war, noch zielleos umher, zwei weitere vernichteten praktisch im Vorbeigehen, noch den Lich des Nekromanten und rannten dann ebenfalls zu irgendeinem Eingang ins Kloster und verschwanden. Nach einigen weiteren Sekunden stöhnten die wenigen Übriggebliebenen Mönche auf dem Innenhof auf und wurden plötzlich auf die Erde gepresst, wo sie gerade standen. Klagendes Jammern drang von ihnen zu Arranges herüber, bis es erstickt wurde, im wahrsten Sinne des Wortes. Die Körper der Mönche wurden durch die Erde gepresst, als würde man einen Apfel mit Gewalt durch ein feinmaschiges Sieb drücken. Es knackte und schmatzte ein letztes Mal, dann war entgültig Ruhe, als Arranges, der völlig unter Schock stand, den Kopf ein wenige regte, sah er auch, dass der Schatten komplett verschwunden war. Die Sterne standen am Himmel und es schien, als wäre es eine wunderschöne Nacht. Doch der kurze Augenblick der Erleichterung wurde jäh unterbrochen von Poltern, Krachen und Brüllen tief unter dem Kloster in den Katakomben. Arranges konnte es sich nicht erklären, aber später würde er sein Glück zu diesem Zeitpunkt kaum fassen können. Ein Diebespack hatte es sich anscheinend zur Aufgabe gemacht, die alten Ruinen zu durchforsten und waren auf das alte Archiv der Bruderschaft gestoßen...
Der Kaiserliche wollte und konnte nicht länger an diesem Ort verweilen. Die noch immer zuckenden Hände und Beine versuchend unter Kontrolle zu bringen, stemmte er sich hoch und erbrach sich direkt. Ihm wurde schwarz vor Augen und der Schmerz war kaum mehr erträglich. Werd jetzt nicht schwach... du hast die Inseln überlebt, dagegen ist das hier ein Witz... Dachte er sich grimmig und kam nach einigen Minuten doch irgendwie auf die Beine.
Den Saum seines Umhangs zu einem Ballen gedreht, presste er diese absolute Notlösung eines Verbandes, mit einer Hand auf die Wunde. Dass er zwar an der Eintrittsstelle des Schwerts kein Blut mehr verlor, weil er dort wie ein Irrer seinen Umhang draufdrückte, dafür aber an der Austrittstelle am Rücken ein richtiger Wasserfall an Blut hervorschwappte, bemerkte der Kaiserliche nicht wirklich. Langsam und alle paar Meter vornübergebeugt nach Luft kämpfend, wankte er Richtung Tor und hinaus. Verflucht, wo haben wir die Pferde gelassen... Während er den Weg hinunter, weg von den Ruinen, stolperte, fiel ihm wieder ein, wo sie die Pferde versteckt hatten. Mit schmerzverzerrtem Gesicht sah er sich nach dem großen Felsen um. Er hatte den großen Gesteinsblock recht schnell entdeckt und schwankte darauf zu. Sein Rotfuchs hatte furchtsam und immer zur Flucht bereit, die Ohren aufgestellt, wartete aber treu auf Arranges. So wird das nichts mit reiten... Arranges griff mit der tauben, freien Hand an seinen Gürtel und tastete nach etwas. Als er gefunden hatte, was er suchte, zog er zitternd eine kleine Phiole hervor. Aber noch bevor er sie mit den Zähnen entkorken konnte, fiel sie ihm aus der Zitternden und krampfenden Hand und kullerte in die Dunkelheit davon. Verflucht! Er tastete nochmal und zog die zweite Phiole dieser Sorte hervor. So, jetzt ganz vorsichtig... Er mühte sich ab, das Fläschchen zu öffnen, zitterte aber dann so heftig, als er versuchte die Flüssigkeit auf seine schwere Verletzung zu bekommen, dass fast alles daneben ging... Scheissdreck! Aber er konnte jetzt nichts machen, er hatte nur diese zwei. Und die wenigen Tropfen, die er auf die Wunde träufeln konnte, reichten wenigstens, um ihm den Schmerz ein wenig zu nehmen und das Atmen etwas leichter zu machen.
Komplett geschwächt, zog er sich in den Sattel und noch während er versuchte, seinen Rotfuchs anzutreiben, kam endlich die sehnlichst erwartete Ohnmacht. Das Pferd folgte in vorsichtigem Schritt dem Pfad nach unten zur Klamm, während Arranges vornüberkippte, als hätte man ihm mit einem Holzhammer ordentlich auf den Kopf geklopft und hängte nun halb im Sattel, halb auf dem Hals seines Fuchses.
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Fossil
Colovianisches Hochland
Minuten verstrichen, und Erynn bezweifelte mittlerweile, daß der Beschwörer aus dem Kloster herausgekommen war. Sie stellte fest, daß ein leises Bedauern sie beschlich. Woher das? Ich wollte ihn doch unbedingt loswerden. Aber jetzt? Nachdem wir gemeinsam durch diese Ruine gegangen sind... nachdem wir uns gegenseitig das Leben gerettet haben... Sie griff in die Armstulpe ihres linken Handschuhs und holte das Amulett hervor, um es nachdenklich zu betrachten. Das ganze Theater nur wegen diesem verdammten Ding. Gerade wollte sie es angewidert von sich werfen, als ihr Wallach den Kopf hob, die Ohren aufstellte und ein helles, lautes Wiehern ausstieß. Er ruft jemanden. Ein anderes Pferd... der Fuchs!
Erynn reckte den Hals und schaute in die selbe Richtung wie Falchion. Aus der Dunkelheit schälte sich die Silhouette des anderen Tieres. Es trabte ihr entgegen. Arranges hing auf seinem Rücken wie ein nasser Sack und rührte sich nicht. Verdammt!
Sie sprang aus dem Sattel, fing den Fuchs ein und zog Arranges von dem Tier herunter. Er lebte noch, wie sie erleichtert feststellte, denn sein ganzer Körper wurde von einem heftigen Zittern geschüttelt. Bei Sinnen war er jedoch nicht, und das, so vermutete Erynn, war eine Gnade der Neun. Selbst in der Dunkelheit war die wächserne Blässe seines Gesichts auszumachen, und er hatte Blut gespuckt. Nicht gut. Wer hätte gedacht, daß ich gerade dann einen Feldscher dringend brauchen würde, wenn ich zum einzigen Mal in meinem Leben eine vermutlich illegale Aktion durchziehe?
Ihr Gejammer würde zu nichts führen, und so begann sie, so viel Krüppelholz aus der Umgebung zsammenzusuchen, wie sie finden konnte. Die Monde hatten ihren Kreis noch nicht viel weiter gezogen, als sie ein brauchbares Feuer in Gang hatte.
Im nun etwas besseren Licht besah sie sich die Bescherung. Schon beim ersten Blick auf die Stichverletzung in der Brust des Kaiserlichen sank ihr der Mut. Dennoch machte sie sich daran, dem Bewußtlosen den Mantel abzunehmen und ihm die zerfetzte Mithrilkette über den Kopf zu ziehen, wobei sie auch die Austrittswunde am Rücken bemerkte. Scheiße. Eine Lungenverletzung kann nur ein Magier heilen. Und ich bin ausgerechnet dabei, weil ich eben keiner bin. Tränke... ich wußte, ich hätte noch Heiltränke besorgen sollten. Sei verflucht, Schicksalsweberin! Frustriert schleuderte sie das Kettenhemd von sich. Als sie mit ihrem Vater früher auf die Jagd gegangen war, hatte sie an den erlegten Tieren manchmal sehen können, wie so etwas aussah. Es gab nichts mehr was sie tun konnte, außer Arranges beim Sterben zuzusehen. Erynn legte ein Ohr auf seine Brust, nur um sich zu vergewissern, ob sein Herz überhaupt noch schlug. Das tat es, und da war noch etwas, das sie hörte... oder besser: nicht hörte. Der Atem war flach, aber ruhig, kein Rasseln oder Gurgeln. Verwirrt richtete sie sich auf. Wie kann das sein? Eigentlich müßte er an seinem eigenen Blut ersticken. Sie entledigte sich ihrer Handschuhe und nahm einen brennenden Ast aus dem Feuer. Dann zog sie die Wundränder auseinander und schaute genauer hin. Sie konnte kaum fassen, was sie sah. „Verrückter Magier“, murmelte die Elfin halblaut. „Hast dir selbst wohl mehr geholfen, als ich es je gekonnt hätte.“
Mit ihrem Messer schnitt sie lange Streifen von ihrer Wolldecke ab, dazu zwei große Stücke aus dem Leinenhemd des Kaiserlichen. Das Leinen zerknüllte sie, legte es auf die Wunden und band es so fest, wie sie konnte. Die Beinwunde stellte sie vor einige Probleme, denn so langsam ging ihr das Tuch aus. Also mußte ihr eigenes Leibhemd dran glauben, und sie wiederholte die Prozedur. Was sie mit seiner Schulter tun sollte, wußte sie nicht. Auf den ersten Blick sah es nur wie ein recht großer Bluterguß aus, also ließ sie die Finger davon.
Arranges entschied sich derweil, wieder in die Realität zurückzukehren, und brabbelte etwas Unverständliches. „Halt die Klappe und schlaf“, grummelte sie, während sie die Decke über sie beide ausbreitete. „Verrückter Magier.“ Der Rücken des Beschwörers wurde vom Feuer gewärmt, auf der anderen Seite würde sie das mit ihrem Körper tun. Bleibt nur zu hoffen, daß er den Blutverlust übersteht, grübelte Erynn. Sie starrte in die Nacht hinaus, mit leerem Kopf und hundemüde.
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