Erynn hatte es endlich geschafft ihr Schwert zu ziehen, doch noch immer wollte es ihr nicht gelingen, wieder auf die Beine zu kommen. Sie stemmte sich auf die Ellbogen hoch und versuchte, einen Überblick über die Situation zu bekommen. Der Goblin, der sich ihr genähert hatte, war der Schamane selbst. Oder besser, Schamanin. Das häßliche Vieh vor ihr war eindeutig weiblich. Es hielt einen Dolch in einer Klaue und schien einen neuen Zauber zu weben. Erynn dachte, daß sie jetzt eigentlich Angst haben sollte oder etwas in der Art, aber sie war einfach nur wütend. So leicht mache ich es dir nicht, dachte sie grimmig, während sie sich auf die Seite rollte, um wenigstens ihre Schwerthand einsetzen zu können. Sie überlegte gerade, ob sie sich schon wieder genug unter Kontrolle hatte, um nach dem Biest hacken zu können, als es von einem blaßgrauen Leuchten eingehüllt platt zu Boden fiel.

Verwirrt schaute die Elfin die Kreatur an. Was war das denn? Ist dein Zauber nach hinten losgegangen, Mistvieh? Oder... Sie sah sich nach Arranges um, der leicht geduckt zu ihr herüberschlich. Sofort wurde ihre Aufmerksamkeit aber wieder von der Schamanin beansprucht, die in ihrer seltsamen Sprache eine schnelle Folge von Worten ausstieß. Neben ihr wuchs ein Zombie aus dem Boden, glotze mit toten, leeren Augen auf die Szenerie – und verschwand dann, scheinbar in kopfloser Panik, in der Nacht. Es sah einfach nur absurd aus. Wenn ich nicht gerade um mein Leben kämpfen müßte, wäre die ganze Situation wohl zum Schreien komisch. Falls ich das hier überlebe, mache ich ein Bühnenstück daraus!
Die Nachwirkungen des Schockzaubers lösten sich auf, und Erynn wuchtete sich auf die Füße. Mittlerweile war der Kaiserliche heran und gab der Goblinschamanin den Rest. Dann warf er den Zauberstab des Viehs außer Reichweite. Sie nickte ihm dankbar zu und brachte ihre Waffe in Angriffshaltung.

Etwa fünf Meter vor ihr fiel das Gewitterungeheuer in sich zusammen und verschwand spurlos. Es muß ein Atronarch gewesen sein. Eines der Elementarwesen, die in den Ebenen von Oblivion leben. Aber warum sollte es ausgerechnet jetzt und hier auftauchen? Es sei denn... es wurde gerufen. Sie warf Arranges einen säuerlichen das-hätte-ich-gern-vorher-gewußt – Blick zu. Es ließ sich jedoch nicht sagen, ob diese Botschaft bei ihm angekommen war, denn er sagte nur: „Ich hoffe, Ihr seid gut mit dem Schwert...“ und stürzte sich wieder in den Kampf.
Die Goblins, die den Atronarchen eingekreist und nach dem Verschwinden der Beschwörung einige Herzschläge lang konsterniert auf den nun leeren Fleck vor sich geglotzt hatten, formierten sich neu. Scheiße. Wenn ich gewußt hätte, was er vorhat, hätten wir die Verwirrung ausnutzen können. Magier! Es ist doch immer dasselbe! Erynns letzte Zweifel über Arranges Fähigkeiten zerstreuten sich, als ihr Kampfgefährte eine weitere Kreatur an seine Seite rief -diesesmal einen Dremora- und sich selbst in eine magische Rüstung hüllte. Sie schnaubte. „Verdammt, das hätte ich wirklich gerne vorher gewußt“, knurrte sie leise. Dennoch sollte es ihr recht sein. Ein zusätzlicher Schwertarm war in diesem Schlamassel alles andere als verkehrt.


Vier Goblins stürzten auf sie zu, und Erynn warf sich ihnen entgegen. Sie holte weit aus und erwischte den ersten an der Kehle, kehrte den Schwung ihrer Waffe um und stieß aus der Rückhandbewegung einem zweiten Angreifer den Schwertknauf in die häßliche Visage. Der Goblin taumelte zurück, schüttelte den Kopf und sprang sie ein weiteres mal an. Verflixt zähes Biest... Ein Schlag auf ihren Rücken ließ sie vorwärts stolpern und mit dem Gobbo mit der eingedellten Nase zusammenprallen. Es fühlte sich an wie frontal gegen eine Wand zu rennen, aber wenigstens war sie dem Wesen jetzt so nah, daß es sein schartiges Schwert nicht mehr wirkungsvoll einsetzen konnte. Die Rüstung hatte die gröbste Wucht des Schlages von hinten absorbiert, dennoch verkrampften sich ihre Rückenmuskeln augenblicklich. Erynn duckte sich, wirbelte herum und trat dabei nach hinten aus. Zufrieden nahm sie zur Kenntnis, daß sie Plattnase tatsächlich irgendwo erwischt hatte, setzte zu einem beidhändigen, aufwärtsgeführten Rückhandhieb an und konnte so mit mehr Glück als Verstand einen weiteren Hieb ablenken, so daß der Streitkolben des hinter ihr stehenden Gobbos ihr Gesicht nur streifte. Dennoch wurde ihr Kopf herumgerissen, und etwas knirschte häßlich.
Der letzte Angreifer nutzte den Augenblick und schlug nach ihr; sein Schwert schlitzte die Seite von Erynns Lederrüstung auf und kratzte über ihre Rippen. Die Elfin schrie vor Schmerz und Überraschung auf und sprang einen Schritt zurück, um der Umzingelung zu entgehen. Sie verschaffte sich einen kurzen Überblick: Plattnase kauerte auf dem Boden und hielt mit den Händen sein Gemächt umklammert. Volltreffer. Der Goblin, der ihre Flanke verletzt hatte, war ebenfalls einen Schritt zurückgewichen. Streitkolben kam wild grinsend auf sie zu. Erynn spuckte ihm einen Schwall Blut (und einen Backenzahn) ins Gesicht. Glaubst wohl, nur du könntest dreckig kämpfen, Mistvieh. Der Goblin hielt inne, um sich ihr Blut aus den Augen zu wischen. Erynn zögerte nicht. Sie hob ihr Schwert mit beiden Händen über den Kopf und ließ die Klinge herabsausen. Sie knackte den Goblinschädel wie eine reife Frucht. Mehr Blut spritzte.
Die Dunmer sah ihrem verbliebenen Gegner in die bösartigen schwarzen Augen. „Bleiben nur noch wir beide, du kleiner Scheißer...“ Der Goblin, so plötzlich seiner Kameraden beraubt, sah sich hektisch um und bemühte sich, seine Deckung hochzuziehen. Die Kämpferin machte einen Ausfallschritt und hieb den Schild mit aller Kraft beiseite. Sie zog das hintere Bein unter ihren Körper, machte einen weiteren Schritt nach vorne und plazierte einen Stich in den Bauch des Viehs. Die waidwunde Kreatur kreischte schrill, als sie die Klinge nach oben riß. Erynn wandte sich ab, um zuletzt Plattnase in sein ganz persönliches Oblivion zu schicken.

Sie schaute zu Arranges herüber. Der Kaiserliche wurde schwer bedrängt und kämpfte Rücken an Rücken mit seinem beschworenen Dremora gegen eine Traube von Goblins, die ihn umringt hatten. Kurz überlegte sie, den Bogen aufzuheben und die Widersacher aus der Entfernung auszuschalten. Sie verwarf den Gedanken. Zu riskant. In dem Gewimmel könnte ich leicht Arranges treffen.
Geduckt huschte sie auf das Kampfgeschehen zu. Wenn die Biester sie nicht sofort bemerkten, würde es leichter sein ein paar gezielte Schnitte anzubringen und die Reihen auszudünnen. Sie erreichte den Goblin, der ihr am nächsten stand. Sein Torso wurde von einer kruden Rüstung aus Knochenteilen und Lederfetzen geschützt, also zielte sie auf den Halsansatz und schlug zu.