Als Laurenz sich gegen die erste Kiste die eine „1“ auf ihrem Deckel trug, stemmte, kopfschüttelnd und vor sich hin murmelnd wie unfähig dieser Hauptmann doch war, das er die Wahrheit nicht einsehen wollte, glitt der Deckel ganz leicht zur Seite.

Da fiel es den beiden wieder ein – Lester hatte hierin doch dieses Buch gefunden... das Buch in dem gestanden hatte das vier Jäger hierherkommen würden, das Konrad sterben würde. Schicksal... Isabella kroch es eiskalt über den Rücken. Lachesis der Schicksalsbote, ein Buch in dem Prophezeihungen standen. Was würden sie hier wohl noch finden?

Hexe“, zischte Isabella leise als Laurenz aus der Kiste schwarze Hahnenfedern herauszog und die Wut kochte wieder in ihr hoch. Decken mit eingestickten Pentagrammen, Schutzsymbolen wie sie seit Jahrhunderten benutzt wurden. Kelche mit eingetrockneten nach Schwefel stinkenden Resten. Räucherschalen, kleine und große Messer an deren Klinge schwarze Schmiere klebte. Statuen von Dämonen in Katzengestalt, Dämonen die aussahen wie Fabelwesen.

Sie erinnerte sich wieder. Und anscheienend hatte Lester damals alle Kisten geöffnet. Sie trat an die, die als letztes in der Reihe stand mit der Nummer „13“ auf ihrem Deckel. Der Deckel ließ sich genauso leicht zur Seite schieben – darin kam eine schwarze Samtrobe zum vorschein, die anscheinend mit einem weichen, silbernen Pelz gefüttert war. Isabella zog den Fetzen zur Seite, darunter lagen die wohl die persönlichsten Güter der Hexe – ein kleines schwarzes Tagebuch, ein langer schwarzer Holzstab der mit Silberbeschlägen geschmückt war und pechschwarze Tusche und noch mehr Hahnenfedern, die zum schreiben angeritzt waren.

Entschuldige Laurenz, ich hätte nachdenken sollen bevor wir hierhergekommen sind. Lester hatte uns ja bereits von seinem Fund berichtet. Wollt ihr wieder zu den anderen beiden zurück und hören was Avery zu sagen hat? Nachdem ihr Roland beschuldigt habt ist wohl klar auf wen seine Stimme fallen wird.“

Sie nickt in Richtung der Tür, verschloss das Türschloss wieder sorgfältig mit dem Schlüssel den sie von Lilith bekommen hatte, dann gingen sie wieder in die Taverne – in das was von ihr übrig war.

Roland hatte gesagt das er niemals jemanden hintergehen würde... er wehrte die Anschuldigungen auch nicht so vehement ab wie Laurenz. Aber konnte sie ihm wirklich trauen? Aber letztlich konnte sie nicht verlieren, wenn Laurenz nicht der Mörder ihres Kameraden gewesen war würde Avery sich um Roland kümmern. Oder nicht?

Laurenz hatte auch gesagt das dieses Treffen keine Farce sein konnte. Also... einer von ihnen ein Wolf, einer von ihnen ein Günstling, einer von ihnen... ja was denn nun? Wer hatte die Flaschen in Lesters Keller denn nun vergiftet und damit einen der Wölfe aus dem Weg geräumt?

Dann fiel es ihr wie Schuppen von den Augen – da weder sie noch Laurenz, der diese Fähigkeit abgestritten hatte, dieser Kraft mächtig waren musste es entweder Roland oder Avery sein. Also war Laurenz der Günstling oder der Wolf.

Mit dieser Erkenntnis trat sie zufrieden wieder in die Taverne und schenkte sich Met nach, mit dem sie Roland und Avery zuprostete.
Ich habe eine Lösung aus den wirren Reden dieses Mannes herausgezogen. Einer von euch dreien muss sich mit Kräutern auskennen und verbirgt diese Fähigkeit bisher noch. Aber da ich von euch weiß, Roland, das ihr euch mit Dirans Mixturen auseinander gesetzt habt, und weil Laurenz mir selber gesagt hat das er diese Fähigkeit nicht besitzt wird es bei ihm keinen Unschuldigen treffen.

Ich beschuldige Laurenz. Das hätte ich schon lange tun sollen.

Dann ging sie mit katzengleichem Schritt auf den Mann zu, der durch seine gründliche Rasur zwar jünger aber auch blasser aussah und murmelte ihm mit einer einschneidenden Stimme Worte zu, die ihm nur zu gut bekannt waren.

„Meine Gefährten und ich kamen in dieses Dorf, um sicher zu stellen das jeder der Wölfe wie vorgesehen seine gerechte Strafe erhält. Das ihr hierher geschickt wurdet, war eine ausgemachte Falle. Euch wurde nicht zugetraut das ihr euren Auftrag erledigen würdet. Bis gestern sah es fast so aus als ob ihr gewinnen würdet. Aber das Blatt hat sich gewendet Lachesis, und ohne euch steht jetzt nur noch zwei gegen einen.“

Es war grausam, aber die gleichen grausamen Worte hatte sie auch gegen sie gerichtet und in ihrem Herz, das wieder eiskalt war erblühte Zufriedenheit ob dieser Rache. Ja sie war eiskalt. Aber gerecht.