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Thema: [Werwölfe IV] Tag 9

Hybrid-Darstellung

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  1. #1
    Sie warf Roland den Zettel zu, der um den Bolzen gewickelt war und als dieser ihn vorgelesen hatte, trat sie auf Lachesis zu, der mit halb geschlossenen Augen auf dem Lichtfuchs schwankte.

    Ihr wurdet gewogen, gemessen und gerichtet. Stellt euch eurem Urteil, Lachesis. Euer Körper wird unversehrt bleiben. Aber ihr sagtet das das Dorf auch dann in Sicherheit wäre wenn ihr es tot, auf Kampfers Rücken verlasst. Also denke ich das ich niemanden in Gefahr bringe wenn ich euch ein weiteres Mittel verabreiche... das euch schlafen legt. Nicht als Kämpfer, sondern als abgerichteter, seidenglatter Lügner der sein Leben lang eine Maske trug.

    Sie blickte auf Avery und Roland, die schweigend neben ihr auf dem Marktplatz standen und nickte ihnen zu. „Ich möchte sichergehen das er kein Wolf ist. Wenn das nicht der Fall ist, trage ich die Verantwortung dafür nur einen Spion der mit Seelen handelte auf dem Gewissen zu haben. Damit kann ich leben.

    Dann verabreichte sie Lachesis eine Substanz aus einem giftgrünen Fläschchen, das sie die gesamten Tage über an ihrem Gürtel getragen hatte. Das Gift würde schnell wirken, das einzige was zurückbleiben würde waren schwarze Verfärbungen an der Zunge.

    Ihr hattet unrecht was Lilith und Godfrey angeht; der einzige der sich feige nicht dem Gericht stellen wollte oder um Vergebung für seine wart ihr. Und auch ihr habt uns verraten, Lachesis. In dem Moment als ihr hierher kamt um uns unseren Tod zu bestellen habt ihr euch zum Handlanger des Bösen gemacht. Dennoch bitte ich für euch in Gottes Namen um Vergebung für eure verfehlte Seele, die den falschen Zielen nacheiferte. Möget ihr Frieden finden, bei denen die ihr liebtet... und die euch liebten.

    Bis in die nächste Stadt würde es für Kampfer keine zwei Tage dauern. Dennoch tränkte und fütterte sie das Tier noch einmal ausgiebig, während Roland und Avery sich daran machten Lachesis an den Händen an den Sattelknauf, und die Oberschenkel an den Satteltaschen festzubinden. Sie hoffte das das genügen würde und das kein weiteres Unheil über dieses Dorf hereinbrechen würde.

    Dieses Dorf, dessen Hauptmann sie immer noch war.

    Sie nahm Godfreys Hut ab und strich vorsichtig über die großen Löcher, die der Bolzen hinterlassen hatte. Allein deswegen hätte sie ihn nochmal getötet. Dann erreichten ihre Finger die weiße Feder und sie lächelte sanft, was ihrem schmutzbedeckten Gesicht eine eigenartige Schönheit einflößte, die nichts mit ihren ebenmäßigen Zügen zu tun hatte. Es war der Frieden der langsam wieder in ihr Herz einkehrte und als sie Roland und Avery anblickte, die Lachesis sicher verstaut hatten streichelte sie noch einmal Kampfers Nüstern, dann flüsterte sie dem klug dreinblickenden Pferd „Auf, dein Herr sagte du weißt den Weg!“ ins Ohr und klapste ihr leicht auf die Flanke.

    Der Lichtfuchs preschte davon, im vergehenden Licht der Sonne zog er seine Mähne und seinen Schweif wie Gold hinter sich her und erst als die kleine Gestalt hinter einem Hügel verschwunden war regten sich die Drei wieder.

    Es ist vorbei und ein neuer Tag bricht an. Der Tag an dem ich kein Hexenjäger mehr sein werde.“ Sie seufzte leise und ging auf Avery zu, kniete sich vor ihn hin und strich vorsichtig über die beiden Pistolen die er im Gürtel trug. „Avery Dragonite, wenn du willig bist dich in der Kunst der Jagd ausbilden zu lassen und wenn du gewillt bist das Weiß dieser Welt zu beschützen dann möchte ich dich gerne zu meinem Kameraden machen und mit dir versuchen weiteres Übel abzuwenden. Es geht nicht nur darum Untote, Hexen oder Wölfe zur Strecke zu bringen – oftmals offenbart sich das Übel in den Menschen die einen falschen Weg einschlagen. Wie Lachesis es tat. Und man muss seine Feinde kennen um ihnen im offenen Kampf begegnen zu können.

    Also, was sagst du, Kamerad?


    Ihr Lächeln war echt, in ihren Augen funkelte Anerkennung und Stolz in den jungen Mann der inzwischen viele seiner Ängste besiegt hatte.

  2. #2

    Examinierter Senfautomat
    stars_mod
    Nebelschwaden umhüllten den knochigen Körper, der sich langsam auf dem Rücken eines schwarzen Pferdes durch den Wald begab. Auch die Robe des Fremden war in ein schlichtes Schwarz getaucht, lediglich ein Schwert vor einem Auge als Zeichen seiner Ordensangehörigkeit stachen für den geneigten Betrachter voraus. Seine Augen waren nur auf ein Ziel gerichtet, den Westen des ihm bekannten Landes. Schon bald würde er ein Schiff nehmen, um an einer gefährlichen Expedition teilzunehmen. Vielleicht würde er dann endlich die Antwort auf die quälende Frage finden, wer die Verantwortlichen für das Schicksal seiner Familie waren. Bisher wusste er nur den Namen der Organisation. Sie nannte sich „Blüte des Chaos“, aber anscheinend gab es niemanden, der ihm bei seiner Suche helfen konnte. Niemand, aber auch wirklich niemand wusste, um was es sich bei der Blüte genau handelte. Die Gestalt seufzte auf. Würde seine Suche jemals ein Ende finden? Mittlerweile zweifelte er wirklich daran.

    Plötzlich stockte sein Pferd. Es schien, als ob ein eisiger Schauer seinen gesamten Rücken hochfuhr. Die Gestalt blickte sich um. Seine Sinne und sein Instinkt verrieten ihm, dass irgendetwas hier ganz und gar nicht stimmte. Er blickte sich um. Überall um ihn herum konnten sich Spuren von langsam verrottenden Zelten finden lassen, vor denen noch schwer bewaffnete Söldner lagen. Irgendetwas stimmte hier ganz und gar nicht, zumal die Söldner eindeutige Zeichen von Bissspuren aufwiesen. Was auch immer ihnen diese Wunden zugefügt hatte, es musste definitiv über eine gewaltige Kraft verfügen, die nicht von dieser Welt war. Der Reiter erschauerte. Es war gefährlich an diesem Ort zu bleiben. Langsam fuhr seine Hand an die Klinge, die sich an seiner Seite befand. Hoffentlich würde er sie nicht benutzen müssen, aber wenn es der Fall sein sollte, so wäre er bereit.
    Schnell gab er seinem Pferd die Sporen und ritt weiter. Der Wald schien mit jedem Meter, den er voranschritt düsterer zu werden. Leichte Schauer breiteten sich jetzt auch auf dem Rücken des Reiters aus. Irgendetwas stimmte hier definitiv nicht. Während er sich noch in Gedanken befand, endete der Wald abrupt und der Reiter fand sich auf einer Art Dorfplatz wieder. So weit man dabei noch von einem Dorf sprechen konnte. Die Hütten waren zerfallen und es lag eine bedrohliche Stille über dem Ort. Nicht einmal einen Vogel konnte man hier hören. Dennoch war dieses Dorf eindeutig von Menschenhand geschaffen worden. Der Reiter setzte ab. Langsam schritt er voran und erhob seine Stimme: „Mein Name ist Thomas von Phiorus, Inquisitor und Hoher Richter. Wenn hier irgendwer leben sollte, so möge er sich jetzt melden.“ Aber Thomas sollte keine Antwort erhalten, außer der Stille, die über dem Dorf lag.

    Der Inqusitor zog sich die Kapuze aus dem Gesicht. Wenigstens sein Anlitz schien in diese unwirtliche Gegend zu passen, sah er doch mehr aus wie ein lebender Toter als wie ein menschliches Wesen. Sein Gesicht glich mehr dem eines Geiers und seine Augen waren dunkel unterlegt. Zumindest für den Laien musste dies in Verbindung mit seiner hageren Gestalt sehr erschreckend wirken und so manches Mal hatte sie ihre Wirkung nicht verfehlt. Langsam schritt Thomas voran. In diesem Dorf schien es wahrlich kein Leben mehr zu geben. Nicht ein Lebenszeichen ging von ihm aus. In Gedanken versunken schritt er voran, bis er plötzlich über einen kleinen aber harten Gegenstand stolperte. Verärgert suchte er das Objekt, dass ihn fast zu Fall gebracht hatte und entdeckte ein kleines Buch. Behutsam hob Thomas es auf. Womöglich konnte das kleine Buch ihm ja die Informationen liefern, die er über diesen Ort benötigte.
    Thomas sollte nicht enttäuscht werden. Es enthielt nämlich die Aufzeichnungen eines gewissen Nicolo de Beauvais, seines Zeichens ein Hexenjäger und Laienbrüder. Mit höchstem Interesse blätterte Thomas die Seiten durch, bis er sich ein Gesamtbild machen konnte. Mit einem Schlag wusste er, was hier vorgefallen war. Düsterwald, so der Name des kleinen Dorfes, war von einer Horde Werwölfe, einer der größten Geißeln Gottes, überrannt worden. Anscheinend hatten sich die Dorfbewohner nach allen Kräften gegen die bevorstehende Vernichtung gestellt, doch am Ende waren sie, wie es aussah, den Wölfen unterlegen gewesen. „Ein wahrlich hartes Schicksal“, entfuhr es Thomas. Doch er wusste auch, dass er an diesem Ort besser nicht länger als nötig verweilen sollte. Womöglich war die Gefahr zwar weitergezogen, vielleicht lebten die Bestien aber auch noch in dieser Gegend und warteten nur darauf, einen Leckerbissen wie ihn in die Finger zu bekommen.

    Thomas begab sich zurück zu seinem Pferd und ritt zurück in die Richtung des Waldes. Als er den Rand erreichte, stieg er noch einmal ab und blickte auf das Dorf zurück. Womöglich war die Gefahr gebannt, vielleicht bestand sie aber auch weiter. Thomas konnte kein Risiko eingehen. Er griff in die Satteltasche und holte ein Stück rote Kreide heraus. Langsam begann er damit die mächtigen Symbole seines Ordens auf den Boden zu zeichnen. Als er sein Werk vollbracht hatte, sprach er die entscheidende Formel: „Durch diese Zeichen sollst du auf alle Ewigkeit verflucht sein, Düsterwald. Kein sterblicher Fuß soll dich betreten und keine Kreatur dich je wieder verlassen.

    Es dauerte nicht lange, bis die Zeichen ihre Kraft entfalteten. Der Nebel zog auffallend in Richtung des Dorfes und verfärbte sich warnend rötlich. Thomas wusste, dass er Düsterwald der Verdammnis preisgegeben hatte, aber ihm blieb keine andere Wahl. Die Werwölfe dürften niemals wieder eine Gefahr für die Menschheit werden. Was bedeutete da schon das Schicksal eines einzelnen Dorfes, zumal es ja eh schon nur noch eine geisterhafte Erscheinung war. Noch einmal blickte sich Thomas um. Der Nebel war mittlerweile so dicht und bedrohlich, dass kein Mensch es jemals wagen würde, Düsterwald wieder zu betreten. Langsam schritt Thomas wieder zu seinem Pferd und ritt davon. Vor ihm lagen größere Aufgaben, die es nun zu erfüllen galt. Düsterwald war nicht mehr als eine Randnotiz in Anbetracht der kommenden Ereignisse.

    -Ende-

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