„Nicolo, seid ihr euch sicher das Laurenz kein Wolf sein kann?“

Verzweifelt drang der Hauptmann nun seit Stunden auf den Franzosen ein, der jedoch schwieg nur und musterte alle Anwesenden mit einem kühlem Blick, wie ihn nur ein Franzose zur Schau tragen kann ohne lächerlich zu wirken.

Laurenz hingegen funkelte sie von mal zu mal wütender an und fummelte an seiner Armbrust, als würde er sie am liebsten hier und jetzt vom Angesicht Gottes schöner Erde jagen.

Sie war sich sicher gewesen. So sicher... Brutal stieß sie in die Bohnen und zerquetschte auch die Möhren die sich neben den Kartoffeln im Eintopf badeten. Verdammt, verdammt, „Verdammt!“, zischte sie leise und in ihrer Verzweiflung legte sie den Löffel und die Gabel weg und krallte ihre schönen Hände in den teuren Stoff der Tunika.

Godfrey zögerte keinen Augenblick, dann legte er vorsichtig seine Rechte auf ihre Linke und löste die Finger aus dem Stoff. Dann umschlang er ihre Hand mit seiner. Das Leder wärmte ihre Haut... sie blickte ihn an und sah Erfahrung in den Narben die sein Gesicht bedeckten, Jahrhunderte von Wissen in dem Blick und kühle Entschlossenheit. Doch der Anblick täuschte, nur wusste sie das nicht.

Wenn er eine Ahnung hatte – was hatte sie übersehen? Denk nach... das „S“ kann nur für vier Personen stehen: Godfrey, mich, Laurenz oder Wilhelm.

Godfrey hat Andreas ohne zu zögern als erster angeklagt, er kann kein Wolf sein.
Ein Blick auf seine ruhige Miene tröstete sie. Ausserdem war er die ganze Nacht bei mir und danach konnte er sich keinen Meter mehr bewegen, dafür habe ich gesorgt.

Dann ist da noch Laurenz, für den Nicolo so einsteht. Ich weiß nicht warum er mir nicht verraten will warum Laurenz nicht verdächtig ist. Vielleicht deckt er ihn? Möglich wäre es. Aber warum hat Konrad uns dann keinen Hinweis auf den Franzosen gegeben?

Wilhelm... hat sich ausschließlich den Meinungen der anderen angeschlossen. Er scheint sich auch kaum um den Rest von uns Gedanken zu machen, keiner hat ihn heute gesehen...“


Wo ist eigentlich Avery, dieser Schlingel? Ich weiß gar nicht ob er den Schrecken von gestern gut überstanden hat, immerhin...“, dann schwieg sie da es sicherlich nicht gut war die anderen daran zu erinnern das sie gemeinsam mit Andreas Avery angeklagt hatte. Aber... sie war sich sicher gewesen. Das „K“ und das „R“ ... vielleicht hatte es auch für mehrere Personen gestanden? Vielleicht gab ihnen Konrad so gute Hinweise, das sie nur weiterdenken mussten?

Sie wollte wieder in ihrem Eintopf herumstochern, doch Godfrey ließ seine Hand schwer auf ihren gefalteten Händen liegen, bis sie ihn anblickte. Die Sehnsucht nach dem Sturm der Nacht funkelte in dem tiefen Grün ihrer Augen auf, doch ihr Blick traf auf ruhendes Wasser. Sie verstand und sie war bereit zu tun was sie tun musste.

Das Abendrot leuchtete eben zur Bäckerei hinein und es war sehr ruhig geworden. „Ich schlage vor wir begeben uns nun zum Marktplatz und versuchen in unserer Seele zu ergründen was für eine Antwort wir als richtig betrachten. Ich werde abwarten und schaun was ihr zu sagen habt, vor allem“ fügte sie mit einem Blick auf Nicolo hinzu, „wenn ihr jemanden in Schutz nehmt bin ich offen dafür eure Hinweise zu hören. Lasst uns gehen.

Damit erhob sich der Hauptmann und das rötliche Licht der Abendsonne ließ ihre Haut erstrahlen wie Gold und ihr Anblick schenkte manch einem Trost, weil sie stark und stolz und wunderschön war.