Sie hatte seinen Hut durchschossen. Und das auch noch in einer panischen und absolut kindischen Anwandlung von Furcht. Das plötzliche Aufstehen und vielleicht auch das auftauchen des Hühnen beschehrte ihr plötzlich weiche Knie. Sie sank nachdenklich auf ihre Bettstatt nieder und griff liebevoll nach ihrem Hut, den ebenfalls zwei Löcher zierten. „Was ist da draussen los Godfrey?“
Und warum sah er so wütend aus? Waren die Wölfe entwischt?
„Wir müssen nochmal los, eine Spur führt von Callans Haus in den Wald. Ihm geht es... nunja... er ist schwer verletzt. Wir haben ihn der Obhut von Agatha und Lydia anvertraut, die stündlich seine Wunden reinigen. Aber er hat sehr viel Blut verloren. Sehr viel Blut. Das ganze Dorf schwimmt in Blut Isa – und diese verdammten Wölfe sind nicht nur ins Dorf gekommen sondern schleichen anscheinend immer noch um das Söldnerlager. Wenn sie mit denen fertig sind werden sie auch wieder uns angreifen. Wir müssen sehen was wir tun können.“Ein liebevoller Blick traf sie und die „Pranke“ umfasste zärtlich ihr Gesicht.
„Allerdings konnte ich nicht auf die Jagd gehen ohne dich an meiner Seite zu wissen. Aber du musst dich schonen...“, fügte er mit einem Blick auf ihr Bein hinzu und streichelte eine blonde Strähne aus ihrem weichen Gesicht. Mit der anderen legte er vorsichtig ein Messerchen in einer reich geschmückten Scheide in ihre Hand. „Es ist Nadeschkas Dolch. Den Liebenden scheint ein merkwürdiges Schicksal beschieden zu sein, Isa.“ Vorsichtig streichelte er ihren Handrücken.
Dann begannen die Schreie.
„Ich muss los“, murmelte der Hüne hektisch und Isas Kuss, den sie auf seine Wange platzieren wollte ging ins Leere. Er verließ das Lager eilig in Richtung Söldnerlager. Und Isabella blickte auf ihr verletztes Bein, streichelte dabei den reich verzierten Griff des Messerchens und dachte nach. Gleichzeitig konnte sie nicht um hin zu lauschen - Inzwischen waren anscheinend mehr Dorfbewohner aus ihren Häusern getrieben worden. Von Ferne hörte Isabella dem Rufen zu, doch der Wind trieb die Stimmen von ihr fort.
Die Nacht war kalt und unter den Schreien der Söldner verfärbte sich der Vollmond über dem Dorf blutrot. Sein grinsendes Antlitz jagte einem Schauer über den Rücken – auch die weiße Rose die nahe Isabellas Schlafstatt stand schimmerte rötlich und der Morgentau auf ihr sah aus wie Blut.
„Gottes Wille...“, flüsterte die Jägerin und betete das Godfrey und Nicolo wenigstens eine der Bestien unschädlich machen würden.
~*~
Godfrey kehrte ausgelaugt und mit Blut an der Kleidung ins Lager zurück. Bei den Söldnern war der Anblick der Wunden um einiges grausamer gewesen als bisher – als hätten diese Bestien neue Kraft geschöpft, weil sie zwei Nächte lang pausiert hatten. Sogar einem hartgesottenen Mann wie ihm raubte dieser Anblick Kraft. Er ließ seine Schultern hängen und stapfte unter dem roten Mond, der langsam sein grausames Leuchten wieder einbüßte, ins Lager zurück.
Isabella hatte „lesend“ wachgelegen und in Andreas Gedichtesammlung geblättert. Als sie die schweren Stiefel mit dem markanten Knarzen näherkommen hörte eilte sie humpelnd vor ihr Zelt. „Godfrey! Du bist wieder da!“
Eine etwas zerzaust aussehende Fee schien in seinen Tagtraum eingedrungen zu sein. Er spürte die Wärme die von ihr ausging als sie ihn dankbar umarmte, um ihre Schultern war eine Flickendecke geschlungen. Merkwürdige Kleidung für ein Fabelwesen. Er lächelte als der Duft von Rosenblüten, Honig und Zimt ihm in die Nase stieg. Es war ganz ungewohnt... dieser Übermut, diese Offenheit die von der Jägerin ausging. Aber er war dankbar für das wohlige Gefühl das in ihm aufstieg. „Wir... hatten einiges zu tun. Wir mussten viele Verletzte versorgen und Wunden abbinden und...“ Isabellas trauriger Blick traf ihn. „Und ich war nicht dort...“ „Das war auch gut so. Immerhin musst auch du deine Kräfte sammeln. Komm jetzt, wir sollten uns saubere Kleidung anziehen und nach deinem Bein sehen.“
Sie folgte ihm still und nur mit einem dünnen Unterkleid unter der Decke angetan in sein Zelt, wo er sich sorgsam seines Waffengurtes entledigte und dann nach und nach alle Kleidungsstücke von seinem Körper abstreifte. Isa wusch sich in einer kleinen Waschschüssel die Hände, die ebenfalls blutverschmiert waren, nachdem sie Godfrey berührt hatte. Sie streichelte grade zärtlich über ihre Hand und erinnerte sich an Godfreys Berührungen nur kurz zuvor, dann spürte sie zwei kräftige Hände die sie umschlangen und festhielten.
Die Decke glitt zwischen den beiden zu Boden, als Isabella wohlig die Hände nach seinen ausstreckte und ihm über die kräftigen Unterarme strich. Sie glitt mit ihren leicht feuchten und glitzernden Händen über seine staubbedeckten Arme, dann drehte sie sich in der Umarmung um und erblickte den Hünen vor sich. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht, als sie mit den nassen Händen über seinen Oberkörper glitt und dort augenscheinlich mehr als nur Gänsehaut verursachte.
Die beiden Jäger blickten sich an und in ihrem Blick lag nichts ausser Verstehen, Vertrauen und Verlangen. Isabella trieb das Spiel mit Feuer und Wasser noch ein wenig weiter, bis Godfrey sich an sie schmiegte und begann zärtlich ihr Gesicht zu küssen.