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Thema: [Werwölfe IV] Tag 7

  1. #21
    Godfrey war zusammen mit Nicolo länger in der Höhle des Hexenfelsen geblieben und beide hatten sich den mittlerweile stark in Verwesung begriffenen Leichnam des Mauren und des Alphawolfes genauer angesehen.
    Nicolo war als Mann der sich der Wissenschaft fast genauso verpflichtet fühlte wie dem Glauben sogar so weit gegangen, einzelne Bereiche des Wolfes herumzudrehen, um ihn genauer in Augenschein zu nehmen.

    Godfrey hingegen starrte die Bestie düster aus seinem verblieben Auge an, als wolle er sie mit seinem oft zitierten bösen Blick einfach zum Beichten bringen, als sein gelehrter Bruder ihn kurz anstieß, nachdem er leise durch die Zähne gepfiffen hatte.

    "Seht 'er, mon Ami. Wir sind bis'er davon ausgegangen, dass die Bestie kampflos fiel als sie von ihrer Brut überrascht wurde. Doch wirft man einen Blick auf diese 'alb im Geröll verborgene Tatze, dann offenbaren sisch..." Er zeigte stolz die Pfote, die er mit Hilfe eines Stockes hochhob und fuhr fort. "...Fleischreste und eingetrocknetes Blut."

    "Also hat diese Bestie doch noch Jemanden erwischt, bevor sie dem Tode anheim gefallen ist. Seltsam genug, denn Niemand im Dorf scheint ernsthaft verletzt zu sein."

    Doch dann durchfuhr es ihn heiß und kalt und sein Kopf ruckte herum, auf den Zügen das Lächeln eines Jägers.
    "Es sei denn natürlich, Jemand gibt seine Verletzung als Krankheit aus und 'kleidet sich wie ein Wolf unter Schafen, gibt sich wie ein Narr unter Weisen und wird doch durch seine Taten offenbar.' Die dumme Hexe, geschrieben von vor 12 Jahren von einem gewissen Nicolo, nicht wahr, mein Freund?"

    Aus dem Dunkel der Höhle kam ein genervtes: "Isch 'abe Eusch schon so oft gesagt, dass es sisch bei dieser Geschichte der Erotik um eine Auftragsarbeit ge'andelt 'atte!"
    Gefolgt von Gemurmel, als sich der weise Gelehrte wieder dem Wolf zuwandte.

    Godfrey blickte gerade dem panisch krakeelenden Seamus nach, als Nicolo wieder aus der Höhle kam und sich die Hände an einem Tuch sauber machte.

    "Also, was 'aben wir?", fragte er, als er sich neben den Pfeife schmauchenden Godfrey stellte und ebenfalls von der Klippe aus den Anblick des Dorfes suchte.
    "Wir können davon ausgehen, dass der Alphawolf vor seinem Tode noch einen seiner Meuchler getötet oder verletzt hatte. Da wir jedoch keine Leiche finden, gehen wir mal von einer Verletzung aus. Darüberhinaus gibt es jedoch nur eine Person im ganzen Dorf, die derzeit bettlägerig ist und bei unserem Bader eingezogen ist: Andreas, der Mann, der angibt, über mehrere Tage in seinem Haus eingeschlossen worden zu sein. Ich vermute jedoch stark, das er seine Verletzung auskuriert hatte.

    Darüberhinaus zeigte er erste Anzeichen von Wahnsinn, als er nach völlig offensichtlichem Hinweis von unserem geliebten Freund St. Konradius trotzdem noch die Exekutive Gottes entzweien wollte und mich anklagte. "


    Er stieß eine Wolke Pfeifenrauch aus und sprach mehr zu sich selbst.
    "Wenn wir jetzt noch ein Zeichen von Konrad hätten, welches meine Theorie untermauert, würde ich sofort Andreas anklagen, den 'eingebildeten K R anken' "

    Dann klopfte er seine Pfeife aus und murrte, als er diesen umtriebigen Händler auf Isabella einreden sah und die beiden Hexenjäger begaben sich zu Laurenz, der eben die Hände in die Hüften gestützt, seinen Plan zum Besten gab.

    "Hast du schon einmal gekämpft, Laurenz?", knurrte Godfrey. "Und damit meine ich nicht den Kampf gegen den Hüftspeck der Pfeffersäcke, sondern einen Krieg. Hast du schonmal ein Gefecht erlebt, die Enge, den Gestank des Blutes, den Lärm und das Chaos?"

    Laurenz blickte ihn an und schwieg.

    "60 Mann unter Waffen stellen bereits eine ernstzunehmende Gefahr für jede Burg dar. Wir müssen davon ausgehen, dass diese Männer bewaffnet und gefährlich sind, wahrscheinlich sind es weitere Deserteure, die nun die Leichen ihrer Kameraden gefunden haben und auf Rache sinnen.
    Im Dorf haben wir wieviele Personen? Vierzig vielleicht, darunter Frauen, Kinder und Alte.
    Niemals in diesem Leben und selbst mit aller Vorbereitung, für die wir nur wenige Stunden haben, bekommen wir eine Verteidigung organisiert oder einen Kampf überlebt, der nicht den Großteil des Dorfes das Leben kosten wird."


    Er wandte sich Isabella zu und sein harter Blick wurde weich, während er trotzdem respektvoll an die Hutkrempe tippte, um zu salutieren.

    "Deswegen schlage ich der Frau Hauptmann vor, das Dorf zu evakuieren und ihre Bewohner zu verbergen, bis die Söldner auf der Suche nach dem Schuldigen des Massakers an ihren Kameraden das Dorf passiert und für verlassen erklärt haben.

    Da sie sich als Deserteure auf der Flucht befinden, werden sie nicht lange an einem Ort verweilen, wir müssen lediglich damit rechnen, dass sie das Dorf berauben werden, was aber ein guter Handel ist, eingedenk der Möglichkeit von Gefahr und Schmerz für Leib und Leben. Deswegen sollten wir einen ortskundigen schnellen Läufer entsenden, den die Dörfler kennen und dem sie vertrauen und Jemand der zurückgeblieben ist, die Leitung des Exodus' zu übertragen, während wir uns hier auf den schlimmsten aller Notfälle vorbereiten. Dass sie uns folgen... deswegen sollte auch Jemand die Spuren so gut es geht verwischen, wenn das Dorf verlassen wird."


    Er seufzte und fuhr Isabella liebevoll mit dem behandschuhten Zeigefinger über die Wange, eine kleine Geste nur, aus der jedoch viel Zärtlichkeit sprach. Dann seufzte er.
    "Wäre Konrad doch nur bei uns..."

    Geändert von Daen vom Clan (20.09.2010 um 10:09 Uhr)

  2. #22
    Als sie Laurenz zurück zu den anderen führte (ihren Dolch, der in ihrem Gürtel verborgen war, hatte sie vorsorglich gelockert und griffbereit falls er Dummheiten machen sollte) fiel ihr auf das er nach etwas duftete, was sie seit langem nicht mehr gerochen hatte. Sie ging so knapp wie möglich hinter ihm um den würzigen, leicht süßlichen Duft einzuatmen der von... Eibischblüten herstammte?

    Verwundert schüttelte Isabella den Kopf. Etwas war faul hier.

    Laurenz, ich verlange mehr Respekt von euch. Denkt ihr wirklich das ich vorhabe hier zu bleiben und zuzusehen wie diese Söldner Frauen und Kinder abschlachten?“, sie verkniff es sich ihn im Gegenzug anzuklagen, denn Wut würde hier nur wieder falsch gedeutet werden.

    Eben als Laurenz seinen Plan erläuterte, den Isabella am liebsten mit einer Ohrfeige beendet hätte, so wütend wie sie auf ihn war, kamen Nicolo und Godfrey zurück. Während Nicolo zufrieden aussah, als hätte er gefunden was er gesucht hatte trug Godfrey ein grimmiges Gesicht zutage. Noch grimmiger als sonst, jedenfalls.

    Isabella ließ zuerst Godfrey sprechen. Sie hatte Respekt vor ihm und war sich bewusst das Loyalität im Moment das wichtigste war. Kein Zwist in den eigenen Reihen war jetzt das wichtigste. Und als er ihr dann über die Wange strich, schwieg sie und schloss die Augen, aber ihr Herz blühte auf wie die weiße Rose es in den letzten Tagen getan hatte. Sie würde den anderen nicht zeigen wie nahe Godfrey und sie sich standen. Es würde in solchen Zeiten nichts bringen.

    Als alle verstummten und sich die Blicke auf sie richteten traf sie eine Entscheidung. Und sie hoffte das es die richtige war. „Ich kenne dieses Dorf inzwischen und liebe jeden der darin ist. Jeden einzelnen. Godfrey hat recht damit das es um die 40 Personen sind – es sind genau 42, falls ich mich nicht verzählt habe und niemanden vergessen habe. Darunter Frauen, Kinder, Alte, Schwache und dazu noch ein paar Bettlägrige wie der alte Simon.

    Ich brauche jetzt vor allem von euch beiden, Seamus und Lydia eine Entscheidung. Glaubt ihr es gibt einen Ort an den wir die Leute führen können, ohne das man sie vom Dorfeingang aus sehen würde und der auch für die Alten schaffbar ist?

    Wenn ja, werde ich Godfreys Ratschlag beherzigen und das Dorf evakuieren, auch auf die Gefahr hin das wir Hab und Gut einbüßen müssen. Falls dem nicht so ist werden wir alle in der Kirche versammeln. Der Hügel ist der beste Verteidigungspunkt und soweit ich weiß hat Raphael dort Waffen und Proviant versteckt.


    Geldrie schnupperte aufgeregt als Raphaels Name fiel. Isabella indessen spürte ein ziehen in ihren Seiten. Die Nieren? Oder war es einfach nur die Nachricht, die ihr wie Blei schwer im Magen lag? Sie räusperte sich und dann nickte sie Seamus zu. „Was meinst du?

    Also... es gibt hinter dem Waldfriedhof ein kleines, von Bäumen umgebenes Tal, ganz in der Nähe der heißen Quellen. Wir müssten einen Bogen schlagen um nicht gesehen zu werden, aber es ist machbar.“ Er nickte nachdrücklich. „Ja wir könnten uns alle dort verbergen.

    Lydia warf aber aufgebracht etwas dazwischen „Aber wir könn'n doch nich einfach unsre Häuser diesen Sweinen überlassn! Also ich würde lieber kämpfen und mich in der Kirche verbarikirrn. Na, was is?“

    Isabella zögerte und hatte Gewissensbisse weil sie es tat. Kühler Kopf, kühler Kopf, denk an Konrad, er würde wollen das du stark bist. Stark.

    Wir bilden nicht zwei Gruppen. Seamus läuft vor zum Dorf und warnt alle und sagt ihnen das sie sich bereit machen sollen um sich in dem Wäldchen zu verstecken. (Diese Aussage wurde begleitet von einem enttäuschten Seufzen von Lydia und überraschenderweise auch von Roland) Jemand muss das ganze auch geordnet ablaufen lassen, also such dir jemanden ruhigen, besonnenen wie Callan der alle zusammenhält und mit deiner Hilfe die Gruppe wohlbehütet aus dem Dorf ziehen lässt. Dann such dir ein paar Jungs die mit Ästen eure Spuren verwischen, geht über harten Boden oder über weiches Gras damit ihr sowenig Spuren wie möglich hinterlasst.

    Dann möchte ich das Roland, Avery, Lydia und Nicolo so rasch wie möglich, aber sich nicht verausgabend ins Dorf aufschließen. Falls es zum Kampf kommen sollte brauche ich euch in guter Verfassung und nicht abgehetzt und nah am Herzinfarkt. Lydia, sieh bitte nach Wilhelm und such eventuell noch ein paar Äste zusammen.Ich denke wir werden dann zu dir aufschließen.

    Laurenz, Godfrey und ich kommen so rasch es geht nach. Und am Ende werden wir vier diejenigen sein die die Söldner ausspähen und versuchen sie von dem Wäldchen fernzuhalten und gegebenenfalls Spuren verwischen. Falls sie verhandeln wollen haben wir hier ja einen Händler der dazu prädestiniert scheint sich und hoffentlich auch andere aus brenzligen Situationen herauszureden. Diplomatie nennt man das, nicht wahr?
    .“

    Das war ihre Entscheidung. Auch wenn einige, so auch Nicolo, leicht verärgert aussahen weil sie nicht dort waren wo sie sein wollten, akzeptierten sie die Entscheidung.

    Los jetzt. Und möge Gott seine Hand über euch halten, ihr die ihr mutigen Herzens seid im Angesicht der Gefahr.“ Sie lächelte ihnen aufmunternd zu, dann setzten sich alle mehr oder weniger schnell in Bewegung. Als sie ausser Sichtweite waren traf wieder einmal ein kalter Blick den Händler.

    Nun zu dir, Händler.“, das letzte Wort spie Isabella fast aus. „Was verbirgst du nun wirklich unter deiner falschen Natternhaut? Erst schleichst du uns in die Mine nach und verrätst uns nicht davon, warnst uns tagelang vor Söldnern die uns angreifen würden und natürlich sind es nicht 8 sondern 80 Mann als sie dann tatsächlich auftauchen, sprichst du mit dir selbst oder einer unsichtbaren Person namens Lachesis, und irgendetwas an dir hat sich seit du auf dem Plateau warst verändert. Was verbirgst du, Wüstensohn? Und was sollte in deinem Monolog bedeuten das „Die Zeit gekommen ist. Und das Lachesis unerbitterlich sein soll"?

    Zu Godfrey gewandt sprach sie hektisch ein paar erklärende Worte, die immer wieder von unterdrücktem Husten unterbrochen wurden. „Ich bin ihm nachgegangen … oben auf dem Plateau … stand er eine ganze Weile und hat mit sich selbst gesprochen. Und hier, schnuppert mal an ihm. Er riecht wie ein parfümierter Botenreiter, nicht wie ein Krieger der eben einige Söldner zur Strecke gebracht hat.

    Die Aufregung tat der Spanierin nicht gut. Sie spürte es. Es begann in ihren Eingeweiden, dann schwollen Worte in ihrem Kopf zu bedrückendem Pochen an. „Hast du schonmal ein Gefecht erlebt, die Enge, den Gestank des Blutes, den Lärm und das Chaos?

    Isabellas Körper schien plötzlich an Gewicht zu verlieren. Sie fiel auf die Knie und hustete bis ein kleiner Knochensplitter dem schleimigen Blut in ein weißgesticktes Taschentuch folgte. „Ich... fühle mich nicht so gut... irgendwie krank...“, murmelte sie leise und Godfrey durchzuckte es in diesem Moment wie ein eiskalter Blitz in einer kohlschwarzer Herbststurmnacht, als er an ihre Seite eilte und seine Hand auf ihren Rücken legte um sie zu stützen, dass vielleicht... die Schnitzerei von Konrad, die Liebenden und das KR für Krank auch auf sie zutreffen konnte.

    Schweißperlen bildeten sich auf der Stirn der Schönen, als sie mit den Händen auf ihren Oberschenkeln abgestützt zu ihm aufsah. Ein kleines Blutgerinnsel lief ihr am Mundrand hinab. Sie bemerkte es nicht. Die Welt um sie herum wurde langsam dunkler, grauer und sie sah nur noch das blau in Godfreys Auge leuchten wie einen Stern am Nachthimmel. Und dann flüsterte sie „Konrad ist bei uns Godfrey. In jeder Handlung, die wir gemeinsam vollziehen. In jedem Kampf, in dem wir einig sind. In jedem Blick den wir noch teilen können. Wir müssen nur...

    Dann fiel sie in sich zusammen und der Schotte strich ihr das blutige Haar aus der Stirn und suchte nach offenen Wunden. Aber bis auf die geronnene Kopfwunde waren da keine. Er hob sie sanft vom Boden auf, ihr Haargespinst leuchtete matt wie Gold knapp über dem Boden und knurrte Laurenz zu „Auf ins Dorf. Solange die eine Gefahr nicht gebannt ist macht es keinen Sinn sich über die andere Gefahr zu sorgen. Wir arbeiten zusammen, richtig?

    Mit zusammengeschobenen Augenbrauen seufzte Laurenz, schulterte seine Armbrust und murmelte „Richtig.

    Schnellen Schrittes holten sie dann auch bald Lydia ein, Laurenz half ihr Williams Leiche noch besser zu verbergen, Godfrey schritt mit dem Hauptmann in den Armen voran zum Dorf. Er überlegte wo sie jetzt sicher sein würde... aber ihm fiel nichts ein, ausser der Ort an dem sich die übrigen Dörfler versteckten.

    Rauchfahnen waren schon hinter dem Wald auszumachen. Waren es die Schornsteine oder waren die Söldner schon daran gegangen zu marodieren und zu plündern?

  3. #23
    "Ihr habt sie gehört.", knurrte Godfrey düster und starrte die vorlaugen Dorfbewohner aus seinem verbliebenen Auge düster an, ehe er eiskalt hinzufügte, zischend und endgültig: "Bewegung."

    Godfrey dankte in Gedanken dem HERRN, dass ihre Expedition wenigstens von Erfolg gekrönt war, immerhin hatte sich Isabella dabei schlimm verletzt.
    Und obschon er seine Gefühle hinter der Maske eines gefrorenen Gesichtes verbarg, rumorte es in seinem Inneren.

    Sie mussten schnell vorwärtskommen und durften nicht zulassen, dass die Söldner beim Vorstoss in das Dorf einen Keil zwischen sie trieben, deswegen packte der massige Schotte die zarte Frau auf seinen Rücken und band sie dort mit zwei Gürteln fest, welcher er über seiner Brust zu einem Kreuzgeschirr verband, so dass ihr Gewicht hauptsächlich auf den Gürtel und damit auf seinen Schultern und der Brust lag, während er beide Hände frei hatte.
    Zum Klettern und Halt suchen. Und natürlich für die Pistole, die nun wieder geladen locker in seinem Mantel saß, falls Laurenz aus seiner Hose weitere Söldner zaubern würde, die ihm folgen zu schienen wie Fliegen dem Kot...

    Sie würden zwar als letzte Gruppe ankommen, aber dafür waren sie zusammen, denn außer Nicolo hätte Godfrey Niemand anders das Leben Isabellas anvertraut und diese heftige Gefühlsregung der Sorge verwandelte sich in innige Grimmigkeit und fühlte sich gut an, gab ihm Kraft, als er entschlossen ausschritt, seine Last vorsichtig transportierend.

  4. #24
    Gegen Mittag hatte Andreas es schließlich geschafft, Callan davon zu überzeugen, dass sein Zustand wieder stabil genug war, um ihn aufstehen zu lassen. Ständig etwas von Rückfällen murmelnd war er somit zu Andreas Haus aufgebrochen, um ihn ein paar seiner Kleidungsstücke zu bringen.
    Beim Anziehen hatte Andreas die Zähne zusammenbeißen müssen, um nicht zusammenzuklappen, aber hätte er Callan um Hilfe gebeten, hätte er wahrscheinlich schneller wieder nackt unter der Decke gelegen, als er "Schwächeanfall" hätte sagen können.
    Als er beim Waschen in einer Wasserschüssel betrachtete, erschrak er. Auch wenn er sich inzwischen besser fühlte, sah sein Gesicht immer noch mehr tot als lebendig aus. Vermutlich würde es noch eine ganze Weile dauern, bis er sich von seinem Zustand erholt hatte.
    Doch dabei würde es ihm bestimmt nicht helfen, wenn er die ganze Zeit in Callans Haus herumsaß. Er musste hinaus, an die frische Luft. Ihn davon zu überzeugen, ihn rauszulassen, war fast noch schwieriger, als ihn darum zu bitten, ihm etwas zum anziehen zu holen. Doch schließlich gab er nach:
    "Bitte, mein Haus ist schließlich kein Gefängnis! Aber glaub nicht, dass ich die Verantwortung übernehmen werde, wenn du draußen zusammenklappst!"
    Trotz der harten Worte meinte Andreas, eine Spur von Sorge um ihn in Callans Blick zu erkennen. Dieser Eindruck bestätigte sich, als dieser ihm einen langen Stock reichte:
    "Hier, der sollte dir helfen, auf den Beinen zu bleiben."
    Andreas bedankte sich, und schließlich verlies er, schwer auf den Stock gestützt, das Haus.
    Auf dem Weg zu seinem Ziel, dem Marktplatz, wäre er trotz seiner Gehhilfe mehrmals fast gestürzt, doch er schaffte es jedesmal, sich gerade noch zu fangen.
    Was er schließlich am Marktplatz fand, überraschte ihn. Denn dort war...
    ... absolut niemand.
    Wo war der Lynchmob, der sich hier die letzten Tage ständig versammelt hatte? Zu glauben, dass die Dorfbewohner endlich zu Sinnen gekommen waren und die Hexenjäger aus dem Dorf gejagt hatten, wäre buchstäblich zu schön gewesen, um wahr zu sein, weswegen er diese Erklärung auch nicht glauben wollte. Aber wo waren dann alle?
    Er fand keine Spur von ihnen, doch schließlich bieb sein Blick an einem Buchstaben hängen, den jemand auf den Stimmzettel gemalt hatte. Ein rotes R...

    'KR wie Kranker... KR wie Kranker... KR wie Kranker...'

    hämmerte es in seinem Kopf. Er setzte sich hin. Anscheinend wollten ihn die Hexenjäger wirklich tot sehen. Doch warum machten sie es auf derart umständliche Art? Sie mussten die Dorfbewohner mit ihren Schauergeschichten doch mittlerweile fest genug in der Hand haben, um ihren Willen einfach so durchzusetzen, besonders nachdem inzwischen eine von ihnen den Posten des Hauptmanns übernommen hatte... Warum also dieses missverständliche Spiel mit den einzelnen Buchstaben?
    Sein Blick wanderte zurück zur Liste. Dann riss er erstaunt die Augen auf. Warum war ihm das nicht gleich aufgefallen? Auf dem zettel stand nicht K und R, sondern nur R. Und darunter hatte jemand den Namen Avery geschrieben.
    K wie Kind. R wie Rabaubke. Sollte das die Lösung sein? War das Ganze nicht gegen ihn sondern gegen Avery gerichtet? Doch warum sollte jemand den Jungen tot sehen wollen? Mit seinem jugendlichen Gemüt stellte er nun wirklich keine Gefahr für die Hexenjäger dar. Trotzdem war es das Wahrscheinlichste, was ihm in den Sinn kam.
    Andreas hoffte wirklich, dass es an diesem Abend nicht wieder zu einer Hinrichtung kommen würde, doch sollte ihn jemand anklagen, würde er seine Theorie, dass die Zeichen auf Avery aufmerksam machen sollten, bekanntgeben.

  5. #25
    Avery befolgte den Ratschlag der Hexenjägerin. So schnell es ging, lief er Richtung Dorf zurück, mit Roland, Lydia und Nicolo im Schlepptau. Mit einem breiten Grinsen wandte er sich Nicolo zu: "Ich bitte Euch. Ich sah Eure Schrift, die meinen Namen formte, auf der Liste, Nicolo." Er seufzte. "Wollt ihr denn unbedingt ein weiterem unschuldigen Kind sein Leben nehmen? Dieser Andreas ist mir, mit Verlaub, wenn ich das so sagen darf, weitaus suspekter als jeder hier, jeder von Euch. Es ist wirklich seltsam, aber die Zeichen des geistes scheinen ebenfalls auf Andreas hinzuweisen. Das K mit dem R bildet das Wort "Kranker". Deswegen bin ich auch der Meinung, dass er ein Werwolf sein muss. Zudem finde ich sein Verhalten bizarr. Er wollte den Kopf des Hexenjägers Godfrey, der uns allen so viel Mut und vertrauen entgegengebracht hat, selbst mir, versteht Ihr? Der Geist will nicht, dass ich mein Leben aushauche, zumindest jetzt noch nicht, weswegen er die Nachricht eindeutiger gemacht hatte. Aus diesem Grund", sprach er auch nun zu den anderen in seiner Gruppe, "muss Andreas an diesem Abend Abschied von seinem Leben nehmen. Zum Wohle des Dorfes!

  6. #26
    Isabella schien nicht allzu begeistert von Laurenz' Vorschlag zu sein. (Oh, diese Rage…) Nun gut, mit ihrem Plan könnte er auch leben. Gemeinsam mit Isabella… (Nein! Daran darf ich nicht denken!)
    Nun wandte sich Isabella wieder zu ihm.
    "Was verbirgst du nun wirklich unter deiner falschen Natternhaut? Erst schleichst du uns in die Mine nach und verrätst uns nicht davon, warnst uns tagelang vor Söldnern die uns angreifen würden und natürlich sind es nicht 8 sondern 80 Mann als sie dann tatsächlich auftauchen, sprichst du mit dir selbst oder einer unsichtbaren Person namens Lachesis, und irgendetwas an dir hat sich seit du auf dem Plateau warst verändert. Was verbirgst du, Wüstensohn? Und was sollte in deinem Monolog bedeuten das „Die Zeit gekommen ist. Und das Lachesis unerbitterlich sein soll?"
    "Lachesis… Moira des Schicksals, die jedem sein Los zuteilt. Für einen ist die Zeit gekommen, für diesen endet der Lebensfaden… er wird heute durchtrennt. Das Schicksal ist gnadenlos, ja unerbittlich. Lachesis hat auch die Stricke gelegt, die die Söldner eine Weile zurückgeworfen haben. Das ist alles, was ich Euch sagen kann.
    Dies war vorerst alles, was Isabella und Godfrey von ihm zu hören bekommen würden. Sie machten sich auf den Weg Richtung Dorf…

    Geändert von Don Cuan (20.09.2010 um 13:02 Uhr) Grund: Für Vivi korrigiert!

  7. #27
    Andreas war wohl in Gedanken eingenickt, denn als ihn jemand ansprach, hatte er gar nicht mitbekommen, dass sich im jemand genähert hatte.

    "He, du da, aufstehen!"

    Irritiert schaute er auf. Doch als er bemerkte, dass sich ein Schwert direkt vor seiner Nasenspitze befand, war er sofort hellwach. Vorsichtig blicke er sich um. Soweit er sehen konnte, befanden sich überall Männer um ihn herum. Und ihrem Aussehen nach handelte es sich nicht gerade um Bauern. Anscheinend steckte er gerade in mächtigen Schwierigkeiten...

    "Ich sagte aufstehen!"

    Der Mann, der mit ihm sprach schien der Anführer der Truppe zu sein. Zumindest sah seine Ausrüstung noch am wenigsten rostzerfressen aus.
    Andreas bemühte sich, dem Befehl Folge zu leisten. Währenddessen arbeitete sein Verstand fieberhaft. Was wollten diese Männer von ihm? Schließlich stand er auf seinen Stock gestützt da.

    "Also Bürschchen, wo ist euer Hauptmann?"

    Das war schlecht! Erstens wusste er nicht, wo Isabella steckte, und zweitens würde es vermutlich kein gutes Ende nehmen, wenn dieses Männer (vermutlich handelte es sich um Söldner) auf die Hexenjäger treffen würden. Vermutlich würden die Hexenjäger einen Kampf beginnen, an dessen Ende das gesamte Dorf tot sein würde. Dazu durfte es nicht kommen! Daher antworte er lieber mit einer kleinen Lüge:

    "Ich bin euer Ansprechpartner! Ich bin dazu berechtigt, im Namen des Dorfes zu sprechen."

    Die Söldner blickten ihn einen Moment lang an und...
    brachen schließlich in schallendes Gelächter aus.
    Der Anführer schien jedoch ernst zu bleiben:

    "Bürschchen, du bringst mich jetzt sofort zu eurem Hauptmann, sonst lass ich dich von meinen Männern in Stücke hacken. Du siehst nicht so aus, als ob du auch nur in der Lage wärst, eine Motte zum Licht zu führen!"

    In Andreas Augen blitzte es auf. Anscheind musste er die großen Geschütze auffahren. Er lies seine Stock fallen und richtete sich kerzengerade auf.

    "Ihr wisst wohl nicht mit wem ihr es zu tun habt?"

    "Mit dem Dorftrottel?"

    erwiderte einer der Söldner, doch der Anführer gebot ihm mit einer Geste zu schweigen.

    "Du scheinst dich ja schrecklich wichtig zu nehmen. Und, mit wem haben wir die Ehre?"

    "Ich bin Andreas von Hohenstein. Sohn und alleiniger Erbe von Gabriel von Hohenstein. Ich schätze dieser Name sagt euch etwas. Er ist zudem ein guter Freund des Mannes, unter dessen Herrschaft dieses Dorf steht. Ich wünsche also zu wissen, warum ihr hier bis an die Zähne bewaffnet in dieses Dorf eindringt und die armen Bürger hier bedroht."

    "Oh, da scheint jemand einen interessanten Namen aufgeschnappt zu haben. Ich nehme nicht an, dass du deine Behauptung auch beweisen kannst?"

    fragte der Anführer sarksatisch.

    "Rein zufällig kann ich das wirklich. Seht ihr dieses Haus dort drüben? Es ist meines. Wenn ihr mir bitte dorthin folgen würdet, könnte ich euch von der Wahrhaftigkeit meiner Aussagen überzeugen."

    "Nein, ich denke, wir beide bleiben mal schön hier. Stattdessen wirst du uns sagen, was wir in dem Haus finden können, und einer meiner Männer wird nachsehen, ob du die Wahrheit sagst."

    Andreas sah ein, dass das wohl das Äußerste war, was er dem Mann abringen konnte.

    "In dem Tischchen neben dem Bett gibt es eine Schublade. In dieser befinden sich ein Siegel meiner Familie sowie ein Schreiben meines Vaters, das meine Identität bestätigt."

    Der Anführer wies auf einen seiner Männer:

    "Du da, geh und sieh nach, ob das, was er sagt, wahr ist."

    Der Mann lief sofort los und kam wenig später mit zwei gegenständen in den Händen zurück, die er dem Anführer reichte. Inzwischen hatten sich einige der Dorfbewohner eingefunden, die die Söldner aus einiger Entfernung ängstlich betrachteten. Zum Glück war von den kampfwütigen hexenjägern weit und breit nichts zu sehen. Nachdem der Anführer die beiden Gegenstände skeptisch gemustert hatte, gab er seinen Männern die Anweisung, die Waffen zu senken und reichte Andreas, der sich inzwischen wieder auf seinen Stock stützte, weil ihn die Kraft verlassen hatte, das Siegel und den Brief, bevor er sagte:

    "Ich entschuldige mich, Bürsch... äh, Herr von Hohenstein. Aber wisst ihr, es ist leicht, etwas zu bahaupten, wenn man in schwierigkeiten steckt. Dürfte ich mir trotzdem die Frage erlauben, was ihr in diesem Dorf außerhab des direkten Einflussbereichs eures Vaters treibt?"

    "Nein!"

    Wenn die Kerle wüssten, weshalb er hier war, wäre ihr neugefundener Respekt vor ihm gleich wieder beim Teufel."

    "Wie wäre es, wenn ihr stattdessen mir erzählt, was ihr hier zu suchen habt?"

    "Der Graf von Düsterwald schickt uns. Wir wurden damit beauftragt, das Verschwinden einigen Silbers aus seiner Mine zu untersuchen, sowie das Verschwinden einiger unserer Männer. Sämtliche Spuren deuten darauf hin, dass dies auf Aktionen der hiesigen Dorfbewohner zurückzuführen ist."

    Das sagte Andreas überhaupt nichts, andererseits hatte er an den letzten Tagen nicht viel mitbekommen. Sein Gehirn mahlte. Wie konnten sie aus dieser Sache heil rauskommen. Doch ausgerechnet als ihm erneut kurz schwindelig wurde, kam ihm die rettende Idee.

    "Ihr könntet in der Tat Recht haben. Die Bewohner dieses Dorfes handeln momentan völlig irrational und ohne jeden Verstand. Dies ist auf eine hochansteckende Seuche zurückzuführen, die hier vor etwa einer Woche von einer Bande abtrünniger Hexenjäger eingeschleppt wurde."

    Die ihn am nächsten stehenden Söldner wichen ein Stück zurück und Gemurmel setzte ein. Der Anführer, der bei Andreas Worten ebenfalls leicht bleich geworden war, fragte:

    "Eine Seuche... Wie äußert sie sich?"

    "Seht mich an. Und ich befinde mich bereits auf dem Weg der Besserung."

    Andreas hoffte, dass die Söldner die anderen Dorfbewohner nicht allzu genau anblicken würden, so dass sie feststellen konnten, dass die meisten davon eigentlich ziemlich gesund wirkten.

    "Viele Menschen sind bereits tot. Seht nur, wie wenige Personen sich hier eingefunden haben. Und die körperlichen Symptome sind nicht einmal das Schlimmste daran. Viel schlimmer ist der Wahnsinn, der mit der Krankehit einhergeht."

    "Wahn... sinn?"

    Der Anführer schien noch bleicher zu werden.

    "Oh ja. Seit Tagen bringen sich die Dorfbewohner gegenseitig um. Sie sprechen von Monstern, übernatürlichen Wesen, die des nachts umgehen. Seht ihr dieses abgebrannte Gerüst da? Es war ein Galgen um diejeingen, welche sie für 'schuldig' halten, hinzurichten! Oder diese Liste da. Auf ihr stehen die Namen derer, die sie als nächstes hinzurichten gedenken! Nicht nur das, dieser Buchstabe da ganz oben. Sie interpretieren ihn als als Zeichen eines Geistes, der ihenn helfen will, die Monster zu erlegen! Haltet ihr es da für unmöglich, dass einige paranoide Dorfbewohner eine Silbermine gestürmt und nebenbei einige eurer kameraden ermordet haben?"

    Während seiner Worte hatte die Unruhe unter den Söldnern immer weiter zugenommen, und sie blickten fast hilfesuchend zu ihrem Anführer, der sich allerdings auch nicht sonderlich wohl in seiner Haut zu fühlen schien.

    "Das sind äußerst... beunruhigende Neuigkeiten. Ich fürchte, ich werde mich mit dem Graf in Verbindung setzen müssen, um weitere Anweisungen zu erbitten."

    Sehr gut, das würde sie einige Tage kosten, selbst wenn sie einen berittenen Boten losschickten.

    "Allerdings werde ich in der Zwischenzeit nicht erlauben, dass irgendjemand das Dorf verlässt, um ein weiteres Ausbreiten der Seuche zu verhindern."

    "Dürfte ich vorschlagen, dass ihr solange außerhalb des Dorfes Stellung bezieht? Und behaltet eure Männer besser im Auge, wei gesagt, die Seuche ist äußerst anteckend."

    Der Anführer schlcukte heftig.

    "Das wird in der Tat das Beste sein. Männer, wir ziehen ab."

    Die letzten Worte hatte er gebrüllt. Seine Männer konnten seinem Befehl gar nicht schnell genug nachkommen. Dann wandte er sich noch ein letztes Mal an Andreas:

    "Ich hoffe sehr, dass ihr es schaffen werdet, diese Seuche unter Kontrolle zu bringen. Aber glaubt nicht, dass deswegen diese Geschichte aus der Welt ist. Sobald wir neue Anweisungen haben, werden wir entsprechend verfahren!"

    Nach diesem Worten beeilte er sich, seinen Männern zu folgen.

    Kaum war er außer Sichtweite, sank Andreas auf die Knie und erbrach die Suppe, die er heute von Callan als Frühstück serviert bekommen hatte. Auch wenn er ihnen eine Gnadenfrist erkauft hatte, war die Geschichte damit noch lange nicht ausgestanden, und beim nächsten Mal würden sie mehr aufbieten müssen als die Geschichte mit der angeblichen Seuche...

  8. #28
    Seamus war inzwischen bei Callan angekommen, der ihn aber kurzerhand ins Badehaus zog und mit den Fingern auf den Lippen zu Schweigen gebot.

    Sie belauschten das Gespräch zwischen den Söldnern und Andreas und, wie es das Schicksal doch gütig mit ihnen meinte!, am Ende der Unterredung zogen sie wieder aus dem Dorf ab.

    Sie eilten hinaus und Callan zog Andreas auf eine Bank, um ihm ein wenig Medizin, die den Magen beruhigen sollte einzuflößen. Dazu murmelte er die ganze Zeit "ich habs euch doch gesagt... überfordert... schwach.. aber nicht hören wollen..." und seufzte leise vor sich hin.

    Der Anblick der Söldner hatte sich indessen wie ein Lauffeuer herumgesprochen und während die Kinder in den Häusern bleiben mussten erkundigten sich die Frauen und Alten bei der kleinen Truppe um Seamus und Callan danach was diese bewaffneten Männer von ihnen wollten.

    Grade als Seamus die Lage aufklärte und auch sagte das es nicht lange dauerte bis der Hauptmann und die kampffähigen wieder da seien, kam der Trupp um Nicolo ins Dorf. Allerdings schlugen sie die Hacken in die weiche Erde und mussten ihren schnellen Lauf erstmal bremsen als sie sahen das die Söldner schon wieder abzogen - ohne irgendetwas gebrandschatzt oder aufgeschlitzt zu haben.

    "Bewundernswerte Arbeit, meine ich.", sagte Nicolo mit einem Lächeln auf dem Gesicht. "Kommen sie heute Abend und verspeisen uns einen nach dem anderen?"

    "Idiot...", feixte der erschöpfte Andreas nur in seine Richtung und Seamus meinte er würde alles erklären wenn die übrigen da waren.

    Roland und Nicolo entschlossen sich Willams Leichnam aus dem Wald zu bergen, solange die Luft noch rein war. Ihnen kam auch bald Lydia mit Geldrie entgegen, kurz hinter ihr Laurenz der mit hocherhobener Nase im Laufschritt in Richtung Dorf eilte und zuletzt Godfrey, der tapfer mit der zusätzlichen Last mit den anderen Schritt gehalten hatte.

    Nicolo schilderte ihm die Situation und sprach von einer "Ruhe vor dem Sturm". Aber sie hätten Zeit genug sich um Isabella zu kümmern. Und um die Wölfe, die sie an ihren Wunden erkennen würden, das wär das wichtigste.

    Godfrey seufzte nur leise und verfiel in einen langsameren Trott als Nicolo sich hinter Roland den Waldweg hinauf hermachte, Laurenz rannte ihm sowieso davon und würde nicht weit kommen. Er blickte immer wieder besorgt auf die ohnmächtige Spanierin, deren Stirn heiß auf seinem Nacken brannte.

    "Wundfieber oder so etwas...", murmelte er wütend. Wütend auf sich, das er sie mitgehen hatte lassen, wütend auf sie das sie mit auf diese Expedition wollte und wütend auf das Schicksal das sie beide keine Wahl gehabt hatten anders zu entscheiden. Sie war Hauptmann und musste als solcher ein mutiges Vorbild für die anderen sein.

    Als das Dorf in Sichtweite war, schritt er rasch auf den Bader zu, der wieder über Andreas kniete (dem er nur einen kalten Blick schenkte, da er immernoch glaubte dieser würde seine Verletzungen nur vortäuschen) und dann erkundigte er sich nach Medikamenten gegen Fieber und innere Verletzungen. Danach erst bemerkte er das Seamus darauf brannte ihnen allen davon zu erzählen was passiert war und welche Heldentat Andreas für das Dorf getan hatte - er ließ den Mann reden und kühlte währenddessen Isas heiße Stirn mit einem in Wasser getränktem Tuch.

    Gleich im Anschluss an Seamus Worte wollte Godfrey sich um Isabella kümmern, die aber war aus ihrer Ohnmacht erwacht und blinzelte müde über Godfreys Schulter auf die Menge.

    Sie schenkte Andreas ein müdes Lächeln und sprach dann leise Worte, die allerdings noch in der letzten Reihe aufgrund der Grabesstille, zu hören waren. Nur in der Ferne mahlten die Räder und Füße der Söldner.

    "Wir müssen... heute Abend...wieder eine Entscheidung treffen, die uns allen nicht leicht fällt. Wir dürfen... Konrads Hinweise... das K und das R nicht ignorieren, das weiß ich.

    Doch, für wen immer ihr... stimmt... bedenkt dies: Laurenz hat sich heute... seltsam verhalten als wir ... unterwegs waren. Er sprach mit sich selbst oder zumindest mit einem unsichtbaren Wesen. Er versucht immer wieder die Hexenjäger als Schuldige hinzustellen, wo wir doch seit Jahren einander vertrauen und unsre Gefährten kennen, und Zwietracht zu sähen, auch auf unsrer Wanderung versuchte er uns zu verunsichern indem er von Verrat in den eignen Reihen sprach."


    Sie musste heftig husten, was ihr schönes Gesicht schmerzhaft verzerrte.

    "Das Mädchen Serah starb als sie ihn verdächtigte, genauso wie Ewald, dessen letzte Anklage ebenfalls gegen Laurenz stand. Er war auch der Erste der Raphael anklagte, angeblich weil er es musste. Aber da Raphael unschuldig ist muss Laurenz schuldig sein. ... Das war was ich zu sagen hatte. Es ist nicht mehr und nicht weniger als ich damals bei Lester zu sagen hatte. Auch ohne Konrads Unterstützung ist dies mein Urteil. Aber ich gebe meine Stimme erst ab wenn ich... euer Urteil gehört habe."

    Sie ließ ihre Stirn kurz auf Godfreys Nacken fallen, dann bat sie ihn mit hoher, mädchenhaft und verletzlich klingender Stimme "Lass mich runter. Ich muss für sie dasein, wenigstens noch heute. Solange ich kann."

  9. #29
    "Wenn du es wünscht, Frau Hauptmann, dann mit Selbstverständnis. Aber ich denke, dass ein schwankend fallender Hauptmann ein schlechteres Vorbild ist, als ein Hauptmann der hoch zu Roß auf dem hässlichsten Pferd weit und breit thront.", knurrte er und Isabella glaubte fast, sich verhört zu haben... hatte Godfrey gerade so etwas Verrücktes wie einen Scherz gemacht?
    Doch schnell wurde sie eines Besseren belehrt. Er hatte mitnichten nicht sich gemeint, sondern wirklich das abgrundtief hässliche Botenpferd von Agatha, auf das Godfrey ihr nun mit stoischer Ruhe half, um es dann am Zügel für sie zu führen.

    "Leibwache und Knappe, das Mindeste, was ich für meine Frau Hauptmann tun kann, nicht wahr?", murrte er, doch konnte sie mittlerweile hinter seine Maske aus Stolz, Würde und Unnahbarkeit blicken - er war einfach gerne in ihrer Nähe, würde es jedoch kaum zugeben. Jedenfalls nicht so plump.

  10. #30
    Godfreys Sorge um sie zwang sie zu einem Lächeln. Allerdings schwankte sie auch auf dem Pferd ganz schön, was Callan dazu brachte sie vor die Wahl zu stellen dort oben angebunden oder in seinem Hause versorgt zu werden. „Ich bleibe erstmal hier oben“, flüsterte sie leise und ihre Hände falteten sich über dem Sattelknauf, auf dem auch schon Godfreys Rechte lag. Sie drückte seine Hand vorsichtig und schloss die Augen. Sie sehnte sich nach einem ruhigen Moment mit ihm, aber jetzt konnten sie nicht gehen. Die Abstimmung war grade erst dabei sich zu entfachen – und von den 8, die übrig waren, hatten 3 noch nicht abgestimmt, sie eingeschlossen.

    Wilhelm, der todtraurige alte Mann, hatte inzwischen sein Zeichen ebenfalls hinter Andreas Namen gesetzt. Auch an seinem Körper konnte man den Schwund des Alters und zahlreiche Krankheiten ablesen. Godfreys Zeichen stand ebenfalls dort, der Krieger hatte sich anscheinend schon viel früher dazu entschlossen den Dichter zu beschuldigen. Das Kind Avery beschuldigte den Kranken ebenfalls.

    Callan der Kräuterkundige des Dorfes, hatte sich ihrer Vermutung angeschlossen, das Laurenz ebenfalls Schuld an den nächtlichen Übergriffen trug.

    Nur der Gelehrte Nicolo war standhaft geblieben und sah in Konrads Zeichen einen Hinweis auf Avery – das Kind. Und womöglich in dem „R“ das heute offenbart wurde einen neuen Hinweis.
    Auch Andreas beschuldigte das Kind – und folgte Konrads Zeichen.

    Sie wusste das sie eine Entscheidung treffen musste. Und ihr Wort würde schwerer wiegen als das aller anderen. Sie seufzte leise auf und sie musste sich konzentrieren um nicht zu weinen. Wieder lag das Leben eines Menschen in ihren Händen.

    Avery hatte, als sie ihn gefunden hatten, ausgesehen als würde er ununterbrochen Alpträume durchleben. Andreas sah ebenfalls so erschöpft aus, doch nicht das schlechte Gewissen plagte ihn sondern Gift das Diran in die Luft gesprengt hatte. Und Laurenz war in ihren Augen schuldig, aber sie müsste Konrads Weisung ignorieren und sich dann rechtfertigen … nicht nur den irdischen Wesen gegenüber, befürchtete sie. Avery? Möchtest du... ich meine...“, dann schwieg sie wieder denn der traurige Blick des Jungen verschloss ihr fürs Erste die Lippen.

    Ihr Blick blieb am kraftlosen und erschöpften Andreas hängen, der sich schmerzvoll den Bauch hielt. Er war tapfer für sie gewesen. So tapfer das er ein Regiment ohne Waffen oder Gold zur Umkehr gezwungen hatte. Obwohl er verletzt war. Und sie konnte so gut nachvollziehen das er 3 Tage in seinem Haus verbracht hatte. Wäre sie an seiner Stelle und ohne die Bürde eines Hauptmanns, dann hätte sie es wohl vermieden überhaupt von jemandem so gesehen zu werden.

    "Ich kann Konrads Weisung nicht ignorieren. Aber ebensowenig glaube ich das Andreas mit dem Hinweis gemeint war. Er hat sich heute für uns alle eingesetzt. Meine Stimme werde ich heute einem jungen Mann geben der seit dem Tod unserer geschätzten Bäckersfrau bereits Höllenqualen durchleidet. Ich hoffe ihn so nicht nur von dem Schmerz zu befreien sondern auch seine Seele von dem Bösen das seinem Körper innewohnt. Avery, meine Stimme gilt heut Nacht dir. Es tut mir Leid."

  11. #31
    Nicolo versuchte Averys Worte zu ignorieren, doch er konnte es nicht. Was war wenn er wieder einen Fehler machte? Avery hatte Recht: Konrads Zeichen deutete nun auf Andreas, nicht auf den Jungen.
    Hätte kein Konrad kein weiteres Zeichen mehr geschickt, hätten sie Avery getötet. Doch Konrad schickte ihnen eine Botschaft, die auf Andreas deutete. Das ganze war nicht nur einfach ein Hinweis auf einen Werwolf - es war ein Zeichen dafür, dass Konrad Avery schützen wollte.
    "Es tut mir Leid, Avery. Isch 'abe dich lange verdächtigt, doch du scheinst Recht zu 'aben: Konrad ist von deiner Unschuld überzeugt und somit war isch im Unrecht. Die Zeischen deuten auf Andreas, den isch selber vor ein paar Tagen noch 'ängen se'en wollte."
    Nicolo ging etwas in die Hocke um auf Augenhöhe mit Avery zu sein: "Isch 'offe du kannst mir verzei'en."
    Es gefiel Nicolo nicht, dass er Isabella im Stich lassen würde. Doch der neue Buchstabe musste einfach eine Fortsetzung der alten Nachricht sein. Ein R alleine wäre kein Hinweis auf irgendwen. Es gäbe keinen Grund für Konrad einen Hinweis zu geben, der so wenig hilfreich wäre. Nur was hatte Isabella vor, die Konrads Hinweis einfach ignorierte?

    Nicolo hatte zwar mit einigen seiner Überlegungen Recht gehabt, aber bei Avery war er sich so sicher gewesen.
    "Merde! Das gefällt mir ganz und gar nischt! Was 'abe isch nur überse'en?"

  12. #32
    (Von Hohenstein… von Hohenstein. Das müsste er sein… tatsächlich.)
    Die Bedrohung von außen war gebannt, sodass sich Laurenz der heutigen Entscheidung zuwenden konnte.
    "Andreas! Ihr habt es mit Euren Worten tatsächlich geschafft, die Söldner vom Dorf abzuhalten. Aber das Schicksal werdet Ihr nicht aufhalten können.
    Avery! Noch ein halbes Kind bist Du… Dein Gutglauben und deine Neugier könnten dir bald den Tod bescheren.
    Euer beider Los ist unabdingbar, doch für einen ist es noch zu früh…
    Euer Lebensfaden wird heute gekappt, Andreas von Hohenstein!"

  13. #33
    Ein wirklich eigenartiger Tag näherte sich dem Ende. Erst die verschwindenden Händler, dann die Hexe. Im Hexenfelsen fanden sie letztlich die Überreste des Alphawolfs, der zweite, den sie in Düsterwald fanden, neben Lester. Es gab einen Kampf, soviel war sicher, doch gab es etwas, was sie alle übersehen hatten? Roland hoffte, dass es nicht so war.

    Dann kam plötzlich Laurenz von seinem Alleingang zurück und erzählte etwas von einer größeren Gruppe Söldner. Es war klar, dass die nichts gutes im Schilde führten und so kam es, dass sie sich alle so schnell wie möglich zurück ins Dorf machten. Doch gerade als Rolands Gruppe dort ankam, verließen die Söldner das Dorf und bei dem plötzlichen Augenkontakt zwischen ihnen, erschreckten die Söldner fürchterlich und versteckten sich im Wald. Was auch immer da vorgefallen war...

    Nachdem sie den Leichnam Williams geborgen hatten, ging es jetzt wirklich zurück ins Dorf. Roland brachte sein Gepäck wieder nach Hause und kehrte zum Dorfplatz zurück, zum einen, weil er wissen wollte, was da nun vorgefallen war und zum anderen, um seiner traurigen Pflicht nachzukommen. Als er endlich ankam, musste Roland feststellen, dass so gut wie alle Dorfbewohner anwesend waren, anscheinend konnten sie es gar nicht früh genug erwarten, endlich jemanden zu töten...wie tief waren sie alle mittlerweile gesunken?

    Roland schritt zum Wahlzettel, es war wohl der selbe, den sie auch gestern benutzt hatten, denn es war immernoch dieses K zu sehen, obwohl... Bei näherer Betrachtung, musster Roland feststellen, dass es jetzt viel eher nach etwas anderem aussah, es war viel mehr ein R. Das erinnerte Roland daran, dass gestern auf Grund des Ks jemand gestorben war, der anscheinend kein Werwolf, sondern viel mehr ein Vampir war, obwohl dieser niemandem Schaden zugefügt haben müsste... Vielleicht standen ja die beiden Buchstaben mitteinander in Verbindung, etwas in der Richtung musste es sein... Es waren also ein K und ein R...

    Kind viel da schonmal aus, gab es noch etwas was auf einen der Bewohner gepasst hätte? Roland sah sich fragend um und erblickte den nicht gerade gesund aussehenden Mann, er schien wohl krank...das musste es sein! Aber wie hieß dieser Mann? Roland konnte sich nicht erinnern, allerdings schienen auch andere auf den selben Gedanken gekommen zu sein und diese Wahl war relativ eindeutig zu gunsten, oder zu missgunsten von einem bestimmten Andreas von Hohenstein ausgegangen, da musste es so sein, zumindest wenn man dem Zeichen glauben konnte...

  14. #34
    Mit Schrecken in den Augen blickte Isabella auf die erneuerte Todesliste und alle Namen stimmten einstimmig gegen Andreas - ausser er selber und sie.

    "Das kann doch nicht...", flüsterte sie schwach und schwankte im Sattel. Sie dachte an seine aufrichtigen Worte an dem Abend als sie spazieren gegangen waren. An sein Schicksal, als Sohn eines Adeligen, der verstoßen war bis er... nunja etwas erledigt hatte.

    Sie blickte traurig auf ihn hinab und dachte an ihr eigenes Schicksal. Würde es genauso enden? Schwach, von einer Krankheit gezeichnet und unfähig sich zu wehren?

    Sie begann leise, fast unhörbar einen Vers zu flüstern, den sie vor langer Zeit von einem Spielmann in Italien gehört hatte:

    Ein Einsamer ist er,
    unscheinbar gekleidet,
    der von der Schönheit lebt;
    im Schoße der Natur
    lernt er von der Schöpfung;
    in der Stille der Nacht wacht er
    und wartet auf die Eingebung des Geistes.
    Er ist ein Sämann,
    der die Samen seines Herzens aussät
    in Gärten der Gefühle,
    wo sie reiche Frucht tragen.


    Dann wandte sie sich von dem Namensverwandten ihres ehemaligen Geliebten ab und zwang ihr Herz zu schweigen. Denn es musste weitergehen. Und der Weg führte nur über Leichen.

  15. #35

    Examinierter Senfautomat
    stars_mod
    Das Volk hatte entschieden. Andreas sollte diesen Tag gelnycht werden. Mit dem Untergehen der Sonne schwanden auch die letzten Momente der Hoffnung für den Verurteilten. Aber würde diese Entscheidung dem Dorf nützen oder es nur noch mehr in Chaos stürzen? Nur die Zukunft würde dies offenbaren können.

    Die nachtaktiven Rollen melden sich bitte auf dem gewohnten Weg.

  16. #36
    Andreas stand von der Bank, auf der er gesessen hatte, auf. Es war an der Zeit, der Menge zu geben, weswegen sie gekommen war. Einen weiteren sinnlosen Tod. Doch zuerst wandte er sich ein letztes Mal an Callan.

    "Ich danke euch für alles, was ihr für mich getan habt. Auch wenn es sich letztendlich als sinnlos erwiesen hat. Falls ihr diese Geschichte hier überleben solltet... Im Boden meines Schrankes in meinem Haus befindet sich ein loses Brett. Darunter solltet ihr meine finanziellen Reserven finden. Nehmt meinetwegen alles davon. Ich denke, es sollte euch für euren Aufwand entschädigen."

    Dann drehte er sich um. Sein Blick wanderte über den Platz. Alle waren sie hier. Um seinen Tod zu sehen. Nun, er würde ihen nicht den Gefallen tun, stillschweigend abzutreten.
    Kurz schweifte sein Blick zurück zu der Liste. Erst jetzt erkannte er die Ironie. Sein Leben hatte er den buchstaben gewidmet, und nun sollten zwei Buchstaben seinen Tod besiegeln...
    Er trat in die Mitte des Platzes. Den Stock, den Callan ihm gegeben hatte, warf er weg. Es gab keinen Grund mehr, seine Kräfte zu schonen.

    "Freunde, Mitbürger und alle anderen. Ihr habt gemeinschaftlich beschlossen, mich dem Tode preiszugeben. Nun, ich bin bereit, mich meinem Schicksal zu stellen. Doch zuvor will ich euch an etwas erinnern:
    Heute Nachmittag stand ich dieser Bande von Söldnern gegenüber. Und ich sagte ihnen, in Düsterwald würde eine Seuche grassieren. Nun, was eine Seuche, die den Körper angreift, angeht, habe ich gelogen. Doch was ich über eine Seuche des Geistes sagte, entsprach leider vollkommen der Wahrheit. Es ist keine Seuche, die irgendjemand hier heilen könnte. Es ist keine Seuche, die eure Körper schwächt. Und trotzdem kann ich sie in allen euren Augen erkennen. Diese Seuche, von der ich spreche, sie zerstört Familien, reißt Freunde auseinander und lässt selbst die Überlebenden als geschlagene Krüppel zurück. Die Seuche, von der ich spreche, ist das Misstrauen.
    Erinnert ihr euch noch, wie all dies angefangen hat? Eines Tages, der inzwischen Äonen herzusein scheint, kamen diese Männer, die sich Hexenjäger nannten, in unser Dorf. Wir nahmen sie als Gäste auf, wie es sich für brave Bürger geziemt. Doch in der Nacht darauf gab es einen Vorfall: Zwei Pferde, ebenfalls von Außenstehenden, die eigentlich nicht in das Schicksal dieses Dorfes verwickelt waren, wurden getötet. Und wer waren die ersten, die daraufhin ihre Stimme erhoben? Eben diese Außenstehenden, die zufälligerweise gerade hier waren und am nächsten Tag eigentlich weiterziehen wollten.
    Haben sie uns empfohlen, die Ruhe zu bewahren und nach dem Übeltäter zu suchen? Nein! Sie sprachen von Monstern und Dämonen, die unter uns weilen würden, und es auf unsere Leben abgesehen hätten. Und wie reagierten wir darauf? Wir stimmten in ihre Rufe mit ein. An diesem Tag starb ein Bewohner dieses Dorfes. Doch nicht durch irgendwelche Bestien, sondern durch Menschenhand! Und was geschah in der Nacht darauf? Einer dieser Hexenjäger wurde getötet. Wer hätte einen Grund dazu gehabt? Nun, die Antwort ist einfach: Wir alle! Wir, die wir unser einfaches Leben lieben! Wir, die vorhersehen konnten, wohin uns dieser Hass, den diese Männer entfacht hatten, führen würde. Keine Monster. Ganz normale Menschen, die einfach nur ein glückliches Leben führen wollten. Doch wir verstanden die warnung nicht. Auch am nächsten Tag verurteilten wir wieder einen Unschuldigen zum Tod. Und die Spirale des Todes drehte sich immer weiter. Nun sind nur noch wir wenigen verblieben von dem, was einst ein friedliches Dorf, das niemandem Böses wollte, war! Und heute werde ich den vielen vor mir folgen. Und dies, obwolhl seit zwei Tagen niemand mehr gestorben ist. Doch wir sind alle viel zu verblendet, um die einfach Wahrheit zu erkennen:
    Die Monster sind tatsächlich unter uns. Doch sie sind nicht an Zähnen oder Krallen zu erkennen. Um es auf lateinisch zu sagen: Homus homini lupus est. Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf. Doch zeigen sich diese Wölfe nicht in nächtlicher Gestalt, sondern sie wandeln in menschlicher Gestalt unter uns. Ihre Seele ist es, die sie zu etwas anderem als Menschen macht.
    und wir haben ihnen bereitwillig die Türen zu unseren Herzen geöffnet. Wir haben zugelassen, dass sie ihre üble Saat des Zweifels in uns säen und sie dafür noch bejubelt. So denke ich, bekommen wir letztendlich das, was wir verdient haben. Das, wofür wir uns wissentlich entschieden haben."


    Er verstumte. Er hatte alles gesagt, was er zu sagen gehabt hatte. Doch vor seinem Tod blieb ihm noch eines zu tun. Sein Blick schweifte über die Menge und blieb schließlich an einem Gesicht hängen. Er dachte an den Gegenstand in seiner Tasche. Den Gegenstand, an den zu denken er Callan gebeten hatte, als dieser für ihn seine Kleidung holen sollte, obwohl dieser argumentiert hatte, in seinem Zustand könnte er ohnehin nichts damit anfangen.
    Er griff in die Tasche, und zog den Gegenstand hervor. Er holte aus, um ihn in Richtung der Person in der Menge, die er sich auserkoren hatte, zu schleudern.
    Auf einmal knallte ein Schuss. Einer der Hexenjäger musste ihn abgegeben haben, als er erkannt hatte, das Andreas im Begriff war, etwas in die Menge zu schleudern. Andreas wurde herumgewirbelt, doch der Gegenstand hatte seine Hand bereits verlassen und schoss auf sein Ziel zu. Auf das Gesicht der Frau, die die Dorfbewohner zu ihrem Hauptmann ernannt hatten. Isabella.

    Doch kurz bevor es ihr Gesicht erreicht, sank es nach unten, und landete schließlicbh perfekt in ihrer Hand. Isabella blickte hinab. Es handelte sich um Andreas' Buch, aus dem er ihr an ihrem ersten Abend im Dorf vorgelesen hatte.
    Doch Andreas lag inzwischen am Boden. Mit verschwimmenden Gedanken fragte er sich, ob Isabella wohl die Botschaft, die er ihr damit ausrichten wollte, verstehen würde. Eigentlich schien Symbolik nicht ihre Stärke zu sein. Vielleicht würde sie es sogar für ein Liebesgeschenk halten. Dieser Gedanke brachte Andreas dazu, laut aufzulachen. Doch dieses Lachen ging in ein Röcheln über und verstummte schließlich ganz.

    Die Dorfbewohner blickten auf das Opfer, das der heutige Tag gefordert hatte. Doch als die ersten sich bereits abwandten kam mysteriöserweise noch einmal Leben in den Leichnam. Er fing an zu zucken und sich zu winden. Außerdem schien er zu wachsen. Seine Kleidung riss, doch was unter den Fetzen zum Vorschein kam, war ncht der schlaffe körper eines Knaben, der seine Tage mit Dichtung verbrachte, sondern der Körper eines kriegers, muskulös und drahtig. Und von Fell bedeckt. Sein Kopf bildete eine lange Schnauze aus, und aus seinem rücken schoss ein schwanz hervor. Vor den Dorfbewohnern lag eines dieser Monster, deren Existenz Andreas bis zuletzt in Zweifel gezogen hatte. Eine letzte regung des Monsters. Seine Hand, die sich inzwischen in eine klaue verwandelt hatte, schnellte hervor. Er hatte einen einzigen Finger ausgestreckt. Seinen Zeigefinger. Dieser deutete anklagend auf die Dorfbewohner.

  17. #37
    "Eine Heulsuse, bis zuletzt." knurrte Godfrey und schüttelte nur den Kopf, während er den Rauch wegblies, der aus dem Lauf seiner Pistole aufstieg.

    "Ein wahrer Mann steht zu seinen Fehlern und macht nicht die anderen dafür verantwortlich." zischte er und machte sich daran, die sterblichen Überreste in einen Kartoffelsack zu packen.

  18. #38
    Erschrocken hatte Isabella das kleine in rotes Leder eingebundene Notizbuch des Dichters aufgefangen. Als sie über die Hülle strich fielen ihr seine Worte vom ersten Abend, an dem der Kummer noch nicht über Düsterwald hereingebrochen war, wieder ein und klangen in ihr wieder:

    An meinen Bruder

    Denkst du des Schlosses noch auf stiller Höh?
    Das Horn lockt nächtlich dort, als obs dich riefe,
    Am Abgrund grast das Reh,
    Es rauscht der Wald verwirrend aus der Tiefe –
    O stille, wecke nicht, es war als schliefe
    Da drunten ein unnennbar Weh.

    Kennst du den Garten? – Wenn sich Lenz erneut,
    Geht dort ein Mädchen auf den kühlen Gängen
    Still durch die Einsamkeit,
    Und weckt den leisen Strom von Zauberklängen,
    Als ob die Blumen und die Bäume sängen
    Rings von der alten schönen Zeit.

    Ihr Wipfel und ihr Bronnen rauscht nur zu!
    Wohin du auch in wilder Lust magst dringen,
    Du findest nirgends Ruh,
    Erreichen wird dich das geheime Singen, –
    Ach, dieses Bannes zauberischen Ringen
    Entfliehn wir nimmer, ich und du!


    "Entfliehn wir nimmer ich und du!", flüsterte sie leise. Sie steckte das kleine Büchlein neben das große das sie scherzhafterweise einmal auf ihn werfen wollte und vielleicht würde es ihr irgendwann mal dabei helfen lesen zu lernen. Aber bis dahin hatte es in ihren Augen nicht viel Nutzen.

    Wenn es wie er sagte die "Seele ist, die sie zu etwas anderem als Menschen macht." dann hatten sie gut daran getan Lilith im geweihten Boden zu begraben. Denn sie war wahrhaftig ein guter, liebevoller Mensch gewesen.

    Aber Andreas... sie hatte sich sehr in ihm getäuscht. Seine Hetzrede, die zuletzt jeden einzelnen Dorfbewohner angeklagt hatte, vergass sie ebenso rasch wieder wie sie sie gehört hatte. Aber die Tatsache das sie so getäuscht worden war machte ihr Angst und ließ sie im aufkommenden Abendwind zittern. Sie zog ihren geflickten, schäbig aussehenden Hut tiefer in ihr Gesicht und flüsterte leise ein Gedicht, das sie vor langer, langer Zeit als Kind gehört hatte:

    "Die Welt wird schöner mit jedem Tag,
    man weiß nicht was noch werden mag.
    Nun armes Herz, vergiß die Qual!
    Nun muss sich alles, alles wenden!"


    Über dem blutroten Abendhimmel stieg ein voller Mond über dem Dorf auf. Wenigstens würde diese Nacht ein wenig heller sein als die bisherigen.

  19. #39
    Godfrey stellte den Lumpensack mit den Überresten des Poeten zu Boden, bereit, ihn noch diesen Abend zu begraben oder zu verbrennen, als er den Blick auf Isabella erhaschte, die da stand und leise zu singen schien.

    "Frau Hauptmann, ich muss dich sprechen." knurrte er und zeigte nach dem Salutieren mit Fingertippen an die Hutkrempe auf ihr Zeltlager. Sachte stubste er sie an, sie schien wie eine Marionette geschockt neben ihm zu wie eine Untote zu wandeln bis sie schließlich im Lager ankamen und sich Isabella langsam auf seinen Stuhl zu setzen begann.
    "Frau Hauptmann." flüsterte Godfrey leise. "Verzeih meine Scharade, aber ich kann dies nicht vor deinen Schutzbefohlenen machen."
    Dann drehte er sich um und ließ seinen Handrücken gleich einer Ohrfeige gegen ihre Wange sausen.
    Isabella war eine Kriegerin, athletisch und vom Leben der Jagd gezeichnet, deswegen spürte sie die Ohrfeige kaum, aber es war ihr stolzes spanisches Erbe, welches sofort hochkochte, die Trauer in einem Feuersturm aus Wut verzehrte und die Unsicherheit hinwegfegte, deutlich fordernd, Godfrey das Gesicht vom Kopf zu kratzen, ebenso stand sie vor ihm, mörderisch blitzten ihre Augen.

    "Schon besser." meinte Godfrey kalt, dann legte er links und rechts jeweils eine seiner Pranken auf ihre Schultern.
    "Frau Hauptmann. Du hast heute einen großartigen Sieg errungen. Ein weiterer Wolf ist tot und liegt darnieder und ich will verdammt sein, wenn wir heute nicht den hässlichsten und garstigsten unter ihnen getötet haben.
    Es ist mein tiefempfundender Wunsch mich für die militärische Führung zu bedanken."


    Godfreys Stimme war ohne jede Falschheit, jedes Wort sprach er einzeln aus, blickte ihr dabei direkt in die unergründlichen Augen, die ihre Stimmung wie bei keinem anderen Menschen den er kannte, verrieten.
    "Aber ich..." fuhr sie auf, die Wildkatze, die Kriegerin, die Amazone, nicht bereit, ihr selbst zu vergeben.

    "Als ich im Krieg war." unterbrach er sie, als hätte er sie nicht gehört. "Als ich im Krieg war, gekämpft und geblutet habe, da habe ich erlebt, wie die größten und stärksten Ritter des Regiments auf unbedeutenden Flanken gefochten haben, manchmal keinen einzigen Feind fällten. Ich habe Bogenschützen erlebt, die Salve um Salve in den Nachthimmel schossen und keinen einzigen Mann getroffen haben. Und ich habe erlebt, wie die Fusstruppen nur auf Befehl ihres Oberen die Schlacht zum Guten gewendet haben."

    Er ließ sich neben ihr nieder, den gewohnten Abstand einhaltend und er kostete von Nicolos vor sich hin köchelnder Suppe, zischte wütend und spuckte aus, als er sich die Zunge verbrannte.

    "Entscheidend ist aber, dass jeder Chronist von gemeinsamen Sieg sprach, sie feierten gemeinsam, sie tranken gemeinsam.
    Was ich damit sagen will: Unerheblich und egal welche Stimme du abgegeben hast, entscheidend ist das wir gewonnen haben und dass es uns noch gibt. Als letzte Bastion zwischen Licht und Dunkelheit."

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