Die Bäckerin biss sich nach Godfreys Worten auf die Unterlippe, da es so viele mögliche Antworten gab, und sie doch keine davon aussprechen konnte. Ihr Kopf hatte längst realisiert, dass es nun keinen Verbündeten mehr gab, weshalb sie einfach schwieg, als die beiden sich auf den Weg zur Kapelle machten.
Ihr Herz wollte es jedoch noch nicht wahrhaben, weshalb ihr hunderte Gedanken durch den Kopf gingen, die sie mit niemandem teilen konnte.

Nur schemenhaft hatte sie wahrgenommen, dass Laurenz sich an Nicolo gewandt hatte, und ihn wohl kurzfristig davon ablenkte, sie mit seinen Blicken zu durchbohren. Dafür hatte sie die Nachricht über Ewald ganz genau gehört, und sie fragte sich, wer ihn wohl begraben würde, bei dem Tumult, der gerade herrschte. Genauso wie Winfried immer noch einsam in seinem Haus lag, ohne dass jemand sich die Mühe machte, ihn wenigstens wegzuschaffen.
"Ist es in Ordnung, dass man sich mehr um mich kümmert, als die Toten zu betrauern und ihnen den letzten Frieden zu gewähren?" ,flüsterte sie leise zu sich selbst, denn sie wollte nicht, dass Godfrey sie hörte.
Eine Gewohnheit aus alten Tagen... mit sich selbst sprechen. Früher hatte Lilith oft vor sich hingeplappert, obwohl niemand bei ihr war, um zu antworten. Damals war sie es nicht anders gewohnt, doch jetzt war es plötzlich so schwer geworden, für sich selbst zu sein.

Bald kamen sie an der Kapelle an, die wie immer leer stand. Die Bäckerin erinnerte sich gut an das letzte Mal, wo sie hier gewesen war, durchnässt und deprimiert, und nur eines hatte ihr ein wenig Kraft gegeben.
Lilith ging ein paar Schritte, bis sie an der Mauer war, an die sie sich damals gelehnt hatte, und Godfrey folgte ihr wortlos. Als wäre es etwas besonders Kostbares, strich sie über das karge Stück Wand, bevor sie die Hand an ihren Nacken legte, um das Amulett abzunehmen.
Etwas abrupt drehte sie sich zu Godfrey um, streckte ihm das Kreuz entgegen und ein Sonnenstrahl, der durch eines der Fenster brach, schien zufällig genau darauf, als wäre es ein göttliches Zeichen. "Ihr wollt bestimmt nicht, dass Euer "Feind" dieses wertvolle Stück von Euch trägt. Also könnt Ihr es wieder haben, falls Ihr es wünscht." Ihre Stimme war ungewöhnlich fest, doch ihre Hand, die merklich zitterte, verriet ihre Angst, das Amulett loslassen zu müssen.