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Young Imperial Combo
Lilith war auf ihre Knie gesunken, und sammelte die verstreuten Blätter auf, während Nicolo sich an Avery gewandt hatte. Ihre Füße hätten sie ohnehin nicht mehr viel länger getragen.
Als das Gespräch andauerte, und sie nicht direkt angesprochen wurde, hatte sie endlich das Gefühl, dass sie etwas sagen musste, und bemühte sich, ihre Stimme wieder zu finden. Diese zitterte merklich, als sie leise begann: „Hört auf, auf anderen herumzuhacken, wenn es Euch vorerst um mich geht.“ Sie versuchte nicht, sich aufzurichten, denn sie fühlte sich, als könnte sie jeden Augenblick das Bewusstsein verlieren.
„Ihr seid bestimmt erfahrener als ich, was diese Jagd angeht, aber habt Ihr nicht immer wieder erwähnt, wie klug sich die Wölfe tarnen? Lester war bestimmt ein wenig verrückt, aber nicht dumm… genau so wenig, wie es die restlichen Kreaturen von ihnen sind.“ Als sie den Namen des Wirtes erwähnte, schluckte sie, doch gleichzeitig wurde ihre Stimme lauter, getrieben von der Enttäuschung, die nun in ihr hochkochte. „Dass der neue Hauptmann es schwer haben würde, war eine logische Konsequenz. Wenn der Wirt nun einen Wolf erwählt hätte, hätte er damit rechnen müssen, dass dieser bald verdächtig wird. Die Wölfe hätten in der Nacht ein Opfer gefunden, aber den Tag hätten sie vertan, weil die Aufmerksamkeit nur dem neuen Hauptmann gebühren würde, vor allem wenn er die Nacht überlebt. Hätte er aber einen Menschen gewählt, hätten sie ein Opfer des Nachts, eines am Tag, zu dem sie nicht einmal etwas beitragen müssten, und eines in der folgenden Nacht. Ich wurde bewacht, das Risiko war hoch, dass es ihnen nicht gelingen würde, mich umzubringen, und warum sollten sie es wagen, wenn doch ihr am Tage die Arbeit für sie erledigt?“
Sie hatte sich in die Verzweiflung geredet, und die Worte sprudelten aus ihr heraus, während sie hoffte, dass selbiges nicht mit ihren aufkommenden Tränen passieren würde. Jetzt war nicht die Zeit zu weinen.
„Und euer Argument mit... Winfried…“ Sie kniff die Augen zu, weil es ihr nun doch schwer fiel, sich zusammen zu reißen, „…muss ein Witz sein. Woher nehmt Ihr die Ansicht, dass ich mit ihm viel Zeit verbracht hätte? Ja, ich hatte ihn gern, aber dies ist kein Verbrechen. Weit mehr Zeit habe ich mit Euren eigenen Kollegen verbracht! Wenn ihr Euch außerdem erinnert, hatten Winfried und Lester nie ein gutes Verhältnis, und nun wollt ihr behaupten, die Wölfe würden sich zusammenrotten? Ich sage es noch einmal, sie sind doch nicht so dumm, als dass sie sich alle auch am Tage miteinander herumtreiben würden.“
Sie war schwach von der Aufregung, doch sie zog sich mühsam mit dem Speer vom Boden hoch. Es überraschte sie ein wenig, dass er ihr nicht abgenommen worden war, aber wahrscheinlich wusste ein jeder, dass sie damit sowieso nicht viel ausrichten konnte.
„Eines möchte ich noch sagen.“, sagte die Bäckerin zu Nicolo leise und starrte auf die Tafel mit ihrem Namen. „Ich verstehe, dass Ihr mich bei Eurer Deutung der Botschaft anklagt… auch wenn es mich traurig stimmt, dass Ihr nicht den kleinsten Zweifel einräumt.“ Irgendeine Linie dort oben stammte von Godfrey, und sie spürte einen Stich, der ihr durch Mark und Bein fuhr, als sie daran dachte. „Aber wer war der Dritte? Die, die ich hier versammelt sehe, gehören nicht zu euch Hexenjägern… kommt es Euch nicht komisch vor, dass jemand sofort Eurer Stimme gefolgt ist? Blindlinks, ohne abzuwägen, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, ob ich unschuldig sein könnte. Vielleicht hatte derjenige Angst, von Euch angeklagt zu werden, würde er nicht sofort mit dem Finger auf mich zeigen…. so wie Ihr es mit Avery macht. Ihr verbreitet Angst, nicht ich.“
Mit diesen Worten sah sie den Jungen entschuldigend an, doch sie wandte ihren Blick schnell wieder ab. Solche Aktionen waren es ja gerade, die ihn in eine missliche Lage brachten. So richtete sie ihren Blick auf Nicolo und sagte flehend, fast demütig: „Was immer ich in Euren Augen auch sein mag, Ihr wisst, dass ich nicht stark oder mutig bin. Also lasst mich zur Kapelle gehen, um zu beten. Es kann mich gerne jemand begleiten, nur lasst mich nicht hier angeprangert stehen.“
Bevor jedoch eine Antwort kommen konnte, hatte Laurenz das Wort an sich gerissen. Überrascht davon, dass sie eine Entscheidung treffen sollte, konnte sie nicht sofort antworten. "Ihr solltet darüber mit den Hexenjägern sprechen. Mir wird niemand folgen, und wenn ich den Tag nicht überleben sollte, wäre es verschwendete Mühe." Sie lächelte schwach, doch es war die einzig richtige Entscheidung.
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