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Engel
Ein weiterer Schrei brach sich seinen weg vorbei an Andreas ausgetrockneten und gesprungenen Lippen. Doch selbst wenn im Moment jemand an dem Haus vorbeigekommen wäre, so hätte er wohl nichts vernommen, den Andreas Stimme war inzwischen so heiser, dass selbst dieser Schrei eigentlich eher ein Flüstern war.
Wie schon so oft neigte sich die Gestalt zu Seite und erbrach sich auf den Boden neben dem Bett, obwohl das Erbrochene längst nur noch aus Galle vermischt mit Blut bestand, da sich der Inhalt des Magens schon längst in der ekelerregenden Pfütze auf dem Boden verteilt hatte. Und doch war diesmal etwas anders, denn Andreas... erwachte!
Sein letzter Schrei verwandelte sich unvermittelt in ein Husten, und die Gestalt mit den eingesunkenen Wangen schlug die schwarzumrandeten Augen auf. In diesem Moment beherrschte nur ein einziger Gedanke Andreas' Kopf: WASSER! Er musste unbedingt etwas trinken. Er fühlte sich, als hätte er das letzte Mal vor Jahren etwas Flüssiges zu sich genommen. Orientierungslos bewegte er sich zur Seite, was jedoch zur Folge hatte, dass sein Schwerpunkt sich über den Rand des Bettes hinausbewegte, so dass er das Gleichgewicht verlor, und in die erst kürzlich weiter genährte Brühe auf dem Boden stürzte.
Mühsam kroch er voran. Irgendwo musste er eine Waschschüssel stehen haben. In ihr befand sich Wasser. Schließlich stieß er mit dem Kopf gegen ein Tischbein. Dort oben, doirt musste sich das Wasser befinden. Mit aller ihm verbliebenen Kraft zog er sich an dem Tisch nach oben. Zum Glück war es ein niedriges Abstelltischchen, so dass er sich nur auf seine Knie hochquälen musste. Und da vor ihm stand die Schüssel. Wassser!
Obwohl es abgestanden und schmutzig war, konnte Andreas nicht anders, als seinen Kopf in die Schüssel zu tauchen und den Mund zu öffnen. Prompt füllte lebensverheißendes Nass seinen Mund. Doch er trank zu schnell, und infogedessen musste er gleich darauf husten. Obwohl sein Kopf sich noch immer unter Wasser befand, verließ ein Teil des kostbaren wassers seinen Körper wieder. Mühsam zog er seinen Kopf aus der Schüssel, um nicht auch noch zu ertrinken, was in seinem gegenwärtigen Zustand wohl der Gipfel der Ironie gewesen wäre. Als das Husten nachgelassen hatte, senkte er seinen Kopf ein weiteres Mal hinab, und trank erneut, doch diesmal vorsichtiger.
Als sein Durst halbwegs gestillt war, wurde im plötzlich wieder schwarz vor Augen. Er versuchte noch. seinen Kopf aus der Schüssel zu ziehen, doch stattdessen zerrte er sie von dem Tischchen, so dass sie auf den Boden fiel und zerbrach. Einen Moment später gesellte sich Andreas' Kopf hinzu, der dadurch durch einige Schnittwunden verunziert wurde.
Dann lag Andreas eine weitere Weile einfach nur da.
Doch schließlich kam er wieder zu sich.
Immerhin war sein Kopf nun wieder klar. In etwa so klar wie ein Schlammloch, dass mit Öl gefüllt war, doch immerhin konnte er wieder denken. Allerdings fühlte er sich immer noch so übel, dass der Kater, den er vorgestern - war es vorgestern gewesen? Er wusste nicht, wie lange er dagelegen hatte - hatte ertragen müssen, wie ein Gottesgeschenk vorgekommen wäre.
Mühsam versuchte er sich zu erinnern, was geschehen war. Es hatte einen lauten Knall gegeben... etwas war explodiert... das Haus des Alchemisten... Andreas war hingerannt, um zu sehen, was passiert war... plötzlich war eine seltsame rosane Wolke aus den Ruinen des zerstörten Hauses emporgestiegen... sie hatte Andreas eingehüllt... plötzlich hatte sich Andreas schlecht gefühlt... er hatte begonnen, heftig zu husten... er war nach Hause getaumelt... dann wurde alles schwarz, bis zum gegenwärtigen Augenblick...
Er versuchte nachzudenken. Würde sich sein Kopf nur nicht anfühlen, als wäre er wochenlang mit schersten Schmiedehämmern bearbeitet worden... Vermutlich hatten sich bei der Explosionen einige Chemikalien vermischt und dadurch eine giftige Wolke erzeugt, in die Andreas unverschuldet hineingeraten war. Mit den bekannten Folgen.
Plötzlich nahm er seine Umgebung wahr. den verdreckten Boden. Den scherbenhaufen, in dem er lag. Den Gestank nach Schweiß, Krankheit und Erbrochenem, der in dem Raum vorherrschte. Seine Kleidung, die nass vom Schweiß und anderen Flüssigkeiten an seinem Körper klebte. Der ekelerregende Geschmack in seinem Mund, der ihn fast dazu gebracht hätte, sich ein weiteres Mal zu erbrechen.
Er hielt es nicht mehr aus! Er musste aus diesem Haus heraus! Doch zum Aufstehen fehlt ihm immer noch die Kraft. So begann er, sich auf allen vieren in Richtung der Tür zu bewegen. Dass sich weitere Scherben der zerbrochenen Schüssel in seine Hände und Füße bohrten nahm er kaum wahr.
Als er schließlich endlich die Tür erreicht hatte, streckte er schwach einen seiner Arme nach oben zum Griff. Im fünften Anlauf gelang es im tatsächlich, ihn zu fassen zu kriegen. Mühsam gelang es ihm, seinen Körper, dessen Gewicht auf mehrere Tonnen angestiegen zu sein schien, nach oben zu zerren. Irgendwann war er dann hoch genug, um sich gegen die Tür zu lehnen, die dadurch aufschwang. Er machte drei Schrite ins Freie, ehe er erneut zusammenbrach und ohnmächtig wurde.
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