Die Hand Godfreys zuckte mit eisiger und erbarmungsloser Entschlossenheit nach vorne, bereit, ihr das Amulett zu entreißen, doch in der Bewegung erstarrte seine Hand und es war ihm anzusehen, wie Erinnerungen und längt totgeglaubte Satzfetzen oder Bilder aus der Vergangenheit vor seinem geistigen Auge spukten.
Dann legte er seine große Hand langsam und sanft um die Hand der Bäckerin herum.

"Es war ein Geschenk aus schöneren Tagen, Lilith. Während sich Menschen ändern, streiten, sich verlieben, sich vergessen oder Hass zu gären beginnt, verliert ein Geschenk niemals seinen Charakter und steht für das, was am Tag des Anvertrauens des Geschenkes zwischen den beiden Menschen war.
Wenn dir dieses Stück Holz auch nur in irgendeiner Art und Weise Kraft oder Trost spendet oder es nur einen Funken Seele in dir gibt, der dieses Amulett behalten möchte, dann bitte ich dich - behalte es bitte."


Die raue Oberfläche seines Handschuhs lag noch immer auf der Hand der Bäckerin, sie spürte trotzdem die Wärme, die von seiner Handfläche ausging, als er seine Hand vorsichtig zurückzog.

"Es mag dich wundern..." seufzte er leise "...aber ich wünsche Niemandem dem Tod, niemandem Schmerz, niemandem die Folter. Alles, was ich selbst meinem schlimmsten Feind wünsche und wofür ich bete, ist die Erlösung aus der Sünde.
Wir sind alles Menschen, Gott, der HERR hat uns mit schwachen Herzen versehen, damit wir uns Seiner würdig erweisen können und alles Gute und alles Böse hat seinen Ursprung in unseren menschlichen Herzen."


Er blickte sich in der kleinen Kapelle um, genoss die Kühle des Gebäudes, die sich auf seine Haut legte, die er als in Flammen stehend empfand.

"Ich bin nur ein Soldat, Lilith. Ein Krieger Gottes. Wenn ich von 'Feind' spreche, dann nur, weil mir manche Feinde durch den Lauf der Jahrzehnte mehr ans Herz gewachsen sind als angebliche Verbündete. Wenn ich 'Feind' sage, dann als Soldat - mit allem was für mich dazugehört. Respekt, Gnade, Milde, aber auch Konsequenz und Entschlossenheit.

Oft wäre es von Vorteil, jemand anders zu sein, ohne Bürde und Last..."


Den letzten Satz hatte er nur geflüstert, doch dann straffte er sich und er blickte sie aus seinem hellblauen, verbliebenen Auge an.

"Bete nun, Lilith."