Ergebnis 1 bis 20 von 220

Thema: [Werwölfe IV] Tag 4

Hybrid-Darstellung

Vorheriger Beitrag Vorheriger Beitrag   Nächster Beitrag Nächster Beitrag
  1. #1
    Dunkelheit umgab die Bäckerin, als sie spät in ihre Backstube zurück gekehrt war. Sie hatte keine Kerze entzündet, denn jede Quelle des Lichts erschien ihr unpassend an einem Abend wie diesem.
    Sobald sie über die Türschwelle getreten war, hatte sie den Speer, der immer noch an der Tischplatte lehnte, energisch an sich gerissen, weil es etwas Greifbares war, etwas Reales. Ein Ding, das bloß das war, was es sein sollte - ohne dunkle Geheimnisse oder versteckte Hintergründe.

    Voller Verzweiflung krallte Lilith sich so fest an die Waffe, dass ihre Fingerknöchel weiß hervortraten, und mit dem Holz in der Hand ließ sie sich auf ihr Bett sinken, da sie nicht sagen konnte, wie lange ihre Füße sie noch tragen konnten.
    Lange lag sie so da, der Speer an ihrer Seite wie eine Puppe, die ein Kind zum Einschlafen benötigte. Die Dunkelheit, in die sie dabei starrte, erschien ihr nicht wie ein unergründliches Nichts, in dem sie nichts erkennen konnte. Vor ihr tanzten die Schatten, die sich nach und nach zu Gestalten formten, sich wieder auflösten und neue Bilder ergaben.

    "Warum?" ,sprach die einsame Stimme der Bäckerin, als sie meinte, die Flammen zu sehen, in denen Lester verschwunden war.
    "Die Entscheidung mag schwachsinnig erscheinen, aber ich vertraue euch."
    Was bedeutete das überhaupt? Wie konnte jemand wie Lester von Vertrauen sprechen? Nicht nur, dass er das von ihnen allen missbraucht hatte... er hatte sich um niemanden gekümmert, außer seiner Liebsten wahrscheinlich, er hätte das ganze Dorf ausgelöscht... Also, in welcher Hinsicht mochte er ihr vertrauen? Was erwartete er? Oder waren es nur leere Worte eines verdammten Mannes gewesen, der sein Zerstörungswerk einfach fortführen wollte?
    "Welcher Irre ernennt mich denn zum Hauptmann?" , stieß Lilith unter zusammengepressten Zähnen hervor, und eine Träne bahnte sich den Weg über ihre Wange und befeuchtete, da sie auf dem Rücken lag, ihr Ohr, was ein ziemlich ungutes Gefühl war.

    Einige Dorfbewohner hatten sie beglückwünscht, andere hatten gar nichts gesagt... aber ihr Verhalten bedeutete nichts, denn im Herzen dachten sie alle dasselbe. Ihre Augen hatten sie allesamt verraten, und ihr Misstrauen, ihre Angst, hatten sie nicht verbergen können. "Warum du?" stand fast auf ihrer Stirn geschrieben, und Lilith konnte es ihnen nicht einmal verdenken.
    Eine zweite Träne trat hervor und sammelte sich im Ohr, gefolgt von einer dritten... einer vierten... bis sie unzählbar geworden waren und Lilith so schluchzte, dass das ganze Haus von dem Geräusch erfüllt war.
    "Ich... ich kann das nicht!" ,brach aus ihr hervor, obwohl es ja doch niemand hörte. "Wer... wer kann mir jetzt noch helfen?"
    Sie weinte noch eine ganze Weile lang, zusammengekauert in der Dunkelheit, zurückgeworfen in ihren Käfig der Einsamkeit, aus dem sie so verzweifelt versucht hatte, auszubrechen.

    Irgendwann schlief sie schließlich vor Erschöpfung ein, in der einen Hand den Speer, in der anderen das hölzerne Kreuz des Hexenjägers, doch beides vermochte nicht, ihren Schmerz zu lindern.

  2. #2
    "Oh nein. Nichts da." Avery war voller Wut auf Lester. Wie konnte diese Ausgeburt der Hölle es auch noch wagen, Lilith, die Dorfschönheit, zum nächstbesten Hauptmann zu machen? Am liebsten würde er ihn ja glatt noch einmal wiederbeleben, nur um ihn noch einmal heftig aufgrund dessen zu verprügeln. Was für ein Saftsack er doch war. Hätte er doch irgendjemand anderen genommen........aber doch nicht Lilith. Er versuchte, ihr offenbar irgendetwas anzuhängen, das war klar. Doch dann stutzte er. Was wollte dieser Mann damit bewirken? Er war kein Dorfbewohner gewesen, soviel war offensichtlich. Doch stand er auch nicht direkt auf der Seite der Bösen. Er wollte ja nur letztendlich seine Liebe mit Nadeschka ausleben. "Die Schöne und das Biest.......was für ein Quark!", sagte er sich, während er Richtung Backstube lief. "Was hat er sich nur dabei gedacht, gerade eine Menschensfrau aus dem dorf zu nehmen? Hätte er nicht genausogut eine Dame im Pelz nehmen können? Da beißen sich die Gesetze der Natur!" Avery war wirklich stinksauer auf Lester. Er konnte diese Kreatur einfach nicht nachvollziehen.
    Außer Atem erreichte er die Backstube. "Das gibt es doch nicht.", meinte Avery. "Das darf einfach nicht wahr sein." Er klopfte. Nichts kam. Er klopfte nochmal. Es kam immernoch nichts. Nach dem dritten Mal Klopfen ließ er es bleiben. "Armes Ding.", sagte er sich. "Ist bestimmt totunglücklich und erschöpft, weil dieser Teufel sie zum neuen Hauptmann ernannt hat." Er ballte die Fäuste.
    "Sie wird aber kein derartiges Ende nehmen. Das schwöre ich mir." Und so setzte er sich demonstrativ neben das Haus, damit dem neuen Hauptmann auch ja nichts zustoßen würde. Es war kühl. Aber das machte ihm auch im Moment nichts aus. Sollten diese Viecher nur kommen. Irgendwann verließ ihn aber dann auch das Bewusstsein und er schlief ein.

Stichworte

Berechtigungen

  • Neue Themen erstellen: Nein
  • Themen beantworten: Nein
  • Anhänge hochladen: Nein
  • Beiträge bearbeiten: Nein
  •