Im Gegensatz zu den vorherigen Nächten, war diese unruhig. Das Bett erschien härter, die Luft kühler als üblich. Das Einschlafen glich einem Kampf und Nadeschka wälzte sich gequält in den Schlaf. Die Vorzeichen sollten aber nicht ohne Ergebnis bleiben. In der Nacht hörte sie ein Knarzen und die leise tippelten Schritt ihrer Schwester. Im Halbschlaf wollte sie nach ihr rufen um sie zu begleiten, doch die Müdigkeit versiegelte ihren Mund und lähmte ihre Glieder. Der schläfrige Schleier der Nacht senkte sich wieder über ihren Geist, als auf einmal ein scharfer Schmerz durch ihren Körper zuckte. Mit einem Schlag saß sie schweißgebadet aufrecht in ihrem Bett. Ihr Blick war starr auf das geschlossene Fenster vor ihr gerichtet. Sie sah sich um. Nadja lag nicht in ihrem Bett. Wie lange war sie weg genickt? Ein paar Minuten oder nur einen Moment? Wie auch immer, das beunruhigende Gefühl krallte sich um ihren Körper wie die knochigen Finger eines Skelettes. Zitternd warf Nascha ihre Decke auf den Boden, als sie abrupt aus dem Bett stürzte. Die Stille der Nacht war schlimmer als der Lärm eines Raubüberfalls. Den Dolch des Hexenjägers fest umklammert tapste sie auf nackten Füßen die kalten Holzbretter entlang. Mit pochenden Herzen lief sie dann weiter die Treppe zur Gaststube herunter, in der Hoffnung ihre Schwester lebendig auf der Toilette oder bei einem harmlosen Spaziergang vor dem Wirtshaus zu finden. Doch noch bevor sie sah, was sie sah, roch sie ihn, den Tod. Auf ihren Reisen war sie dem Duft der Fäule, des Blutes. Kurz, ganz kurz blieb sie stehen. Vielleicht war das alles nicht wahr, wenn sie wieder ins Bett gehen würde. Vielleicht war das alles ein Traum. Ihre Schwester lag bestimmt im Bett und schlief seelenruhig neben ihr. Es war alles gut. Doch ihr rasendes Herz und die Kälte die ihren Körper hinauf kroch straften ihre Gedanken lügen. Mit klappernden Zähnen schritt Nadeschka Schritt umd Schritt, Stufe um Stufe weiter hinab. Näher zu dem Geruch den sie nie wieder riechen wollte.
Der Gastraum war verwüstet. Der Boden war zerstört, die Tisch umgeworfen und zerbrochen. Und mitten drin, als wäre sie vom Himmel wie das Geschoss eines Katapultes in den Raum geschlagen, lag ein Leichnam, beleuchtet vom silbernen Mondlicht. Der Dolch fiel klappend zu Boden, als Nascha zu dem blutüberströmten Körper hin rannte. Es bedurfte keiner Näherer Untersuchung, um festzustellen, dass ihre Schwester nun in ihren Armen lag. Tot. Zerfetzt. Tränen ranen unkonntrolliert über ihr Gesicht. Sie hätte ihre Schwester davor bewahren können. Warum hat sie nichts getan, warum hat sie geruht, während ihre Schwester dem Tod entgegen trat. Wenn sie bloß nicht geschlafen hätte, wenn sie ihre Schwester mit dem Dolch -
Blut tropfte auf dem Boden. Diesmal war es Nadeschkas, die sich auf die Lippe biss. Sanft legte sie den leblosen Körper ihrer Schwester ab. Und hob torkelnd den Dolch auf. Als wäre es eine unbesiegbare Waffe aus den Legenden, hob sie ihn zum Himmel und schrie laut, dass es sogar die Menschen in den umliegenden Wohnstätten vernehmen konnte. Laute Schreie der Trauer, des Zorns, bis ihr schließlich die Stimme versagte.
Там будет кровь!