Da waren sie wieder, seine Träume...
Es schien zu reichen, einen bestimmten Menschen alleine in seiner Nähe zu wissen...

"Godfrey, sie haben den Einbrecher ausmachen können." platzte es aus Peter heraus, der während der Morgenandacht hereingestürmt kam, eine Kappe aus Leder auf dem scmalen Schädel, einen Wurfspeer in der Hand.
Der junge schottische Laienbruder schürzte die Lippen und lächelte böse, während er nach seinem Dolch und seinem Speer griff.
"Du kannst es endlich wieder gut machen, was du durch deinen Fehler bei der Wache angerichtet hast.", frohlockte Peter und es schien ihm keinen Augenblick in den Sinn kommen, von Godfreys Seite zu weichen, sie würden den verdammten Bastard zur Strecke bringen, der eingebrochen war und die Dokumente des Inquisitors geklaut hatte, die er seit seiner Ankunft mit sich herumtrug und deren Inhalt die meisten Kirchenoberen in Angst versetzte, wann immer ihre blassen Gesichter dieser ansichtig wurden.

Godfrey würde beweisen, was in ihm stecke, zusammen mit Peter und zwei weiteren jungen Burschen rannten sie los, der Fährte folgend und Godfrey spürte instinktiv den Weg, den er gehen musste, die Fährte schien im klar vor Augen wie Gottes Fingerzeig - als hätte Erzengel Michael ihn höchstpersönlich zum Jäger ausgebildet...


Unruhig warf Godfrey sich herum, Traumfetzen der letzten Tage spukten in seinem Geist, marterten seine Seele, dann holten ihn weitere Gespinste der Vergangenheit ein.

Es war heiß in diesem Zelt und es war Hochsommer, Godfrey lief der Schweiß nur so über das Gesicht, trotzdem wagte er es kaum, sich zu bewegen oder zu atmen.
Seine Wunde über dem rechten Auge schmerzte höllisch, er betete inbrünstig zu Gott und den Engeln, dass der Feldscher seine Drohung nicht wahrmachen würde, das Augen entfernen zu müssen, bevor es zu eitern beginnen würde.

Draußen erkannte Godfrey endlosen Weiten der Steppe, ein Feld in weiter Ferne, übersät von Leichen, die Schlacht war geschlagen.
Ein heiseres Husten ließ ihn herumfahren.
"Godfrey...", sprache eine uralte, heisere, kraftlose Stimme.
"Eminenz, ich bin hier." wisperte Godfrey und er spürte sein Gesicht glühen und wie der Schweiß sich im Schorf seiner fast abgeheilten Brandwunden im Gesicht fing und dort schmerzte.
"Godfrey, mein Godfrey..." kam abermals das Wispern. "Mein guter Junge, mein Sohn..."
Godfrey lächelte berührt, so hatte der alte Mann ihn noch nie genannt.
"Mit mir geht es zu Ende, aber ich bin froh, den Tod dieses Ketzers noch erlebt haben zu dürfen und dich, wie du zum Mann wurdest. Ich erinnere mich..." Ein Husten schüttelte den Leib... "...wie du zu mir kamst, dreckig, gerupft und weinend, nachdem die Dokumente gestohlen wurden und du sie gefunden hattest, wie schwer dein Herz war und deine Seele in Flammen stand."
Godfrey schluckte schwer und er blickte mit eiserner Miene nach draußen, unfähig, zu weinen.
"Du hast mir seitdem gut gedient und ich habe selten einen bessere Jäger als dich gesehen, ich will dir etwas schenken." keuchte er und reichte Godfrey ein Messer mit Einlegearbeiten aus Silber. Godfrey nahm es entgegen, nickte stumm, seine andere Hand fuhr zu dem Amulett um seinen Hals. "Geh nun, lass einen alten Mann schlafen.", keuchte die schwache Stimme ersterbend...
Und Godfrey trat nach draußen.



Es war weit nach Mitternacht, als der schottische Hüne geweckt wurde, Nicolo gab ihm ein Zeichen und murrend erhob sich der kantige Mann, er schritt auf dicken Socken durch das Zimmer und streckte sich.
Schließlich kam er am Fenster zu stehen und er blickte nach draußen, wo das Dorf in vollkommener Stille und Ruhe lag. Tiefschwarze Nacht hatte alles eingefärbt und Godfrey ballte frustriert die Hände in den Mantel, wo er eine Notiz, ein Stück Papier fand und dieses durchlies, zweimal, dreimal, dann ein viertes Mal und sein Blick wanderte anerkennend zu Nicolo, der nun tief und fest schlief.

Godfrey konnte dem Mann in allen Punkten zustimmen und er wusste auch, dass die heutige Nacht die Schlacht mehr beeinflussen und entscheiden würde wie alles andere und das Geplänkel der letzten Tage.
Er hoffte inständig, dass es unter den Dorfbewohnern noch besonnene und kluge Christen gab, die ihre Fähigkeiten einsetzten, wie er die seinen einzusetzen gedachte.
Er streichelte über den Griff beider Pistolen, die vor ihm auf dem Tisch lagen und er nickte grimmig.
Sollen sie nur kommen, er sollte verflucht sein, gelänge es ihm nicht, eine der Kreaturen mit in den Tod zu reißen, um seine beiden wertgeschätzten Kampfgefährten zu beschützen. Er kannte keine Sorge und keine Angst mehr, nur noch Entschlossenheit und Hoffnung. Die er mit Blei zu teilen bereit war.