Godfrey blickte ernst in das Gesicht des Mädchen, dann musterte er ihren Körper, fand sich aber immer wieder vom Blick ihrer hasszerfressenen Augen gefangen.
"Wärest du ein junger Mann, ich würde dich sofort an meine Seite nehmen und zum Jäger ausbilden.", brummte er dann und legte ihr eine Hand unters Kinn, damit er ihr Gesicht betrachten konnte.

"Weißt du, auch mir wurde damals alles genommen, was mir lieb und teuer war im Leben und ich dachte, ich ertrinke aus einem Ozean aus Tränen, ich spürte eine Leere in mir, eine Tonlosigkeit, eine plane Ebene, die dann umspült wurde von blankem Hass und Zorn."

Sein Blick war in die Ferne gerichtet.
"Als ich dann aber wieder klar denken konnte... lange danach... begann ich zu verstehen, dass Tränen und Trauer Vorrecht der Bürger und Zivilisten sind.
Alles was ein geliebter toter Mensch einem Krieger zurücklässt, ist gnadenloser Hass und wütende Vergeltung bis zur Selbstaufgabe. Genau wie dich hat auch mich der Krieg gegen Luzifer geschmiedet. Wenn du es zulässt, kleines Mädchen, dann bist du heute Nacht neben deiner Schwester gestorben und vier Augenpaare blicken tonlos in die Leere. Dann bist du an meiner Seite willkommen und ich forme dich zu Gottes Werkzeug in einer Art, das deine Schwester zusammen mit den Engeln stolz auf dich herabblickt.

Oder du entscheidest dich, heute Nacht überlebt zu haben und siehst das Geschenk und die Gnade Gottes als das an, was es ist. Dieser Krieg wird geschlagen und wir werden noch weitere geliebte Menschen verlieren. Sich nicht mit dem Gedanken abzufinden wäre töricht. Tief in mir spüre ich das lodernde Feuer von Konrads Wut, das mich anleitet, welches mich führt, welches mich in eine Welt aus Schmerz und Krieg und Kampf geleitet, mir aber mit der Stimme des Erzengels Michael sagt: 'Du, Krieger, bist genau an dem Fleck, an den du hingehörst. Also leide, blute und wasche mit deinem Schmerz die Bedrohung von den Unschuldigen.'"


Er trat von ihr weg und legte eine Hand auf sein Herz und eine Hand auf den Knauf seines Langschwerts.

"Wie ist es, Tochter der Rus. Bist du heute Nacht gestorben oder hast du überlebt?"