"Auf Konrad! Möge er nun die Bluthunde des Herrn im Himmel den rechten Weg zum Bösen und Verfemten aufzeigen und Jesus ihn loben, ob seines schweigenden Gemüts." bellte Godfrey, als sich er die Hexenjäger nach alter Soldatensitte dazu aufrief, den Sold Konrads zu vertrinken, der ihm bald zugestanden hätte und entschlossen blickten die Drei sich an, mit jedem Glas wuchs in ihren Augen der infernalische Schimmer von purem Grimm und gottgerechter, konsequenter Aufbruchsstimmung.
Durch Godfreys Atem pulsierte die blanke Wut im Schlag seines Herzens, ein gerechter und mühsam aufgeschichteter, doch vergessen geglaubter Scheiterhaufen war in seinem Magen in Brand gesteckt worden, als er die blutbesudelte Holzschnitzerei von Konrad im Dreck seines Zeltes gesehen hatte.
"Was Konrad zu Lebzeiten geschwiegen hat, wollen wir im schmerzerfüllten Jaulen der Wölfe wiederfinden, Kameraden.", grollte er dann und hieb mit der Faust auf den Tisch.
"Und ich habe einen Plan..."

Doch dann schon schnellte Lester heran und warf ihnen das Buch auf den Tisch.
Godfrey - des Lesens gottlob mächtig - überflog die Zeilen und sein verbliebenes Auge zuckte ein paar Mal, als er sich bleich und steif langsam wieder auf den Sitz fallen ließ.

Zitternd griff seine Hand nach dem Schhnapsglas und leerte es, obschon es bereits zur Gänze ausgetrunken war.
Immer und immer wieder fuhren seine Finger über die betroffene Textstelle und dann murmelte er. " 'Gott kann nicht überall sein, also erschuf er die Propheten, sein Wirken zu künden.', St. Gilberian, Paris, 1491."
Er blickte die anderen drei der Reihe nach an.
"Eine Vision eines Propheten wurde gesprochen, Luzifer hat sie wahrgemacht und wir... sind Teil dieses Wunders. Wir dürfen es schauen..."
Andächtiger Glanz war in die Augen des alten Schotten gestiegen und er streichelte zärtlicher als jeden Frauenleib den Einband des Buches, immer und immer wieder bewegten sich seine trockenen Lippen im Bann der Buchstaben, im Tanz des Textes...
Dann stand er ruckartig auf, sein Schnapsglas kullerte zum Tischrand und konnte dort gerade noch aufgefangen werden.

"Konrad, den in Gedanken ich ab jetzt "den seligen Konrad" nennen will, war das Siegel, welches die Prophezeiung gefordert hat, um uns wachzurütteln. Der Feind glaubt, er hat uns einer mächtigen Waffe beraubt, doch macht er den Fehler aller Ketzer. Konrads Märtyrertod hat in uns ein Feuer entzündet, welches die Nacht zurücktreibt, sein Opfer soll uns als unsichtbarer Bannerträger vorangehen und die Vision uns antreiben.
Gott hat uns diese Prüfung gestellt, die Mächte des Himmels haben uns dieses Dorf anvertraut, uns Kameraden zur Seite gestellt..."
Er legte eine Hand auf die Schulter von Isabella, die andere auf die von Nicolo, während er dem Hauptmann grimmig zunickte.
"Gott hat uns keine Soldaten und keine Armee an die Hand gegeben, weil dies keine Prüfung der Waffen ist, sondern eine Prüfung des Glaubens. Der Feind ist stark in Pranke und unverwüstlich an Fell, trotzdem weisen unsere Herzen den Mut auf, diese Bestien zu erlegen, sie zu stellen, sie ihrer gerechten Strafe zuzuführen."

Mittlerweile hatte er sich in Rage gesprochen und seine Stimme hallte laut genug durch die gesamte Taverne.
Er schlug abermals auf den Tisch, sein Kopf glühte förmlich, mit harten Bewegungen rückte er seine Lederrüstung zurecht, schob Dolche in die vorgesehenen Scheiden, rückte Munitionsbeutel und Schwarzpulver zurecht.

"Ehe dieser Krieg zu Ende ist, werden wir noch Verluste zu beklagen haben, wir wollen keinen Sieg geschenkt. Wer mit uns ist, wird dies verstehen und an unserer Seite kämpfen. Wer nicht kämpfen kann, der prüft seinen Glauben, indem er denen hilft, die sich nicht selbst helfen können. Wer falsch ist, wird sterben.
Auf, Jäger - der Wolf wartet auf seine Schur, er bettelt um seinen Tod, wer wären wir, ihn warten zu lassen? Wir gehen nochmal zum Felsen der Hexe, den Leichnam untersuchen, danach werden wir den Burschen des Dorfes den Kampf an der Saupike beibringen."


Er lachte höhnisch, laut und von Tatendrang erfüllt auf, als er nach draußen trat und des Herrn liebstes Gestirn ihm in das Gesicht schien, ein Licht, das ihn an Konrad erinnerte, wie im Schein des Lagerfeuers schnitzend dasaß und kopfschüttend und schweigend ihre Wortgefechte kommentierte.
Und beim Vorbeischreiten verlor sich der Hexenjäger aus Schottland für den Bruchteil mehrerer Augenblicke in zwei Dingen, die er vor sich sah.
Seinem alten Kreuz und den Augen der Bäckerin.