Meryann wartete noch, bis der Rothwardone den Speisesaal verlassen hatte und sie hörte, wie er durch die Tür, vermutlich zum Bad, ging. Dann ging sie in ihr Zimmer, nachdem sie den Schlüssel vom Empfang abgeholt hatte. Das hatte sie sich, zumindest in der Kaiserstadt, so angewöhnt, so konnte er nicht gestohlen werden. Sie schloss die Tür hinter sich ab, wer wußte schon wer sich Nachts in der Tür irrte. Drinnen wurde sie zuerst von dem Chaos empfangen, dass sie gestern angerichtet hatte. Ihre Sachen hingen durchs Zimmer verstreut zum trocknen, der Mörser und die Fläschchen lagen unordentlich auf dem Tisch und der Bogen stand in einer Ecke, daneben der Köcher auf dem Boden. Na super. Sie legte die Hose, das schwarze Oberteil und ihre Robe zusammen, funktionierte kurzerhand die Tunika aus Tiegeln zu einem - etwas kurzen - Nachthemd um, und hängte das Kleid ordentlich über einen Stuhl, zu dem Umhang. Die Flaschen und den Mörser verstaute sie wieder in dem jetzt trockenem Beutel. Schon besser. Sie setzte sich auf die Bettkannte und sah einen Moment nachdenklich ins Leere. Eigentlich war sie noch nicht unbedingt müde, sie hatte die letzte Nacht lange geschlafen. Da fiel ihr Blick auf ein zusammengerolltes Stück Pergament, dass unter den Tisch gefallen war. Die Karte von Mania, die hatte sie vorher überhaupt nicht richtig gesehen, sie war die ganze Zeit in ihrer Tasche gewesen, und beim ausleeren wohl gleich runter gefallen. Sie hob sie auf, setzte sich wieder auf das Bett und rollte die Karte aus. Sie war recht detailiert, umfasste aber tatsächlich nur Mania. Weit waren sie nicht gekommen, stellte Meryann fest, aber es war vermutlich sowieso höchste Zeit gewesen, die Inseln zu verlassen, bevor sie für immer dort geblieben wären. Sie rollte die Karte wieder zusammen und verstaute sie vorsichtig in ihrem Beutel. Dann löschte sie die kleine Öllampe und legte sich ins Bett. Sie dachte noch eine Weile über den Abend nach. Das war schon der zweite Mann innerhalb kürzerer Zeit, der ihr nicht mehr aus dem Kopf ging, wenn auch aus völlig anderen Gründen als Arranges. Dabei war sie die letzten Jahre fast Stolz auf ihre Unabhängigkeit gewesen, dass ihr andere nichts bedeuteten, wenn sie das nicht wollte. Kam man anderen zu Nahe, wurde man nur Angreifbar. Trotzdem freute sie sich auf den morgigen Tag, und über diesen Gedanken schlief sie schließlich ein.

Am nächsten Morgen erwachte sie, nicht ganz so spät wie gestern, und sah wie durch die Vorhänge die Sonne schien. Sie blieb noch einen Moment in dem bequemen Bett liegen, bevor sie aufstand und wieder das Kleid anzog. Sie wußte noch nicht genau, was sie heute machen sollte. Das hing auch ein wenig davon ab, ob ihr Milan über den Weg lief. Sonst hätte sie einen Ausflug vor die Kaiserstadt gemacht um wieder mal ein paar Pflanzen für Tränke zu sammeln, oder im Hafenviertel bei Mitgliedern der Diebesgilde gefragt, ob gerade Bedarf für einen Heiler bestand. Seit sie einmal den Friedhof besucht hatte, während sich anscheinend ein paar von der Gilde beraten hatte, war sie bei ihnen keine Unbekannte mehr. Sie verlies ihr Zimmer, sperrte die Tür ab, und ging in den Speisesaal. In diesem saßen nur zwei andere Gäste, und nachdem sie sowieso noch keinen Hunger hatte, ging sie runter in die Eingangshalle. Dort saßen auch ein paar Gäste, Milan konnte sie hier allerdings auch nicht sehen. Sie gab den Schlüssel ab, und sah sich einen Moment unschlüssig um. Wie sieht denn das aus, wenn ich hier jetzt warte? Als hätte ich sonst nichts zu tun? Sie setzte sich schließlich doch auf eine Bank und nahm einen Rappenkurier, der vor ihr auf einem niedrigen Tisch lag. Allerdings eher alibimäßig, als dass sie ihn wirklich las. Eigentlich wollte sie gar nicht wissen, was die letzten Wochen in Cyrodiil geschehen war, das Kaiserreich existierte offensichtlich noch, also konnte nichts wichtiges gewesen sein. Sie warf dann doch einen Blick darauf, und sah, dass die Suchaktion der Legion nach Arranges kurzerhand als Übung deklariert worden war, nachdem die Fragen aus der Bevölkerung nicht nachgelassen hatten. Da mußte sie doch etwas grinsen.