Arranges machte keine Anstalten, sie daran zu hinedrn, ihn zu heilen. Er grollte auch nicht in Gedanken. Der Kaiserliche sah sie nur dankbar an, als seine, wie zugeschnürte Kehle, endlich wieder das Atmen zuließ und das Stechen im Herzen verschwand. Die Taubheit im Arm allerdings, ließ nicht gänzlich nach. Er konnte ihn zwar wieder koordinieren, aber sonst war zumindest die Hautoberfläche taub. 'Gehen wir...' Meinte er auf ihre Frage hin, schob das Schwert ein und ging voraus, gefolgt von Meryann.

Sie durchquerten die Halle und passierten das, wie sich herausstelte, sehr massive Holztor am Ende selbiger. Fast so dick, wie ein Unterarm lang und mit breiten Eisenbeschlägen. Abgeschlossen war dieses Festungstor allerdings nicht. Als sie hindurch waren, standen sie erneut in einer Gruft, diese war aber bedeutend kleiner und nicht so sehr quadratisch, wie die erste. Ohne Zwischenfälle gingen sie duch das steinernen Totenlager und kamen dann wieder an einem Tor an. Die Halle war zwar kleiner, aber trotzdem recht breit, so dass nicht unbedingt auffiel, dass sich links und rechts am Boden an den Wänden entlang, zwischen den Sarkophargen, immer kleinere, mit Gittern versperrte, Fenster befanden. Als Arranges gerade das zweite Tor aufschieben wollte, hörte er eine Stimme von rechts: 'Hallo? ... Ist da jemand? ... Hallo?!' Es war unverkennbar eine menschliche Stimme. Sie klang verzweifelt und irgendwie dünn, als wäre der Besitzer total ausgemergelt. In Gedanken fluchend, dass man sie jetzt doch entdeckt hatte, drehte Arranges den Kopf in die Richtung, aus welcher die Worte kamen. Seine Linke begann dabei rot zu glühen.

Aber das Einzige, was der Kampfmagier sehen konnte, war ein Schacht dicht an der Wand, welche auch direkt nach der Öffnung einen Knick im rechten Winkel machte, zu ihnen führte und vor ihnen das Tor einrahmte, vor dem die beiden jetzt standen. Vertikale Gitterstäbe, wie grässlich dünne Zähne, versperrten die Sicht auf das, was sich hinter dem niedrigen Fenster am Boden befand. Nur eines war deutlich zu sehen: Knochige und sehnige Hände klammerten sich um zwei der Gitterstäbe. Was bei den Wassern Oblivion ist das... oder wer?! Der Kaiserliche starrte fragend auf die beiden Hände. 'Haallooo... bitte helft mir! ... Wenn ihr keine Grummits oder Untote seid, dann zeigt euch und helft mir...' Die Stimme klang derart hilflos und verzweifelt, dass Arranges nach einem weiteren Moment des Zögerns schließlich doch noch auf das niedere Gitterfenster zuging und sich so davorkniete, dass ihn die Arme unmöglich erreichen konnten, wenn sie plötzlich vorschnellen sollten. Ein Knie aufgelegt, das andere aufgestellt und einen Ellenbogen darauf ablegend, spähte er in das Halbdunkel hinter den Eisenstäben. Er schaute in ein mageres Gesicht, die Wangen tief eingefallen, die Augen lagen müde und fiebrig glänzend in den Höhlen und auch sonst machte der Mann alles andere als einen gesunden Eindruck... Auch nicht mit übertrieben viel Otimismus ließ sich seiner Erscheinung etwas positives abgewinnen. Der Mann befand sich in einer Art Arrestzelle, die so angelegt war, dass er gerade so mit dem Kopf aus dem Fenster in die Gruft sehen konnte, wenn er sich davorstellte. 'Was, ein menschliches Gesicht, weder untot, noch eine dieser widerlichen Grummitbiester?' Er klang zwar erstaunt, konnte seine Tonlage aber nicht wirklich mit irgendeiner Gestik unterstreichen, das Gesicht war einfach zu schlaff und ausgezehrt. 'Ihr seht auch nicht so aus, als wärd ihr von den Jägern hergeführt worden... sonst wärd ihr nackt gewesen... und in Ketten...'
'Von was redet ihr da?' Fragte Arranges scharf, er fühlte sich trotz des Anblicks nicht ganz der Wahrheit oder vergleichbarem ausgetsetzt... er verstand auch kein Wort von dem, was dieser Mann sagte.
'Wenn... ihr mich hier herausholt, werde ich euch eure Fragen beantworten...' Seine Stimme klang plötzlich gar nicht mehr so hilflos.
'Das ist nicht der richtige Anfang für eine Unterredung, von der ihr euch einen Vorteil erhofft...'
'Richtig, aber wenn ihr so weitergeht, werdet ihr enden wie ich.' Er deutete hinter sich in den gammligen Raum, welcher wirklich nicht groß war. In einer Ecke ein Holzeimer und an der gegenüberligenden Wand eine löchrige Strohmatratze, welche ihre besten Tage längst hinter sich hatte.
'Achso? Nun, bis jetzt sind wir so ganz gut vorangekommen...' Meinte Arranges abfällig.
'Bis zu dieser Tür dort seid ihr gut vorangekommen... ich bin lange genug hier unten und habe in dieser Ewigkeit noch zwei weitere Abenteurer gesehen, die hier vorbeikamen... mir ist schleierhaft, was diese armen Schweine hier unten gesucht haben, aber einer von ihnen war eine kurze Zeit mein Zellengenosse.'
'Achso, wisst ihr denn, was hinter dieser Tür lauert?'
Der Mann in der Zelle zögerte einen Moment: 'N... nein... um ehrlich zu sein, nein, ich weiss es nicht... aber ich habe es gehört...!'
'So, was habt ihr denn gehört?'
'Das ist nicht wichtig... ich kann es euch erzählen, wenn ihr mich hier rausholt...'
'Woher weiss ich, dass ihr uns nicht anlügt... ich habe schon zu viel gesehen, um euch einfach zu trauen und auf das fahrige Versprechen hin, dass ihr uns irgendetwas erzählt, was sich wahrscheinlich jedes Kleinkind ausdenken könnte, herausholen...' Arranges fügte schnell hinzu: 'Wie seid ihr überhaupt dort reingekommen?'
Der Mann verzog das Gesicht zu einem stummen Angstschrei. 'Daran will ich mich nicht erinnern, es war einfach zu entsetzlich...!'
'Ich habe einen Vorschlag: Ihr erzählt uns, was hinter dieser Tür ist, oder vielmehr was ihr uns zu erzählen vermögt und dann hole ich euch da heraus!'
Der Mann schien so verzweifelt, dass er doch zögerlich nickte. Das Glitzern in seinen Augen verriet aber, dass er damit nicht ganz zufrieden war. Er streckt eine Hand zwischen dem Gitter hindurch, die wirklich nur noch aus Haut und Knochen zu bestehen schien und wartete darauf, dass Arranges einschlug. Das erwartet er jetzt nicht ernsthaft?! Zörgernd umfasste Arranges die Hand mit der seinen und beide schüttelten zögernd und langsam die Hand des anderen. Plötzlich warf sich der Gefangene nach hinten, nachdem er seine Finger ind die Rechte von Arranges gekrallt hatte. Der halb Verhungerte riss Arranges nach vorn, sodass der Kopf des Kaiserlichen jetzt nur noch wenige Zentimeter von dem Gitter entfernt war, der rechte Arm wurde unerbittlich auf der anderen Seite des Gitters festgehalten. Das ging so schnell, dass Arranges keine Chance zur Reaktion hatte und jetzt hilflos auf dem Bauch direkt vor dem Gitterfenster lag. Er blickte auf und sah direkt in die Augen des Gefangenen. Heißer und stinkender Atem schlug ihm entgegen, als der Mann ihn wieder ansprach, jetzt aber mit deutlich härterer Tonlage: 'Hol mich hier heraus! Du und deine Freundin da werdet sterben... aber davor reiss ich dir noch den Arm aus... hol mich hier raus, sonst werden beide Dinge in nur wenigen Augenblicken wahr werden.' Ahja... warte, ich helf der Positionen- und Rangverteilung in deinem anscheinend nicht mehr vorhandenen Gehirn mal etwas auf die Sprünge! Dachte Arranges unbeeindruckt nach dem ersten, kurzen Schrecken. Seine Linke schnellte vor, zwischen den Eisenstäben hindurch und umfasste den Hals des Mannes. Dieser war so erstaunt über den schnellen Konter, dass er erstmal nur schwieg. Knisternde Kälte durchfloss die Finger der Hand und ließ die Luft in unmittelbarer Nähe zu dichtem Eisnebel kondensieren. 'Ein Gedanke und du lebst direkt nicht mehr... wir können gerne testen, wer schneller darin ist, seine Drohung wahr zu machen!' Meinte Arranges knurrend, mit einem Ton, so scharf wie der Dolch eines Meuchlers. Der Griff um seine Hand lockerte sich und schließlich ließ der Fremde ganz los. Arranges sah ihm nochmal einen Moment in die Augen und gab ihm durch seinen Blick unmissverständlich zu verstehen, dass er das besser nicht noch einmal versuchen sollte. Dann nahm auch Arranges seine Hand zurück und setzte sich wieder auf. 'So, jetzt, da das geklärt wäre, würde ich gerne das von euch hören, was ihr glaubt, wäre für uns überlebenswichtig... und dann, hole ich euch da heraus!'
'Nun, das ist so...' Die Tür zu der Zelle, welche bis jetzt nicht aufgefallen war, da sie sich in einem toten Winkel befand, den man von außen nicht einsehen konnte, schwang auf und flog krachend an die Wand. 'Sie kommen mich zu holen, HELFT MIR!' Arranges war etwas perplex und starrte nur auf das Szenario, welches sich dort unten jetzt abspielte. Zwei kräftige Grummits stürmten in die Zelle. Diese Bestien konnten einem großen Kleiderschrank an Umfang und Höhe ohne weiteres Konkurrenz machen. Sie wollten den Gefangenen ergreifen, der aber tauchte unter den Pranken hindurch und klammerte sich an die Gitterstäbe. 'HIIILFEEE!!!' Er starrte mit Todesangst zu Arranges auf und bittete ihn weiterhin stumm, ihm zu helfen. Die beiden Monster packten den armen Mann an den Füßen und rissen ihn mit Schwung und viel Gewalt los. Seine Fäuste um die Eistenstäbe sprangen auf und rutschten kraftlos runter. Man hörte einen gequälten Laut, als der Mann unten mit dem Oberkörper auf dem Boden aufschlug. Dann wurde er an den Füßen hinausgeschleift, während er kreischte und schrie und schluchzte. Er war gerade aus der Zelle verschwunden, als ein dritter dieser Grummitberserker die Zelle betrat, sich kurz umsah und dann dummerweise einen Blick zu dem Fenster hinaufwarf und Arranges erfasste. Fauchend warf der Grummit den Kopf in den Nacken und preschte hinaus. Die Tür schepperte, als er sie hinter sich ins Schloss zog. Von weiter unten war plötzlich ein kurzes und dumpfes Trommeln zu hören, von hinter der Tür aus der Zelle, drangen jetzt aufgeregte Grunzer und man hörte das Trappeln vieler Füße.

Hastig drehte sich Arranges zu Meryann: 'Wir sollten lieber machen, dass wir hier wegkommen... ich fürchte, hier wird es demnächst etwas mehr Gedränge geben als jetzt...' Sagte er ruhig und mit so viel Ironie, wie man es sich kaum vorstellen konnte in einer solchen Situation.