Okay, nach sehr langer Zeit nun der nächste Teil:

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Der erste Gang wurde serviert. Sofort nachdem die ersten Bediensteten anfingen, die Becher und Krüge des Grafen und seines Hofstaates zu füllen, erhob sich der silberne Klang von klirrendem Besteck und das laute, zufriedene Schlürfen der Gäste. Drels Theran, Inquisitor des Kaiserreiches, fing an, gemächlich an seiner Suppe zu löffeln. Die Brühe, dickflüssig und durch das Licht der Kerzen in einen Braunton mit einzelnen orangen Splittern verfärbt, bestand größtenteils aus Kartoffeln, aber auch anderes Gemüse und ebenso auch Fleisch, das Drels als Lamm einordnete, waren unter die Erdäpfel gemischt. Im Kontrast zu dem üblen Ruf, den die Küche von Schloss Bravil bei der adligen Elite des Kaiserreichs hatte, schmeckte ihm sein erstes Gericht des Abends trotz der einfachen Zutaten und der simplen Zubereitung nicht schlecht. Als er ungefähr die Hälfte des in einem tiefen Tonteller schwimmenden Eintopfs ausgelöffelt hatte und sein Heißhunger gestillt war, blickte er auf und lächelte zufrieden. Er, als besonderer Gast aus der Kaiserstadt, hatte einen Ehrenplatz in der Nähe des Grafen zugeschrieben bekommen, ein Zugeständnis des kaiserlichen Adligen an den Inquisitor.

Zwar bereitete Regulus Terentius Drels Theran so viele Probleme, wie dem Grafen nur möglich war, allerdings ging er damit nie zu weit, denn nicht nur Therans Sitznachbarn, die angespannt und steif dasaßen und versuchten, jedweden Augenkontakt mit ihm zu meiden, hatten angst vor ihm. Der Inquisitor konnte den Grafen, der ohne Zweifel an Bravils Untergrundgeschäften beteiligt war, oder zumindest daran verdiente, zwar nicht direkt unter Druck setzen, aber sicherlich würden die Verbindungen des Dunmers zum Ältestenrat Terentius schließlich doch dazu bewegen, in nächster Zeit kooperativer zu werden.
Nachdem sein Schutzpatron Kaiser Uriel von diesen daedrischen Kultisten gemeuchelt worden war, war Regulus Terentius, den der Kaiser damals zum Grafen von Bravil machte, nachdem dieser nach einem Turniersieg als großer Held hervorging, mit einem Male nicht mehr vor der Kritik und der Kabale des restlichen Adels geschützt. Selbst die Vorsichtigen und Feigen unter ihnen ließen jetzt ebenfalls ihre Stimme hören, wenn Terentius' ältesten Kritiker das Wort erhoben, und diejenigen, die sich schon von Anfang an nur über seine Erhebung in den Adelsstand empört hatten, brachen jetzt aus allen Dämmen. Im Ältestenrat fragte man sich langsam, ob ein Anderer wohl nicht besser dafür geeignet wäre, über Bravil zu regieren. Was Drels Theran gerade recht kam, da der jetzige Graf nun anfing, sich echte Sorgen um seine Position zu machen und sie nicht mehr als selbstverständlich anzusehen.


Als der Großteil der Gäste mit dem ersten Gericht fertig war, ließ der Graf seine Küchendiener rufen, und als diese begannen, eilig um die Tafel zu schwirren, Besteck aufzusammeln und erneut Getränke auszuschenken, wanderte der Blick des Inquisitors über die Gesichter der verschiedenen Persönlichkeiten, die nun lautstark miteinander redend und ausgelassen lachend auf den zweiten Gang warteten. Das soziale Schmiermittel Alkohol entfaltete nun langsam seine Wirkung, und neben dem Geruch des bereits verschwundenen Eintopfs wurde das beißend fruchtige Weinaroma, dass sich schon seit dem Moment, in dem die erste Flasche geöffnet wurde, unter die anderen Gerüche in den Raum gemischt hatte, immer präsenter.
Drels kannte einige der Gesichter im Raum. Bei den Meisten von ihnen handelte es sich um Bravils Landadel, der von seinen Ländereien geflüchtet war, um bei ihrem Lehnsherren Schutz vor den Horden Oblivions zu finden. Dort, ihm gegenüber, saß Tiber Cosomanus, der ein Herrenhaus nahe der Grenze zu Valenwald besaß, das der knollennasige Kaiserliche jedoch nie besucht und immer vernachlässigt hatte, und das mit der Zeit so stark verfallen war, dass er wegen den hohen Sanierungskosten keinen Käufer dafür finden konnte.
Unweit von Cosomanus spielte der junge Attrebus Roscius gelangweilt mit seinem Besteck.
Sein Vater, Furius Roscius, hatte den Jungen, dessen Schwestern und seine Mutter nach Bravil geschickt, während er selbst bei seinem Gut irgendwo westlich von Bravil geblieben war, um dieses zusammen mit seinen Dienern und einigen angeheuerten Söldnern gegen die Daedra und eventuelle Plünderer zu verteidigen, die die derzeitige Lage nutzen wollten, um die verlassenen oder nur spärlich bewachten Anwesen der Adligen nach wertvollen Hinterlassenschaften abzusuchen.
Attrebus war nicht gerade begeistert darüber gewesen, in die Stadt geschickt zu werden. Er wollte stattdessen an der Seite seines Vaters kämpfen, aber Furius Roscius war ein sehr willensstarker Mann, der keinen Widerspruch duldete, erst recht nicht von seinem Sohn.


Erst als einer der Diener ihm neuen Wein eingoss widmete Drels seine Aufmerksamkeit wieder den Resten seiner Speise. Die Suppe hatte gut geschmeckt, aber nun verlangte der Magen des Inquisitors nach noch mehr Sättigung, und während dann die Bediensteten einige Platten mit Schlachterfisch in den Raum trugen und bei deren Anblick selbst die zurückhaltendsten Gäste freudig ihre Stimme erhoben, dachte der Inquisitor wieder an das, was an diesem Tag vor ihm lag. Er genoss Mahlzeiten als einige der wenigen Zeitspannen des Tages an denen er nicht pausenlos Briefe las, schrieb oder wichtige Gespräche führte, doch selbst jetzt holten ihn die Gedanken an seine Arbeit ein. Seinen Gedanken konnte er nie entkommen, selbst wenn er von doppelt so vielen lärmenden Menschen umgeben wäre wie jetzt.
Zunächst würde er nach dem Essen auf seine Kammer zurückkehren und die ihm zugesendeten Berichte durchgehen, bevor er dann erst einen Brief an den angeheuerten Spezialisten, seine Spione und dann an die Kaiserstadt schrieb. Anschließend musste er ein Gespräch mit dem Hauptmann der Wache, einer Kaiserlichen namens Viera Lerus, führen, in denen er sie höchstwahrscheinlich ihres Amtes entheben würde. Den Hauptmann der Wache zu entlassen war normalerweise eine der ersten Handlungen, die Drels durchführte, nachdem er sich einen Überblick über die Lage verschafft hatte. In der Regel war der Hauptmann korrupt oder zu schwach, um mit der übermäßigen Kriminalität in seiner Stadt und mit der Korruption bei den ihm unterstellten Wachmännern zurechtzukommen; allerdings gab es auch Ausnahmen in denen sich ein Hauptmann äußerst kooperativ, kompetent und engagiert zeigte und vielleicht sogar bereits dabei war, einen soliden Plan zur Beseitigung des kriminellen Abschaums zu entwickeln. In solchen fällen ließ Theran den Hauptmann im Amt. Jedoch war Viera Lerus Drels' Wissens nach unter die Kategorie der Schwachen einzuordnen. Soweit der Inquisitor wusste, hatte Lerus zwar einen kleinen Kreis aus treu ergebenen, gewissenhaften und gesetzestreuen Wachmännern um sich versammelt, allerdings war die große, erdrückende Mehrheit der braviler Stadtwache so korrupt, dass sie bereits als eine eigene Verbrecherbande galt, die neben ihrem bescheidenen Sold davon lebte, Bestechungs- und Schutzgelder einzusammeln und ab und zu selbst aktiv am Schmuggel und am Schwarzmarktgeschäft teilzunehmen.
Es war unangenehme und auslaugende Arbeit, aber er hatte sich dafür immerhin selbst gemeldet. Am Ende, wenn alles so aufging, wie er es vorhatte, würde er nicht nur dem organisierten Verbrechen im Inland einen Schlag versetzen, sondern auch noch dem Skoomaschmuggel durch die Renjirakrin zwischen Süd-West Cyrodiil, Morrowind und Elsweyr schaden.


Nachdem der dritte Gang- ein kleines Sortiment an Gebäck- dann auch verspeist war, fingen die Gäste langsam an, aufzustehen und sich in ihre Unterkünfte zurückzuziehen. Einige währen vielleicht noch in den Schlossgarten gegangen ("Der einzige schöne Fleck in Bravil," dachte der Inquisitor sich dabei, "Kajiiten können also doch etwas erreichen, wenn man diese Halbmenschen streng kontrolliert und sie dadurch nicht faulenzen können."), allerdings regnete es schon wieder und selbst der niedere Hofstaat bevorzugte es, im Trockenen zu bleiben, wenn man Nässe vermeiden konnte.
Genauso fühlte die Schlosswache, jedoch wurde den Männern mit dem goldenem Hirsch auf ihren Schildern die Entscheidung abgenommen; solange sie innerhalb der Sichtweite der Offiziere postiert waren würden sie selbst Regen standhalten, der von der Seite oder sogar von unten zu kommen schien. Die Stadtwache war sehr wohl von Korruption durchfressen, aber die Schlosswache blieb- jedenfalls nach außen hin, und solange jemand gerade auf sie achtete- diszipliniert. Der Grund dafür lag darin, dass diejenigen von ihnen, die den Wachoffizieren positiv auffielen, den angenehm trockenen und warmen Wachschichten im Inneren des Schlosses zugeteilt wurden; verhielt sich ein Schlossgardist in den Augen seines Vorgesetzten falsch, musste er draußen am Tor oder auf der Mauer ausharren, selbst wenn es schon so weit kam, dass man fürchten musste, im Regen zu ertrinken. Die Offiziere hingegen versuchten es, den Grafen durch ihr Talent, die Schlosswache diszipliniert zu halten, zu beeindrucken. Der Graf interessiertere sich dafür jedoch ausgesprochen wenig, war aber gewillt, die Illusion aufrecht zu erhalten. In seinen Augen schadete ein wenig Konkurrenz nicht... solange er nicht selbst derjenige war, der sich dem Konkurrenzkampf stellen musste.


Theran blickte nun auf seinen leeren Teller hinab und seufzte. Er schob sich und seinen Stuhl vom Tisch weg und hinterließ sein gebrauchtes Essgeschirr für die Diener des Grafen, die schon eilig dabei waren, hinter den Gästen aufzuräumen. Mit sicheren Schritten bewegte er sich aus dem Raum die Treppe hinauf und auf sein Zimmer zu. Ungeduldig und unablässig klopfte der Regen an die getönten Fensterscheiben von Schloß Bravil und verlangte Eintritt, der ihm jedoch solange Menschen im Bollwerk lebten nie gewährt werden würde.


Drels drehte den kleinen Eisenschlüssel im Türschloss seines Zimmers um und betrat den durch die dicken roten Vorhänge abgedunkelten, dadurch schon fast stockdunklen Raum, der jetzt nur vom Licht der Fackeln außerhalb des Zimmers auf dem Gang erleuchtet wurde und mehr nach dem Arbeitszimmer eines besessenen Bürokraten als nach dem Schlafgemach eines kaiserlichen Inquisitors aussah: Um den Schreibtisch herum sammelte sich Arbeit in Form von Pergament, Papier, Feder und Tinte, während der Rest des Zimmers geradezu vernachlässigt erschien; alles, was nichts mit dem geschriebenen Wort zu tun hatte, schien zwar unberührt zu sein, aber doch irgendwie am falschen Platz zu stehen, mit Ausnahme von größeren Möbeln wie Theran's ordentlich gemachtem Bett und dem massiven Kleiderschrank an der Wand zu Drels' Rechten.
Hier war das unbeständige, temporäre Heim, dass Drels sich in Bravil eingerichtet hatte, gleichwohl jeder Raum dem Inquisitor gereicht hätte, sofern er genügend Platz für einen Schreibtisch und ein Bett bot. Der Raum selbst war gemütlich, nichtsdestotrotz verspürte er eine eigentümliche, kalte Empfindung als er sein Schlafzimmer betrat. Ihm wurde sofort bewusst, dass er nicht die einzige Person im Raum war und ihm stellten sich die Nackenhaare auf. Ein Umriss schälte sich aus den ihn umgebenden Schatten, und als Drels die Gestalt erkannte, schloss er sofort die Tür hinter sich.
"Ich hatte Euch doch gesagt, Ihr sollt Euch vom Schloss fernhalten", sagte Theran mit gerunzelter Stirn und ein wenig schneller schlagendem Herzen.
Die Gestalt ließ sich einen Moment Zeit bevor sie mit ihrer rauchigen Stimme antwortete: "Der konventionelle Weg hätte zu lange gebraucht." Er sprach dabei mit einem beiläufigen Tonfall.

Und während der Maskierte mithilfe von elementarer Magie eine Kerze auf dem Schreibtisch des Inquisitors entzündete und damit einen Teil des Raumes und sich selbst in warmes, loderndes Licht tauchte, gleichzeitig aber auch den Raum in trügerische, leicht pulsierende Schatten hüllte, drehte Drels Theran den Schlüssel den er zuvor schon wieder herausgezogen hatte im Schloss um und stellte somit sicher, dass niemand unaufgefordert ins Zimmer hereinplatzte. Dabei wandte er der in Chitin und Sackleinen gehüllten Figur für keinen Moment den Rücken zu.



Die zwei runden Gläser in der Maske des scheinbar Gesichtslosen reflektierten den Kerzenschein. Dies war einer der Momente, in denen Theran es bereute, den anderen Dunmer in seine Dienste gestellt zu haben. Bevor er ihn angeheuert hatte, war die maskierte Gestalt- er nannte sich selbst Gidaves Irethi, ein Name der sehr unwahrscheinlich sein echter war- ein freiberuflicher Attentäter, Schmuggler und Bandit gewesen, aber der Maskierte war so gut in dem was er tat, dass Drels sich damals dafür entschied, dessen Talente für das Wohl des Kaiserreiches einzusetzen. Dem vermummten Bastard war es egal, wem er die Treue hielt, solange er den größtmöglichen Gewinn daraus schlug, und er verriet seine Arbeitgeber wenn ihm der Sinn danach stand. Verlässlich, aber zugleich auch unberechenbar. Der Inquisitor hatte einst versucht, Gidaves ohne Maske zu ertappen, aber er schaffte es irgendwie seinen Spionen immer wieder zu entwischen. Drels hatte ihn noch nie ohne dass Chitin sein Gesicht verdeckte gesehen, aber er wusste, dass Irethi des öfteren ohne Maske umherlief, um in einer Menge nicht aufzufallen oder um von anderen nicht wiedererkannt zu werden. Diese krankhaft rauchige Stimme, mit der der Bandit immer mit Theran sprach, die sich so anhörte, als bekäme der Mann hinter der Maske jeden Moment einen Hustenanfall, musste bestimmt das Ergebnis von Alchemie sein. Ihn anzuheuern war ein Fehler gewesen, vielleicht sogar der größte Fehler in Therans Laufbahn, und er musste irgendwann- möglichst bald- beseitigt werden. Aber wie eine Ratte merkte er es, wenn Gefahr drohte, und er würde das sinkende Schiff verlassen und Theran vielleicht auch einen Abschiedsbrief in die Kehle schneiden bevor er für immer verschwand. Für Drels war es klar, dass die Worte Gidaves' über die Dringlichkeit der Schnelle der Zustellung seiner Nachricht eine Lüge war, denn er wusste, dass die eigentliche, unausgesprochene und im Hintergrund überbrachte Nachricht "Ich könnte dich töten, wenn ich wollte. Du würdest mich noch nicht einmal kommen hören, und Niemandem im Schloss würde es auffallen, bevor es zu spät ist“ war, und dieser Gedanke jagte dem Inquisitor einen kalten Schauer über den Rücken.


Wie der Banditensöldner überhaupt unbemerkt in sein Zimmer eindringen konnte fragte sich Theran erst nicht, denn auch das war ein für ihn bereits offenes Geheimnis: Während andere bezahlte Mörder ihre Ziele mithilfe von Geschick, Ausbildung, Disziplin und Können erledigten, nutzte dieses besonders widerwärtige Exemplar die Fertigkeiten der Illusionsmagie um an seine Ziele zu gelangen. Für einen geübten Illusionisten war es ein Leichtes mithilfe von Magie an den unaufmerksamen Wachen innerhalb des Schlosses vorbeizukommen.
Zwar war Schloss Bravil der einzige Flecken in der Stadt, der einigermaßen wertvollen Gegenständen ein Heim bot, allerdings hatte es bisher noch niemand gewagt, in Schloss Bravil einzubrechen. Irgendwann verschwanden Jene, die es versuchen wollten, plötzlich in einer dunklen Gasse und wurden nie wieder gesehen. Ein Einbruch in die ummauerte Residenz des Grafen würde dem Grafen selbst einen Anlass geben, der Wachmannschaft seiner Stadt auf die Finger zu schauen und vielleicht sogar ein Paar Köpfe rollen zu lassen, was den Wachen natürlich sehr ungelegen kommen würde. Diese Problemfälle wurden beseitigt, bevor sie die für die Wächter der Stadt so wertgeschätzte Ruhe stören konnten. Und würde ihnen doch mal einer durch die Finger gehen und es wagen, ins Schloss einzudringen, würden sie alle ihnen zugänglichen Methoden nutzen (sowohl legale als auch illegale), um die Person aufzuspüren und verhaften zu lassen- oder schlimmeres.
Es wurde gemunkelt, dass Regulus Terentius sich genau wie die Stadtwache selbst in die schattenhaften Untergrundgeschäfte verwickeln ließ, für Theran stand jedoch fest, dass er eher „über“ der ganzen Sache schwebte und sich nur einen Anteil am schmutzigen Verdienst einheimste, als besondere Steuer für bestimmte Bürger getarnt. Seine eigenen Hände blieben immer lupenrein.
Jedenfalls blieb das Fehlen von potenziellen Einbrechern der Grund, weswegen es die Wachmänner, die es genossen, ihre Zeit im Trockenen verbringen zu dürfen, lieber vorzogen, die entspannende Wärme und Ruhe auszuleben, die ihren Genossen draußen im allgegenwärtigen, unnachgiebigen Regen verwehrt wurde. Sie taten, als ob sie wach waren und aufpassten, wenn ein Mitglied des Hofstaates, einer der Offiziere oder einer der wichtigeren Angestellten vorbeikam, und sobald sich Diese außer Sicht- und Hörweite begaben, gingen die Wachmänner wieder ihrem Halbschlaf im Stand nach.
Sie waren kein Hindernis für den angeheuerten Verbrecher, dessen Illusionen bei Unaufmerksamkeit und Verwirrung voll zum tragen kamen. Die Wachen wussten nicht, dass sie unter seinem Einfluss standen, und es war auch unwahrscheinlich, dass sie es je bemerken würden.


Nun denn,“ begann Drels, wobei er von der Tür entfernte und sich vorsichtig dem anderen Dunkelelfen näherte und dabei unbewusst doch noch genügend Abstand von ihm hielt. „Dann sagt jetzt, was Ihr zu sagen habt.“
Der Andere nickte bloß und begann mit seinem Bericht: „Es wird heute Nacht passieren. Der Bretone hat mich zu den zwei Banden geführt, welche als erste von dem Standpunkt des Kajiitenhauses erfahren haben. Ich habe die Informationen an weitere Gruppen durchsickern lassen, die aber eher nach dem Auftauchen der beiden Ersten eingreifen werden als davor, um ihnen in den Rücken fallen und das Durcheinander ausnutzen zu können. Das Haus wird rund um die Uhr beobachtet, von allen möglichen Fraktionen, und auch von meinen eigenen Leuten. Sobald es anfängt, wird es ein richtiges Chaos sein, und der Ork wird seine Wirkung nicht verfehlen. Ich werde sicherstellen, dass genügend Kajiiten überleben, um die Nachricht weiterzutragen.“


Ah, ja, der Bretone,“ dachte Theran. Dieser Bretone hatte Einiges durcheinander gebracht, aber ihnen dabei auch ohne sein Wissen geholfen. Drels' Agent wurde auf ihn aufmerksam, als er dabei war, diese Ablenkung der Kajiiten zu verfolgen. Er hatte ihnen viel Zeit und Mühe erspart, jedoch wusste Drels nur wenig über ihn. So weit der Inquisitor wusste, könnte Lendor (seinen Nachnamen kannte er nicht) ein Scherge von Uradas Ramori sein, der vielleicht auf einem Schmuggel- oder Plündereitrip die Stadt verlassen hatte, jetzt jedoch zurückkehrte. Andererseits hatte Therans Spion in Ramoris kleinem Kreis von Banditen den Bretonen nie zuvor gesehen, und offensichtlich war er nur eine Bekanntschaft eines der beiden Nords in der Gruppe. Des Weiteren hatte der Maskierte irgendwie herausgefunden, dass er aus Chorrol kam. War er nun ein Agent der Orums? Die Schweinekinder waren normalerweise so dumm wie Stroh. Wenn es aber um gesetzeswidrige Aktionen aller Art ging, schienen ihre Köpfe auf einem Schlag auf Hochtour zu laufen, so schien es dem Inquisitor. Möglich war auch, dass er von Außerhalb der in Bravil, in Chorrol oder gar in Cyrodiil einheimischen Syndikaten stammte.

Der Ork mit dem untypischen Namen jedoch war ganz klar ein Orum, und bald würden die Verbrecher Bravils und auch die Renjirakrin glauben, dass die Orums bei dem aufkommenden nächtlichen Vorfall die Strippen zogen- sofern alles wie geplant aufging.

Und dann war da noch das „heute Nacht“. Es raubte ihm viel Zeit und er entschied kurzer Hand, die „Hauptmännin“, wie sie abwertend von manchen Wachen und anderen Bravilern hinter ihrem Rücken genannt wurde, in ihrem Amt zu lassen, um sich nicht durch unnötigen Papierkram schlagen zu müssen. Nein, er brauchte die Stadtwache in Bereitschaft, und er durfte sie nur im letzten Moment davon informieren und zuschlagen lassen um zu verhindern, dass die Verbrecher Wind von der ganzen Sache bekamen und die ganze Aktion abbliesen.
Bei der Stadtwache galt das Sprichwort „Nichts hören, nichts sehen, nichts sagen“ als allgemeiner Leitfaden, allerdings galt dies oft nur in eine Richtung: Ein braviler Wachmann, der durch Zufall oder durch Absicht von einem bevorstehenden Coup einer Verbrecherbande erfuhr, würde es niemals an seine Vorgesetzten weitertragen, sondern versuchen, selbst daraus Gewinn zu schlagen. Sollte er aber herausfinden, dass die Wache als Ganzes oder auch nur der Wachhauptmann etwas vorhatten, verkaufte er diese Information ohne zu zögern an die betroffenen Kriminellen weiter- oder an deren Rivalen, die für das Wissen über „Wann“ und „Wo“ vielleicht sogar gewillt waren, viel mehr zu zahlen. Die Männer im verwitterten weiß, grün und braun machten bei jedem aufmerksamen Beobachter keinen sehr vertrauenswürdigen Eindruck.



In Ordnung,“ beschloss der Inquisitor schließlich an den anderen Dunmer gewandt, dessen Umrisse teilweise im Schatten verschwammen. Dank der rasenden Geschwindigkeit, die Gedanken innewohnt, hatte er nur einige Momente mit Grübeln verbracht und es war kaum Zeit vergangen. „Dann verschwindet jetzt wieder. Ich muss alles vorbereiten.“
Nebenbei fiel sein Blick auf den Stapel aus Pergamenten auf seinem Schreibtisch. Schon jetzt trauerte er der letzten Mahlzeit, und damit auch der letzten Freizeit nach.