Zitat
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Im "Einsamen Freier" hatte Bro Gur´Gash zitternd die Arme um sich selbst geschlungen und saß vor der kleinen Feuerstelle, auf der der Wirt gelegentlich Suppe kochte und bei Festen oder Besuchern mit besonders vollen Geldbeuteln sogar auch Hammel briet. Bro rückte näher heran, um die Kälte zu vertreiben. Angenehm sträubten sich die Härchen auf seinen Armen und Beinen, als diese die Wärme des Feuers aufnahmen. Mitten in der Nacht, als er die fernen Lichter von Bravil schon in der Ferne sehen konnte, hatte es angefangen, wie aus Eimern zu gießen. Er hatte nichts angehabt, dass ihm gegen den Regen geholfen hätte, sondern nur das einfache Wollhemd und die grobe und an vielen Stellen geflickte Hose, die er in Grenzburg angezogen hatte. Aber jetzt war er in dieser Schenke, vor einem leise prasselndem Feuer und die Menge an Besuchern wärmte den Schankraum noch weiter auf. Eigentlich hätte er zufrieden sein sollen, aber er hatte das Bisschen an Geld, dass er aus Cheydinhal mitgenommen hatte, in dem Dorf der Verrückten Kajiiten zurücklassen müssen und konnte sich deswegen kein Zimmer mieten, geschweige denn etwas zu Essen. Stattdessen saß der Ork nun völlig durchnäßt und hungrig auf diesem alten Hocker, der nervtötent wackelte, weil ein Bein zu kurz war, und kämpfte darum, nicht einzuschlafen. "Wenn dieser blöde Maskenmann nicht bald hier aufkreutzt, werde ich ihm den Hals umdrehen..."
Als hätte sie auf sein Signal gewartet, ging in Bros Augenwinkel die Tür auf, was er aus einer anderen Position nicht gemerkt hätte, denn der Lärm, den das Gesindel von Bravil machte, übertönte das Ächzen des groben Einlasses bei weitem. Der Maskierte betrat die Schenke, wie üblich in seinen nun feuchten Mantel gehüllt. An seinen Chitinstiefeln klebte Schlamm. Die Gäste, die der Tür am nächsten saßen, blickten kurz in seine Richtung und wandten sich dann wieder ihren Gesprächen und Getränken zu. Die Anderen ignorierten ihn einfach. Bald schon hatte der Maskierte Bro auf seinem Hocker ausgemacht und durchmaß schnell den Weg vo der Tür zu der Feuerstelle.
Ungehalten bellte Bro Gur´Gash den Mann an: "Wo habt ihr so lange gesteckt?! Ich fall´ hier gleich vor Müdigkeit um!"
Der Maskierte überging Bros wütende Frage und stellte sich mit gekreutzen Armen vor ihm hin, bevor er mit ruhiger Stimme sagte: "Ihr habt also gewartet. Gut. Es ist aber schon spät, ich habe länger gebraucht als geplant. Ihr solltet euch ein Zimmer mieten, wir besprechen dann morgen mein Vorhaben. Wir werden diese Kajiiten schon kriegen".
Bro wollte schon aufstehen und dem Maskierten an die Gurgel gehen, weil er seine Frage einfach ignorierte, aber als der Mann die Kajiiten erwähnte, beruhigte der Ork sich wieder einmälig. Mit gezwungen gelassenem Tonfall erwiederte er: "Ich habe aber kein Geld. Diese Irren aus Grenzburg haben mich vertrieben, bevor ich es holen konnte". Dass er vor und bei seiner Flucht nicht einen Gedanken an sein Geld verschwendet hatte, sagte er lieber nicht.
Enttäuscht seufzte der Maskierte auf und zog dann einen kleinen Beutel aus seinem Umhang hervor, öffnete ihn und reichte dem Ork dann eine Hand voll Münzen. "Hier. Zehn Septime sollten für diese Nacht reichen. Es ist auch Geld für Essen dabei".
Entmutigt nahm Bro das Geld entgegen und zählte die Septime in seinen Händen. 10 reichten für ein Zimmer. Und es war auch genug für eine warme Mahlzeit. "Jetzt schulde ich diesem verdammten Mistkerl auch noch Geld..." Der Maskierte drehte sich um und wollte gehen, als der Ork fragend aufsah: "Wo geht ihr eigentlich hin?"
Der Mann drehte sich abrupt um und erwiederte: "Ich tuhe jetzt einen Teil meines Teils in diesem Plan. Ihr werdet es bald schon erfahren".
Ganz zufrieden war Bro mit der Antwort nicht, ließ den Mann mit Chitinmaske jedoch gehen. Lieber stand er auf, bestellte sich etwas warmes zu Essen und kaufte sich ein Zimmer für die Nacht.
Gierig schlürfte er die warme Linsensuppe aus dem alten, zerkratzten Zinnteller. Seine Kleidung war mehr oder weniger gut getrocknet und kalt war ihm auch nicht mehr, trotz der fehlenden Beheizung des Gebäudes und der schlechten Isolierung durch die modrigen Holzwände. Gesättigt stellte er den Teller auf dem ramponierten Tresen ab und rief den Wirt zu sich.
Hastig drengte sich der Ork an seinen Angestellten vorbei und stand in einigem Abstand zur Theke, beugte sich jedoch vor, so dass sein Gesicht in einiger Entfernung über dem Holz zu schweben schien. Er stieß ein einfaches "Ja?" hervor und Bro wollte ihn in seiner Eile nicht warten lassen. "Ein Zimmer, nur eine Nacht."
Schnell bekam er eine Antwort: "Zehn Septime. Wir haben noch zwei frei".
Bro legte das Geld auf den Tresen und mit einer flinken Bewegung seiner rechten Hand ließ der Wirt es in seiner Hosentasche verschwinden. Dann kramte er einen eisernen Schlüßelring daraus hervor, um nach kurzer Suche einen kleinen, angelaufenen Messingschlüßel von dem Bund zu trennen. Der Ork in Schürze reichte Bro den Schlüßel, sagte "Hier. Zimmer Nummer Fünf, die Treppe rauf." und verschwand danach wieder, um seine Gäste zu bedienen.
Kurz drehte Bro Gur´Gash den Schlüßel in seiner Hand. Das Metall fühlte sich angenehm warm an. Bro stand auf und drängelte sich seinen Weg durch das Getümmel der ärmlich anmutenden Besucher auf die Treppe zu, darauf achtend, dass der Schlüßel nicht aus seiner Hand verschwand.
Mühseelig stieg Bro die schmale Treppe hoch, an den Gestallten vorbei, die es im zweiten Stock etwas ruhiger haben wollten. Er versuchte darüber nachzudenken, wohin der Maskierte wohl hin verschwunden war, fühlte sich aber zu müde, um herumzurätseln. War er ein Mensch oder ein Mer? Bald hatte er sein Zimmer erreicht, steckte den Schlüßel ins Schloß und drehte ihn. Als er daraufhin den rostigen Türknauf herunterdrückte, glitt die Tür auf und er betrat sein Zimmer. Es war nicht groß, aber es war genug Platz. Das Bett sah bequem aus und der Ork stellte sich daneben hin. Eilig streifte er seine Kleidung ab und setzte sich auf das weiche Bett mit altem Laken. Der Verband, denn er um sein Bein trug, war nass, aber Bro beachtete ihn nicht weiter, denn es schmerzte schon lange nicht mehr. Er zog sich die Decke über und fühlte sich behaglich trocken. Es dauerte nicht lange, bis er eingeschlafen war.
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