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4. Kapitel
Lendor schnallte den Sattel an das Pferd. Es war ein alter, aber dennoch starker Rotfuchs der von den Wachen einfach nur "Roter" genannt wurde. Als der Sattel fest saß, richtete Lendor sich wieder auf und überprüfte, ob die Taschen und Beutel, die den Proviant für die Reise, eine kleine Zeltplane und altes Bettzeug enthielten, fest genug angebunden waren. Zuvor hatte er seine Rüstung ausgezogen, dafür einen Lederharnisch angezogen und einen Reiseumhang darübergezogen. Garrus stand geduldig hinter ihm und beobachtete ihn bei diesen Vorbereitungen. Lendor wollte sich schon mithilfe der Steigbügel aufs Pferd schwingen, als ihm etwas einfiel und er sich ein wenig dämlich vorkam. "Garrus... Wenn der Händler nur ein Strohmann oder ein Mitglied der Orums ist, dann wissen die doch das ich dahinreite!" Er drehte sich um und wunderte sich darüber, dass Garrus leise in sich hineinlachte.
Fragend sah Lendor Garrus and und wartete auf eine Antwort. Garrus seuftzte lächelnt und fing an zu reden: "Ich hab mich schon gewundert, dass dir das nicht von Anfang an aufgefallen ist. Um ehrlich zu sein, du bist nicht die erste Wache, die ich dahin schicke. Ich habe Ghaiatan hingeschickt. Wir beide wissen wie korrupt er ist. Ich habe ihn in der Vermutung losgeschickt, dass die Orums ihn unterwegs erwarten, ihn bestechen oder sogar umbringen. Warscheinlich sitzt er jetzt irgendwo in Bravil und die Orums denken dass das Problem erledigt ist. Sie haben ihn bestimmt dafür bezahlt, dass er einige Zeit abwartet, dann hierherkommt und mir erzählt, der Überfall wurde von einfachen Banditen geplant oder er konnte die Schuldigen nicht finden. Auf jeden Fall wird er mir nichts über die Ladung sagen, oder er wird sagen, dass sie weg ist. Du brauchst dir also keine Sorgen zu machen." In Lendor machte sich Erleichterung breit. "Das ist also auch der Grund warum ich in Zivil reisen soll, oder?" Garrus nickte zustimmend. "Ja. Aber jetzt solltest losreiten, sonst werden die Überreste des Konvois noch von Plünderern auseinander genommen." "In ordnung. Auf wiedersehen, Garrus." Mit diesen Worten drehte Lendor sich wieder zum Pferd um und schwang sich auf den Sattel. Er wollte losreiten, aber Garrus schien sich an etwas zu erinnern: "Eine Sache noch. Wenn du an Bravil vorbeikommst... Such in der Stadt nach einem Nord namens Turgar Silberstahl. Sag ihm, dass ich dich schicke, und dass er dir helfen soll." Lendor nickte, wandte das Pferd um und ritt aus dem Stall des Schloßes.
Schnell passierte er die Schwartzufer-Ställe und die danebenliegenden Gehöffte und Cheydinhal entfernte sich hinter seinem Rücken von ihm. Lendor hatte einen langen Ritt vor sich und ihm wurde bewusst, dass er Cheydinhal lange nicht sehen würde. Es war zwar eine korrupte Stadt, ähnlich einem Sumpf, aber dennoch war es seine Heimatstadt. Er hatte sich an die anderen Wachen, an die Menschen dort, an seine Patroullien, an seinen korrupten Hauptmann und an die in Cyrodiil einzigartige Architektur gewöhnt. Es war auch die Stadt in denen die Gräber seiner Eltern lagen. Lendor schloss die Augen. Einer der vielen Gründe aus denen er "Ja" zu Garrus´ Angebot gesagt hat, war dass er den Orums einen schweren Schlag verpassen könnte. Endlich.
Doch jetzt musste er daran denken, an der T-Kreuzung nach links zu reiten, nach Süden, bei der darauffolgenden Gabelung auf der rechten Seite nach Westen zu bleiben und an der zweiten wieder nach links, nach Süden, auf die Grüne Straße abzubiegen. Bald darauf würde Bravil auftauchen, wo er diesen Nord treffen sollte von dem Garrus geredet hat. Danach weiter nach Süden, wo er irgendwann zwischen Bravil und Leyawiin auf die ausgeraubte Karavane stoßen würde. Der Weg würde verdammt lang werden.
***
Locker wich er dem Stich aus und verpasste dem Angreifer einen Schlag mit dem Ellbogen. Es war eine verzweifelte Tat gewesen und bewies die Unerfahrenheit des Elfen. Ra´Kinji sah auf ihn herab, das Kurtzschwert ausgestreckt und auf den Hals des Elfen gerichtet. Er wollte schon zustechen und das Leben des Angreifers beenden, doch etwas hielt ihn zurück. "Er ist nur ein weiteres Opfer des Systems.." Ra´Kinji schüttelte den Kopf, wobei er seine Augen immer noch auf den auf der Straße liegenden Elfen gerichtet hielt. "Merk dir das für die Zukunft. Wenn dein Überraschungsmoment dahin ist und du nicht mehr gewinnen kannst, lauf weg". Plötzlich lachte der Elf auf. Seine Stimme hatte einen hohen Ton, was Ra´Kinji vertmuten ließ, dass er es mit einer Frau zu tun hatte. "Habt ihr wirklich geglaubt das Überraschungsmoment ist dahin?" Verwundert starrte er die Elfin an, als er plötzlich von einem hölzerner Stab am Hinterkopf getroffen wurde und nach vorne hin umkippte. Er stollperte über die Elfin und landete wieder im Schlamm. Ra´Kinji blieb einige Zeit liegen und bekam nebenbei mit, wie der Stabschwinger hämisch lachte. Von dem Schlag benommen zwang Ra´Kinji sich hoch und stützte sich auf alle Viere. Er konnte nicht mehr klar denken und der Boden auf den er hinab sah war verschwommen. Alles war kalt. Er spürte, wie Regenwasser ihm das Kinn herunterlief. Wenn es denn Regenwasser war.
Hinter sich hörte er den Stab wieder durch die Luft sausen. Beinahe hätte er sich nicht bewegt, der Schmerz war so stark... Doch er schaffte es noch, sich im letzten Moment dazu zu zwingen, auszuweichen. Schnell rollte er sich unbeholfen zur Seite und entging dadurch einem vernichtenden Hieb. Der Holzstab traf auf dem Boten auf und lies den Brei aus Erde und Wasser aufspritzen. "Das war zu knapp!" Jetzt, wo sich Ra´Kinji wieder bewegt hatte, kehrte sein Überlebenssinn wieder zurück, doch die Benommenheit lies nur langsam nach und ein stechender Schmerz brannte über seinem ganzen Hinterkopf. "Aufstehen! Ich muss aufstehen!" Hastig quälte Ra´Kinji sich hoch und stolperte rückwärts auf eine Hauswand zu, wobei er eine Glückssträhne hatte und den Hieben des neuen Feindes rechtzeitig genug ausweichen konnte. Ra´Kinji wusste nicht wie, aber er hatte es geschafft sein Schwert in der Hand zu halten, was ihm erst jetzt wirklich bewusst wurde. Er hob sein Kurtzschwert an und bereitete sich auf den nächsten Hieb seines Gegenüber vor. Jetzt hatte Ra´Kinji den Längennachteil, er musste so schnell wie möglich so nah wie möglich an seinen Gegner herankommen und ihn so schnell wie möglich ausschalten.
Ra´Kinji erkannte jedoch erst später den wirklichen ernst seiner Lage. Er lehnte gegen eine Wand, sein Gegner hatte einen Holzstab, der um einiges länger war als Ra´Kinjis Schwert, sein Gegner fing wieder an zu lachen, was verdeutlichte, dass er nur ein wenig gespielt hatte. Und die Elfin müsste auch jeden Moment wieder auf den Beinen sein. Er musste weg. Aber wie?
Gehetzt blickte er sich um. Der Stabkämpfer kam mit absichtlich langsamen Schritten auf ihn zu. Ra´Kinji musste handeln, wenn er zu lange wartete hätte er keine Chance mehr. Er erblickte ein Loch in der Häuserreihe, ein möglicher fluchtweg. Der Bandit erkannte das auch. Ra´Kinji bekam eine Idee. Fluchend lief er loß, täuschte an, er wolle weglaufen und sprang dann auf den überraschten Banditen zu. Dieser versuchte seinen Stab noch schnell genug zu schwingen, um Ra´Kinji zu erwischen, doch Ra´Kinji hielt den Stab mit seinem Schwert ab, die Spitze nach unten, und glitt daran entlang, bis er den verwunderten Banditen erreichte.
***
Irgendwo in den feuchten Waldgebieten zwischen Bravil und Leyawiin sank Bro Gur´Gash zu Boden. Er war seit Tagen unterwegs gewesen und von Leyawiin war weit und breit keine Spur. Nicht einmal eine Straße. Er hatte nichts zu Essen gefunden, und die Wunde an seinem Bein, in der noch immer der Pfeil steckte, hatte sich sehr schnell entzündet, wozu die ganzen Krankheitserreger in der Luft eine Menge beitrugen. Ihm war übel und extrem heiß. Er hatte Wasser getrunken, aber es hatte ihn Krank gemacht. Die Rüstung hatte er schon nach der ersten Nacht abgelegt und es kam ihm vor als ob der Überfall auf den Konvoi schon Monate her war. Seine Augen trähnten und er versuchte wieder hochzukommen, jedoch vergeblich. Wenn er kein Ork gewesen währe, hätte sein Zustand ihn schon vor Stunden in die Bewusstloßigkeit gestürtzt.
Lange Zeit blieb er so liegen. So sollte er also sterben: Allein, unter Fieber leident, mit einer entzündeten Wunde, in einem von den Göttern vergessenen Wald. Eigentlich sollte er Wut darüber verspüren, dass er sterben und die verdammten Kajiten weiterleben würden. Aber er konnte keinen klaren Gedanken fassen. Langsam wurde alles um ihn herum dunkel, als plötzlich etwas hinter ihm knackte. Bro Gur´Gash bewegte sich nicht. Ihm war alles egal geworden. Wenn es ein wildes Tier oder etwas anderes war, konnte es ihn von seinem Leid erlösen. Doch wer würde schon etwas essen, dass vor Krankheit triefte? Wieder knackte es im Unterholz, diesmal viel näher. Dann ging es Seitlich an Bro Gur´Gashs Kopf vorbei, wodurch es in sein Blickfeld kam. Es war ein Mensch. Bro Gur´Gash sah zwar nur umrisse, aber es war eindeutig etwas humanoides. Schnell versuchte er einige Worte hervorzubringen, doch es gelang ihm nur, den Mund zu öffnen. Der Mensch beobachtete ihn für einige Augenblicke und kniete sich dann neben ihn. Als Bro Gur´Gash den Fremden zwar verschwommen, aber aus einiger Nähe sehen konnte, erschrag er. Der Mensch, oder das Es hatte kein Gesicht! Die Haut hatte eine seltsame, für ihn nur schwer zu erkennende Struktur. Nur zwei linsenförmige runde Augen, in denen sich das wenige Sonnenlicht spiegelte, das sich durch die Wipfel der Bäume gekämpft hatte, stachen aus dem Kopf. Es griff in den Grauen Mantel dass es trug. Bro Gur´Gash hoffte, es wollte ihn erlösen und keinen Seelenstein herauskramen, um Bro Gur´Gashs Zustand auszunutzen.
Doch statt der erwarteten Klinge oder eines Steines kam ein lederner Schlauch zum Vorschein. Es öffnete den Deckel und kippte den flüssigen Inhalt über Bro Gur´Gashs offenen Mund. Es war... Wasser. Sauberes Wasser. Aber es war mehr als das: Es machte, dass sich Bro Gur´Gash wieder besser fühlte. Für einen Moment ließen das Fieber und der Schmerz nach, doch gleichzeitig wurde er immer schläfriger. Er versuchte noch gegen die nahende Besinnungslosigkeit anzukämpfen, aber er war viel zu schwach. Ihm wurde Schwarz vor Augen.
...