Ich denke, du verstrickst dich dort zu sehr in deine eigene Abstraktion. Ich habe nie gesagt, dass es um Gehirnwäsche geht und das war auch nicht, worauf ich anspielte.
Es geht für meine Begriffe immer noch um Desensibilisierung und die, darin bestärke ich mich gerade, kommt durch Gewöhnung zustande.
Guck zu viele Pornos: Sexuelle Desensibilisierung. Zu was das führt, kann man an jedem dritten Nerd und an jedem zweiten Assi nachvollziehen.
Zu viele Gewaltinhalte: Sinkende Abwehrhaltung gegenüber Gewalt, Blut und sonstigen Schrecken (was nicht mal negativ sein muss, sagt ja keiner, dass die Leute dann gleich selbst um sich schießen). Zu viel mit Ausscheidungen zu tun: Irgndwann fängt's an mit Fäkalhumor und dass einen nich mehr viel ekeln kann.
Mach jeden Tag exakt die selben Handgriffe: irgendwann kannst die Krabben ausnehmen ohne hinzuschauen.
See, ich sage noch immer nicht, dass es etwas Schlechtes oder sogar Schädliches ist. Aber Techno wird nicht zu höherer Kunst, nur weil er viele Hörer findet, das passiert aufgrund der Tatsache, dass man mit geneigten Ohren davon in Trance gebummt wird. Irgendwelcher Doko-Soap-Schlamm wird nicht zum Kulturbedürfnis, nur weil er Bestätigung in den Zuschauerzahlen findet, durch das fehlende Niveau wird man ebenso in Bild und Ton in Trance versetzt, umso stärker je eher man zugeneigt ist und so eher zugeneigt, je länger man dadurch beeinflusst wird.
Das ist eine simple Rechnung. Wenn ich mir über Wochen hinweg haufenweise amerikanische Serien anschau, fliegen mir andauernd englische Ausdrücke durch den Kopf. Wenn ich über Monate und Jahre mit dem Auto jeden Tag die selbe Strecke hin und zurück fahre, kenne ich sie irgendwann auswendig.
Die Niveaulosigkeit im Fernsehen produziert sich durch über Jahre hinweg erlangte Quantität, die dadurch zustande kam, dass immer mehr Formate ein paar schleichende Schritte nach unten gemacht haben. Auf diese Weise entstand meiner Meinung nach beispielshalber das Perfekte Dinner, weil Jamie Oliver langweilig geworden war. Auf diese Weise kam man von sam am Mittag zu We are family, weil warum die Vergewaltiger-Storys anmoderieren, wenn man einfach ne Kamera in irgendein Zuhause schicken kann, dort muss man nich recherchieren oder einen Bericht aufbereiten.
Und selbst diese Formate hatten Vorgänger, die ein bisschen mehr Gehalt hatten. Das ist gerade noch so die Entwicklung, die ich mit meinen jungen Jahren und dem wenigen Fernsehen, das ich mittlerweile schau, mitbekommen hab.
Und das sind die Beispiele aus den Privatsendern, die Ö-R will ich da gar nich ansprechen, denn die haben normalerweise noch einen Kulturauftrag, gleichen sich aber an eben jene hohlen Formate der Privaten an.
Und der Zuschauer hat diesen Wandel mitgemacht. Durch Gewöhnung. Man hat ihn nicht ins heiße Wasser geschmissen, man hat dem Frosch das Becken langsam erwärmt, sodass er's nich merkt. (Hm... woher hab ich das mit dem Frosch? =/ )
Wie gesagt, das ist alles gar nich so tragisch. Ich hab schon lange aufgehört, überall Kultur zu erwarten und mir ist klar, dass sich meine Bedürfniswelt nicht mit der von anderen Leuten treffen muss, was das angeht. Die Bewertung von medialen Inhalten definiert sich aber nunmal in Objektivität.