Was Han Solo angeht, waren die letzten Meldungen ganz interessant und haben das zumindest ein kleinwenig ambivalenter bzw. von der anderen Seite beleuchtet. Anscheinend waren die Vorgaben und der Zeitplan echt drakonisch (was die Zeit angeht hatte JJ Abrams damals noch genug Einfluss, um für eine Verschiebung von Episode VII zu sorgen, wir erinnern uns, aber das galt wohl nicht für L&M) und Lucasfilm ließ absolut null kreativen Freiraum übrig. Sofern ich das richtig verstehe, haben Lord & Miller, nachdem sie auf die Probleme hingewiesen wurden, wohl Versionen streng nach Drehbuch geliefert, aber eben zusätzlich auch weiterhin Takes mit eigenen Ideen oder Improvisation gedreht. Hmm. Wenn Produzent und Autor es von vornherein so eng sehen, und sie nur Regisseure engagieren um die Arbeit genau so zu erledigen, wie die in den oberen Etagen sich das bereits ausgemalt haben, ohne jeden neuen Input, einfach nur als willige Ja-Sager am Set, dann frag ich mich, warum Kasdan nicht von vornherein selbst Regie geführt hat.

Jedenfalls beunruhigt mich das für die Zukunft der Franchise. Gerade bei etwas so großem wie Star Wars fände ich es spannend, auch mal Filme zu sehen, die in vollem Umfang die Sprache eines bestimmten Auteurs sprechen, der so ein Projekt für sich vereinnahmen und es zu etwas besonderem werden lassen kann. Imho sind speziell die Spin-offs dafür wie gemacht. Stattdessen klingt das hier oder zum Teil auch was bei den Arbeiten zu Rogue One passierte ein wenig so, als führe im Prinzip indirekt das Studio selbst Regie und behalte stets die volle Kontrolle und das letzte Wort. Manchmal ist das gut, wenn die Einfälle des Künstlers zu weit abzuweichen drohen, aber das kann auch ganz schnell nach hinten losgehen, wofür es massig Beispiele gab (vgl. Superman 2, wo Richard Donner nach 70% der Dreharbeiten durch den vollkommen talentfreien Richard Lester ersetzt wurde, nur weil die Produzenten Marlon Brando kein Geld geben wollten). Ich fand ehrlich gesagt nicht, dass sich Rogue One jetzt so wahnsinnig von anderen Star Wars Filmen unterschied - auch tonal nur sehr bedingt. Wenn das jetzt immer so läuft, die aber weiterhin einen neuen Film pro Jahr raushauen, wird mich Star Wars demnächst bestimmt tierisch langweilen.

Es kann sein, dass Lord und Miller generell mit einer Produktion dieser Größe heillos überfordert waren. Aber wie gesagt, das war dann eine schlechte Wahl von den Lucasfilm/Disney-Leuten, deren miese Einschätzungsgabe ich nicht den gefeuerten Regisseuren zur Last legen will. Irgendwie krass wie sehr die beiden seit der Meldung im Netz niedergemacht werden, nur basierend auf ein paar vagen Eckpunkten und wenigen Fakten. Deren Beteiligung war eigentlich ein Grund, warum ich mich drauf gefreut habe, obwohl ich von der Grundidee eines Han Solo Prequels nicht gerade begeistert bin. Ron Howard ist bestimmt okay und garantiert wesentlich erfahrener, aber ruft in mir so überhaupt gar keine Begeisterung wach.

Auch hieß es, dass Lucasfilm so skeptisch gegenüber Alden Ehrenreichs Fähigkeiten gewesen sein soll, dass sie ihm einen Schauspiel-Coach zur Seite stellten. WTF?

Zitat Zitat von Cutter Slade Beitrag anzeigen
Natürlich kann und sollte man innerhalb eines Universums gerne andere Töne und Ansätze ausloten, aber doch nicht, wenn es um eine etablierte bestehende Figur geht. Und das war ja scheinbar der Aufhänger für die „kreativen Differenzen“ zwischen Studio und den Beiden. Rogue One ist in meinen Augen auch ein ganz anderes Thema, da man hier mit ganz anderen Figuren und Emotionen spielen konnte, da es nur eine verschwindend kleine Figuren-Schnittmenge von bekannten Figuren gab, auf die man tonal aufpassen musste. Da konnte man sich doch in dem Sinne andersartig austoben. Wenn man aber aus Han, Chewie, Lando und Co. auf einmal ganz andere Figuren macht und gerade Han sich schablonenhaft an Figuren aus meinen schlimmsten Filmalbträumen (siehe 22 Jump Street, Lego Movie…) orientieren könnte, dann darf man sich doch wohl mal als reiner Zuschauer und keinesfalls Chef-Kritiker vom Dienst zur aktuellen A Star Wars Story Entwicklung echauffieren. ^^
Klar doch. Aber ich halte das ehrlich gesagt nicht für realistisch. L&M sind jetzt auch nicht blöd. Kann mir nur schwer vorstellen, dass die aus dem ganzen Film eine Screwball-Comedy machen wollten, die völlig am Thema vorbeigeht. Du musst bedenken, dass die beiden nach eigener Aussage selbst langjährige, massive Star Wars Fans sind. Auch denke ich nicht, dass die Charakterisierung von Han der hauptsächliche (oder zumindest nicht der einzige) Aufhänger war. Die Rede war ja auch von Änderungen am Skript und vor allem einer ganz anderen Arbeitsphilosophie ("freewheeling, collaborative, and open to improvisation"), als sie von Kennedy wohl gewohnt war oder gutgeheißen wird. Wahrscheinlich werden wir nie erfahren, was genau alles hinter den Kulissen gelaufen ist. War allerdings ein feiner Zug von Ron Howard, wenigstens erst noch mit L&M telefonisch darüber zu sprechen, wie es denen damit geht, wenn er deren Job übernimmt. So macht das ein Profi. Der Typ ist in meinem Ansehen auf jeden Fall gestiegen, auch wenn mich seine Filme irgendwie nie wirklich kümmern.

Außerdem war zu lesen, dass ein Großteil dessen, was L&M bereits gefilmt haben, so verwendet werden kann. Soo weit abseits dessen, was man sich unter einem Han Solo Film vorstellt, war es also vermutlich gar nicht. Bin gespannt, ob sie doch noch irgendeine Form von Credit dafür kriegen. Der Regisseur muss ja laut Regelungen über die Hälfte eines Films gedreht haben. Ich hoffe sie werfen kein gutes Material raus oder drehen doppelt, nur damit am Ende Howards Name draufstehen darf, denn drei Viertel waren schon im Kasten. Sowas ist doch bescheuert.

Denke aber schon, dass man auch bei etablierten Figuren einer Franchise ein bisschen Kreativität einbringen und die Tonalität ändern können sollte, sofern es die Geschichte zulässt. Das hier wird ein Prequel. Wir wissen nicht, wie Han in jüngeren Jahren war, und es würde mich wundern und enttäuschen, wenn er als Mensch sein ganzes Leben über genau der gleiche geblieben ist bzw. schon als Baby der zynische Schurke mit einem Herz aus Gold war. Vielleicht haben ihn ja sogar erst die Ereignisse aus dem Film zu dem gemacht, was er ist? Natürlich sollte es sich nicht meilenweit von dem entfernen, was wir kennen, aber so lange es noch nachvollziehbar und erklärbar bleibt, warum nicht ein wenig Spaß mit diesem Universum haben? Der Film wurde afair von Kennedy als "Space-Western" beschrieben. Meiner Meinung nach ist das sehr gut mit einer gehörigen Portion Humor kombinierbar - Vgl. Joss Whedons Firefly /Serenity, da gab es trotz ernster Untertöne eine Menge zu lachen, und Captain Malcolm Reynolds war vom selben Archetyp wie Han Solo. Daher hoffe ich, dass ein humorvollerer Ansatz als sonst von der Reihe gewohnt auch bei Howard erhalten bleibt, der ansonsten ja fast durchgängig für ernstere, dramatische Filme bekannt ist.

Sollte das mit dem Ace Ventura Vergleich stimmen, bin ich auch froh, dass dieser Kelch an uns vorüber gegangen ist. Aber so lange L&M nicht selbst zu der ganzen üblen Geschichte Stellung bezogen haben, wäre ich vorsichtig mit voreiligen Schlüssen. 21 und 22 Jump Street konnte ich auch nicht sonderlich leiden (was zum Teil mehr mit den Darstellern und dem Thema zusammenhing), aber Lego Movie war für mich voll okay und Wolkig mit Aussicht auf Fleischbällchen hab ich geliebt! Irgendetwas sagt mir, dass ich einen Han Solo Film von Lord und Miller vielleicht gerade wegen der Andersartigkeit als frisch und angenehm empfunden hätte, und dass wir mit der offiziellen Ron Howard Version nun ein weiteres Studio-approved Fließband-Produkt bekommen, das bestimmt nicht schlecht wird, aber andererseits auch kaum noch überraschen kann. Zumal sich die Handlung ja nach offiziell beschriebener Weise sowieso schon um uralte Plotpunkte und bekannte Elemente drehen wird.

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Ich hab halt manchmal die Befürchtung, dass bestimmte Regisseure nicht wegen ihrer Veranlagung, gute Filme zu machen engagiert werden, sondern ob ihrer BoxOffice-Reputation und der Möglichkeit, mit solchen Dingen werben zu können („Regisseur von…“). Ich denke mal nicht, dass Colin Trevorrow engagiert wurde, weil er der richtige Mann für den Job „Episode 9“ ist, sondern einfach, weil sein Vorrangenganger Film „Jurassic World“ an den Kinokassen eingeschlagen ist, wie eine Bombe und man ihm ein entsprechend hohes Budget auch anvertrauen kann.
Was das angeht stimm ich dir voll zu. Ich hab nicht nur das Gefühl, sondern ich bin mir sogar ziemlich sicher, dass da hauptsächlich bloß auf das Geld bzw. den Erfolg geschaut wird, und nicht so sehr auf die inhaltlichen Qualitäten in Bezug auf die Profession. Colin Trevorrow hat nun gerade mal drei Kinofilme gedreht, wovon einer aktuell gefloppt ist und fürchterliche Kritiken bekommen hat (The Book of Henry, auch wenn der nicht von ihm geschrieben wurde), weshalb jetzt alle ins Schwitzen geraten, ob er überhaupt der richtige Mann für den Episode IX Job ist. Die Ankündigung folgte verdammt schnell nach Jurassic World.

Und ehrlich, ich fand Jurassic World nur passabel, nicht überragend. Hat zwar tonnenweise Geld verdient, das lag aber eher daran, dass es der richtige Film zur richtigen Zeit war bzw. genau die damaligen Wünsche des Publikumsgeschmacks erfüllte. Mit jemandem erfahreneres würde ich mich bei Episode IX gewiss wohler fühlen. Ich hab zwar oben geschrieben, dass ich ein wenig Experimentierfreudigkeit begrüßen würde, aber die sollte stets inhaltlich begründet sein. Ich denke bei Lord und Miller war das der Fall - nicht so sehr das mit der Erfahrung, klar, aber ich gehe schon davon aus, dass Kennedy & Co wollten, dass sie ein bisschen von ihrem Humor und ihrer Leichtigkeit in den Han Solo Film mit einbringen. Nur anscheinend bloß nicht zu viel - als bemerkt wurde, dass es "untypisch" wird, flogen sie raus.