Na ja, Idioten hat man überall, würde ich sagen.

Das mit der Herkunft ist bestimmt richtig, auch wenn ich den Comic langweilig und hässlich finde und daher nie weit genug gelesen habe, um durchschauen zu können, wie das Ganze gemeint war. Ist im Grunde aber auch völlig egal ... was heute damit gemacht wird, ist imho immer erheblich wichtiger, und der Feminismus, der mir aus Twitter und der Blogsphäre entgegenschlägt, nutzt den Test praktisch durchgängig, um eine (tendenziell statistische) Aussage zu machen, wie etwa in dem Link oben. Insofern: Gerade im Internet würde ich den Idioten nicht noch mehr Aufmerksamkeit geben, als sie eh schon kriegen. Dadurch gehen die positiven Seiten, die so ein Test haben kann, total unter.

In deinem zweiten Abschnitt kommen wieder verschiedene Punkte zusammen. Ich versuche mal, das getrennt zu beantworten.
1. Ich glaube nicht wirklich an "Genies" (oder finde sie zumindest unpraktikabel für den allgemeinen Diskurs), was heißt, dass gute Autoren erstmal gute Autoren werden müssen. Um zu guten "Visionen" zu kommen, braucht man meiner Meinung nach also erstmal eine gewisse Erfahrungswelt, die zu großen Teilen aus Kritik und eigenen Fehlern besteht ... aber selbst, wenn das nicht so ist, braucht man diese Erfahrungswelt definitiv, um eine gute Vision richtig umzusetzen. Das Wissen über den Bechdel-Test ist eine von siebzehntausend Techniken, die helfen können, um jemanden zu einem guten Autoren zu machen. (Wie du sagst, als Hintergrundgedanke.)
2. Ich denke, man muss krass zwischen Produktion und Kritik unterscheiden. "Abändern" ist imho nicht der Punkt an einer Kritik, vor allem nicht an einer idealistischen (wie der feministischen bspw). Niemand in his right mind (imho) würde verlangen, irgendwelche Frauen in einen fertigen Film zu stopfen, oder kategorisch nur noch Filme gucken, die den Bechdel-Test bestehen. Das ist mir zu extrem. Eine idealistische Kritik will immer eher am Gesamtbild rütteln.
3. Wenn man ein guter Autor ist, kann die Meinung einer winzigen Minderheit unglaublich wichtig sein, nämlich immer dann, wenn man sie teilt ... was einem SELBSTVERSTÄNDLICH nicht immer beim Schreiben oder während der Produktion auffällt! Finde mal einen Autoren, der seinen Text nach dem Schreiben immer noch total großartig findet, oder seine Werke von vor zehn Jahren. Und selbst, wenn man die Meinung nicht teilt, kann man die Kritik nutzen, um sich absolut bewusst zu machen, wieso man anderer Meinung ist. Wenn das dann immer noch klar geht: Wunderbar.

Abschließendes Wort von mir zum Bechdel-Test:
-> Ich denke, man muss als Konsument ganz genau gucken, wie der Test verwendet wird, und aus aus welchen Gründen.
-> Als Konsequenz sollte man als Kritiker des Tests genau so sehr darauf achten, welche Aspekte man wieso kritisiert.
Und dann noch aufpassen, dass man diese Sachen nicht zusammen wirft: Wenn ein Idiot den Test idiotisch benutzt, macht das noch lange nicht den Test selbst schlecht. Wenn der Test zweifelhaft verwendet wird, um einen Film zu verreißen, macht das noch lange nicht den Film schlecht.

Letztendlich finde ich die Sachen, die der Test kritisiert (Einfluss durch alte Konventionen: kaum wichtige Frauen in Filmen, eindimensionale Frauen) im Gesamtbild tausendmal problematischer als die Wirkung, die der Test eventuell und vielleicht irgendwann mal haben KÖNNTE, wenn es nach den Befürwortern geht (Einfluss neuer Konventionen: wichtige Frauen in Filmen, mehrdimensionale Frauen) ... was natürlich vollkommen illusorisch ist. Es steht irgendwie immer viel Panik im Raum, und zumindest in meinen Augen viel irrationale Panik. Ich meine, werden wirklich viele Filme schlechter werden, weil die Autoren von Anfang an darüber nachdenken, eventuell doch noch eine zweite weibliche Figur neben dem Love Interest im Script zu haben? Im Zweifelsfall machen sie den lustigen Sidekick zur Frau, oder den Mentor, oder was auch immer. Es ist ja nicht so, als wären die Autoren heute nicht genau so beeinflusst durch die Konventionen (NIEMAND glaubt, dass die absolute Mehrheit der wichtigen Filmfiguren aus Zufall männlich ist!). Ich finde es wirklich, wirklich naheliegender, die Probleme zu kritisieren, die den Bechdel-Test überhaupt erst vorgebracht haben, und dann nebenbei zu erwähnen, dass das Ding jetzt auch nicht gerade der heilige Messias ist. Passt besser zu meinem Verständnis der Lage, und glühende Verehrer sowie himmelschreiende Kritiker gibt es eindeutig schon genügend in den Weiten des Internets.

Zur anderen Sache: