Zitat Zitat von Enkidu Beitrag anzeigen
Dir ist aber schon klar, dass Jackson selbst ursprünglich nur einen Film draus machen wollte und die Probleme der Hobbit-Trilogie nicht in erster Linie auf ihn zurückgehen? Er hat nie wie bei Herr der Ringe die Chance bekommen, diese Filme vernünftig zu preppen. Ihn persönlich für die Schwächen verantwortlich zu machen, obwohl er unter den chaotischen Zuständen noch ganz passable Arbeit abgeliefert hat, erscheint mir irgendwie unangemessen. Glaube nicht, dass andere es in der Lage großartig besser hinbekommen hätten. Überhaupt mochte ich Unexpected Journey und Desolation of Smaug, obgleich es keine Meisterwerke waren. Nur mit Battle of the Five Armies hatte ich so meine Schwierigkeiten.
Falsch. Einfach komplett falsch. Du argumentierst vom verkehrten Standpunkt aus - dass Jackson keine Mitschuld träfe, nur weil er in letzter Sekunde für Del Toro eingesprungen ist. Davon habe ich nicht gesprochen, als ich sagte, die Filme wären... nicht gut. Dann hole ich eben weiter aus.

Ich habe von zwei Sachen gesprochen: Den Drehbüchern der Filme, und Jacksons blinder Technikgläubigkeit. Erstere haben freilich drunter gelitten, dass sie mitten in der Produktion von zweien schlagartig auf drei aufgeteilt wurden, aber von fehlender Preparation Time kann hier beim besten Willen keine Rede sein, und nein, eigentlich auch nicht für den Rest der Filme. Del Toro hat die Drehbücher seit mindestens 2008 (unmittelbar nach Golden Army, und mehr oder weniger parallel mit Überarbeitungen von Mountains of Madness und Pacific Rim) in Angriff genommen, und Jackson hat ihm dabei geholfen. Das sind vier satte Jahre bis zum Release von AUJ, innerhalb derer man eigentlich zwei halbwegs brauchbare Drehbücher hinbekommen kann.

Schon während dieser Schreibphase haben sie zusammen mit WETA reichlich Concept Arts gesammelt und den groben Stil festgelegt. Del Toros Einfluss sieht man etwa bei den Goblins in Teil 1, die selbst für Mittelerde-Film-Verhältnisse echt freaky sind. Dann sprang del Toro ab, weil MGM mit der Finanzierung nicht zu Potte kam. Und hier beginnt der Downfall des Projekts. Aus welchem Grund auch immer (Ich kenne ihn nicht), wurde fast alle bis dahin konzipierte Preparation gescrapped und verworfen. Dazu zählten die ursprünglichen Erebor-Designs, Laketown-Design, Smaug-Design und so weiter und so fort. Das ganze war eine VErgeudung von harter Arbeit sondergleichen, und hätte weder sein müssen noch dürfen. Da jetzt zu sagen "Boohoo, Jackson ist amazing und verdient keinen Blame weil er zu wenig Zeit hatte", ist absolut falsch. Wie schlimm das ganze war, sieht man schließlich auch in den fertigen Filmen:

Ich verweise zum einen auf stilistische Entscheidungen:

- Das Gold im Erebor ist im ersten Film knallgelb, die Säulen im Berg sind fast schon grasgrün.
- In Teil 2 und 3 hat der Snyder'sche Entsättiger voll draufgehalten und das ganze ist deutlich düsterer.
- Von Smaug ist am Ende von Teil 1 nur das Auge zu sehen, weil man vier Tage vor Filmrelease nur dieses Auge hatte, keinen Drachen.
- Als er Erebor angreift, hatte er im Kino Vorderbeine, mit denen er Zwerge zertrampelt. Nachdem der Film veröffentlicht war, entschied man sich für den Wyvern-Look für Smaug, der von da an keine Vorderbeine mehr hatte. Das heißt, für die DVD und BluRay des ersten Teils wurde das ganze CGI des Intros überarbeitet und Smaugs Vorderfüße wurden zu Klauen.

Die Filme haben also selbst untereinander keinerlei stilistische Konsistenz (Höchstens, dass das überlichtete CGI aus Teil 2 und 3ungefähr gleich aussieht), und diese Tatsachen sind nicht mit fehlender Zeit für Preparation zu entschuldigen, sondern mit einem Chaos, das schon beim Drehbuch entstand, und mit dem Scrapping des existierenden Materials dann perfektioniert wurde. Und die obigen Informationen sind kein Insiderwissen - die Leute von WETA Digital erzählen da ganz freimütig drüber in den Bonus Extras von Teil 2, fast so, als wären diese Inkonsistenzen eine coole Sache.

Zur erwähnten Technikgläubigkeit: Auch diese ist keine Einbildung. Wieviele Leute haben sich über die Faxen mit den millionenteuren RED-CAM-Prototypen aufgeregt, als die ersten Vorführungen liefen? So gut wie jeder Filmkritiker hat empfohlen Teil 1 (und auch die anderen) in normalen 24FPS zu gucken. Und es ist tatsächlich viel angenehmer - Jackson hat sich hier einfach in einer Technologie verloren, die in Kombination mit derartig viel CGI völlig fehl am Platze war.

Hinzu kommen Aussagen von Jackson, die irgendwo zwischen absurd und schrecklich schwanken, teilweise sogar fast an Wahnsinn grenzen, möchte man sagen: Die wohl eindrucksvollste wäre die Situation, als er ungerührt behauptete, hätte er diese Kameratechnologie und Computerpower schon 1999 gehabt, hätte er die Ringe-Filme genau so aussehen lassen. Ist auch in den Extra der Hobbit-Filme zu finden. Ein dankbares Aufheulen der Fans ging um den Globus, weil es anders gekommen ist, und er sich auf Miniaturen und echte Sets verlassen musste. Du musst doch nur Helms Klamm mit der finalen Orkschlacht aus dem dritten Hobbit-Teil vergleichen. Ich bitte dich. Die Filme sind ein CGI-Feuerwerk, das im zweiten und dritten Teil völlig außer Kontroll gerät, und darüber hinaus Charakterentwicklung und Story vergisst. Wenn du da immer noch bestreitest, Jackson wäre ein Techniknarr im allerbesten Erbe eines (schlimm überbewerteten) James Cameron, dann... tja.

Diese Filme sind keineswegs unschaubar, aber sie sind so dermaßen weit hinter ihren Möglichkeiten zurück geblieben. Und das lag nicht am plötzlichen Regiewechsel oder wenig Zeit.

Und Rivers gebe ich logischerweise den benefit of doubt. Ich sehe bei dem Projekt nicht das Genre als die größte Hürde an (Ich LIEBE Steampunk!), sondern die Geschichte. Städte auf Rädern? Aha. Nun gut, das kann man cool umsetzen, das kann aber auch saftig in die Buchse gehen. Wir werden sehen,

Was Jackson selbst betrifft, bin ich jedenfalls froh, dass er als nächstes erst einmal etwas kleines angeht, nämlich The Dam Busters. Hier kann er sich auf seine durchaus vorhandenen Fähigkeiten besinnen, die seine frühen Filme schnieke machten - einen coolen Mix aus Entertainment und guten Charakteren.