Zitat von Enkidu
Color Grading sucks. Ich habe durchaus Verständnis dafür, dass man als Künstler oder Studio bewusste stilistische Entscheidungen treffen will, sobald man die digitale Kontrolle über einen bestimmten Aspekt bekommt. So etwas ging in den 70ern noch nicht, und das fällt manchmal bei Szenenwechseln ein wenig auf. Aber seit Anfang dieses Jahrtausends sind die Leute einfach völlig durchgedreht und übertreiben damit wie bekloppt. Hollywoodfilme sind heutzutage geradezu farbkodiert nach Genre - Horrorfilme sind blau, postapokalyptische Filme grau und ausgewaschen, Filme mit Wüstensetting gelb (selbst innerhalb von Gebäuden) usw. Am schlimmsten davon ist der Orange & Teal Trend (den man bereits auf den Postern der Filme erkennen kann), the dumbest thing since shaky cam syndrome! Die Zauschauer haben Filme jahrzehntelang geguckt und sich nie beschwert "Verdammt, ich wünschte sie würden mehr Komplementärfarben benutzen, um die Hauttöne hervorzuheben!" Auch heute verbessert so ein Vorgehen imho keineswegs automatisch die Publikumserfahrung.
Leider nutzen viele Regisseure (unter anderem Michael Bay) das als billiges Mittel, um aus dem Nichts Atmosphäre zu erzeugen und das Werk mehr "artsy" wirken zu lassen. Das ist aber der falsche Weg (und ersetzt erst recht kein gutes Drehbuch oder Setdesign). Früher wurden für so etwas sehr teure Kameralinsen benötigt, das heißt, die Verantwortlichen, die das durchgezogen haben, hatten künstlerisch gute Gründe dafür und sich das genau überlegt. Inzwischen wird das äußerst leichtfertig mit ein paar Mausklicks erledigt. Und nur um das nochmal zu unterstreichen: Ich rede nicht von bloßer, normaler Farbkorrektur, die ist wichtig und hat ihre Daseinsberechtigung. Nein, ich rede von einer viel weitergehenden Manipulation des Bildes. Hier würde ich mir wirklich ein bisschen mehr Zurückhaltung wünschen. Sie können ja gerne die Wirkung in diese Richtungen lenken, aber ich hasse es, wenn mir mal wieder auffällt, wie extrem blau und/oder orange plötzlich alles ist, zumal die Szenen dadurch meistens dunkler werden und man weniger Details erkennt. Ehrlich, wenn sich der Geschmack der Filmemacher mal wieder geändert hat, wird man in 30 Jahren zurückblicken und Filme vom Anfang des 21. Jahrhunderts sehr leicht identifizieren können, was ganz gewiss kein Qualitätsmerkmal ist.
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