Da haben sich im laufenden Jahr doch schon einige Titel angesammelt. ^^''

Rebecca Gablé - Das Haupt der Welt [Roman]

Ihr erster Versuch im deutschen Mittelalter und ich muss sagen, dass er mich nicht wirklich überzeugt hat. Handwerklich ist das Buch zwar wie immer gut gemacht, aber die Geschichte braucht gefühlt das halbe Buch um überhaupt richtig in Fahrt zu kommen und auch ansonsten wirkt es in weiten Teilen sehr formal. Es ist auf jeden Fall nicht mit ihren wirklich guten Frühwerken wie "Das Lächeln der Fortuna" oder "Die Hüter der Rose" vergleichbar und vergibt meiner Ansicht nach leider einiges an Potenzial, dass das Frühe Mittelalter im deutschsprachigen Raum zu bieten gehabt hätte. Eine Straffung der Geschichte auf den eigentlichen Kern der Geschichte des Konfliktfeldes der Slawenmissionierung und der ungarischen Bedrohung (die zwar immer wieder über allem schwebt und auch angedeutet wird, aber leider nicht näher ausgeführt wird) hätte der Geschichte hier mit Sicherheit gut getan. So ist es nett zu lesen, allerdings leider auch nicht mehr. Schade drum.

Shulamit Volkov - Walther Rathenau. Ein jüdisches Leben in Deutschland [Biographie]

Die Familie Rathenau beschäftigt mich ja schon seit meinem Studium (nicht umsonst hat meine Bachelorarbeit sich mit Emil Rathenau, dem Vater Walther Rathenaus, beschäftigt), umso erfreulicher ist es dann, wenn man auch die Sichtweise anderer Historiker wieder mal ins Blickfeld nehmen kann und sich da dann auch selbst vergleichend miteinordnen kann. Shulamit Volkov gelingt jedenfalls mit ihrer Biographie eine gute und kurzweilige Darstellung der Person Walther Rathenaus, den sie auch systematisch gut als Kind seiner Zeit einordnet, auch wenn der Aspekt der jüdischen Identität für meinen Geschmack ein wenig überbetont wird. Mit Sicherheit ist er nicht ganz unwichtig im Leben und Handeln der Person Walther Rathenaus, aber da die Familie eigentlich zu den sogenannten "assimilierten Juden" in Deutschland gehörte, wird hier die Funktion meines Erachtens ein wenig überbewertet und andere Aspekte dafür nur am Rande betrachtet. Die politische und künstlerische Entwicklung Walther Rathenaus hätten hier dementsprechend vielleicht noch etwas detaillreicher betrachtet werden können. Insgesamt ist das Buch allerdings dennoch sehr empfehlenstwert, wenn man einen Kurzüberblick über die Person Rathenaus bekommen will. Detaill- und aspektreicher, allerdings auch wesentlich "verkopfter" bleibt jedoch die Biografie von Christian Schölzel.

Ursula Büttner - Weimar. Die überforderte Republik 1918-1933 [Sachbuch Geschichte]

Büttner versucht in ihrem Werk, die Strukturen sowie politisch-gesellschaftlichen und kulturellen Entwicklungen für die gesamte Zeit der Weimarer Republik vom Zeitpunkt des Waffenstillstandes bis hin zur Ernennung Hitlers zum Reichskanzler abzuhandeln. Ins Auge sticht dabei die relative Kompaktheit des Werkes mit 500 Seiten Fließtext (dafür aber, für alle Freunde der Statistik, einem mehr als detalliertem Anhang aus mehreren Dutzend Statistiken zur Zusammensetzung der Weimarer Gesellschaft, Politik und Wirtschaft). Wer also einen relativ kurzen Abriss über fast alle relevanten Bereiche der Weimarer Gesellschaft bekommen will, ist hier genau richtig. Allerdings stellt sich gerade diese Kompaktheit auch als eine der größten Schwächen heraus. Büttners Stärke ist zwar ein relativ leichter Sprachstil, der mit Sicherheit auch einem Laien einen relativ einfachen Einstieg in die Thematik ermöglichen würde, allerdings wird der Kern des Ganzen dann auch in einer schönen Regelmäßigkeit von wahren Zahelen- und Statistikkolonnen erdrückt, sodass man in dem wust aus Zahlen auch mal schnell den Überblick verlieren kann. Insbesondere wenn dann noch der Bereich der Kunst- und Kulturgeschichte in solchen Zahlenkolonnen erdrückt wird, fragt man sich zeitweise, ob das die richtige Methode für einen Zugang dazu ist. Insgesamt handelt es sich bei Büttners Werk also um ein bedingt empfehlenswertes Buch. Als Kurzüberblick über alle wesentlichen Bedingungen der ersten deutschen Republik ist es zwar geeignet, für die einzelnen Aspekte sollte man dann doch allerdings eher zu Einzelpublikationen zum Thema greifen.

Christopher Clark - Die Schlafwandler. Wie Europa in den Ersten Weltkrieg zog [Sachbuch Geschichte]

Ich bin zwar erst bei gut der Hälfte des Buches angekommen, allerdings kann man auch hier schon eine kurze Zwischenbilanz ziehen. Momentan sind in der Geschichtswissenschaft ja Querschnitte mehr als nur im Trend und so reiht sich auch Clarks Buch sehr geschlossen in diesen Trend ein. Anders als so manche Autoren vor ihm siedelt Clark seine Analyse dabei nicht nur ausgehend vom Attentat auf den österreichischen Thronfolger Franz Ferdinand an, sondern bietet einen breiten multiperspektivischen Zugang aus beinahe allen europäischen Blickwinkeln auf die Ereignisse die zur Julikrise hinführten an. Gerade diese Multiperspektivität macht es dem geneigten Leser allerdings nicht immer einfach, seinen Gedankengängen trotz einer sehr klaren und fast schon erzählerischen Sprache zu folgen, zumal die Perspektiven zum Teil auch fließend gewechselt werden.