Agatha Christie - Dummheit ist gefährlich.
LG Mike
Agatha Christie - Dummheit ist gefährlich.
LG Mike
Hab jetzt in 2 Sitzungen Arme Leute von Dostojewski gelesen.
Von ihm kannte ich bisher auch nur Der Spieler, Aufzeichnungen aus dem Kellerloch und Der Doppelgänger, Arme Leute reiht sich aber wunderbar dazwischen ein. Zwar kommt dieses Werk nicht an die Aufzeichnungen aus dem Kellerloch heran, jedoch wurde ich überhaupt nicht enttäuscht. Arme Leute handelt von zwei Personen, einem 47-Jährigen Beamten und einer jungen Frau die beide in einem Armenviertel von St. Petersburg leben und sich Briefe schreiben. Was den Roman auszeichnet ist sein Umgang mit den Themen Geld und Liebe, wodurch er sich auch noch heute, 150 Jahre später, sehr gut lesen lässt.
Ready Player One von Ernest Cline
Ziemlich gut! Für Fans von Sci-Fi-Dystopien und 80er/90er-Zeugs sehr empfehlenswert. Das Ende ist etwas schwach, da nicht konsequent genug, und der Schreibstil ist auch eher mittelmäßig. Aber dennoch sehr, sehr kurzweilig und unterhaltsam.
Das Buch spielt in der nahen Zukunft, in der die Erde dank Kriegen, Aufständen, Hungersnöten und so weiter mittlerweile ein ziemlich armseliger Lebensraum ist. Daher flüchten sich Millionen von Menschen in OASIS, eine virtuelle Welt. Diese ist teils MMO, teils ganz normales Internet mit Chatrooms etc., und der Hauptcharakter Wade geht darin (wie viele Jugendliche) zur Schule. Es ist wie eine Welt, die besser ist - weil alles programmierbar ist, ist alles möglich.
Der Hauptentwickler von OASIS (eine Art Bill Gates Charakter) war ein riesiger Nerd und wuchs in den 80ern und 90ern auf. Als er stirbt, eröffnet sein virtueller Avatar eine riesige Schnitzeljagd - wer seine obskuren Hinweise zu 80er- und 90er-Popkultur richtig deuten kann und die Schatzsuche gewinnt, kann das Easteregg von OASIS finden. Und damit das gesamte Vermögen des verstorbenen Multimilliardärs erben. Sofort bricht ein riesiges 80er-Revival aus und tausende von Schatzsuchern machen sich auf, die Rätsel zu entschlüsseln. Aber niemandem gelingt es, bis Wade eines Tages den ersten Erfolg verbuchen kann, und damit ein Wettrennen zwischen Gut und Böse in Gang setzt. Denn die Milliarden des Entwicklers sind heiß begehrt.
Okay, die Prämisse ist simpel. Es ist auch sehr viel Eskapismus dabei, und erinnert darin schon irgendwie an Harry Potter - was da die Magie war, sind hier die Geek-Referenzen. Denn das Buch strotzt nur so von Referenzen an TV-Serien, Spiele, Comics, Filme und, und, und. Es ist ein einziger riesiger Liebesbrief an seltsame Nerdkultur, und das funktioniert irgendwo sehr gut.
Was die simple Prämisse besser macht: die Welt außerhalb der virtuellen Welt. Denn die wird teilweise richtig heftig beschrieben, und gerade auch in der Darstellung des Hauptcharakters ist das Buch nicht zimperlich. Wade ist fett, hässlich und völlig vereinsamt (stellt euch einen Otaku vor, und ihr seid nah dran). Irgendwann war ich echt angewidert von ihm und seiner lebensverneinenden Einstellung, und diese Momente sind schonungslos beschrieben. Und das fand ich gut. Solche Hauptcharaktere braucht es öfter, gerade in Sci-Fi-Dystopien. Er ist ein absolutes Opfer der Maschinerie.
Was das Ganze wieder schlechter macht: das Ende. Hier geht mir der Autor an mehreren Stellen nicht weit genug. Es fehlt der große Twist, die große Erkenntnis. Es werden im Buch mehrere Dinge angedeutet, und im Nachhinein frage ich mich, ob ich das einfach nur da reingelesen habe, oder ob der Autor diese Dinge einfach nur als "Flavor" eingebaut hat. Meiner Meinung nach hätte noch was kommen müssen. Halliday z.B. hätte meiner Meinung nach wirklich am Ende schlecht wegkommen müssen. Die ganze Chause an sich, tatsächlich. Draußen herrscht Krieg und Not, und die Jugendlichen der Welt werden zu 80er-Geeks herangezüchtet von einem toten Milliardär?! Höchst schwierig. Ogden Morrow deutet sowas ein bisschen an - dass OASIS nicht das ist, was er wollte, und dass es ein Problem ist - und dann treffen wir ihn persönlich und er sagt nichts in diese Richtung. Plötzlich ist er ein guter alter Bär, der alle umarmt und ihnen mit seinem vielen Geld hilft. Oh, apropos Geld: der kapitalistische Hintergedanke der ganzen Sache wird bis auf ein paar Zeilen von Art3mis überhaupt nicht angeprangert. Ogden Morrow und Halliday hätten halt einfach mal sowas von ihr Geld für Gutes einsetzen sollen. Stattdessen sind beide die klassischen "guten Reichen", die gut sind ohne jemals etwas gegen Hungersnot und Krieg und all das tun zu müssen - Ayn Rand hätte Freudensprünge gemacht.
Und das ist ja okay - es hätte vom Roman nur absichtlich behandelt werden sollen. Unsere Helden waren nämlich auch am Ende immer noch Opfer der Maschinerie, die den ganzen Mist angefangen hat. Da hätte das Buch konsequenter sein müssen, und ein Happy End war für mich komplett ausgeschlossen. Die letzte Szene hätte ein hypnotisch zuckender Wade in einem haptischen Exoskelett sein sollen, der sich an seinem Ruhm in der OASIS erfreut, während draußen die Bomben explodieren. Oder irgendwie sowas. Mit dem jetzigen Ende... war's einfach nur ein belangloser Jugendroman. Sehr schade.
Verfilmung kommt nächstes Jahr.![]()
David Safier - 28 Tage lang
Ein Jugendbuch, das merkt man ihm auch an, der Schreibstil ist sehr einfach gehalten. Dadurch lassen sich die etwas mehr als vierhundert Seiten im Nu weglesen. Das Buch handelt vom jüdischen Widerstand im Warschauer Ghetto. Die Ereignisse sind natürlich historisch belegt, die Charaktere aber fiktiv. Es gibt zwei, drei überraschende Stellen im Buch, im ganzen handeln die Charaktere aber zu vorhersehbar. Spannend ist das Buch aber allemal, ich habe es an einem einzigen Tag durchgelesen. Was mich etwas störte, ist die teilweise etwas zu platte Sprache. Zum Beispiel tut sich die Hauptprotagonistin etliche Male weh und da stehen dann so banale Sätze wie "der Schmerz war unglaublich", "es tat höllisch weh" oder "die Schmerzen waren sehr stark". Das hätte der Autor besser machen können. Ausserdem werden einige Stellen im Buch (die für die Geschichte wichtig sind) zu schnell abgehandelt. Ansonsten aber ein wirklich gutes Buch mit rasantem Schreibstil, der die Handlung sehr schnell vorantreibt.
Sebastian Fitzek - Passagier 23
Ein Spannungsroman mit kleinen Mängeln. Die Figuren sind sehr überzeichnet, vor allem der Hauptprotagonist. Es gibt unendlich viele Twists und Turns, fast etwas zu viel des Guten. Der Schreibstil ist locker und schnell lesbar. Sowieso ist das Tempo des Romans sehr hoch, der Leser kann kaum verschnaufen, so viele Actionszenen und Cliffhanger gibt es. Hier wäre etwas weniger mehr gewesen, finde ich. Nichtsdestotrotz hat es Spass gemacht, dieses Buch zu lesen. Es war mein erstes von Fitzek. Mal schauen, ich werde wohl noch weitere von ihm lesen.
Neil Gaiman - Der Ozean am Ende der Strasse
Als ein poetisches Juwel würde ich diese Geschichte jetzt nicht bezeichnen, aber sie ist schon sehr schön geschrieben. Andere haben es auch als Horror-Märchen für Erwachsene beschrieben, aber auch dem kann ich nicht ganz zustimmen. Also Horror ist dieses Buch mit Sicherheit nicht. Es ist viel mehr eine fantastische Geschichte über die Ereignisse in der Vergangenheit eines nun erwachsenen Jungen, der zurückkehrt an den Ort seiner Kindheit und darüber nachdenkt, was ihm damals alles passiert ist. Sehr schön geschrieben, tiefgründig, aber poetisch ist was anderes.
Wir haben hier übrigens auch einen Thread zu Gaiman, da hab ich auch schon was zu dem Buch geschrieben. Wenn etwas Dialog aufkommt, kopier ich die Posts hier aber sowieso rüber.
Aus Interesse, was heißt poetisch in dem Kontext? Einfach "schöne" Sprache? Ich kann den irgendwie gar nicht einordnen.
Mmh, ich weiss nicht genau. Es stand halt auf dem Buchcover, die Geschichte sei ein "poetisches Juwel", vielleicht habe ich dadurch einfach etwas anderes erwartet, als ich dann schlussendlich gekriegt habe. Es war das erste Buch, das ich von Neil Gaiman gelesen habe und auch mir fällt es schwer, den Autor irgendwo einzuordnen. Als nächstes lese ich wohl "Niemalsland" von ihm. Zuerst warten aber noch ganz viele andere Bücher
Albert Sanchez Pinol - Im Rausch der Stille/Pandora im Kongo
Nachdem ich von seinem ersten Roman, "Im Rausch der Stille", doch relativ begeistert war, musste ich sein zweites Werk natürlich auch lesen. Es gibt eindeutige Parallelen in der Handlung zwischen den beiden Büchern, manchmal ähneln sie sich aber fast etwas zu fest. Sowie auch "Im Rausch der Stille" hat "Pandora im Kongo" eine sehr einfache und überschaubare Handlung. Es ist viel mehr der Schreibstil, der mich reizte, weiterzulesen. Denn schreiben kann Pinol ausgezeichnet, selbst Belanglosigkeiten schildert er mit einer Sprache, die seinesgleichen sucht. Es gibt einige sehr witzige Stellen (gerade zu Beginn des Buches) und einige, ich nenne es mal, sehr skurile Szenen (erst wars Sex mit Froschmenschen, jetzt Sex mit Tektonern, die unter der Erde hausen). Dank des kreativen Schreibstils wird das aber eigentlich zu keiner Zeit langweilig. Am Schluss bleibt vielleicht ein leicht bitterer Nachgeschmack, weil eine eigentlich "billige" Story, die manchmal ins Groschenromanniveau abdriftet, in so herrlich formulierte Sätze verpackt ist. Wer sich vom "Kongo" im Buchtitel angezogen fühlt, sei gewarnt, die Geschichte könnte auch in England oder sonstwo spielen, man erfährt so gut wie nichts über das Land. Trotzdem finde ich beide Werke lesenswert. Momentan gibt es bereits ein drittes Werk von Pinol, da ich aber dem Spanischen nicht mächtig bin, muss ich wohl oder übel auf die deutsche oder englische Übersetzung warten.
Geändert von deserted-monkey (21.01.2015 um 16:08 Uhr) Grund: Schreibfehler
Zitat von La Cipolla
"poetisch" steht auf Daniel Kehlmanns Glücksrad der Adjektive.Zitat von deserted-monkey
Ich lese Wilde Schafsjagd und Von Männern, die keine Frauen haben. Schon typisch Murakami. Es wird viel geredet und trotzdem fühlt man sich einsam. Es wird viel gevögelt und trotzdem bleiben die Figuren sauber voneinander getrennt. Herrlisch.
Im Abi darf ich demnächst Hiob lesen. Mitschüler sagen, das wäre grausam, also werde ich es wohl mögen.
Kevin Mitnick - das Phantom im Netz
Der Titel stach mir letztens beim Schlendern durch die Buchhaltung ins Auge, und da ich gerade nichts zu lesen hatte, nahm ich es mal mit. Und bin sehr positiv überrascht. Irgendwie hab ich aber auch was für solche "Verbrecherbiographien" übrig.
Im Buch geht es hauptsächlich darum, wie ein Hacker durch Social Engineering und Dreistigkeit in allerlei Telefon- und Computersysteme einbricht - und nebenbei einige Streiche treibt, was mich von der Art etwas an Feynmans "Surely You're Joking" erinnert hat. Macht Spaß.
Tessa Dare - Any Duchess will do
Wie man am Alias der Autorin schnell erkennt, handelt es sich um einen Bodice Ripper. Nicht aus der Stud Club serie, aber ebenfalls im 19. Jahrhundert und in England angesiedelt. Ich mag die Autorin - ihre Charaktere sind gut, die psychologische Tiefe ist ausreichend und die Dialoge sind witzig. Dass das Ficken auch ganz gut ausfällt ist da eigentlich nur noch ein Bonus.
Werde in Zukunft mehr von denen lesen, über den Kindle kriegt man die ja saubillig - habe schon ein paar weitere Bücher über afro-amerikanische Paare, die ich mir dann be Gelegenheit noch ansehen muss.
Andreas Kieling - Ein Deutscher Wandersommer
Habe das Buch von Freunden aufgrund dieser ziemlich bescheuerten Videoreihe zu Weihnachten geschenkt bekommen und anstatt das Buch im Schrank vergammeln zu lassen habe ich es in den letzten Wochen gelesen.
Die ersten 200 Seiten war ich von dem Buch ziemlich begeistert. Die Wanderung an sich ist eher hintergründig, viel mehr beleuchtet er die verschiedene Flora und Fauna, auf die er trifft und tut dies auch sehr verständlich. Hin und wieder begegnet er Personen, mit denen er ins Gespräch kommt oder gemeinsam Zeit verbringt, was das ganze noch ein wenig interessanter macht, da man über diese auch noch einiges erfährt. In einigen Kapiteln erzählt Andreas Kieling auch von seinem Leben und der Flucht aus der DDR und anderen Geschichten, die sich an der Grenze abgespielt haben. Ab seite 200 war ich es allerdings ein wenig leid das Buch zu lesen, da das ganze Buch über Fakten auf den Tisch geknallt werden, die man sich erst recht nicht merken kann, wenn man, so wie ich, in der ganzen Materie nicht drin steckt. Etwas ermüdend.
Geändert von Byder (28.01.2015 um 13:14 Uhr)
Ich wollte schon länger etwas zu dem Buch schreiben und da heute die deutsche Übersetzung erschienen ist das der perfekte Vorwand. ^^
Ann Leckie - Ancillary Justice (2013)
In der Übersetzung: "Die Maschinen" (2015)
Das Imperium der Radchaai ist die unangefochtene Nummer 1 in dem von Menschen bewohnten Weltraum. Seit mehr als 3000 Jahren wird das Imperium von einer einzigen Person beherrscht der Imperatorin Anaander Mianaai. Obwohl ihre Körper wie bei jedem normalen Menschen altern so hat sie doch durch die Technologie der Radchaai zu jedem Zeitpunkt tausende Körper mit ihrem Bewusstsein die untereinander in Kontakt stehen. Unter den anderen Kulturen der Menschen sind die Radchaai gefürchtet, was nicht zuletzt daran liegt das sie andere Planeten und Systeme annektiert um sie in die Zivilisation (in der Sprache der Radchaai bedeutet „Radchaai“ Zivilisation) zu führen. Das ist zumindest die Sicht der Radchaai. Was diese Annexion so schrecklich macht ist nicht nur das die Radchaai überlegene Technik besitzen und ihre Panzerungen praktisch undurchdringbar ist, sondern dass die Radchaai von jedem Ort den sie einnehmen einen Anteil der Bevölkerung als Gefangene nehmen auf ihre Trägerschiffe bringen und dort von den KIs ihrer Schiffe versklaven lassen. Sie werden zu Ancillary (Hilfstruppen) die unter der vollständigen Kontrolle der KI stehen und von den Radchaai als Truppen in der nächsten Annexion benutzt werden. Zumindest bis Anaander Mianaai eines Tages anordnet diese Annektierungen nach Jahrtausenden einzustellen.
Der erste ungewöhnliche Punkt des Romans ist seine Hauptfigur, bei der es sich um die KI eines Trägerschiffes der Justice Klasse handelt. Der Justice of Toren. Zum Zeitpunkt der Handlung bereits mehrere Jahrtausende alt, kontrolliert die KI auch in den Nachwehen der letzten Annektierung der Radchaai noch immer hunderte Ancillary gleichzeitig und hat Tausende weitere in Inneren ihres Rumpfes in Kälteschlaf. Aus dem Orbit eines Planeten kontrolliert Justice of Toren noch 5 Jahre der Annexion Ancillary angeführt von einem menschlichen Leutnant die eine Stadt kontrollieren. Und auch wenn ich sicher bin das es irgendwo bessere Beschreibungen eines solchen Charakters gibt, fand ich es doch faszinierend die Welt durch die Augen von Justice of Toren wahrzunehmen. Wie sie Gleichzeitig mehrere Gespräche führt bei den Patrouillen die ganze Stadt gleichzeitig überblickt und sich dabei selber zusieht wie sie durch die Stadt patrouilliert, während sie gleichzeitig die Stadt aus dem Orbit und aus ihrem kilometerlangen Rumpf nur als kleinen Fleck wahrnimmt. Die Autorin hätte das ganze sicher noch steigern können und dem Reiz dieser Vorstellung kann ich mich auch nicht ganz entziehen, aber für den Leser ist es wahrscheinlich besser dem Leser nicht noch mehr parallel Eindrücke zuzumuten. Dieser Handlungsstrang auf der annektierten Welt Shis’urna ist aber nur die erste Hälfte der Handlung. Die zweite Hälfte der Handlung erleben wir ebenfalls aus der Sicht von Justice of Toren allerdings reduziert auf einen einzigen Ancillary, 20 Jahre später und offenbar abgeschnitten vom Rest ihrer selbst auf einem unbedeutenden Eisplanten am Rande des von Menschen besiedelten Raum. Ein Großteil der Handlung wird sich darum drehen wie diese beiden Erzählebenen zusammenhängen. Und obwohl ich Kommentare gelesen haben die da Buch als langweilig bezeichnen, muss ich sagen dass mich die langsame Eröffnung dieses Mysteriums gefesselt hat. Im letzten Teil des Buches wenn man weiß wie die beiden Erzählstränge zusammenhängen, verliert das Buch etwas seinen Fokus was bedauerlich ist, aber von einem spannenden Finale aufgewogen wird. Was man nur nicht erwarten darf (und der deutsche Klappentext klingt stark danach) sind Action und Kämpfe, den nur weil unser Hauptcharakter die KI eines Kriegsschiffes ist, sollte man keine großen Kämpfe erwarten. Die Geschichte fokussiert sich mehr auf unseren Hauptcharakter und sein Innenleben. Seine Wandlung von Ich zu Ich und überhaupt seit wann ist Ich und Ich nicht mehr dasselbe sind, oder ist es das doch? Justice of Toren ist aber natürlich nicht der einzige Charakter und auch abseits dieser Charakterbetrachtung gibt es eine interessante Haupthandlung die ihre eigne Spannung erzeugt.
Die zweite große Besonderheit und mit Sicherheit einer der Gründe für die zahlreichen Awards die das Buch 2014 gewonnen hat (Hugo, Nebula, Arthur C. Clarke Award) liegt im Umgang mit den Geschlechterrollen. In der Sprache der Radchaai wird zwischen Männern und Frauen nicht unterschieden. Im Buch wirkt sich das darin aus das unser Hauptcharakter grundsätzlich alle als Sie (she) bezeichnet. Da kann durchaus mal eine Sie mit interessantem Bart sitzen der von unserem Hauptcharakter beschrieben wird. Wenn Justice of Toren gezwungen ist in einer anderen Sprache als Radchaai zusprechen, welche Unterschiede in den Geschlechtern macht, beschwert sie sich innerlich oftmals über diese Unterscheidung und die Problematik den Gegenüber richtig zu adressieren. Verstärkt wird dies noch durch die Lebensumstände der über den Weltraum verteilten Menschen, die den Menschen nicht immer ein eindeutiges Äußeres verpasst haben und den Umstand das in unterschiedlichen Teilen dieser Welt unterschiedliche Dinge als weiblich oder männlich angesehen werden. Das geht so weit das man bei praktisch keinem Charakter das Geschlecht kennt. Und selbst beim Körper von Justice of Toren selbst (im zweiten Handlungsbogen) hat man nur einen vagen Hinweis auf das Geschlecht. Falls dieses den bei einer KI überhaupt eine Bedeutung hat. Und auch das Geschlecht der Imperatorin wird nie genannt. Also habe ich sie im Geiste des Romans oben einfach als weiblich beschrieben. Anfangs ertappt man sich noch oft dabei Textstellen nochmal durchzulesen um einen Hinweis auf das Geschlecht des Charakters zu finden, aber mit der Zeit nimmt einfach hin das es nie genannt wird und macht sich keine Gedanken mehr darüber oder bastelt sich im Kopf selbst ein eignes Bild zusammen. Nur um sich dann zu fragen weshalb, man diesem Charakter nun dieses Geschlecht zugeordnet hat. In diesem Sinne hat das Buch schon das erreicht was es wollte.
Mit all diesen Punkten ist das Buch klassisch als „Soft“ Science Fiction zu bezeichnen, Technologien existieren haben auch Bedeutung stehen aber nicht im Vordergrund. Es gibt im ganzen Buch keine Erklärungsversuche irgendwelcher Technologien. Das ist auch nicht der Fokus des Buches und im Gegensatz nimmt es sich viel mehr Zeit die Gesellschaft der Radchaai mit all ihren Eigenheiten, Feinheiten, Problemen und Vorzügen zu beschreiben. Leider wurde dem Rest des Settings nicht die gleiche Aufmerksamkeit geschenkt. Andere menschliche Kulturen werden nur am Rande Schlaglicht-artig erwähnt, wenn sie für die Handlung gerade von Bedeutung sind. Außerirdische Zivilisationen werden erwähnt, existieren offensichtlich und haben auch Bedeutung im Hintergrund werden aber nicht näher beschrieben und kein Vertreter kommt in dieser Geschichte vor. Das ist alles höchst verzeihlich und verständlich, weil es nicht das Ziel dieser Geschichte ist, aber als jemand der Spaß an Settings hat, hätte ich mir mehr dazu gewünscht.
Was das Ende des Buches angeht muss man sagen dass es der erste Teil einer Trilogie ist, aber ich empfand das Ende trotzdem als erfreulich abgeschlossen. Natürlich werden am Ende nochmal neue Entwicklungen angestoßen und das Interesse ist da welche Folgen sie haben werden. (Auch weil sie noch größere Kreise ziehen werden und ich mir sicher bin das im nächsten Band mehr des Settings eröffnet wird.) Aber die allermeisten Fragen die über die Länge des Bandes aufgeworfen werden, werden geklärt und als Leser des ersten Bandes wird auch nicht auf einem Cliffhanger sitzen gelassen. Ich bin aber trotzdem sehr gespannt wie die Autorin den Nachfolger dieses Charakterzentrierten Buches gestalten will.
Insgesamt fand ich das Buch doch sehr lesenswert, auch wenn natürlich nicht alles perfekt ist und der Durchhänger kurz vor dem Finale nicht hätte sein müssen. Den „Rummel“ um das Buch kann ich aber gut nachvollziehen zumal es sich um den ersten Roman der Autorin handelt. Ich würde aber auch sagen dass das Buch nicht für Jeden geeignet ist. Wer mit den oben genannten Themen so gar nichts anfangen kann und lieber ein leicht zugängliches Buch zur reinen Unterhaltung lesen will, der findet sicher bessere Bücher. Allen anderen kann ich das Buch aber ans Herz legen. Für diejenigen die das ganze lieber auf Deutsch lesen wollen, gibt es die gute Nachricht das Heyne das Buch heute auch auf Deutsch veröffentlicht hat. Allerdings unter dem Namen „Die Maschinen“… was natürlich gar nichts vom Wortspiel im englischen Titel rettet, aber das sollte dem Vergnügen keinen Abbruch tun. Ebenfalls sollte man sich nicht von dem Klappentext nicht beirren lassen, der mich eher zum Schmunzeln gebracht hat. Für alle englischen Leser gibt’s noch zu sagen das der zweite Teil der Trilogie „Ancillary Sword“ bereits in Englisch erschienen ist.
--Beschäftigt mit: Anime Spring Season 25
Beendet: Elderand (PC), Wall World (PC)
2024: Journey to Incrementalia (PC), Rogue Legacy (PC), Adrian Tchaikovsky - Die Kinder der Zeit, Liu Cixin - Die drei Sonnen, T.S. Orgel - Behemoth, Lunacid (PC), Forager (PC)