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Thema: Now Reading #8

  1. #321
    Ich wollte schon länger etwas zu dem Buch schreiben und da heute die deutsche Übersetzung erschienen ist das der perfekte Vorwand. ^^

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    Ann Leckie - Ancillary Justice (2013)
    In der Übersetzung: "Die Maschinen" (2015)

    Das Imperium der Radchaai ist die unangefochtene Nummer 1 in dem von Menschen bewohnten Weltraum. Seit mehr als 3000 Jahren wird das Imperium von einer einzigen Person beherrscht der Imperatorin Anaander Mianaai. Obwohl ihre Körper wie bei jedem normalen Menschen altern so hat sie doch durch die Technologie der Radchaai zu jedem Zeitpunkt tausende Körper mit ihrem Bewusstsein die untereinander in Kontakt stehen. Unter den anderen Kulturen der Menschen sind die Radchaai gefürchtet, was nicht zuletzt daran liegt das sie andere Planeten und Systeme annektiert um sie in die Zivilisation (in der Sprache der Radchaai bedeutet „Radchaai“ Zivilisation) zu führen. Das ist zumindest die Sicht der Radchaai. Was diese Annexion so schrecklich macht ist nicht nur das die Radchaai überlegene Technik besitzen und ihre Panzerungen praktisch undurchdringbar ist, sondern dass die Radchaai von jedem Ort den sie einnehmen einen Anteil der Bevölkerung als Gefangene nehmen auf ihre Trägerschiffe bringen und dort von den KIs ihrer Schiffe versklaven lassen. Sie werden zu Ancillary (Hilfstruppen) die unter der vollständigen Kontrolle der KI stehen und von den Radchaai als Truppen in der nächsten Annexion benutzt werden. Zumindest bis Anaander Mianaai eines Tages anordnet diese Annektierungen nach Jahrtausenden einzustellen.

    Der erste ungewöhnliche Punkt des Romans ist seine Hauptfigur, bei der es sich um die KI eines Trägerschiffes der Justice Klasse handelt. Der Justice of Toren. Zum Zeitpunkt der Handlung bereits mehrere Jahrtausende alt, kontrolliert die KI auch in den Nachwehen der letzten Annektierung der Radchaai noch immer hunderte Ancillary gleichzeitig und hat Tausende weitere in Inneren ihres Rumpfes in Kälteschlaf. Aus dem Orbit eines Planeten kontrolliert Justice of Toren noch 5 Jahre der Annexion Ancillary angeführt von einem menschlichen Leutnant die eine Stadt kontrollieren. Und auch wenn ich sicher bin das es irgendwo bessere Beschreibungen eines solchen Charakters gibt, fand ich es doch faszinierend die Welt durch die Augen von Justice of Toren wahrzunehmen. Wie sie Gleichzeitig mehrere Gespräche führt bei den Patrouillen die ganze Stadt gleichzeitig überblickt und sich dabei selber zusieht wie sie durch die Stadt patrouilliert, während sie gleichzeitig die Stadt aus dem Orbit und aus ihrem kilometerlangen Rumpf nur als kleinen Fleck wahrnimmt. Die Autorin hätte das ganze sicher noch steigern können und dem Reiz dieser Vorstellung kann ich mich auch nicht ganz entziehen, aber für den Leser ist es wahrscheinlich besser dem Leser nicht noch mehr parallel Eindrücke zuzumuten. Dieser Handlungsstrang auf der annektierten Welt Shis’urna ist aber nur die erste Hälfte der Handlung. Die zweite Hälfte der Handlung erleben wir ebenfalls aus der Sicht von Justice of Toren allerdings reduziert auf einen einzigen Ancillary, 20 Jahre später und offenbar abgeschnitten vom Rest ihrer selbst auf einem unbedeutenden Eisplanten am Rande des von Menschen besiedelten Raum. Ein Großteil der Handlung wird sich darum drehen wie diese beiden Erzählebenen zusammenhängen. Und obwohl ich Kommentare gelesen haben die da Buch als langweilig bezeichnen, muss ich sagen dass mich die langsame Eröffnung dieses Mysteriums gefesselt hat. Im letzten Teil des Buches wenn man weiß wie die beiden Erzählstränge zusammenhängen, verliert das Buch etwas seinen Fokus was bedauerlich ist, aber von einem spannenden Finale aufgewogen wird. Was man nur nicht erwarten darf (und der deutsche Klappentext klingt stark danach) sind Action und Kämpfe, den nur weil unser Hauptcharakter die KI eines Kriegsschiffes ist, sollte man keine großen Kämpfe erwarten. Die Geschichte fokussiert sich mehr auf unseren Hauptcharakter und sein Innenleben. Seine Wandlung von Ich zu Ich und überhaupt seit wann ist Ich und Ich nicht mehr dasselbe sind, oder ist es das doch? Justice of Toren ist aber natürlich nicht der einzige Charakter und auch abseits dieser Charakterbetrachtung gibt es eine interessante Haupthandlung die ihre eigne Spannung erzeugt.

    Die zweite große Besonderheit und mit Sicherheit einer der Gründe für die zahlreichen Awards die das Buch 2014 gewonnen hat (Hugo, Nebula, Arthur C. Clarke Award) liegt im Umgang mit den Geschlechterrollen. In der Sprache der Radchaai wird zwischen Männern und Frauen nicht unterschieden. Im Buch wirkt sich das darin aus das unser Hauptcharakter grundsätzlich alle als Sie (she) bezeichnet. Da kann durchaus mal eine Sie mit interessantem Bart sitzen der von unserem Hauptcharakter beschrieben wird. Wenn Justice of Toren gezwungen ist in einer anderen Sprache als Radchaai zusprechen, welche Unterschiede in den Geschlechtern macht, beschwert sie sich innerlich oftmals über diese Unterscheidung und die Problematik den Gegenüber richtig zu adressieren. Verstärkt wird dies noch durch die Lebensumstände der über den Weltraum verteilten Menschen, die den Menschen nicht immer ein eindeutiges Äußeres verpasst haben und den Umstand das in unterschiedlichen Teilen dieser Welt unterschiedliche Dinge als weiblich oder männlich angesehen werden. Das geht so weit das man bei praktisch keinem Charakter das Geschlecht kennt. Und selbst beim Körper von Justice of Toren selbst (im zweiten Handlungsbogen) hat man nur einen vagen Hinweis auf das Geschlecht. Falls dieses den bei einer KI überhaupt eine Bedeutung hat. Und auch das Geschlecht der Imperatorin wird nie genannt. Also habe ich sie im Geiste des Romans oben einfach als weiblich beschrieben. Anfangs ertappt man sich noch oft dabei Textstellen nochmal durchzulesen um einen Hinweis auf das Geschlecht des Charakters zu finden, aber mit der Zeit nimmt einfach hin das es nie genannt wird und macht sich keine Gedanken mehr darüber oder bastelt sich im Kopf selbst ein eignes Bild zusammen. Nur um sich dann zu fragen weshalb, man diesem Charakter nun dieses Geschlecht zugeordnet hat. In diesem Sinne hat das Buch schon das erreicht was es wollte.

    Mit all diesen Punkten ist das Buch klassisch als „Soft“ Science Fiction zu bezeichnen, Technologien existieren haben auch Bedeutung stehen aber nicht im Vordergrund. Es gibt im ganzen Buch keine Erklärungsversuche irgendwelcher Technologien. Das ist auch nicht der Fokus des Buches und im Gegensatz nimmt es sich viel mehr Zeit die Gesellschaft der Radchaai mit all ihren Eigenheiten, Feinheiten, Problemen und Vorzügen zu beschreiben. Leider wurde dem Rest des Settings nicht die gleiche Aufmerksamkeit geschenkt. Andere menschliche Kulturen werden nur am Rande Schlaglicht-artig erwähnt, wenn sie für die Handlung gerade von Bedeutung sind. Außerirdische Zivilisationen werden erwähnt, existieren offensichtlich und haben auch Bedeutung im Hintergrund werden aber nicht näher beschrieben und kein Vertreter kommt in dieser Geschichte vor. Das ist alles höchst verzeihlich und verständlich, weil es nicht das Ziel dieser Geschichte ist, aber als jemand der Spaß an Settings hat, hätte ich mir mehr dazu gewünscht.

    Was das Ende des Buches angeht muss man sagen dass es der erste Teil einer Trilogie ist, aber ich empfand das Ende trotzdem als erfreulich abgeschlossen. Natürlich werden am Ende nochmal neue Entwicklungen angestoßen und das Interesse ist da welche Folgen sie haben werden. (Auch weil sie noch größere Kreise ziehen werden und ich mir sicher bin das im nächsten Band mehr des Settings eröffnet wird.) Aber die allermeisten Fragen die über die Länge des Bandes aufgeworfen werden, werden geklärt und als Leser des ersten Bandes wird auch nicht auf einem Cliffhanger sitzen gelassen. Ich bin aber trotzdem sehr gespannt wie die Autorin den Nachfolger dieses Charakterzentrierten Buches gestalten will.

    Insgesamt fand ich das Buch doch sehr lesenswert, auch wenn natürlich nicht alles perfekt ist und der Durchhänger kurz vor dem Finale nicht hätte sein müssen. Den „Rummel“ um das Buch kann ich aber gut nachvollziehen zumal es sich um den ersten Roman der Autorin handelt. Ich würde aber auch sagen dass das Buch nicht für Jeden geeignet ist. Wer mit den oben genannten Themen so gar nichts anfangen kann und lieber ein leicht zugängliches Buch zur reinen Unterhaltung lesen will, der findet sicher bessere Bücher. Allen anderen kann ich das Buch aber ans Herz legen. Für diejenigen die das ganze lieber auf Deutsch lesen wollen, gibt es die gute Nachricht das Heyne das Buch heute auch auf Deutsch veröffentlicht hat. Allerdings unter dem Namen „Die Maschinen“… was natürlich gar nichts vom Wortspiel im englischen Titel rettet, aber das sollte dem Vergnügen keinen Abbruch tun. Ebenfalls sollte man sich nicht von dem Klappentext nicht beirren lassen, der mich eher zum Schmunzeln gebracht hat. Für alle englischen Leser gibt’s noch zu sagen das der zweite Teil der Trilogie „Ancillary Sword“ bereits in Englisch erschienen ist.

  2. #322


    Mukoma Wa Ngugi - Nairobi Heat
    Habe den Roman natürlich auch gelesen, weil ich erst letztes Jahr in Nairobi war, man erfährt aber nur wenig über die titelgebende Stadt und es ist somit schwer, sich ohne Vorkenntnisse ein Bild von ihr zu machen. Vielmehr berichtet das Buch über Korruption und Verbrechen in Kenia an sich. Die Handlung dreht sich um einen nicht alltäglichen Kriminalfall in den USA, der den Ermittler des Falles nach Afrika, in seine Vergangenheit, gehen lässt, um auf die Spur des Täters zu kommen. Die Sprache ist gut und passend, leidet aber manchmal an Übersetzungsfehlern. Manchmal hatte ich das Gefühl, das der Autor etwas dick aufträgt, das tut dem Roman aber keinen Abbruch. Das Buch ist rasant geschrieben und besitzt für einen Krimi einen ziemlich hohen Grad an Action (Verfolgungsjagden, Schiessereien etc.; wirkt eben deshalb manchmal etwas dick aufgetragen). Alles in allem ein spannendes, empfehlenswertes Buch.

  3. #323
    Morgen erscheint der dritte Band der Southern Reach Trilogie: Akzeptanz. Wird Zeit das ich was zu Band 2: Autorität kritzele. Impressionen zu Band 1: Auschlösung finden sich in diesem Post *klick*. Durch den Aufbau von Band 2 kann ich aber diese Impression zu Band 2 völlig Spoilerfrei im Bezug auf Band 1 halten.

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    Jeff Vandermeer – Autorität (2015)
    Im Orginal Authority (2014)

    Worum gehts? Vor über 30 Jahren erschien an einer Küste die sogenannte Area X, deren Veränderung schwer in Worte zu fassen ist. Fest steht das dort keine Menschen mehr leben und die Natur die Reste der menschlichen Besiedlung zurückerobert hat. Unter der Oberfläche dieser scheinbar unberührten Wildnis lauern allerdings Gefahren, die nur von einer sehr vagen Grenze zwischen Area X und dem Rest der Welt getrennt sind. Als Gebiet einer Naturkatastrophe getarnt, ist die Southern Reach Behörde mit der Aufklärung betraut. Und während wir uns im ersten Band Area X durch die Augen einer Expedition von Innen angeschaut haben, werfen wir diesmal einen Blick von außen auf Area X. Und zwar durch die Augen des neuen Direktors (Spitzname Control) der Southern Reach Behörde. Frisch abkommandiert nach Southern Reach um für Ordnung zu sorgen. Und nachdem im Buch viele der allgemeinen Fakten im Unklaren blieben ist es interessant diese Fakten geliefert zubekommen. Interessanter noch ist aber das uns die Fakten, dem Geheimnis von Area X kein Stück näher bringen werden. Das ist auch Southern Reach der Behörde zum Verhängnis geworden. Ursprünglich waren die Angestellten von Southern Reach mit Begeisterung an die Sache heran gegangen. Spezialisten vieler Fachbereiche konnte sich mit etwas völlig neuem beschäftigen was unsere Weltsicht auf den Kopf stellen konnte. Eventuell würde man sogar die Welt retten. Aber nach mehr als 30 Jahren ist der Enthusiasmus verflogen. Es stapeln sich Theorien auf Theorien, ohne die Chance ihre Richtigkeit zu beweisen. Und auch die Welt ist nicht untergegangen. Stattdessen sitzt Area X immer noch da draußen ohne Veränderung und den Angestellten wird klar das die große Chance etwas Neues zu entdecken zu einem Abstellgleis geworden ist. Zwischen den Angestellten haben sich Gruppen gebildet die um Stellen und Budget rangeln (wenn die Welt nicht untergeht kann Southern Reach ja gar nicht so viel Budget brauchen) und ihre Intrigen ausleben. In dieses Dickicht wird nun unser Hauptcharakter geworfen. Von Berufswegen her Geheimagent mit Schreibtischjob, dessen Mutter irgendwo in den höheren Schaltzentralen der Geheimdienste sitzt. Die Paranoia in der Behörde wird der neue Direktor jedenfalls nicht senken können, zumal sich die stellvertretende Direktorin als wenig kooperativ zeigt. So ins kalte Wasser geworfen muss sich Control mit den Geheimnissen von Area X auf der einen Seite und den Grabenkämpfen im Büro auf der anderen Seite auseinander setzen. Ein genauso großes Rätsel gibt ihm dabei aber seine verschwundene Vorgängerin auf deren Ziele genauso undurchsichtig sind wie ihr Verschwinden.

    Die gesamte Stimmung und die Atmosphäre des zweiten Buch ist dabei eine ganz andere. Im Band 1 ging es um den Aufbruch ins Unbekannte, während es im zweiten Band um den Paranoiden Verfall innerhalb der Behörde geht, gemischt mit einem Hauch Spionage auf der Suche nach neuen Hinweisen im Puzzle. Generell finde ich den Ansatz des Buches ziemlich gut. Das Geheimnis der Geschichte aus einem anderen Blickwinkel zu beleuchten, hält die Spannung aufrecht, aber mir persönlich hat die paranoide Atmosphäre im zweiten Buch weniger gefallen als in Band 1. Wahrscheinlich weil man sich nicht des Eindrucks erwehren kann, das der Leser genauso wie der Protagonist über den Großteil des Romans auf der Stelle tritt. Das ist dann wohl die Kehrseite des anderen Blickwinkels. Zum Glück zieht die Geschichte zum Ende des Buches hin nochmal an und bietet dabei einen versöhnlichen Abschluss nach dem doch etwas langwierigen Buch. Und das Geheimnis um Area X ist interessant genug, das Band 3 bereits vorbestellt ist. Hoffentlich bietet er einen würdigen Abschluss der Southern Reach Trilogie.

  4. #324
    Jules Verne - Reise um die Erde in 80 Tagen

    LG Mike

  5. #325
    Terry Pratchett - Sourcery

  6. #326


    Vladimir Sorokin - Der Schneesturm
    Ein Buch, das mir unglaublich gut gefallen hat. Etwas vom Besten, was ich in den letzten Jahren gelesen habe. Ein fantastisches Märchen für Erwachsene, tiefgründig und einfach nur ein Lesegenuss. Die Übersetzung aus dem Russischen ist hervorragend gelungen und so lesen sich die 200 Seiten dieses kurzen aber dafür umso besseren Roman in Rekordzeit weg. Schade ist nur, dass der ganze Spass eben nach diesen 200 Seiten vorbei ist, ich hätte ewig davon lesen können, so gut ist diese Geschichte und vor allem eben die Sprache Eine sehr angenehme Überraschung, ich kannte den Autor vorher gar nicht und bin per Zufall auf das Buch gestossen, Titel und Cover haben mich angezogen und auch die Synopsis sprach mich an. Ich kann das Buch wärmstens empfehlen! Ein ganz, ganz grosser kleiner Roman!

    Eigentlich lese ich ja noch das hier:



    Benjamin Monferat - Welt in Flammen
    Habe es mir sogar im Hardcover gegönnt. Leider aber stecke ich ziemlich fest. Bin momentan in der Hälfte der insgesamt 750 Seiten angelangt und irgendwie habe ich das Gefühl, das Buch zieht sich unendlich. Das Thema spricht mich schon an, sonst hätte ich mir das Buch ja nicht gekauft, aber die Spannung bleibt doch grösstenteils auf der Strecke, wie ich finde. Es geht um den Simplon-Orient-Express und seine letzte Fahrt im Jahre 1940. Leider kann ich die ganzen sehr positiven Empfehlungen im Internet nicht wirklich nachvollziehen (aufgrund dieser ich mir das Buch auch zugelegt habe). Denke schon, dass ich es noch zu Ende lesen werde, aber erstmal fange ich wohl mit was anderem an Ich will die Geschichte mögen, aber es gelingt mir einfach nicht recht, weil ich lustlos Seite um Seite lese, aber doch nicht recht weiterkomme (lese auch gerne richtig fette Wälzer, also am Umfang liegt es nicht).

  7. #327

    Ridcully ist ja sonst auch ein Arschloch (wenn auch ein liebenswertes), aber das ist das erste Mal, dass ich ernsthaft sauer auf ihn war. Hat der arme Rincewind denn nicht schon genug gelitten? Überhaupt finde ich den größten Teil der Rincewind-Bücher eher depressiv als lustig. :-/

    Geändert von Shieru (29.03.2015 um 18:51 Uhr)

  8. #328
    Eragon Band 1

    Hab die Bände 1 bis 3 damals nach der Veröffentlichung schon einmal gelesen und wieder Lust bekommen. Daher gleich alle vier auf einmal gekauft ^^ Ich weiß bis heute nicht, wie die ganze Geschichte ausgeht ^^

    LG Mike

  9. #329
    A Radar History of World War II

    Ist ein interessantes Buch. Für die Leute hier sind die ganzen DEEEERRRRRP-Geschichten der Nazis vielleicht interessant. Wie z.B. dass die Kriegsmarine den übrigen Heeresteilen mehr oder weniger wortwörtlich gesagt hat, dass sie sich ihr eigenen Radar erfinden sollen und dann alle Kooperation IHRES Produzenten mit Heer und Luftwaffe torpedierte... das war nachdem die anderen mehr oder weniger zufällig bei einer Demonstration mitbekamen, dass einsatzfäige Radare existierten, denn die Geheimhaltung gig so weit, dass zu dem Thema keine Berichte nach oben weitergereicht wurden.... oder das IFF in Sitzungen versumpfte, bzw problematisch blieb, da kein einheitliches Radarsystem im Einsatz war.

  10. #330


    Ned Beauman - Glow

    In diesem Buch passiert dermassen viel, es fällt einem Rezensenten wirklich nicht leicht, etwas darüber zu schreiben. Oder zumindest geht es mir so. Die Handlung ist unglaublich vielschichtig, es gibt mehrere Handlungsstränge, die aber alle miteinander verwoben sind und zu einem gemeinsamen Ziel führen. Wirklich gut gemacht, der Mann versteht sein Handwerk. Was mich ausserdem bei diesem Buch sehr ansprach bzw. anspricht, ist die Fabulierfreudigkeit des Schriftstellers. Da gibt es Sätze, die ich so noch nie zuvor gelesen habe, der Autor schöpft aus dem Ganzen und lässt wirklich nichts anbrennen. Die genauen Abläufe im Gehirn, wenn man seinem Körper Drogen zuführt, können vielleicht etwas abschreckend wirken, weil man erstmal nur Bahnhof versteht (als Laie, wie ich einer bin). Doch gewöhnt man sich schnell daran und beginnt auch zumindest das Grundlegendste davon zu kapieren. Dieses Buch ist aber mehr, als eine Geschichte über ein paar verlorene Jugendliche, die Drogen nehmen. Man kommt einem skrupellosen Unternehmen auf die Spur, das Burmesen in London entführt und schliesslich tauchen überall Füchse auf, die einen Zusammenhang mit alledem haben. Teilweise wirklich brüllend komisch, wenn auch die Geschichte selbst es eigentlich nicht ist. Grossartiges Buch! Ich lieb(t)e es! Uneingeschränkte Leseempfehlung.

  11. #331
    S.S. Van Dine - The Man of Promise
    Obwohl das Buch 1916 geschrieben wurde, liest es sich sehr gut, finde ich - aber ich mag den Autor auch.
    Es handelt vom Leben des jungen Stanford West, einem aufstrebenden Schriftsteller, der sich dazu berufen fühlt, den Zeitgeist zu ändern und die literarische Kultur zurück zu den griechischen Standards zu führen. Dabei schildert das Buch seinen kompletten Werdegang vom Kleinkindalter an und geht dabei, passend zum Naturalismus, sehr ungeschönt vor, indem aufgezeigt wird, wie West letztlich stets sowohl von seinen eigenen Emotionen als auch von äußeren, oft gesellschaftlichen Umständen beeinflusst wird (und zwar nicht immer positiv).
    Ich bin jetzt bei zwei Dritteln, aber muss sagen, es hat was. In vielen Punkten kann man sich erstaunlich gut trotz des Alters des Buchs wiederfinden (obwohl ich persönlich den Protagonisten trotzdem für einen ziemlichen Unsympath halte), während andere Aspekte (allen voran der Stellenwert der Religion sowie das Frauenbild) doch für heutige Verhältnisse sehr fremd erscheinen. Allerdings muss man dabei natürlich beachten, dass 1916 eben kurz vor des großen Umschwungs war, was Frauenrechte anging.

    Wer sich mit älteren Texten anfreunden kann und evtl. mal neugierig auf einen naturalistischen text ist, dem kann ich das The Man of Promise bisher wärmstens empfehlen! Sprachlich finde ich es wie gesagt auch sehr angenehm zu lesen, aber ich mag dieses etwas hochgestochene Englisch mit den ganzen archaischen Phrasen eh sehr gerne. ^^ Und wer solches Englisch auch mag, mit dem Genre aber nicht anfangen kann, der sei wärmstens auf Dines Philo Vance-Detektivgeschichten verwiesen~ Gibt zwar Übersetzungen, aber die kenne ich nicht und da ginge glaube ich auch sehr viel Charme verloren.

    Hätte ich noch Kurse zu Literatur würde ich eine Hausarbeit drüber schreiben~ <:

    Geändert von BDraw (10.05.2015 um 01:30 Uhr)

  12. #332


    Bruno Apitz - Nackt unter Wölfen

    Ein sehr gutes Buch, wenn man das so sagen kann. Man erfährt viel über das KZ Buchenwald, die Zustände, die Lagerordnung, die Verantwortlichen, die Häftlinge. Der Fokus liegt auf dem ILK, der geheimen Widerstandsorganisation innerhalb des Lagers. Ein Kind, das in einem Koffer gefunden und im Lager versteckt wird, gilt fortan als Symbol des Widerstandes. Allerdings hat das Kind nach der Hälfte des Buches keine allzu grosse Bedeutung mehr. Erst gegen Schluss wird die Erzählung über "das Wurm" - so wird es im Buch genannt - wieder aufgegriffen. Ein Buch über Freundschaft und Zusammenhalt, aber auch über abscheuliche Grausamenkeiten (die Folterszenen fand ich doch recht heftig). Gegen Ende des Buches wird hauptsächlich vom Widerstand und der Befreiung des Lagers erzählt. Was aus den SS-Leuten wird, ist nicht bekannt. Hätte mich schon sehr interessiert. Nichtsdestotrotz ein wichtiges Buch und sehr spannend erzählt. Ich habe die Neufassung gelesen und das war leider ein Fehler: Ständig gibt es irgendwelche komischen Klammern, die zusätzliche Infos beinhalten. Teilweise sind die Klammern wirklich sehr seltsam gesetzt (ohne sie ergäbe der Satz sonst keinerlei Sinn oder wäre unvollständig). War deswegen teilweise etwas mühsam zu lesen.

  13. #333
    DOPPELPOST!



    Tim Curran - Dead Sea

    Das Buch habe ich sehr schnell gelesen. Der Autor bedient sich einer gut lesbaren, flüssigen Textform, die über normale Horrorliteratur hinausgeht, auch wenn man es nicht gerade anspruchsvoll nennen sollte. Es geht darum, dass einige Seeleute und Nicht-Seeleute in einem seltsamen Nebel auf See verloren gehen (natürlich irgendwo im berühmten Bermuda-Dreieck) und irgendwie in eine fremde Dimension gesogen werden. Soweit zur Story, mehr kann ich fast nicht dazu schreiben, ohne zu spoilern. Die Bermuda-Dreieck-Thematik hat mich angesprochen und ich erwartete so einen leichten H.P. Lovecraft bzw. Cthulhu-Touch, aber das ist dann doch ausgeblieben. Tim Curran zelebriert den Tod. Alle Grausamkeiten sind haargenau beschrieben und teilweise bekommt man den Eindruck, der Autor wolle einfach möglichst viel Ekel beim Leser auslösen. Das gelingt ihm allerdings auch, gerade die diversen Viecher dieser fremden Dimension sind sehr detailliert und sehr abscheulich beschrieben. Zuweilen nervt es etwas, dass der Nebel tausendmal Erwähnung findet und eigentlich immer gleich, wenn auch mit etwas anderen Worten, beschrieben wird. Ein weiterer Minuspunkt sind die Charaktere. Viele sind nicht richtig ausgearbeitet, man erfährt zu wenig über ihre Hintergründe und es handeln praktisch alle gleich. Das Buch beginnt etwas zäh, kommt dann aber rasch in Fahrt und wirkt gegen Ende fast etwas zu schnell auf den Schluss hin gearbeitet, das obwohl dieser Roman stolze 760 Seiten Lesestoff bietet. Was mich weiterhin etwas genervt hat, war die direkte Rede der Charaktere. Ich habe noch selten ein Buch gelesen, in dem so viel geflucht wurde wie hier. Praktisch in jedem Satz, der jemand sagt, gibt es ein Fluchwort zu finden. Auf Dauer fand ich das etwas unpassend und nicht authentisch, auch wenn die Hälfte der Leute Seemänner sind. Die Sprache des Autors fand ich gut, der Inhalt stellenweise durchwachsen bis gut.

    Aber schlussendlich ist das ein einfacher Horrorroman und als solcher funktioniert er wunderbar.

  14. #334
    TRIPLE-POST!!! Niemand am lesen hier?



    Roger Smith - Kap der Finsternis

    Soweit ich informiert bin, ist dies der Debüt-Roman von Roger Smith, einem Südafrikanischen Autor. Der Titel ist auch im Verlag Heyne unter dem Label "Heyne Hardcore" erschienen und es geht dementsprechend nicht gerade glimpflich zur Sache. Ein Mann flieht mit seiner Familie aus den Vereinigten Staaten nach Südafrika, um seine Vergangenheit hinter sich zu lassen, aber er hat die Rechnung ohne Kapstadt gemacht. Schonungslos werden die Zustände in dieser Stadt beschrieben, eine wilde Jagd durch die Slums beginnt. Viel zu der Handlung möchte ich eigentlich gar nicht sagen, sie ist relativ schnell erklärt. Das hohe Tempo und die zahlreiche Action machen diesen Roman aber durchaus lesenswert, auch die Ausdrucksweise des Autors ist gewählt und sorgfältig, was dieses Buch deutlich über Groschenromanniveau hinaushebt, obwohl die Handlung etwas anderes vermuten lassen könnte. Die Charaktere sind gut ausgearbeitet, man fiebert bis zum Ende mit, das aber doch ein ganz klein wenig unbefriedigend für mich war (aber es bekommt wohl jeder, was er verdient hat). Für zwischendurch ein ordentlicher Happen Lektüre!

    Geändert von deserted-monkey (27.05.2015 um 22:32 Uhr)

  15. #335
    Die Tribute von Panem 1+2
    Nachdem letztens ja mal wieder der erste Film lief, dachte ich, es wäre eine Idee, mal die Bücher anzufangen. Band 1 fand ich tatsächlich sehr gut, vielleicht gerade auch weil ich den Film ja noch im Kopf hatte: Katniss Gedanken erfährt man ja im Film nicht, verleihen allem aber eine zusätzliche Tiefe, während alles visuelle, was im Buch ja nur sehr marginal angerissen wird, im Film schön eindrucksvoll gezeigt wurde.
    Band 2 fand ich dafür etwas schlechter - bzw. es geht, auch Band 2 hat mir größtenteils gut gefallen, allerdings nur bis zur Hälfte. Ab dort fühlte sich alles sehr gerusht an, was durch den Deus Ex Machina-Twist auch nicht gerade gerettet wurde. "Show, don't tell" hätte hier sehr vieles behoben, aber plötzlich die geheime Bruderschaft aus dem Hut zu zaubern, die ja alles erklärt und schon immer für einen war fühlt sich einfach an, als hätte die Autorin nicht gewusst, wie sie sonst aus der Nummer wieder rauskommen sollte.

    Mal schauen, ich versuche mal, mir Band 3 zu organisieren, habe aber leider von einer Freundin gehört, dass der nicht viel besser wird als das Ende von 2. Aber man kann ja hoffen.

    Von all dem abgesehen finde ich aber, dass Dystopie, Medienkritik und Jugendliteratur hier sehr schön vereint werden, auch wenn ich nicht weiß, wie viele der unzähligen Seitenhiebe und Parallelen bei jugendlichen Lesern so hängen bleiben.

    Geändert von BDraw (03.06.2015 um 22:12 Uhr)

  16. #336

    Robert Harris: Intrige (Roman) Eine moderne Erzählung über den Fall Dreyfus 1894. Sehr guter Erzählstiel, durchweg Spannend bis zum Schluss. Mir haben auch die Abschnittslängen gefallen in den das Buch eingeteilt ist. Es geht um den aufsteigenden Major Picquart, der zum Chef des Geheimdienstes befördert wird und der Bedenken
    zum Fall Dreyfus hegt. Er gerät in eine Vertuschung nach der Anderen und möchte die Sache aufdecken. Dabei gerät er selbst zur Zielscheibe der Regierung. Man kommt ein wenig zum Nachdenken, da die Thematik aufgrund von NSA und BND ja auch aktuell ist. Fazit: Auf jedenfalls zu Empfehlen. Mit 600 Seiten auch kein Wälzer und, wie gesagt, durchgehend gut geschrieben und spannend.

  17. #337


    Christian Kracht - Imperium

    Ich weiss ehrlich gesagt nicht genau, was ich von diesem Roman halten soll. Die Handlung ist teilweise ziemlich absurd - es geht um einen Deutschen, der loszieht, um in der Südsee einen neuen Staat zu gründen, oder besser: nach seiner eigenen Religion zu leben - und beschränkt sich auf einige wenige Schauplätze. Die Figuren sind amüsant skizziert, allen voran der Hauptprotagonist, der sich nur von Kokosnüssen ernähren will, da er zum Schluss kommt, dass sie die Früchte Gottes sind. Was den Roman etwas mühsam zu lesen macht, sind die ellenlangen Schachtelsätze. Hat man sich aber einmal daran gewöhnt, kann man das Buch doch recht flott weglesen, auch wenn es hie und da Stolperer gibt, da man einfach nicht alle Fremdworte kennen kann, mit denen der Autor ungezügelt um sich wirft. Teilweise wirkt der Text aufgrund dessen etwas pseudointellektuell, als müsse der Autor dem Leser beweisen, was für ein schlauer Fuchs er eigentlich ist. Das drückt zuweilen etwas auf den Lesespass. Trotzdem: Ich mochte die Geschichte eigentlich. Kann man lesen, muss man aber nicht.

    Geändert von deserted-monkey (08.06.2015 um 22:21 Uhr)

  18. #338


    Ben Winters - Der letzte Polizist

    Mmmh, was soll ich sagen? Das Buch ist sicherlich nicht schlecht und ich konnte es schnell lesen, aber irgendwie fehlt mir etwas. Leider habe ich auch zu spät bemerkt, dass es der Auftakt zu einer Trilogie darstellt, denn ich habe jetzt keine Lust, die beiden weiteren Bücher auch noch zu lesen (zumindest nicht, weil noch diverse, hochkarätigere Titel bei mir ungelesen rumstehen). Der letzte Polizist erzählt eine mässig spannende Kriminalgeschichte, die erst in der Hälfte des Buches so richtig an Fahrt gewinnt. Ein Pluspunkt ist der sehr sympathische Hauptcharakter, mit dem man sich sofort identifizieren kann. Es wird eine schöne, pre-apokalyptische Stimmung aufgebaut, denn in sechs Monaten geht die Welt unter, ein riesiger Brocken Gestein aus dem All fliegt direkt auf die Erde zu und droht alles Leben zu vernichten. Wie die Menschheit auf ein solches Ereignis reagieren könnte, wird wirklich irgendwie glaubhaft rübergebracht, das fand ich sehr interessant. Leider hat der Weltuntergang nur eine untergeordnete Rolle, hauptsächlich geht es darum, einen Kriminalfall zu lösen, der zwar wie ein Selbstmord aussieht, aber keiner ist. Die Geschichte besitzt einige überraschende Wendungen, aber zusammengefasst ist der Fall, den es zu lösen gilt, etwas zu unspektakulär für die 350 Seiten Lesematerial. Sicher keine verschwendete Zeit, aber der letzte Polizist ist ganz sicher auch kein Muss.

  19. #339


    David van Reybrouck - Kongo: Eine Geschichte

    Die Bibel über die Geschichte des Kongos, von ca. 1850 bis heute. Und Bibel ist im wortwörtlichen Sinne gemeint. Zwischen den Buchdeckeln befinden sich 800 eng beschriebene Seiten, in einer Schriftgrösse, die gerade noch lesbar ist, die nur so strotzen vor interessanten Infos über dieses Zentralafrikanische Land. Die Geschichte des Kongo: Faszinierend, unglaublich, berührend, abstossend, traurig und teilweise amüsant zugleich. Was dieses Volk in den letzten hundertfünfzig Jahren erlebt hat, ist fast nicht in Worte zu fassen. Es ist nicht greifbar, wie diese Menschen solches Leid über eine so lange Zeitspanne ertragen konnten, ohne vollkommen zu zerbrechen. Die Kolonialzeit wird eingehend beleuchtet, nicht nur aus europäischer Sicht, van Reybroucks ältesters Interviewpartner ist ein über hundertjähriger Kongolese. Sowieso kommen sehr viele Leute aus dem Kongo selbst zu Wort, da van Reybrouck für dieses Buch zahlreiche Reisen in das Land unternommen hat. So atmet und lebt dieses Buch die Geschichte von der Kolonie, Belgisch-Kongo, Zaire und der Demokratischen Republik Kongo. Der spannenden Mobutu-Ära werden auch sehr viele Seiten gewidmet. Schliesslich erläutert es die heutigen Zustände und an der Geschichte kann der Leser sehr gut nachvollziehen, warum der Kongo heute dort steht, wo er ist. Nämlich einer der ärmsten Staaten der Welt, dessen Fluch, die Bodenschätze, noch heute an seiner Kraft zehren. Hoffnung, Trauer, Niedergeschlagenheit und die Unbezwingbarkeit eines starken Volkes werden so ergreiffend und präzise beschrieben, dass sich dieses Sachbuch liest wie ein Thriller. Der Schreibstil ist etwas vom besten, was ich in den letzten Jahren gelesen habe, zahlreiche Zitate habe ich mir herausgeschrieben, weil es einfach zu genial ist und viel Wahrheiten enthält, die man auch auf unsere Welt übertragen kann. Ausgezeichnet mit zahlreichen Preisen und durchgehend positiven bzw. absolut euphorischen Kritiken ist dieses Buch ein muss für alle, die sich für afrikanische und speziell für die kongolesische Geschichte interessieren.



    Teju Cole - Jeder Tag gehört dem Dieb

    Ein sehr kurzes, aber intensives Buch. Der Autor reist nach 15 Jahren zurück an seinen Geburtsort, nach Lagos, Nigeria. Ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, erzählt er von den verschenkten Möglichkeiten seiner Heimat und die grosse Enttäuschung die ihn überkommt, in einer Stadt die ihm gleichzeitig vertraut aber doch so fremd ist. Am liebsten würde er diesen Ort hassen, aber doch ist er ein Teil seiner Geschichte und so ist er hin- und hergerissen zwischen Abscheu und Faszination. Auf den knapp 170 Seiten zeichnet der Autor ein Bild von Lagos, das unter die Haut geht. Man kann sich als Leser alles sehr bildlich vorstellen und wird in diese Welt entführt, wo über 10 Millionen Menschen auf engstem Raum zusammenwohnen und jeder Tag ein Kampf ums Überleben ist. Der Stil passt wie die Faust aufs Auge und ist teilweise recht poetisch angehaucht. Grossartige Literatur, absolut empfehlenswert.

  20. #340
    Donna Tartt - Der Distelfink

    Endlich fertig geworden, nachdem ich eine längere Pause eingelegt hatte. Das Buch hat sich teilweise ziemlich gezogen, aber immer wieder fand ich es doch irgendwo großartig. Aber es ist nicht ganz einfach zu beschreiben. Das Buch besteht aus vielen, vielen Facetten. Da ist einmal die Handlung selbst - eine Lebensgeschichte, sehr persönlich, sehr dramatisch. Dann ist da die Beschreibung von Gemälden und anderer Kunst - sehr detailliert, sehr ausufernd. Dann sind da plötzliche Twists, plötzliche Genre-Wechsel. Das Buch ist relativ lang und es macht einfach verdammt viel auf all diesen Seiten, und nicht alles davon begeistert mich.
    Und leider, muss ich sagen, hat mich das Ende nicht überzeugen können. Denn im Grunde sagen dir am Ende drei verschiedene Charaktere auf verschiedene Art und Weisen, was das jetzt eigentlich alles sollte und was die große Moral der Handlung ist. Und das passt nicht, weil das Buch vorher sehr viel trockener war. Seine Handlung einfach dargelegt hat, und den Leser eigene Schlüsse hat ziehen lassen. Kurz vor dem Ende kamen ein paar wirklich emotionale, krasse Kapitel, bei denen ich Tränen in den Augen hatte oder mit offenem Mund ungläubig auf das starrte, was ich da lesen musste (ich beschreibe das mal mit "Catcher in the Rye meets Pulp Fiction and Game of Thrones"). Das Ende selbst hat viele dieser Fäden dann nicht gekonnt zusammengeführt und war mir, wie gesagt, zu ausufernd-moralisch.
    Ganz besonders schlimm dabei: Der Hauptcharakter verblasst immer mehr gegenüber den anderen Charakteren. Zumindest in den Dialogen (die Beschreibung aus der Ich-Perspektive hingegen gefällt mir insgesamt sehr gut). Selbst gute Freunde lassen ihn nie zu Wort kommen, und es wirkt nicht so, als sei das unbedingt Absicht, sondern es wirkt so, als würden der Autorin gerade die anderen Charaktere einfach mehr Spaß bereiten.

    Aber gut, gut. Ich habe meine Kritikpunkte. Zum Positiven: Es ist sehr unterhaltsam, trotz seiner Länge. Das Buch kann lustig, spannend, herzzerreißend sein, und das binnen weniger Seiten. Die Handlung ist sehr durchdacht, nichts taucht ohne Grund auf. Die Kapitel vor dem Ende waren, wie gesagt, ein absoluter Höhepunkt. Aber auch die Beschreibungen der Gemälde und Möbel, wenn man sich darauf einlässt, können irgendwo begeistern. Weil sie die Liebe der Charaktere super einfangen und transportieren. Letztendlich bereue ich es überhaupt nicht, dieses Buch gelesen zu haben, und würde es auch weiterempfehlen. Es ist schön geschrieben (aber nicht zu bedacht darauf), es hat tolle Charaktere (auch wenn sie alle furchtbar klischeebehaftet sind - es funktioniert einfach!) und es hat eine ziemliche Achterbahnfahrt als Handlung.

    Okay aber eins noch. Also in dem Buch geht es um Kunst, und die Autorin ergötzt sich in Beschreibungen von Pinselstrichen und lässt Charaktere diese mit bestimmten Adjektiven beschreiben. Meiner Meinung nach, auf einer Meta-Ebene, kommt da vor allem eine Aussage durch: "Mir wurde beigebracht, Kunst toll zu finden. Und jetzt beschreibe ich sie möglichst bildreich, um dich auch für Kunst zu begeistern." Und das wäre okay... wenn sie nicht andere Dinge so dissen würde. Wenn sie nicht Rapmusik und Lady Gaga als so etwas Billiges abtun würde, mit nur einem Wort aus dem Mund eines Charakters, unreflektiert und überzeugt.
    Und wenn sie ihrem (in der Szene 13-jährigen) Protagonisten nicht folgende Antwort in den Mund gelegt hätte auf die Frage, was er denn so in seiner Freizeit macht: "Ich spiele Age of Conquest II und Age of Conquest: Platinum Edition. Keine Ahnung."
    Weil... was zur Hölle. Lady Gaga, Coca-Cola, Der Distelfink, alles entstammt unserer Welt, aber aus irgendeinem Grund erfindet sie eine Computerspiele-Reihe? Und steckt das dann in eine Antwort, die so unauthentisch klingt, dass man die Hände über dem Kopf zusammenschlagen möchte? In der Szene schreit alles geradezu "ich habe keine Ahnung von Computerspielen und will mich auch gar nicht informieren". Und DAS ist das Problem, das ich habe, wenn sie mir dann kurz vorher seitenlang die vielen Vorzüge von irgendwelchen (echten) Gemälden beschreibt. Wenn ihre Charaktere klischeebehaftet sind, ist das okay, aber sie, als Autorin, soll doch bitte nicht dieses ekelhafte Klischee einer selbstgefälligen Anhängerin der hohen Kunst so durchblicken lassen.

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