Die Vorstellung von der Hölle hat man aus dem teils noch mystizistischen Judentum mit übernommen. Dort gab es den Glauben an Sheol, die Unterwelt. Ich glaube, es war das Buch Chanokh, ein älteres apokryphisches Werk, das allerdings keinen Einzug in den Tanakh gefunden hat. Dort wird das Totenreich als eine Art Höhlenraum beschrieben, drei der Höhlen für Sünder, eine davon für die Gerechten. (Zumindest etwas in der Art, ganz genau hab ich das nicht mehr im Kopf, es war auch alles darüber ein bisschen kryptisch zu lesen)
Jedenfalls hat sich das Christentum dann Chanokh teilweise zu eigen gemacht, einige christlich inspirierte Sekten (etwa die Church of Jesus Christ of Latter-Day Saints) machen Chanokh zum Propheten, in der Offenbarung der Apokalypse des Paulus (Visio Sancti Pauli) wird er zum "Schreiber der Gerechtigkeit" verklärt. Manche Historiker sehen im Buch Chanokh eine der bedeutendsten Quellen für das christliche Dogma der Höllenlehre.
Chanokh wurde laut Überlieferung von G-tt "entrückt", also noch vor seinem eigentlich Ableben von der Erde genommen, weil er "Gott gefiel". Dabei ist zu bemerken, dass das vorwiegend die neutestamentliche Interpretation seines Verschwindens ist, alttestamentlich wird er nur kurz als Vater von Methusalem (Großvater von Noah) erwähnt.
Später malten sich dann irgendwelche Mystiker aus, was Chanokh auf seinen Himmelsreisen alles erlebt hat, was eben zu genanntem Buch Chanokh führt.
Teilweise beeinflusst von solchen Vorstellungen erscheinen jetzt im Neuen Testament so Bezeichnungen wie "Totenreich", "Feuerpfuhl, der mit Schwefel brennt". Vor allem die Offenbarung des Petrus (Petrusapokalypse) beschreibt ziemlich detailliert, was die Seelen in der Hölle so an Zeug und Strafen erwartet - die dort geschilderten Vorstellungen haben beispielsweise auch das "Inferno" von Dante mit allerlei Inhalten gespeißt.
Das ist nun alles ein bisschen wirr, weil sich das Christentum ja eigentlich als Erlösungsreligion versteht, dann wiederum diese Höllenvorstellungen da reinspielen und wiederum das Jüngste Gericht und das alles. Letztendlich verspricht Jesus dennoch indirekt das Himmelreich, wenn er gebietet, auf Erden keine Schätze anzuhäufen, jedoch im Himmelreich (gemeint sind dabei Schätze im Sinne von Frömmigkeit). Ähnlich ist das mit dem Gleichnis von den zehn Jungfrauen, dort wird parabelisch erklärt - zumindest wird es oftmals so gedeutet -, wie die Gläubigen dank ihrer angehäuften guten Taten ins Himmelreich einziehen und die törichten Ungläubigen erst Buse tun müssen (ist jetzt kompliziert zu erklären, such einfach mal den Text raus, wenn es dich interessiert).
Genauso wie das Gottesbild und die Vorstellung Jesu Christi wurde nun vieles im Laufe der Jahrhunderte verklärt und vereinfacht. Im Zuge der Reformation wurde das Christentum als Erlösungsreligion reetabliert, was dazu führte, dass das moderne Christentum durch die Sündenvergebung theoretisch jedem das Himmelreich verspräche. Theoretisch, weil die Vorstellungen wie gesagt stark verklärt wurden, sodass man aus dem alten "die Ungläubigen und Unfrommen landen im Fegefeuer" (wohlgemerkt: in der mittelalterlichen Kirchentradition vor Luther hieß das, dass jedes Vergehen einer bestimmten Zeit im Fegefeuer gleichkam) ganz einfach "Die bösen Leute landen in der Hölle" machte. Eigentlich aber sei das Fegefeuer nur eine Art Vorstufe zum ewigen Leben, das einen von den Sünden reinigen solle. Wohlgemerkt geht das wiederum mit einer orthodoxen Vorstellung vom Leben nach dem Tod einher (zumindest glaube ich, dass die orthodoxen Christen sich das so vorstellen, sicher weiß ich es nicht), dass das ewige Leben von den Sündern als qualvolles Sühnen der eigenen Schuld wahrgenommen wird, von den Gerechten aber als herrlich und gottesnah.
So in etwa entstand dann das heutige Bild von Himmel und Hölle, das Fegefeuer wird meistens mit den Feuern der Hölle verwechselt und das Himmelreich im Sinne der alten Weiterüberlieferungen von Chanokh mit Engeln und dergleichen ausgeschmückt.
Interessant ist, dass man hier wieder Heidnisches mit reingemischt hat, wie überhaupt die meisten Glaubensinhalte des Christentums irgendwann mal bewusst oder unbewusst durch alte und tradierte Bräuche verformt und verfälscht wurde. Die germanische Vorstellung von Hel, der Unterwelt, (die ihrerseits wiederum sehr stark von beispielsweise dem grieschischen Hades beeinflusst wurde) führte beispielsweise irgendwann zu der Vorstellung, dass der Teufel in der Unterwelt lebt und wie die Totengöttin Hel oder der Herrscher der Unterwelt Hades die Seelen der Verstorbenen quält.
Die Himmelsvorstellung wiederum setzt sich meistens recht banal zusammen: Der Himmel beziehungsweise ein Berg, der in den Himmel ragt, wird oftmals als der Sitz der Götter stilisiert, somit muss also auch Gott (in der verzerrten, verklärten Vorstellung: der personifizierte Gott) im Himmel wohnen, und da gesagt ist, dass nach dem Tod die Rückführung zu Gott folgt, kommen die Gerechten eben in den Himmel.
Auch diese sture Dreigliedrigkeit hat man beispielsweise aus dem germanischen Heidentum: Asgard (Sitz der Götter, ähnlich Olymp), Midgard (Erde), Hel (Totenreich, ähnlich Hades). Naja, und dann gab's noch Utgard, da leben aber nur Riesen und Trolle, sozusagen das Reich der Vollnerds oder so.
Das ist alles ziemlich schwammig, ich weiß, aber genau so ist diese ganze Himmel-Hölle-Vorstellung wirklich auch, einfach nur schwammig. Man hat hier so viel vermengt und durch Interferenzen uminterpretiert, verfälscht, ausgebaut und vereinfacht, dass irgendwann aus der Vorstellung von der Rückführung zu G-tt und einer alten Opfergrube unterhalb von Jerusalem über Jahrhunderte hinweg und kraft der Hände von mehreren hundert Verfassern Überlieferungen und Neudimensionierungen der Weltordnung hervorgingen, die schließlich zum heutigen Himmel-und-Hölle-Bild führten.
Fakt ist: Streng genommen dürften in den Vorstellungen der monotheistischen Religionen Himmel und Hölle nicht auftauchen, weil das prinzipiell gegen bestimmte Grundideen verstieße (etwa die Schöpfungsgeschichte). Fakt ist auch: Dass man lieber Himmel und Hölle hatte und selbige Grundideen schlicht und ergreifend uminterpretiert oder mit anderen Überlieferungen erweitert hat.